Beiträge von thh

    Ich frage mich nur persönlich was ein 71 jähriger noch an der Front zu suchen hat? Bei 1.750,- € (hoffentlich Netto) kommen mir erhebliche Zweifel an unserem Gesundheitssystem, vor allem weil in dem Alter mit Sicherheit die Lernfähigkeit, Aufnahmefähigkeit etc doch etwas eingeschränkt sein dürfte, um auf dem halbwegs neuesten Stand der Notfallmedizin zu bleiben.


    Manche können nicht aufhören, weil sie das Geld brauchen. Manche wollen nicht aufhören, weil sie außerhalb ihrer Tätigkeit keinen Lebenssinn sehen.


    Bei den meisten Berufen endet das Arbeitsleben zwingend mit dem Ruhestands-/Renteneintrittsalter. Die Ausnahmen - u.a. Rechtsanwälte, Ärzte und Apotheker - sind nicht immer ein Segen.


    PS: Bei den Ärzten endet m.W. zumeist die Möglichkeit der Vertragsarztzulassung mit 68 Jahren. Danach kommen nur noch Privatbehandlungen in Betracht; das lohnt kaum.


    PPS: Ich kenne leider einige Fälle, wo ältere Ärzte und Apotheker einfach den rechtlichen Anforderungen ihres Berufes nicht mehr gerecht werden, mit den entsprechenden strafrechtlichen Folgen, manchmal aber durchaus auch mit Folgen für die Kunden und Patienten. Da bleibt als Lösung dann manchmal nur der Entzug der Betriebserlaubnis bzw. der Vertragsarztzulassung ...

    Jeder der in der Notfallmedizin hat bestimmt schon mal einen Fehler gemacht, die aber i. d. R. nicht geahndet werden. Es ist halt ein schwieriges Geschäft, da der Faktor "Tod" nicht auszuschalten ist, wir alle nur auf "Zeit" hier spielen.


    Der Fehler ist das eine - nicht selten sind die "Fehler" durchaus gravierend. Der Nachweis, dass der Fehler todesursächlich geworden ist, ist das andere - und dieser Nachweis ist seltenst zu führen.


    Die besondere Situation eines Arztes, gerade auch in Notfallsituationen - die hier aber offensichtlich aus der subjektiven Sicht nicht vorlagen - wird gerade auch bei der Strafzumessung berücksichtigt; auch grobe Fehler, die einen Patienten umbringen, werden regelmäßig milder geahndet als (bspw.) diejenigen eines Autofahrers, der versehentlich jemanden totfährt.


    Andererseits gehört natürlich als Kehrseite zu dem Argument, dass der Arzt ständig unter dem Druck steht, dass ein Fehler, der in jedem anderen Beruf genauso vorkommt, bei ihm direkt Gesundheit und Leben eines Menschen bedrohen kann, die Erkenntnis, dass gerade deshalb besondere Sorgfalt geboten ist, die man oft, aber leider keineswegs immer so wahrnehmen kann.

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    Natürlich kenne ich die Details des Falles nicht, aber prinzipiell ist so ein Aortenaneurysma nun mal schwer feststellbar, sämtliche vorgeschlagenen fehlenden Diagnostikschritte (EKG, Labor, RR Messungen an beiden Armen) hätten in diesem Fall unauffällig sein können und der junge Mann wäre tragischerweise evtl. doch gestorben, es sei denn jemand hätte die Verdachtsdiagnose von vornherein für wahrscheinlich gehalten, dies haben jedoch 3 konsultierte Ärzte unabhängig voneinander anscheinend nicht. Ja, das ist verdammt tragisch und traurig, aber ist es notwendigerweise ein justiziabler Fehler, bzw. produziert der Umkehrschluss ( zugespitzt: das Angio CT bei jedem Brustschmerz) nicht evtl. mehr tragisch ausgehende Fälle?


    Offensichtlich hat der ärztliche Sachverständige - nicht ein Jurist ... - das anders beurteilt.

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    Naja, ich habe den Eindruck, dass es jetzt endlich jemanden in der Landespolitik bzw. der Regierung gibt, der sich für die Problematik interessiert und sich nicht darauf zurückzieht, dass alles den lokalen Interessen von Landräten, (Dorf)Bürgermeistern, HiOrgs und Kassen zu überlassen.


    Bis zur Landtagswahl ohne Zweifel.

    Auch wenn im Budget allgmeine Fehlfahrten mit einkalkuliert werden, aber warum soll man hier das Geld verschenken, wenn der Einsatzverursacher bekannt ist (und genau genommen ja auch keine Fehlfahrt vorliegt)?


    Es braucht für die Berechnung des Einsatzes halt eine Rechtsgrundlage. Kommunale Satzungen bieten diese oft, bis hin zur Inanspruchnahme des Notrufers (!), wenn sonst keiner zahlt; in den Ländern, bei denen Transporte mit den Krankenkassen abzurechnen sind, gibt es dafür - die Berechnung an den Anforderer - in der Regel keine Rechtsgrundlage.

    Letztendlich ist man dann ja gezwungen jeden Patienten ins Krankenhaus zu transportieren, egal ob notwendig oder ob dieses Sinn macht (womit wir auch schon eine Schnittstelle zum Thema überlastete Notaufnahmen gefunden hätten).


    Nein, denn die Verträge zwischen Trägern des RD und Krankenkassen dürften regelmäßig die Vorlage eines Transportwscheins ("Verordnung einer Krankenbeförderung") zur Voraussetzung der Abrechnung machen, der idR im Vorhinein und in Notfällen im Nachhinein auszustellen ist. Dabei hat der verordnende Arzt aber die allgemeinen Grundlagen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachten, namentlich das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V; nach § 60 SGB V haben die Krankenkassen auch nur die aus "zwingenden medizinischen Gründen notwendigen" Kosten für Transporte zu tragen. Näheres regeln die Krankentransportrichtlinien, die auszugsweise immer noch auf der Rückseite der Transportscheine abgedruckt sein dürften. Der Arzt darf daher nur medizinisch erforderlicher Transporte verordnen. War der Transport ersichtlich nicht erforderlich, darf er auch keinen Transportschein ausstellen. Die Verordnung eines Transportes (eines Arzneimittels, einer Krankenhausbehandlung, eines Heilmittels, ...), die gegen das Wirtschaftichkeitsgebot verstößt, namentlich nicht indiziert ist, ist im Regelfall strafbare Untreue zum Nachteil der Träger der GKV.


    Für nicht notwendige Transporte gibt es daher auch kein Geld.


    (Ja, ich weiß auch, dass die Praxis eine andere zu sein pflegt. ;))


    Was ist aber, wenn der Patient nicht transportiert werden möchte, also verweigert? Gibt es dann auch kein Geld?


    Yep.


    Mich erstaunt jedoch, dass man landauf und landab so bereitwillig auf die Kohle verzichtet!


    Darauf wird nicht "verzichtet", denn es gibt schlicht keinen Anspruch.


    Es ist je nach Bundesland unterschiedlich, ob Entgelte für Einsätze des Rettungsdienstes durch Landesrecht oder durch kommunale Satzung festgelegt werden oder ob die Leistungserbringer Verträge mit den Krankenkassen zu schließen haben, vgl. dazu § 133 SGB V.


    Wenn der Rettungsdienst mit den Krankenkassen abrechnen muss, ergibt sich aus § 60 SGB V, welche Leistungen des Rettungsdienstes die Krankenkasse zu tragen hat - das sind nur (bestimmte!) Transporte. Für alles andere zahlt sie nicht. Auf die "Kohle" wird also nicht verzichtet, es gibt schlicht keine "Kohle" von den Krankenkassen - und für die Kostentragung durch einen Dritten fehlt in der Regel eine Anspruchsgrundlage.


    Das macht im Ergebnis allerdings nicht viel, weil die Kostensätze natürlich so zu verhandeln sind, dass die notwendigen Vorhaltekosten abgedeckt werden; die Fehleinsätze zahlen die Krankenkassen also dann bei den Transporten quasi mit. Letztenendes ist ja auch nicht der Einsatz teuer, sondern die Vorhaltung; der RTW kostet ebenso wie Personal, Wache und Leitstelle dasselbe Geld, ob er fährt oder steht; die Kosten pro Einsatz (Verschleiss, Betriebsstoffe und Verbrauchsmaterial) machen in der Regel nur einen kleinen Teil aus. Fehleinsätze produzieren daher Kosten v.a. indirekt durch die Notwendigkeit einer erhöhten Vorhaltung.


    (Ob die verhandelten Kostensätze auskömmlich sind, ist dann immer die Frage - aber das ist ja nicht neu.)

    Die Aussage, dass die Qualitätssicherungsstelle Früchte trägt, im Kontext einer weiteren Verschlechterung der Hilfsfristen zu bringen, entbehrt nicht einer gewissen Zynik.


    Die primäre Aufgabe der Qualitätssicherungsstelle scheint mir zumindest am Anfang die Ermittlungs des Ist-Zustandes einschließlich der Erhebung vergleichbarer Daten und der Festlegung entsprechender Kriterien zu sein. Ich finde es nicht überraschend, dass die Ergebnisse noch desolater werden, wenn man einmal genauer hinschaut ...

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    Hingegen wird durchaus vertreten, dass der 323c kein Rückfall-§ für Garanten ist, sondern bei Garanten ein Erfolgsdelikt vorliegen muss.


    Das ist allerdings eher akademisch relevant, weil die vorherrschende Meinung in der Literatur und v.a. der BGH das anders sehen.


    Das ist m.E. auch konsequent; es gibt keinen Grund, den Garanten, der besonders zum Tätigwerden verpflichtet ist, in dieser Konstellation dem zufälligen Passanten ggü. zu privilegieren.


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    Was mich mal interessieren würde:
    Wie verhält es sich mit den Inhalten der Zeitschrift Rettungsdienst?
    Bilde ich es mir nur ein oder sind über die Jahre hinweg die medizinischen Themen weniger geworden und man veröffentlicht nun mehr Artikel über rechtliche Sachverhalte?


    Wenn dem so ist - ich habe nicht nachgezählt - gäbe es dafür zwei Gründe:


    1. Im medizinischen Bereich - auch bei Ärzten! - bestehen nicht selten immense Kenntnisdefizite, so dass die rechtliche Fortbildung vielleicht wichtiger ist als die xte Kasuistik oder ein Bericht über einen neuen Hubschrauber. ;-) Die medizinische Theorie "sitzt" oft deutlich besser, und zudem ist Notfallmedizin auch viel Praxis, die man nur begrenzt sinnvoll in einer Zeitschrift vermitteln kann.


    2. Die notfallmedizinischen Themenfelder sind in den Jahrzehnten des Bestehens der Zeitschrift, die m.E. auch im Umfang zugenommen hat, schon weit abgegrast, so dass sich neue Themen eher im juristischen, pädagogischen, organisatorischen ... Bereich finden.


    Ich teile Deinen Eindruck, dass man weniger Notfallmedizin und mehr anderes findet, aber nicht notwendig nur mehr Recht. (Außerdem war eines der letzten Hefte ein Themenheft.)


    (Wobei man bei der Rettungsdienst über die juristischen Beiträge manchmal durchaus geteilter Auffassung sein kann. Wurde ja in den letzten Tagen hier auch verschiedentlich diskutiert.)


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    Die Gesetzeslage ist in Deutschland so undurchsichtig und es führt dazu, das Rettungsdienstfachpersonal in ihren Qualifikation gehemmt werden. Ich werde nie zuschauen, wie ein Patient leidet.


    Ich erlaube mir - nur dazu - den Hinweis, dass die Rechtslage eigentlich recht übersichtlich ist; sie gefällt nur nicht jedem. Man sollte das eine nicht mit dem anderen verwechseln.


    Unübersichtlich wird es nur dort, wo man versucht, mit (medizinisch vielleicht sinnvollen) Maßnahmen die Grenzen des rechtlich zulässigen auszuloten oder sogar auszudehnen. Das ist jedoch letztlich immer eine persönliche Entscheidung, für die man dann ggf. das Risiko tragen muss, nicht anders als im medizinischen Bereich auch.

    Ich finde, es trägt nicht zur Versachlichung bei, wenn in der Einleitung von einer Anklage wegen "Misshandlung mittels eines gefährlichen Werkzeugs" die Rede ist anstatt von einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung. Zumal auf S. 16 die Rede von einer "Änderung" der Anklage auf "Misshandlung mit schweren Gegenständen" gesprochen wird - ein Tatbestand, den es rechtlich nicht gibt und der in dem Zusammenhang einer Medikamentengabe schon sprachlich wenig sinnvoll erscheint. Erst recht gilt das, weil im nächsten Satz die Aussage folgt, mit einer Anklage wegen Körperverletzung "wären sie nicht weit gekommen". Was der Betroffene schildert, klingt aber erstaunlich nach einem Körperverletzungsvorwurf. Und übrigens kann die Staatsanwaltschaft auch nicht zu Beginn der Hauptverhandlung eine zugelassene Anklage "ändern" - da verbirgt sich offensichtlich auch noch ein unverstandener Punkt (vielleicht hat der Sitzungsvertreter auch schlicht die Anklageschrift vorgelesen, die nicht nur abstrakt Paragraphen nennt, sondern auch den so genannten konkreten Anklagesatz?).


    Das meinte ich u.a. - man kann aus dem Interview schlechterdings nicht erkennen, was nun eigentlich an tatäschlichem Geschehen mit welcher rechtlichen Wertung vorgeworfen wurde.


    Was mich verwundert, ist die Aussage, der Betroffene sei quasi aus einem laufenden Einsatz verhaftet worden und habe sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen müssen. Hier fehlen mit großer Wahrscheinlichkeit Hintergrundinformationen, denn weder dürfte ein Körperverletzungsvorwurf eine Verhaftung rechtfertigen, noch kann ich erkennen, wo die Voraussetzungen für das Abnehmen von Fingerabdrücken und das Fertigen kriminaltechnischer Lichtbilder bestanden haben. Nicht zu vergessen die "Hausdurchsuchung" - die erfordert einen richterlichen Beschluss. Es wäre schön gewesen, diesen Teil des Interviews auch auf die Hintergründe zu erstrecken.


    Das wird schon stimmen. Die ED-Behandlung wird in der zweiten Alternative polizeilich angeordnet, und das erfolgt nicht selten einigermaßen schematisch; bei dem Vorwurf einer gef. KV, also eines Gewaltdelikts, kann ich mir das nach "Schema F" gut vorstellen, auch wenn es tatsächlich natürlich um keinen Schläger geht. Dann ist es üblich, dass der Beschuldigte zu diesem Zweck "eingesammelt" wird; das ist natürlich keine "Verhaftung", fühlt sich aber praktisch so an. Nicht fernliegend auch, dass das am Arbeitsplatz geschieht, weil man da ja weiß, wann er wo ist - nicht sehr rücksichtsvoll wegen der damit verbundenen Folgen, aber alles andere als unmöglich. Ist zudem eine Durchsuchung angeordnet, entspricht es dem üblichen Vorgehen, das eine mit dem anderen zu verbinden - also den Beschuldigten zur ED-Behandlung vorzuführen und daran die Durchsuchung anzuschließen, bei der ihm ja die Anwesenheit ermöglicht werden soll, oder umgekehrt. Das verwundert mich also aus Sicht der Praxis wenig bis gar nicht.


    Auf S. 16 oben ist von einer "anonymen Lüge" die Rede - schon starker Tobak, finde ich, wenn ich auf der gleichen Seite lese, dass der Vorwurf in tatsächlicher Hinsicht ja anscheinend eingeräumt wurde. Die Medikamentengabe hat sich der Anzeigeerstatter ja ganz offensichtlich nicht eingebildet.


    Naja, der anonyme Vorwurf war ja offenbar, er habe Patienten zumindest ins Koma gespritzt - das ist schon einigermaßen etwas anderes als eine Medikamentengabe.


    Grüße,
    -thh

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    Doch lässt es mir so recht keine Ruhe da im Interview ständig von einer Verurteilung zu Geldstrafe aber auch von einer Einstellung gegen Zahlung einer Auflage die Rede ist.


    Differenzierungen sind nicht jedermanns starke Seite.


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    Was ist denn da jetzt nun gelaufen? Und warum war der Staatsanwalt so hartnäckig und hat auf Mißhandlung um gebaut und warum gilt hier dann die Willenserklärung des Patienten doch nicht. Fragen über Fragen?


    Die werden sich aus Veröffentlichungen wie diesem Interview auch nicht beantworten lassen. Ich weiß immer noch nicht, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der Vorwurf war ... Und manchmal fürchte ich, der Betreffende auch nicht so genau.

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    thh
    Hast du andere Artikel gelesen als Ich ? Der verlinkte Artikel im DLF stellt eine Behauptung dar, bestennfalls ein Meinung, es wird nicht ein Beleg geliefert.
    Laut eigener Aussage hat I.S.A.R. ein Erkundungsteam ausgesendet, auch die Suchmannschaften sind innerhalb des 72h-Fensters eingetroffen.


    Ich beziehe mich auf die Berichterstattung auf der I.S.A.R.-Website.

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    Ich finde es immer sehr unglücklich, so auf einen Verein einzudreschen ohne dem Gegenüber zu ermöglichen sich im selben Text zu äußern.
    Betrachtet man die I.S.A.R. Internetauftritte, so sieht es ja nicht nach rumstehen aus.


    Ist das so? Genau genommen kann man der Berichterstattung nur das Eintreffen der Teams, die Planung eines Suchinsatzes, den "Abbruch" - oder die fehlende Notwendigkeit - des Sucheinsatzes entnehmen sowie die Tatsache, dass ein Krankenhaus personell unterstützt wird. Man könnte sich dann fragen, was die Rettungshunde im Krankenhaus tun ... :-)

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    Stand I.S.A.R. Germany während "Haiti" nicht auch schon in der Kritik ?


    Was Ich in dem Artikel allerdings vermisse ist die Information was I.S.A.R. tatsächlich gemacht hat, anstatt nach Vermissten zu suchen, im Krankenhaus zu helfen, Gebäude zu prüfen, etc.


    Die Information fehlt nicht - dort steht: nichts (produktives).