Man kann nicht Sanktion und offene Kommunikation erwarten. Das eine verhindert das andere.
In diesem Fall sollte das etwas differenzierter betrachtet werden. Wenn natürlich schon vor diesem Vorfall aufgrund der Angst vo Sanktionen offensichtliches Missachten von Standards nicht gemeldet wurde, gebe ich dir da völlig Recht. Es bleibt aber in diesem Artikel und im schlechtesten Fall nach der juristischen Aufarbeitung offen, ob es ein einmaliger Vorfall war, der direkt in einer Katastrophe geendet ist, oder ob das Verhalten systemisch war. Haben die betroffenden Personen regelmäßig auf gewisse Sicherheitstandards verzichtet, weil OPs nur "routine" waren oder "das ja schnell geht" ? Wurde das verhalten angesprochen bzw. war es Vorgesetzten bekannt, war das Verhalten also vielleicht auch geduldet oder gar gewünscht, weil es OP-Abläufe beschleunigt und einen zu engen OP - Plan möglich macht?
Im Falle von CIRS soll ja genau diese nun stattgefundene Katastrophe verhindert werden, in dem ein solches systemisches Fehlverhalten rechtzeitig erkannt wird, damit gegengesteuert werden kann.
Nun gab es vorher aber eine solche Kultur nicht. Nun ist ein Patient gestorben und nun ermittelt richtigerweise die Justiz. Niemand muss sich in so einem Fall selber belasten, was natürlich manchmal für Externe und gerade Angehörige kaum auszuhalten ist, aber eben ein gutes Recht, auf das man nicht selten - wenn man selber betroffen ist - selber zurückgreift.
Da wir den genauen Verlauf nicht kennen und auch nicht die Kultur in diesem Krankenhaus, tue ich mich tatsächlich damit schwer, immer danach zu rufen, die Leute zu suspendieren / zu entlassen. Es kann auch umgekehrt sein, dass betroffene Mitarbeiter sonst durch ganz hervorragende Leistungen und hohes Fehlerbewusstsein in Erscheinung getreten sind und an diesem Tage einfach ganz viele unglückliche Dinge zusammengekommen sind. (Wie es z.B. bei Katstrophen in der Luftfahrt oft der Fall ist). Und dann finde ich es sogar gut, wenn ein AG seinen Mitarbeitern den Rücken stärkt und sagt: Wir stehen zu dir, weil wir dich kennen und schätzen. Wir warten erstmal die Untersuchungen ab und bewerten dann. Ob das auch hier so der Fall war, weiß ich nicht. Aber natürlich ist das gerade für Eltern nicht zu verstehen. Aber sie sind auch nicht diejenigen, die das zu entscheiden haben.
Es bietet sich jetzt die Chance, nach tiefergehenden Ursachen zu suchen, als nur das Verhalten eines oder weniger Mitarbeiter. Und hier haben die Eltern Recht, wenn sie eine andere Fehlerkultur einfordern.