Beiträge von dr.mabuse

    noch einmal zur Erklärung des Facharztstandards (weil es immer Missverständnisse gibt):
    der Facharztstandard besagt eben nicht, dass ein Facharzt am Patienten tätig sein muss, sondern er besagt dass Massnahmen gemäß dem medizinischen Niveau eines Facharztes getroffen werden sollten. Es gibt zB als Hausärzte immer noch "praktische Ärzte" (aussterbend, da Niederlassung ohne FA nicht mehr möglich), diese haben keine formale Facharztweiterbildung absolviert. Auch der Assistenzarzt kann im Krankenhaus im gewissen Umfang eigenmächtig tätig werden (so er im Zweifel nachweisen kann, dass seine Massnahmen diesem Niveau entsprachen). Nicht zuletzt sind viele Notärzte keine Fachärzte sondern eben nur im Besitz der Zusatzbezeichnung, trotzdem die dürfen schliesslich auch eigenmächtig (be)handeln.


    Zum Thema Voraussetzungen zur vertragsärztlichen Tätigkeit und Arztregister:
    die Voraussetzungen zur vertragsärztlichen Tätigkeit sind andere wie die Voraussetzungen zur Tätigkeit im ÄBD, jedoch sind alle Vertragsärzte zur Teilnahme am ÄBD verpflichtet. Die Voraussetzungen zur Teilnahme am ÄBD sind automatisch gegeben wenn man Vertragsarzt ist, als Nicht-Vertragsarzt ist eine Teilnahme am ÄBD jedoch unter gewissen Voraussetzungen auch möglich (siehe ÄBD Ordnung der jeweiligen Landes KV).


    Zum Thema Behandlungsfehler: das werden nur Gerichte, oder die ÄK klären können. Empörung, Wut und Trauer (so es eine persönliche Betroffenheit gibt) kann ich verstehen und da ist Sachlichkeit aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich, genau deshalb haben wir ein Justizsystem und/oder die Möglichkeit einer Begutachtung bez. eines Behandlungsfehlers über die ÄK. Eine wirkliche sachliche Bewertung der Umstände für diesen schlimmen Fall ist sowieo in keinem Forum möglich.

    Abgesehen davon finde ich weniger schlimm, dass solche Fehler passieren, als das es keinerlei Auswertung, Verhinderung von Wiederholung, usw gibt. Wo sind die Kontrollinstanzen, außer unserem Rechtssystem?

    Was meinst Du denn mit Kontrollinstanzen, um was geht es Dir (Recht/Entschädigung/Klärung von Schuld, oder Fehlervermeidung)?
    Kontrollinstanz bei Behandlungsfehlern sind entweder die Gerichte, oder die Schlichtungskommission der ÄK (kostenloses Verfahren).
    Fortbildungspflicht besteht für jeden Facharzt, diese wird auch kontrolliert (Fortbildung hilft aber auch nicht immer).
    CIRS Systeme gibt es in der Medizin mittlerweile zu Hauf und auch für unterschiedliche Fachrichtungen zB: "jeder Fehler zählt".
    Was für eine Kontrollinstanz schwebt Dir denn sonst vor?

    Ja schon klar, und zwar vor 50 Jahren ! Seither hat sich nichts geändert, es gab keinerlei Änderungen o. Fortschritte in der Medizin. 1 Jahr praktische Tätigkeit ist vergleichbar mit 5 oder 6 Jahren Weiterbildung.....

    Allein die Tatsache, dass jemand eine Ausbildung, oder ein Studium vor x Jahren gemacht hat kann doch nicht als Argument gelten, dass dieser nicht mehr fit ist, sonst müssten wir alle mit 40 in Rente gehen. Ob der betreffende Arzt 50 Jahre nicht klinisch tätig war (übrigens müsste der Arzt, wenn die 50 stimmt, dann mal mindestens 78 Jahre alt gewesen sein) ist nicht anhand seines fehlenden Facharztes beweisbar. Es gibt genügend Nicht-Fachärzte mit extrem langer klinischer Erfahrung, manche von denen sind extrem fit. Irgendwo wird der betreffende Arzt ja als Arzt seine Brötchen verdient haben.
    Die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin bedeutet nicht zwingend, dass er auch ausschliesslich als solcher gearbeitet hat und selbst wenn, auch als Betriebsmediziner ist man regelmäßig mit klinischen Fragestellungen konfrontiert. Auch wird wohl niemand die Fortblidungsveranstaltungen dieses Arztes eingesehen haben, die er möglicherweise besucht hat.
    Der Arzt hat eine tragische Fehlentscheidung getroffen. Ob diese Fehlentscheidung ein anzulastender Fehler gewesen ist, das sollten Gerichte, bzw. Gutachter (zB Gutachter/Schlichtungskommission der ÄK) beurteilen.
    Der angegebene Lebenslauf und die angegebenen Urteile anderer über diesen Arzt eignen sich zur Klärung dieser Frage jedenfalls nicht wirklich.
    Das Versagen einzelner Ärzte eignet sich so wenig zur generellen Anklage gegen die Organisation des ÄBD, wie sich zB das Versagen einzelner Rettungsdienstmitarbeiter eignet um damit gegen die "Organisation" Rettungsdienst vorzugehen.
    Zum Thema Zahlen: es gibt ja Zahlen zu ärztlichen Behandlungsfehlern, die werden ja jedes Jahr erhoben und unter medialen Interesse diskutiert. Ob man da irgendwie extrahieren kann ob Fehler im ÄBD häufiger sind? Keine Ahnung. Gibt es eigentlich überhaupt regelmäßig mit erwähnswertem Publikumsinteresse veröffentliche Zahlen zu Fehlern von nichtärztlichem Personal, mal zurück gefragt?


    Die allgemeine Logik erklärt aber schon eine Häufung von Fehlen im ÄBD, ganz ohne Qualifikationsdefizit der Ärzte, da man im ÄBD mit sehr begrenzten diagnostischen Mitteln unbekannte Patienten mit mannigfaltigen Beschwerden aus mehren Fachgebieten der Medizin behandelt, deren Vorgeschichte, Familienanamnese, Medipläne usw. nicht in der Weise bekannt sind wie es normalerweise der Fall ist.


    Ich finde es ist unverantwortlich, solche Ärzte dort tätig werden zu lassen. Ich glaube kaum, dass auch nur ein einziger Patient sich wissentlich in eine solche Gefahr begeben würde

    Ich glaube die Frage ob dies ein allgemeines Problem ist würde sich nur beantworten lassen wenn man jetzt Zahlen auf der Hand hätte die eine alllgemeine Gefährdung von Patienten im ÄBD zeigen könnten, der Einzelfall ist leider immer ein Einzelfall. Das Problem ist einfach die schiere Anzahl an zu verteilenden Diensten/Arzt (einfache Rechnung: je weniger groß der Ärztepool, desto mehr Dienst/Arzt), wenn man durchsetzen würde, dass ausschliesslich Fachärzte (und welche dann denn eigentlich?) Notaufnahmen besetzen würden, dann könntest Du wahrscheinlich auf einen Schlag die Hälfte aller Krankenhäuser schliessen, das will ja auch keiner (wegen wohnortnaher Versorgung und so). Bei den ÄBD Diensten würde ein Einschränkung zB ausschliesslich auf niedergelassene FÄ der Inneren, der Allgemeinmed., der Chirurgie und der Anästhesie bedeuten, dass niedergelassene Kollegen dieser Fachgebiete so gut wie keinerlei Freizeit mehr hätten. Jetzt schon gibt es einen Mangel an niedergelassenen Fachärzten. Als niedergelassener Arzt hat man zudem keinen Freizeitausgleich für die Dienste, da man ja selbstständig ist. Das hat zur Folge, dass man nach zB einem Nachtdienst in der Woche am nächsten morgen in die Praxis fährt. Die Folge wäre eine weitere Ausdünnung der niedergelassenen Facharztschiene und größere ÄBD Bezirke. Ob unterm Strich damit eine bessere Versorgung raus käme, ich wage es zu bezweifeln.
    Wie man es dreht und wendet also ein Dilemma ohne optimale Lösung fürchte ich.

    Er deutete erstmalig aufgetretene, unerträgliche Kopfschmerzen begleitet von Übelkeit bei einer 17 jährigen Patientin, völlig falsch und schickte die Patientin mit der Diagnose "Migräne" nach Hause. Sie starb an den Folgen einer Hirnblutung.

    Das ist wirklich verdammt tragisch und traurig, keine Frage. Facharztstatus ist in einigen KVen kein Muss um Bereitschaftsdienste zu übernehmen. Exemplarisch die ÄBD Ordnung von Hessen: https://www.kvhessen.de/fuer-u…nstordnung-der-kv-hessen/
    Obwohl das ganze sehr tragisch ist, ist die Hirnblutung bei einer 17 j. ein sehr seltenes Ereignis, gerade diese wenigen abwendbar gefährlichen Verläufe aus der Masse an Kinkerlitzchen rauszufischen, das ist die Kunst in der Allgemeinmedizin. Da die Balance zu halten zwischen Unter- und Überdiagnostik ist schwierig, ob ein Facharztstatus vor diesem Fehler geschützt hätte ist fraglich. Es gab und gibt immer wieder Fälle gerade bei jüngeren Menschen wo seltene aber gefährliche Erkrankungen nicht diagnostiziert wurden, einfach weil sie eben selten sind (zB auch der Herzinfarkt bei unter 30 jährigen). Eine Entschuldigung für Fahrlässigkeit bei eindeutiger Klinik ist das natürlich trotzdem nicht.

    Ich sagte es ja schon mal, dass ich eine Notdienstpraxis, angeschlossen an jede Notaufnahme, bevorzuge würde. Bagatellen könnten so gleich durch geschleust werden.

    Das ist durchaus eine absolut sinnvolle Kombi und gibt es ja schon recht häufig, würde aber nur für Notdienstzeiten greifen. Hier geht es anscheinend um Bagatellfälle die während der normalen Praxisöffnungszeiten aufschlagen, da würde nur ein konsequentes Verweisen auf die Zuständigkeit des ambulanten Sektors helfen.

    Weil es wird sicher interessant, wenn die Ambulanz einen Patienten abweist mit dem Verweis doch bitte zum niedergelassenen Hausarzt zu gehen und dieser auf den Weg dorthin kollabiert und verstirbt an zum Beispiel einer Lungenembolie oder einem kardialen Geschehen, was ja nicht unbedingt gleich hier Schreit ins besondere bei asymptomatischen Geschehen.

    Das ist definitiv ein Problem wenn die vorgebrachten Symptome darauf hingewiesen hätten, das gleiche Problem hat der Arzt in der Praxis auch. Abweisen mit Luftnot, oder Herzschmerz ist halt riskant und somit nicht drin, da sind wir aber wieder nicht im Bagatellbereich unterwegs. Ein asymptomatisches Geschehen wird wohl nicht vorliegen wenn der Patient einen Arzt/ein Krankenhaus aufsucht, höchstens ein nicht eindeutiges Geschehen. Es gibt sicher (wie immer) Grenzfälle, da kann man seitenlang drüber dsikutieren, es gibt aber auch eindeutige Fälle. Man kann das Argument übrigens auch umdrehen und aus der Logik der Sicherheit jeden Patienten mit Luftnot intubieren und mit einem Angio CT und einem Herzkatheter betun, nur um 100%ig sicher zu gehen, wäre aber so Schaden/Nutzen-mässig eher unattraktiv :biggrin_1: . Wobei: wenn ein Patient im Rahmen einer unangebrachten med. Maßnahme zu Schaden kommt, wird es oft als schicksalshaft empfunden ... die Ärzte haben ja alles getan...
    Im umgekehrten Fall ist das Urteil recht schnell gefällt, obwohl möglicherweise manchmal der Verlauf so war, dass zB keine typischen Warnsymptome vorlagen.

    Laboruntersuchungen, z.B. Herzenzyme oder BGA,werden sicherlich in den meisten Vertragsarztpraxen 24h als Notfalluntersuchungen vorgehalten.
    Gleiches gilt für die radiologische Diagnostik mit Röntgen und CT-Untersuchungen.


    Für manche Pressemeldungen muss man sich wirklich schämen.

    Ich glaube die Aufregung ist unangebracht. Es geht um Bagatellfälle! Jemand der eine BGA, oder Herzenzyme braucht ist bis zum Ausschluss der gefährlichen Verdachtsdiagnose normalerweise kein ambulanter Bagatellfall. Ein Röntgen Thorax bekommt man übrigens ab Kleinstadtgöße auch ambulant innerhalb von Stunden und man ist damit manchmal mindestens genauso schnell wie die Klinik. POCT Labor mit Herzenzymen, D-dimer, pro BNP gibt es auch in vielen Praxen. Darum geht es aber eigentlich eben gar nicht da, zB das akute Koronarsyndrom, oder der V.a. Lungenembolie definitiv keine Bagatellfälle sind und damit natürlich stationär gehen, so man sie ambulant nicht sicher ausschliessen kann (beim ACS mit typischer Klinik nützt das ambulante POCT Labor eben nichts, da die Zeitfenster zum sicheren Herzinf.-ausschluß nicht eingehalten werden können)! In Kliniknotaufnahmen kommen jedoch immer häufiger Patienten mit Schnupfen/Husten/Heiserkeit, oder zB "Rücken", häufig aus dem Grunde: gibbet einen Parkplatz in der Nähe und da muss ich ja gerade zu Praxisöffnungszeiten (also eben nicht im Notdienst!) nicht so lange warten wie in einer Arztpraxis, ausserdem haben die ja die ganzen dollen Geräte und man kriegt gleich den Rücken oder die Lunge geröntgt (auch wenn es evtl.gar nicht notwendig wäre). Da gibt es de facto eine Fehlsteuerung! Ob man das Problem so bekloppt Pseudo-lösen muss wie die KV in Berlin, weiss ich allerdings auch nicht.


    @Rapahel:
    "Triage" ist auch das tägliche Geschäft einer MFA (Stichwort "Terminmanagement"), so schwer ist das ja auch gar nicht in einer Arztpraxis (ist ja keine Notaufnahme, sondern Niedrigprävalenzbereich). Natürlich gibt es da (wie in jedem anderen Beruf auch) fachlich fähige und motivierte Menschen und eben auch das Gegenteil. Natürlich müssen Mitarbeiter auch qualifiziert geschult und ausgebildet werden, da hakt es aber nicht nur in Arztpraxen manchmal gewaltig.

    Zumindest den erwartbaren Kompetenzverlust der anderen akutmedizinischen Fächer und den Informationsverlust bei einer weiteren eingefügten Schnittstelle zwischen Präklinik und Station sehe ich auch als Problem an. Ansonsten mag der Kommentar wahrscheinlich vielen hier Lesenden/Schreibenden sicherlich nicht schmecken, ist halt eine Meinungsäusserung (aber eben als solche auch ganz klar erkennbar) und keine wissenschaftliche Studie.

    Machen wir halt bei allen 29 jährigen mit Brustschmerzen ein Angio CT des Thorax bis der erste klagt wegen zB eines Kontrastmittelschadens, oder der Strahlenbelastung. Natürlich kenne ich die Details des Falles nicht, aber prinzipiell ist so ein Aortenaneurysma nun mal schwer feststellbar, sämtliche vorgeschlagenen fehlenden Diagnostikschritte (EKG, Labor, RR Messungen an beiden Armen) hätten in diesem Fall unauffällig sein können und der junge Mann wäre tragischerweise evtl. doch gestorben, es sei denn jemand hätte die Verdachtsdiagnose von vornherein für wahrscheinlich gehalten, dies haben jedoch 3 konsultierte Ärzte unabhängig voneinander anscheinend nicht. Ja, das ist verdammt tragisch und traurig, aber ist es notwendigerweise ein justiziabler Fehler, bzw. produziert der Umkehrschluss ( zugespitzt: das Angio CT bei jedem Brustschmerz) nicht evtl. mehr tragisch ausgehende Fälle?

    Und mal wieder:
    http://www.derwesten.de/staedt…ieder-auf-id10490748.html




    Ist es tatsächlich so schwer? Oder wird bei diesem hohen Alter vielleicht geschlampt?

    Es ist tatsächlich im Einzelfall manchmal nicht so einfach als KV Dienst und zwar wenn man nicht lange genug wartet bis zur endgültigen Todesfeststellung und bei alten multimorbiden Patienten. Man hat halt nur seine Sinne und das Horchrohr. Wenn der Tod noch nicht lange her ist, dann findet man halt keine sicheren Todeszeichen, bzw. bei manch moribunden Patienten können "Totenflecke" zu sehen sein, obwohl sie noch nicht tot sind. Vor dem Tod schon vorhandene Kontrakturen sind ebenfalls ein Stolperstein.

    Off topic, aber ich kann es mir nicht verkneifen:

    IEin befreundeter Medizinmann hat mir neulich vorgerechnet, dass in seiner Heimat der Reingewinn für 24h NEF-Nullschicht dem entspricht, was ein gewöhnlicher Hausarzt in zwanzig Minuten an einem Privatpatient mit "Rücken" abrechnen kann. Wie soll sich ein Freiberufler das leisten können?

    Ich rechne mal so als Hausarzt die maximale Rechnung des Privatpatienten mit "Rücken" aus.
    20,10 (Ausf. Beratung) + 21,46 (vollst. Untersuchung)= 41,56 Euro, davon muss der Hausarzt im Gegensatz zum freiberuflichen Notarzt aber ausser den Kosten des freiberuflichen Daseins, die beide zahlen (Versicherungen, Altersvorsorge, Steuer) noch: Miete, Personalkosten, Kredite für Arztsitz, Geräte und Investitionskosten abzahlen. Das Rechenkunstück würde ich also gerne mal sehen (alternativ die Pauschale für einen 24h Dienst ohne Einsätze in der Heimat des armen Medizinmannes erfahren) :)
    Manchmal sind so Vergleiche doch ein wenig abstrus, auch wenn die Intention stimmen mag, macht sie dann aber trotzdem eher unglaubwürdig.


    Sicher hat der Kollege trozdem vollkommen Recht in seiner Kritik einer zu niedrigen Pauschale.

    Der Artikel enthält viele Wahrheiten, allerdings wird leider zu oft der falsche Baum angebellt.
    1. ist es möglich und in vielen Kliniken auch wirtschaftlich effizient durchgeführter Usus Ärzte von Bürokratie und Papierkrieg zu entlasten, man muss es nur wollen, daran scheitert es leider ziemlich oft. Die ärztliche "Obere Heeresleitung" ist meist inkompetent darin den "Wirtschaftsfachleuten" zu erklären warum es wirtschaftlicher sein kann eine Sekretärin zusätzlich einzustellen, obwohl das auf dem Papier erst mal Geld kostet, der Laden läuft ja auch so irgendwie.
    2. ein bisschen oft wird der schwarze Peter auf den Hausarzt geschoben, dabei zwingt doch niemand das Krankenhaus dazu Menschen durch diagnostische Mühlen zu drehen bei denen bei der Aufnahme schon klar ist, dass dies nicht notwendig ist. Wenn es ein Krankenhaus dann trotzdem macht, dann liegt es evtl. vielleicht auch daran, dass auch im Krankenhaus Ärzte oft nicht den A... in der Hose haben auch mal keine Diagnostik bis zum i-Tüpfelchen durchzuführen, vielleicht aus den selben Ängsten wie der Hausarzt (der oft ein kleineres Kreuz hat, oft schon aufgrund seiner begrenzten Mittel). Vielleicht hat die Frau mit der depressionsbedingten Gewichtsabnahme doch einen Magenkrebs, auch wenn es unwahrscheinlich ist, vielleicht landet dann die dicke Akte doch im Fach mit der Notiz des Chefarztes zur laufenden Klage? So einen Fall kenne ich übrigens aus eigener Erfahrung. Oft hilft veilleicht auch mal der Griff zum Telefonhörer um mit dem Kollegen zu kommunizieren.
    3. die sterbenden Patienten, wie oft erlebt man hier eine Überforderung gerade in den letzten Stunden, gerade auch in Pflegeheimen (aber auch privat), oft ist es doch nicht die fehlende Ressource, sondern auch da das "nicht aushalten können", nicht doch vermeintlich alles für den Patienten getan zu haben. Das Problem ist auch hier oft die Angst etwas zu verpassen und die fehlende Übernahme von Verantwortung.
    4. die "Checklistenmedizin" führt dazu, dass jeder einfach seins abhakt und dokumentiert (ganz wichtig), was unterm Strich hinten für den Patienten raus kommt ist sekundär. Woher kommt das? Meiner Meinung nach aus einer Mischung aus falscher Erwartungshaltung (heutzutage muss doch jedes Zipperlein gecheckt werden und auch schwerste Leiden müssen doch irgendwie heilbar sein) und der zunehmenden Angst vor Fehlern (wobei die Checkliste wieder Fehler produziert, aber dokumentiert und von A-Z durchlaufen ist sie vermeintlich rechtssicherer, die Klagewahrscheinlichkeit bei unnötiger Diagnostik ist interessanterweise deutlich weniger ausgprägt wie bei zu wenig).
    5. Ökonomisierung in der Medizin wird halt dazu führen, dass die Leistungsanbieter sich wirtschaftlich verhalten (ist ja logisch), das ist halt nicht immer im Sinne des Patienten und auch nicht immer im Sinne der Versicherungen. Kann man es den Anbietern aber vorwerfen? Ich finde eben nicht (auch nicht den gerne gescholtenen betriebtswirtschaftlichen Geschäftsführern)!

    Ich geben zu bedenken, dass der RD vielleicht der falsche Spielplatz zum üben sein könnte.

    Aus meinem Statement kann ich beim besten Willen nicht herauslesen, dass ich dafür plädiert habe Ärzte im RD ohne jegliche Ausbildung/Erfahrung üben zu lassen, so isses ja auch nicht, oder bist du anderer Ansicht? Ich bin auch nicht der anscheinend bei Dir vorhandenen Ansicht, dass Notärzte in Deutschland im Schnitt momentan schlecht qualifiziert sind. Ich würde mich trotzdem nicht gegen sinnvolle Verbesserungen sträuben. Deine Aussage finde ich ehrlich gesagt ein starkes Stück.

    Bisher gab es übrigens nur einen Facharzt, der die klassische Notfallmedizin (Reanimation etc.) explizit in seinem Katalog gefordert hat. In allen anderen Fächern war sie nicht mal erwähnt. Wie das jetzt ist, weiß ich leider nicht. Inzwischen müssen jetzt wenigstens auch die Chirurgen in ihren Fachweiterbildungen ein halbes Jahr Intensivmedizin nachweisen können. Ich persönlich halte eine Facharztqualifikation auch nicht notwendig für die Tätigkeit als Notarzt in Deutschland.


    Da kann ich Abhilfe schaffen: in eigentlich allen klinischen Gebieten (HNO, Chirurgie, Innere, Gyn.,Allgemeinmed.) enthält der Katalog folgende (teilweise je nach Fach etwas abgewandelte)
    Formulierung als zu absolvierendes Ausbildungsziel:
    "der Erkennung und Behandlung akuter Notfälle einschließlich
    lebensrettender Maßnahmen zur Aufrechterhaltung
    der Vitalfunktionen und Wiederbelebung
    einschließlich der Grundlagen der Beatmungstechnik
    und intensivmedizinischer Basismaßnahmen"


    Nicht enthalten ist der Passus bei den Dermatologen, den Augenärzten und bei den ganzen nicht klinischen Fächern (zB Arbeitsmed., Hygiene usw.).
    Das hat sich also geändert mittlerweile, was aber nach wie vor an Anis Argument nichts ändert, Erfahrung in präklinischer Notfallmedizin bekommt man halt durch das Erlenen von ein paar intensivmedizinischen Skills und durch das Erlernen von (und die Erfahrung in) präklinischer Notfallmedizin. Da ist der Facharztstatus sekundär.
    Zum Argument doch die angeblich zu gering qualif. Notärzte in Deutschland aus der präklinischen Notfallmedizin rauszudrängen gibt es übrigens auch ein bedenkenswertes Gegenargument, nämlich den Erhalt von notfallmedizinischer Komeptenz bei vielen klinisch tätigen Ärzten. Was ich sagen möchte: wenn es nur noch wenige hauptberufliche präklinisch tätige Supernotärzte gibt, dann schwindet die notfallmedizinische ärztliche Kompetenz in der Fläche. Ich weiss nicht was für das Patientenoutcome schlechter ist, die paar besser versogrten superspeziellen Fälle in denen es einen Supernotarzt gebraucht hätte, oder die vielen evtl. dann deutlich schlechter versorgten zB innerklinischen (oder Praxis-) Fälle, in denen die Wahrscheinlichkeit an einen zumindest basiserfahrenen notfallmed. Arzt dann irgendwann gen Null käme.
    Die Kompetenz und die Güte der nichtärztlichen und der ärztlichen Notfallversorgung kann man ja trotzdem steigern, bzw. ausbauen, da sehe ich gar keinen Widerspruch.

    Nein. Tut er nicht.
    Selbst erlebt bei einem Internisten, der bei einem Patienten - retrosternaler Schmerz unter bereits leichter Belastung, Atemnot, Leistungsminderung, entsprechend bekannte Risikofaktoren - der vermeintlich eine verschleppte Bronchitis hatte, die Lunge und Bronchien abhörte und ein Ruhe-EKG machte. Ergebnis: Überweisung zum Kardiologen, weil es könnte ja evtl. eine Angina Pectoris sein. Zum Glück des Patienten ging es dann beim Kardiologen besser was den Ablauf anging. Der Patient kam zum Herzkatheter. Keine Minute zu früh. 4 große und 2 kleine Gefäße waren zu fast 100% dicht. Ein tödlicher Infarkt mehr als zum Greifen nah.
    Den Internisten hat der Patient danach nurnoch 2x besucht, und hat sich danach einen Arzt gesucht, der wirklich Ahnung hat - und nicht aufs Budget guckt und verordnete Tablette abzählt bevor es ein neues Rezept gibt (ja, das macht der wirklich!).

    Hier sind gleich mehrere Denkfehler drin, sorry.
    1. können keine 6 Gefäße zu gewesen sein, so ganz rein anatomisch nicht.
    2. scheint der Arzt sich eben nicht sicher gewesen zu sein (hinterher ist man immer schlauer!), anscheinend war für ihn die Symptomatik auch erklärbar durch einen verschleppten Infekt, trotzdem hat er sich abgesichert und den Kardiologen dazu gezogen. Sicherlich hätte man bei einer typsichen Symptomatik die erstmalig aufgetreten ist auch trotz unauff. EKG einweisen müssen (per Def.: instabile AP). Jetzt kommt aber das aber, wir wissen doch gar nicht wie typisch die Symptomatik geschildert wurde, bzw. vielleicht haben andere parallel vorh. Symptome eine andere Diagnose erstmal wahrscheinlicher erscheinen lassen. Auch Du wirst in Deinem medizinsichen Leben Situationen erleben, die evtl. zu erstmaliger Fehleinschätzung führen, es muss nicht zwingend sein, dass der Arzt grottig ist. Er hat nämlich was ganz wichtiges gemacht, er hat sich eben nicht auf seine Einschätzung verlassen. Der Arzt wird sich ex post gedacht haben: gut dass ich meinem ersten Impuls (der Infekt) nicht nachgegegben habe.
    3. die Frage nach den Befürchtungen, bzw.der Eigendiagnose des Patienten ist eine ganz wichtige Frage und soll nicht dazu dienen, dass der Patient die Diagnose stellt, sondern Klarheit über die Befürchtungen und auch die Selbsteinschätzung des Patienten bringen, diese Selbsteinschätzung kann diagnostisch und therapeutisch sehr wichtig sein (zB muss man mit dem Patienten reden wenn er denkt er habe Krebs, aber auch diagnostisch; der Marburger Herzscore zB benutzt auch die Verdachtsdiagnose des Patienten als eigenen validierten Parameter um die Wahrscheinlichkeit eines kardialen Ereignisses einzuschätzen, klar die Patienten kennen ihren Körper halt doch manchmal überraschenderweise besser als der Arzt).
    4. das Abzählen der Pillen dient nur in zweiter Linie der Regressvorbeugung, sondern in erster Linie der Überprüfung der Compliance des Patienten (zB hat er/sie die Pillen wirklich so genommen wie vorgeschrieben, oder hat er die doppelte Dosis genommen, oder evtl. auch eine Weile nichts eingenommen?), es ist also in erster Linie dem Patientenschutz geschuldet. Nicht jede Praxis achtet darauf, wenn darauf geachtet wird, so wäre dies meiner Ansicht nach sogar eher ein Qualitätsmerkmal!


    Wenn jetzt jeder hier eine Geschichte zum Besten bgeben möchte wo es dann doch ganz schlecht lief, so sei gesagt: ich selber kann genügend solcher Geschichten erzählen und auch ich persönlich habe manchmal Bockmist gemacht (der bisher Gottseidank ohne gravierende Folgen blieb). Ich kenne üble Geschichten aus jedem med. Fachgebiet und aus vielen Berufssparten, trotzdem ist das doch nicht die Regel! Wenn man (vermeintliche) Fehler analysiert, dann liegt es nur selten an der fachlichen Inkompetenz des Fehlermachenden, sondern häufig sind es unglückliche Verkettungen von Umständen, die manchmal schicksalhaft, manchmal leicht, manchmal schwer vermeidbar gewesen wären. Im Nachhinein sollte man analysieren woran es gelegen hat und daraus lernen, dieser Weg wird verbaut wenn man den Fehlermachenden als Volldeppen verunglimpft.
    Als letztes gerade auch an Deinem Posting zu sehen, manches erscheint einem als "skurril", oder als fehlerhaft, ist es aber eigentlich gar nicht, dies nennt der Mensch: Kommunikations (bzw. Informations)problem.

    @Mk1:


    Sätze die anfangen mit "also ich habe ja kein Problem mit", gehen grundsätzlich weiter mit "...aber...". Am beliebtesten: "ich habe keine Probleme mit Ausländern, aber....".


    Nicht falsch verstehen, aber :) reden wir jetzt von Einzelfällen (Punkt 1. und 2.?), oder ist das Dein gefühltes Alltagsproblem. Falls Einzelfälle, so ist die Erwähnung hier im Kontext gänzlich überflüssig, es hat keiner behauptet, dass es unter Ärzten nicht auch mal komische Vertreter gibt (beim RFP aber auch, Binsenweisheitsende). Auch so eine Binsenweisheit ist, dass schlechtes lange haften bleibt und "normales", oder gutes Vorgehen nicht (ist ja normal). Da können 100 Einsätze normal gelaufen sein, die 2 Knallköppe wo es dann mal nicht gut lief bleiben haften (erst Recht wenn man sowieso ein Vorurteil hat, was ich aber hier niemandem unterstellen will, nur erwähnen).


    zu Punkt 3.: schön und gut, aber weil im Jahr 3x der RTW kommt muss der Praxisinhaber einen Fahrstuhl einbauen, oder sich eine neue Bude suchen? Ich finde nicht behindertengerechte Räumlichkeiten für Praxen zwar auch sehr ungünstig, aber in städtischen Bereichen gibt es manchmal keine andere Möglichkeit, die Praxen stehen oft schon seit Jahrzehnten an einem Ort. Behinderte Patienten werden von solchen Kollegen dann halt zu HAuse besucht und an den Rettungsdiensthat (OMG) wahrscheinlich keiner gedacht.


    Zum Abschluss: ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass Hausärzte (interessanterweise mal wieder "nur" diese hier im Forum erwähnt als Beispiele, dabei ging es um "niedergelassene" Ärzte, also komplettes Spektrum), keine Notfälle behandeln können! Ich denke: im Gegenteil diese können dies im Schnitt noch am ehesten leisten! Ich wollte nur von der Erwartungshaltung einer "notärztlichen" Versorgung abrücken, das geben die vorhandenen Gerätschaften und das vorhandene Personal einfach in der Regel nicht her. Die medikamentöse Akuttherapie eines ACS, einer Blutdruckkrise usw., sind für den durchschnittlichen Hausarzt sicher zu leisten und auch "normales Geschäft" (bitte jetzt nicht wieder mit dem Dr. Kasuppke argumentieren wo man mal in der Praxis war und der Aurum D10 Globuli gegeben hat und die Moxibustionsnotfallzigarre anzündete). Kritisch sind die kreislaufinstabilen Patienten, da haben Praxen eben einfach nicht die technischen (Überwachungs), personellen (Arzt kämpft alleine, MFA nicht vergleichbar mit RFP im Notfall) und medik. Möglichkeiten um adäquat drauf zu reagieren. Auch ist der Stresslevel bei solchen nicht alltäglichen wirklich kritischen Notfällen natürlich hoch.


    Auch das Herausfiltern der wenigen kritischen Patienten aus den vielen "Banalkranken" ist hausärztliches Tagesgeschäft!