Beiträge von Michael Neupert

    Wenn ich als Leser der Diskussion einen Eindruck formulieren darf: Ich hatte weder den Eindruck, dass fakl eine indizierte Intubation unterlassen wollte noch dass andere Diskussionsteilnehmer zu überflüssigen Intubationen raten wollten. Der springende Punkt ist letztlich, dass es sich in vielen Fällen um eine Bewertungsfrage handelt, die man - innerhalb gewisser Grenzen - eben vertretbar in die eine, aber auch in die andere Richtung entscheiden kann.


    Man muss sich nur darüber klar sein, dass es nicht um die Entscheidung "für Risiko" oder "gegen Risiko" geht. Es geht um die Abwägung eines Risikos (Komplikationen der Intubation) gegen ein anderes (Komplikationen nicht hinreichend gesicherten Atemwegs). Das heißt, die Entscheidung kann man sinnvollerweise nicht allein mit Blick auf die Risiken einer Intubation treffen. Das ist allen Beteiligten prinzipiell auch klar, glaube ich, aber wenn man das mal so hinschreibt, vermindert sich das Streitpotential ;).

    Davon steht da ja nichts, wenn ich mich recht erinnere, sondern nur, dass der Landkreis (als Rettungsdienstträger) sich bei der Bußgeldbehörde (also vermeintlich ein paar Büros nebendran) für eine Einstellung verwende.


    Na ja, da ist die Rede von einer "Regelung", die auf den Rettungswachen im Landkreis auch bekannt und gängige Praxis sei... Beim ersten Mal "beantragt" der Träger (bei wem eigentlich....?) die Einstellung, beim zweiten "lehnt er die Einstellung ab". Lebensnah betrachtet hat man sich da ein eigenes Landrecht gezimmert, denke ich.

    Klar. Man kann sich jetzt aber auf den Standpunkt stellen, dass 90 km/h innerorts (auf einer typischen Straße) immer zuviel seien. Wegen der Kinder, der Hunde, was weiß denn ich. Als Bußgeldbehörde kann man so ahnden


    Da habe ich Zweifel, zumindest wenn man das juristisch sauber macht: Wer als Behörde "immer" sagt, übt nämlich sein Ermessen nicht aus. Und das ist immer fehlerhaft. Je nach rechtsdogmatischem Geschmack kann man den Fehler auch in den Beurteilungsspielraum auf Tatbestandsseite bei § 35 Abs. 8 StVO schieben. Eine abstrakt-generelle Norm darf die Behörde so oder so nicht setzen (weshalb ich auch für unzulässig halte, den Leistungserbringern entsprechende Vorgaben zu machen - aber letzteres ist gerade nur Bauchgefühl).


    Dass man natürlich im Einzelfall nach entsprechender Prüfung zu der Einschätzung kommen kann, Tempo 90 seien an der bewussten Stelle zu viel, ist klar. Aber von vorneherein eine Aussage zu tätigen, wonach im gesamten Landkreis an jeder Stelle und zu jeder Zeit 150 % des angeordneten Geschwindigkeitslimits zu viel seien, halte ich für schwer begründbar. Erst recht, wenn man den ersten Verstoß in einem Jahr im Grunde noch toleriert, was sich auch kaum konsistent begründen lässt.


    Hochprofessionelle Äußerung des Anwalts auch.

    Um das mal theoretisch aufzudröseln: wir hätten


    an Tatbeständen im Angebot (vorsätzlichen) Totschlag (mit drei abgestuften Vorsatzformen) und fahrlässige Tötung,
    durch aktives Tun oder durch Unterlassen und
    (bei der Vorsatztat) mit Erfolg und als Versuch.


    Plus KV durch Unterlassen samt Todesfolge? Da dürfte es dann unter Umständen doch etwas enger für die nichthandelnde Fachkraft werden...

    @ Michael Neupert: Siehst du das Gericht in diesem Fall nicht als Kontrollinstanz an? Oder anders gefragt: Wem obliegt es, diese behördliche Stelle zu überwachen?


    Das sind ja zwei Fragen.


    Zur ersten: Ich verstehe die verlinkte Entscheidung des ArbG Ulm so, dass ein Verweigerungsgrund für den Betriebsrat vorliege, weil die Beschäftigung der Bufdis in Widerspruch zu einer Verwaltungsvorschrift stehe (Rn. 25, 35). Rechtsgrundlage für die Zustimmungsverweigerung ist nach Auffassung des ArbG Ulm § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (Rn. 26, 27). Nach dieser Vorschrift kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme verweigern, wenn


    "die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde".


    Eine Verwaltungsvorschrift gehört aber zu keiner dieser Kategorien, sondern ist eine rein innerbehördliche Weisung, wie nachgeordnete Behörden bestimmte mehrdeutige Rechtsvorschriften anwenden sollen. Deshalb habe ich Zweifel, ob die Begründung trägt.


    Mir erscheint es auch zweifelhaft, ob ein Arbeitsgericht die funktional richtige Stelle ist, um die Arbeitsmarktneutralität des Einsatzes von Bufdis an einem bestimmten Ort zu überprüfen. Bei der Beurteilung der Arbeitsmarktneutralität wird man den Blick deutlich über einen einzigen Betrieb hinaus richten müssen (es heißt ja arbeitsmarktneutral und nicht innerbetrieblich neutral). Eine solche Betrachtung versucht das ArbG Ulm in Rn. 32 f. des Beschlusses, aber mich wundert zum Beispiel, dass es sich nicht mit den Gründen auseinandersetzt, welche zur Anerkennung der betreffenden Bufdi-Plätze geführt haben oder geführt haben könnten. Tatsächlich geht das ArbG Ulm sogar noch einen weiteren Schritt, indem es nicht einmal der Frage nachgeht, ob die Plätze denn anerkannt waren oder nicht (was zwischen den Beteiligten streitig war, wie sich aus dem Tatbestand ergibt). Damit nimmt es letztlich die Position ein, es egal, wie die zuständige Behörde diese Frage beurteilt - und da habe ich Zweifel, ob die Entscheidungskompetenz eines Arbeitsgerichtes so weit reicht.


    Zum zweiten: Ich könnte mir vorstellen, dass eine Anerkennung der Stellen durch die zuständige Behörde alle Beteiligten rechtlich bindet. Das hätte zur Konsequenz, dass die Arbeitsmarktneutralität konkreter Bufdi-Stellen ggf. (also wenn jemand sie bestreitet) in einem (vielleicht verwaltungsgerichtlichen) Verfahren gegen die Behörde geklärt werden müsste. Da gehört das Thema also meines Erachtens richtigerweise hin.

    Also kann das nur bei Vorsatz passieren?


    "Überbrücken" ist eine Handlung, "Vorsatz" die Bewertung einer Handlung in einem bestimmten Maßstabssystem. Das sind zwei unterschiedliche Kategorien, und dementsprechend ergibt sich das eine nicht automatisch aus dem anderen.

    Und nur um Missverständnisse zu vermeiden, das sagt der Duden dazu: Hilfstätigkeit: Tätigkeit, mit der jemand bei einer beruflichen Arbeit aushilft.


    Wäre ich zynisch, würde ich sagen: Das ist während der ganzen Debatte um die Kompetenzen des RettAss komischerweise kaum mal vorgetragen worden ;). Aber genug des OT, stimmt schon.



    Der Bundesfreiwilligendienst ist arbeitsmarktneutral auszugestalten.


    Die Musik spielt m. E. genau an dieser Stelle. Alle anderen Ziele des Gesetzes lassen sich ja auch erreichen, indem Bufdis als reguläre Kollegen eingesetzt werden.


    Was mich an der weiter oben verlinkten Gerichtsentscheidung stört, ist ein genuin juristischer Aspekt: Das Arbeitsgericht zieht die Beurteilung der Arbeitsmarktneutralität an sich und greift damit letztlich in die Beurteilung durch die - immerhin behördliche - Stelle ein, welche die Bufdi-Plätze anerkannt hat. Dabei scheinen mir aber die Gründe unterzugehen, welche die Anerkennung tragen. Ich bin nicht sicher, ob das im Sinne des Erfinders ist, und ich bin auch nicht sicher, ob ein Arbeitsgericht für diese Frage die richtige Stelle ist.

    Insofern finde ich den Gedanken einer Hilfskraft zur Entlastung des älteren Rettungsdienstpersonals anhaltend keine dumme Idee.


    Das war ja in vielen Bereichen jahrelang genau das Mittel der Wahl: Zivildienstleistende und Studienplatzwarter haben eine - mal größere, mal kleinere - Gruppe von Rettungsfachpersonal gestellt, die eben nicht ihre gesamte berufliche Zukunft im Rettungsdienst verbringen wollte. Die Veränderungen in Sachen Berufsbild und Fahrzeugbesetzung führen nun dazu, dass diese Gruppe kleiner wird, denke ich. In der Konsequenz wird die Gruppe der zunehmend älteren "Lebenslangretter" größer. In der weiteren Konsequenz stellen sich ggf. Fragen wie Berufsunfähigkeit usw. deutlicher als früher, und die Altersstruktur der Belegschaften dürfte sich tendentiell nach oben verändern. Das wird dadurch verschärft werden, dass die Nachwuchsgewinnung schwerer ist als früher.


    M. E. einzige Lösung dafür wären Fahrzeugbesatzungen aus RS und NFS, denn nur die RS-Ausbildung ist eine, die für Studienplatzwarter ernsthaft in Betracht kommt. Ob die Bufdi-Zahlen überhaupt an die frühere Zivi-Menge herankommen, habe ich nicht geprüft. So oder so regen sich ja aber immer wieder Stimmen, die den Einsatz im Rettungsdienst ablehnen. Ob man stattdessen Personal im Rettungsdienst haben möchte, das die hauptberufliche Beschäftigung als RS als Daueroption sieht, wage ich zu bezweifeln.

    Sind wir heut weichgespült? Wenn ich eine Aussage als schwachsinnig betitele, beleidige ich noch lange nicht die Person dahinter. Kommt mal wieder runter. Hätte genauso "quatsch" oder "blödsinn" sagen können, wäre genauso wenig "netter" gewesen.



    Genau. Und weil beides nicht nett ist, bitte ich Dich, demnächst einfach unsachliche Qualifizierungen zu vermeiden. Es war ja offenbar eher der Hitze des Gefechts geschuldet.

    Da hast du sicher recht. Ich bin leichtfertig vom Naheliegenden ausgegangen. Aber es ging mir auch hauptsächlich darum, dass es nicht um ein Unterlassungsdelikt geht und das auch nichts mit dem Begriff der Fahrlässigkeit zu tun hat (siehe Beitrag von SanSold).


    Schon klar, ich hatte es auch gar nicht vorwürflich gemeint.


    Mit dem Naheliegenden vorsichtig zu sein, ist halt meine deformation professionelle - also, eine davon ;). Ich habe gerade in dieser Woche gelernt, dass wir in einer Angelegenheit seit einem Jahr von einer unzutreffenden Annahme ausgehen. Die schien bislang auch plausibel zu sein, kann aber schlimme Folgen haben. Man kann einfach nicht vorsichtig genug sein.

    Fahrlässig ist es trotzdem, da er ja keinen Vorsatz hatte.


    Nur am Rande: Das wissen wir nicht. Im Moment geistert durch die Presse die Aussage, er habe auf seinem Handy gespielt. Das kann auch jemand sagen, der immer schonmal ein Zugunglück auslösen wollte. Um es mal überspitzt zu sagen. Genauso kann natürlich andersrum das Spielen auf dem Handy ohne jede Bedeutung für das Zugunglück gewesen sein.

    Eine vorsätzliche Tötung (was in der Rechtssprechung der Mord wäre) kann man definitiv nicht bejahen. Hier fehlen ganz klar die Merkmale. Möglicherweise wird dann der Tatvorwurf des Totschlages greifen. In diesem Fall könnte ich - wenn man von einem besonders schweren Fall ausgeht - die U-Haft wegen der im Raum stehenden lebenslangen Freiheitsstrafe durchaus nachvollziehen.


    Der Totschlag ist immer eine Vorsatztat und unterscheidet sich nicht dadurch vom Mord, sondern durch die in § 211 StGB genannten Mordmerkmale. Von denen könnte - theoretisch - im vorliegenden Fall zum Beispiel die Anwendung eines gemeingefährlichen Mittels gegeben sein. Darüber zu spekulieren ist aber müßig, denn die Ermittlungen laufen ja noch.


    Unabhängig davon dürfte es zur Begründung einer Untersuchungshaft auch im Rahmen von § 112 Abs. 3 StPO nicht ausreichen, nur auf eine mögliche lange Freiheitsstrafe hinzuweisen. Aber auch insoweit macht es keinen Sinn, zu spekulieren.

    Ich bin zwar kein Jurist, aber das weiß ich noch:


    Der Absatz III des § 112 muss laut Bundesverfassungsgericht verfassungskonform ausgelegt werden, denn nur aufgrund eines Tatvorwurfs einsperren ist nicht vereinbar mit der Verfassung, man braucht also trotzdem zusätzliche Gründe.


    vgl. Strafprozessrecht R. Schmidt, 3. Auflage 2010, RN 695


    Gleichwohl lässt § 112 Abs. 3 StPO die Anordung der Untersuchungshaft je nach Lage des Einzelfalles deutlich unterhalb der Schwellen zu, die normalerweise bestehen. Praktisch ist es also so, dass zum Beispiel relativ geringe Anhaltspunkte eine Flucht- und/oder Verdunkelungsgefahr begründen können.


    Es macht aber natürlich ohne Kenntnis des Beschlusses wenig Sinn, über den Fall des Fahrdienstleiters zu spekulieren.

    Ich wollte die Community nicht überfordern. ;-)
    (BTW halte ich das für ein wichtiges Thema!)


    Ich glaub, das passt schon, auch wenn ich Deine These aus Deinem ersten Beitrag für sachlich falsch halte, die Definitionsmacht müsse bei der betroffenen Person liegen, ob ein Verhalten anderer übergriffig ist. Das ist mir zu subjektiv, und davon abgesehen glaube ich auch, dass man mit objektiven Kriterien übergriffiges Verhalten prima erfassen kann. Wenn einer seinen nackten Pillemann anderen unter die Nase hält, dann ist das typischerweise als Ausdruck von Respektlosigkeit und grober Unhöflichkeit einzuordnen, und zwar ganz unabhängig von Geschlechtern und sexueller Orientierung. Und genau deshalb braucht es auch eine Strafe.

    Was die Strafe angeht, die wird die HiOrg relativ tiefenentspannt an ihre Rechtsabteilung oder Versicherer gegeben haben, damit die das klären.


    Wenn man ohne erforderliche Genehmigung arbeitet, gibt es da in der Regel nicht so viel zu klären. Irgendein Mitarbeiter zahlt sein Bußgeld, wenn es nicht den Geschäftsführer trifft, und dann macht man das in der Regel nicht nochmal. Und eine Versicherung zahlt das auch nicht.


    Spannend wäre ggf., ob tatsächlich eine Genehmigung erforderlich war bzw. ob eine vorhandene Genehmigung einen konkreten Transport abdeckt. Jenseits dessen fällt mir ad hoc nicht so viel Diskussionspotential ein...