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ZitatAlles anzeigenDRAMATISCHE RETTUNGSAKTION
Zwei Wochen in tausend Meter Tiefe
Eingepfercht in einem winzigen Stahlkäfig unter Tage - so harrten zwei australische Bergleute in einer eingestürzten Goldmine aus. Nach zwei Wochen wurden die beiden wohlbehalten gerettet.
Beaconsfield - Unter dem Jubel ihrer Angehörigen und Freunde kehrten der 35-jährige Todd Russell und sein 37-jähriger Kollege Brant Webb an die Erdoberfläche zurück. Überglücklich schlossen die Kumpel ihre Familien in die Arme. Zeitgleich läuteten die Kirchenglocken des tasmanischen Ortes Beaconsfield erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Fernsehsender unterbrachen ihre Programme für die gute Nachricht. Russell und Webb waren am 25. April bei einem Erdbeben in einem Metallkäfig verschüttet worden. Im Laufe ihrer Gefangenschaft wurden sie für die Australier zu wahren Nationalhelden.
Hunderte Bewohner von Beaconsfield auf der Insel Tasmanien klatschten und jubelten, als die beiden Geretteten im Morgengrauen oben ankamen. Ohne fremde Hilfe konnten die Bergleute auf ihre Familien zugehen und sie umarmen. Anschließend wurden Russell und Webb getrennt im Krankenwagen in die nächstgelegene Klinik gefahren. Den beiden Männern gehe es erstaunlich gut, erklärten Ärzte nach den ersten Untersuchungen. Auch psychisch seien sie in ausgezeichneter Verfassung.
Die Rettungskräfte und Freunde zogen weiter ins Pub am Orte, um die Rettung zu begießen. Zur Feier des Tages öffnete die Kneipe von Chris Rundle schon am frühen Morgen. "Ich schätze, sie werden ziemlich heftig feiern", sagte Rundle. "Ich werde die ganze Nacht hier sein." Einer der im Pub anwesenden Bergmänner, der an der Rettung beteiligt gewesen war, erinnerte daran, dass ein dritter verschütteter Kumpel bei dem Unglück ums Leben gekommen war. Er sprach von einem "bittersüßen Tag". Larry Knight wurde erst heute beigesetzt, weil seine Familie bis zur glücklichen Rettung der beiden verschütteten Bergleute warten wollte. Australischen Medienberichten zufolge nahm zumindest Russell an der Trauerfeier teil.
"Ich kann euer Licht sehen"
Die Bergungsmannschaften waren nach fieberhaftem Einsatz in den frühen Morgenstunden zu den in einem Kilometer Tiefe festsitzenden Männern vorgedrungen, wie der Manager der Goldmine, Matthew Gill, sagte. "Ich kann euer Licht sehen", rief einer der Männer, als er durch die letzte Felsschichten drang. Russell und Webb riefen zurück: "Wir können euer Licht auch sehen!" Bill Shorten von der australischen Arbeitergewerkschaft sprach von einem "unglaublichen" Tag.
Russell und Webb waren erst fünf Tage nach dem Erdbeben entdeckt worden. Nachdem die Eingeschlossenen lokalisiert worden waren, gelang es den Rettungsmannschaften, ein Rohr in ihren Käfig zu verlegen, durch das sie mit Nahrungsmitteln und Getränken versorgt wurden. Zur Bergung der Männer musste jedoch ein neuer Tunnel angelegt werden, und zwar durch hartes Gestein, um einen weiteren Einsturz der Mine zu verhindern. Hier kamen die Mannschaften aber nur zentimeterweise voran, so dass sich die Befreiung der Eingeschlossenen immer wieder verzögerte.
Fünf Tage tranken sie Wasser, das von den Felsen tropfte
Die beiden Kumpel steckten in einem von Steinen und Geröll verschütteten Metallkäfig fest, in dem sie während des Bebens gearbeitet hatten. Auf den Käfig, der kein Dach hatte, war eine Steinplatte gefallen. Diese schützte die beiden Männer vor weiteren Felsen und rettete ihnen so das Leben. Die ersten fünf Tage tranken sie Wasser, das von den Felsen tropfte. Nach ihrer Entdeckung wurde eine schmale Röhre durch den Schutt in den Käfig gelegt, über die die Bergarbeiter mit Nahrung, Kleidung und Decken versorgt wurden.
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