Sobald der Arzt nicht daneben steht ist er Unerreichbar und die Rechtfertigung gegeben.
Ja - wenn die Maßnahme unverzüglich erfolgen muss, um den Tod oder schwere Gesundheitsschäden abzuwehren.
Nein, wenn die Maßnahme nicht der Lebensrettung oder der Verhinderung schwerer Gesundheitsschäden dient, sondern nur "nice to have" ist, oder wenn ohne Gefahr für den Patienten bis zum Eintreffen des Arztes abgewartet werden kann.
Das ist - wie sooft im Leben - eine Abwägungsfrage.
Nach internationalen wissenschaftlichen Studien und Standards ist es mir nicht ersichtlich wo gerechtfertigt wird auch nur eine Minute die Behandlung zu verzögern wenn ich die Maßnahme beherrsche und ebenfalls die möglichen Komplikationen.
Das Gesetz rechtfertigt nicht nur, es verpflichtet im Grundsatz dazu, die Behandlung nicht nur zu verzögern, sondenr zu unterlassen, wenn es sich dabei um eine heilkundliche Maßnahme, d.h. eine Maßnahme zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen handelt, die von einigem Gewicht ist, also ärztliche Fachkenntnisse voraussetzt und bei falscher Handhabung und bei deren Durchführung bei generalisierender und typisierender Betrachtung gesundheitliche Schäden drohen können.
Das ist die Grundregel. Auch im Rettungsdienst.
Diese Grundregel darf man missachten, wenn man nur so - durch die Verletzung dieser Regel - Schlimmeres verhüten kann, insbesondere, wenn man nur so erhebliche Gesundheitsschäden bei einem Patienten abwehren kann. Das setzt, um der gesetzlichen Regelung trotzdem die größtmögliche Geltung zu verschaffen, zusätzlich voraus, dass die Maßnahme (jetzt) dringend geboten ist, dass man sie beherrscht (dazu dient die Aufnahme dieser Maßnahmen in den Ausbildungszielkatalog im NotSanG) und dass ein Arzt unerreichbar ist. Ich würde als weitere Voraussetzungen hinzufügen, dass der Patient baldmöglichst in ärztliche Behandlung verbracht wird, sei es durch Eintreffen eines Arztes, sei es durch Verbringen zu einem Arzt.
Aus erworbener Sach- und Fachkunde entsteht auch die Verpflichtung nach stand von Wissenschaft und Technik zu handeln sonst greift §13 StGB.
Eine wichtige Einschätzung: § 13 StGB verpflichtet nur zum rechtmäßigen Handeln. Aus einer Garantenstellung lässt sich keine Verpflichtung zum Verstoß gegen gesetzliche Verbote ableisten.
Und noch ist mir kein Urteil bekannt wo Gerichte anders entschieden hätten.
Dass eine Frage gerichtlich noch nicht entschieden ist, ändert ja nun nichts an der Rechtslage.