Beiträge von Jörg Holzmann

    Du meinst, wenn der Rettungsdienst nur Rettungsdienst machen würde? Jetzt wirst du aber komisch.


    Nochmal Adipositas-Hilfsfrist: Transportmöglichkeit ist ja nicht gemeint, sondern das Eintreffen des RTW. Und das ist ja erstmal vollkommen losgelöst vom Schwerlast-Rettungsmittel. Wenn das z.B. ne halbe Stunde braucht, ist das in aller Regel unproblematisch.

    Jein, ich meine auch, dass es vorstellbar ist, dass es für „Bewusstlos“ eine andere Hilfsfrist gibt als für „Schlaganfall“ oder für „Bein gebrochen“. Und dass es vielleicht nicht problematisch ist, wenn das Schwerlast-Rettungsmittel (verlässlich) 30 Minuten braucht, dass es aber sehr problematisch ist, wenn es gar nicht kommt, weil es nicht vorgehalten wird, oder wenn man bei Bedarf erstmal rumtelefonieren muss. Auch der stark adipöse Patient und das Neugeborene haben dieselben Grundrechte wie alle anderen. Und da kann man halt nicht sagen, dass der dünne Alrik mit einem Schlaganfall in 60 Minuten in der Stroke- oder der Chest-Pain- Unit sein muss, der fette Alrik aber Pech gehabt hat, weil man mit fetten Patienten nicht rechnen konnte.

    Krankenkassenbeiträge.

    Und ums nochmal zu betonen: Sofern wir über Hilfsfrist reden, ist die vom Träger sicherzustellen. Würde man die überhaupt erstmal großzügig definieren, könnte man ggf. über die Zusammenarbeit in Regionen o.ä. nachdenken. Bis dahin wäre das alleiniges Problem jedes einzelnen Trägers für sich (in meinem Fall z.B. des Landkreises).

    Eine gute Gelegenheit für den Gesetzgeber, vom Prinzip „Eine Hilfsfrist für alle Notfälle“ wegzukommen und z..B. eine Staffelung einzuführen. Man kann ja auch eine Ausdifferenzierung gesetzlich regeln.

    Der VGH BaWü sagt ja nicht, dass für alle Notfälle eine Hilfsfrist von zehn Minuten gelten muss. Er stellt nur fest, dass sich das Land an seine eigenen Gesetze halten muss und bei der Planung die 10 Minuten, die im Gesetz stehen (!), nicht einfach ignorieren darf. Und eben, dass die Hilfsfrist, wenn sie da allgemein so steht, für alle Patienten gleichermaßen gilt und nicht nur für den normalgewichtigen Erwachsenen oder den ersten von fünf Patienten beim Verkehrsunfall.

    Wenn dieses Urteil (und die Bekräftigung aus dieser Woche) dazu führen sollte, dass man mal endlich damit anfängt, professionelle Rettungsdienstplanung (oder sogar MANV-Planung) zu betreiben: gut. Wenn es in diesem Zuge zu einer sachlich gut begründeten und differenzierten Staffelung der Hilfsfristen nach Notfallkategorien kommt: noch besser.


    Was jetzt halt nicht mehr geht, ist ein „Weiter so, das haben wir hier schon immer so gemacht!“. Und mit „Das geht nicht, das ist zu teuer!“ macht man es sich halt auch ein bisschen einfach. Wenn man das richtig macht, halte ich es für gar nicht so wahnsinnig utopisch, dass man am Ende unterm Strich vielleicht sogar weniger Rettungsmittel braucht.

    Dieses Urteil entfern sich irgendwie von der Lebenswirklichkeit der Patientenversorgung. Selbst wenn ich das Geld drucken würde bekomme ich dafür kein Personal.

    Dann muss man sich eben etwas überlegen, und genau das ist ja der Kern des Problems: dass solche Dinge im Rettungsdienst planerisch häufig nicht existieren oder dem Zufall überlassen werden.

    Die Feuerwehren besetzen Sonderaufgaben personell ja z.B. auch mit Doppelfunktionen. Da sitzen doe Höhenretter oder die Taucher ja auch nicht auf der Wache und machen nichts anderes, sondern rekrutieren sich aus dem Personal von Löschzügen.

    Warum sollten also nicht in jedem Rettungsdienstbereich Sonderfahrzeuge wie Schwerlast-RTW oder Baby-NAW/-NEF vorgehalten werden, die bei Bedarf schnell von anderen RTW-Besatzungen besetzt werden und spezialisiertes Personal (Pädiater) aus der Klinik abholen? Das wäre wenigstens ein Konzept! Und dafür habe ich jetzt keine ministerielle Arbeitsgruppe sechs Monate lang beschäftigt, aber das wäre schon einen Schritt weiter als die typische Improvisation mit Rumtelefonieren unter Zeitdruck.

    Allerdings habe ich zahlreiche Statements speziell aus dem Raum Mannheim bisher so verstanden, es müsse auch bei Sonderfällen die gleiche (kurze) Hilfsfrist gelten.

    Wenn ich das richtig verstanden habe, war das ein „Statement“ des VGH Baden-Württemberg (in Mannheim) in Bezug auf die gleichen Grundrechte aller Patienten(gruppen).


    Nachtrag: Und ob es sich bei sehr alten, sehr jungen oder sehr dicken Patienten um Sonderfälle handelt, darf ja nun bezweifelt werden.

    Das ist schon richtig und dem stimme ich auch zu. Es sollte doch nur bitte nicht dazu führen, dass in jedem Rettungsdienstbereich für alle Eventualitäten ein eigenes System beschafft werden muss, das könnte man da durchaus rauslesen, da es ja dort im Zusammenhang mit dem Thema Hilfsfrist steht.

    So wie die Feuerwehren z.B. Höhenretter vorhalten für die Eventualität, dass jemand von einem Gerüst oder aus einem Schacht gerettet werden muss?

    Über die Dichte eines solchen Netzes kann man ja diskutieren, aber einfach kein Netz zu haben, ist halt schlecht.

    Die Seite der Tagesschau berichtet:


    https://www.tagesschau.de/inla…t-macht-bw-druck-100.html


    Daraus:

    Zitat


    Die Kläger erklärten: "Wir fordern nach dieser erneuten und herben gerichtlichen Niederlage für das Land Baden-Württemberg den Rücktritt von Innenminister Thomas Strobl, der die volle politische Verantwortung für die Rechtsbeugung und damit auch für die Missachtung von Leib und Leben in Baden-Württemberg trägt." Strobl sei verantwortlich für unwirksame und unzureichende Regelungen. Er habe es versäumt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat über den Eilantrag entschieden. Die Luft wird dünner für die Auslegungspraxis des Innenministeriums BaWü…


    https://verwaltungsgericht-stu…iz-bw.de/pb/,Lde/17432611

    Zitat

    Die 16. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 06.11.2023 entschieden, dass das Land Baden-Württemberg die Hilfsfrist für das ersteintreffende Rettungsmittel vorläufig neu nach den Vorgaben des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.05.2023 - 6 S 2249/22 - zu berechnen hat (16 K 5276/23).“


    Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Eilantrag) ist - soweit er zum Entscheidungszeitpunkt noch anhängig war - erfolgreich. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf eine Umsetzung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.05.2023. Dieser Anspruch folgt unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG). Denn die strikte Umsetzung verbindlicher Gerichtsentscheidungen ist für alle Behörden in jeder Situation unverbrüchlicher Bestandteil rechtsstaatlicher Verwaltungskultur. Werden Gerichtsentscheidungen nicht umgesetzt, muss die Justiz zur Wahrung ihrer Autorität in der Lage sein, die effektive Durchsetzung ihrer Urteile gegenüber der öffentlichen Hand sicherzustellen. In seinem Urteil rügt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg insbesondere, dass die gesetzliche Hilfsfrist von möglichst 10 Minuten nach dem Rettungsdienstplan als maßgebliche Planungsgröße überhaupt keine Rolle spielt. Der Zielerreichungsgrad sei in der Vergangenheit regelmäßig nur bezogen auf die gesetzliche Höchstfrist von 15 Minuten erhoben worden. Es könnten daher „aktuell keine belastbaren Aussagen dazu getroffen werden […], inwieweit die 10-Minuten-Frist in der Notfallrettung in der Praxis eingehalten wird“. Daraus geht ohne Zweifel hervor, dass die bisherige statistische Erhebung der hilfsfristrelevanten Rettungseinsätze ungeeignet ist, um eine Planung zu gestalten, die die Einhaltung der 10-Minuten-Frist umsetzen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung ebenfalls deutlich herausgearbeitet, welche Einsätze in der statistischen Auswertung zur Zielerreichung der Einhaltung der Hilfsfrist zu berücksichtigen sind, dass heißt statistisch zu erheben sind. Auf eine Berechnung der Hilfsfrist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze haben die Antragsteller mithin einen Anspruch. Indem das Innenministerium mit seinen Schreiben vom 11.07.2023 und 30.08.2023 die Regierungspräsidien sinngemäß angewiesen hat, die Hilfsfrist einstweilen nicht neu zu berechnen, läuft dies der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes inhaltlich zuwider. Das Land Baden-Württemberg kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ohnehin ein neues Gesetz beschließen zu wollen. Soweit die statistische Erhebung der Zielerreichung bei Zugrundelegung einer Hilfsfrist von 10 Minuten verlangt wird, kann diese ohne weiteres schon vor dem Erlass eines neuen Gesetzes erfolgen. Schließlich benötigt das Land Baden-Württemberg diese Zahlen ohnehin im Rahmen der Neufassung des Gesetzes.

    Sicherlich anekdotisch, aber leider trotzdem wieder (bayerische) Realität: Während im Landkreis A die Aussage des Notarztes "ich fahre nicht mit, wenn Schmerzen > NRS 5, dann noch mal 0,1mg Fentanyl" kein Problem darstellt, gibt es im Landkreis B - falls am Ende so digital dokumentiert - richtig Ärger wegen BtMG-Verstoß.
    Wohlgemerkt: Landesweit einheitliche Delegation, nur von den einzelnen ÄLRD unterschiedlich ausgelegt.

    Wenn der Arzt doch sogar vor Ort war, ist das eine stinknormale Delegation, die mit dem NotSanGesetz genau gar nichts zu tun hat.

    Vielleicht sollten Mediziner Medizin machen und nicht Rechtskunde.

    Auf der selben Seite findet sich folgendes Zitat:


    "Eine Flugminute kostet hierzulande zwischen 60 bis 90 Euro - je nachdem in welchem Land der Unfall passiert und welche Art von Hubschrauber eingesetzt wird, können die Preise jedoch noch um ein vielfaches höher liegen. Für eine "normale" Rettungsaktion stehen dann schnell 3.500 bis 8.000 Euro auf der Rechnung."


    Da finde ich die 8.500,-- schon irgendwie obergrenzig. Aber man weiß halt nicht, wieviele km zurückgelegt wurden. Außerdem ist es Österreich, also treffen die angegebenen Kosten für die Flugminute wohl nicht zu.

    Im alpinen Gelände kommt dann ja schnell nochmal ein Windeneinsatz dazu, auch wenn es sich eigentlich nur um einen Taxiflug handelt.