"Die Welt" berichtet über den Notfallsanitäter

  • @ Monschi: Da müsstest Du mir erstmal sagen, auf welchem Niveau Du heute einen RettAss siehst. Schon hier ist eine Ausbildung ja durchaus nicht vergleichbar mit der anderen, trotz Staatsexamensprüfung am Ende. Jedenfalls kenne ich viele, die sicher schon jetzt das Niveau der Notfallsanitäterausbildung erreichen ohne weitere Verlängerung der Ausbildungszeit und ich habe Andere getroffen, die ich nicht einmal an den einfachsten Patienten alleine arbeiten lassen würde (überspitzt formuliert). Ich kenne aber ehrlich gesagt auch gar nicht die Details der (geplanten) Lehrinhalte. Ich sage nur, ich bezweifle die bahnbrechend höhere Ausbildung durch bloße zeitliche Verlängerung der selbigen. Des weiteren sehe ich ein Problem der Praxis, Erfahrung und Konzentration auf falsche Punkte. So wird man auch bei 2 Monaten klinischer Praktika nicht viel mehr mitnehmen als in 2 Wochen, wenn man nur die Zeit rumbringen will und das ist ja schließlich nur eine Einstellungssache. Für große Sprünge ist die Veränderung zu minimal, ich persönlich glaube, dass das alles eine Augenwischerei wird. De facto ist gute präklinische Notfallversorgung meiner Ansicht nach doch eher eine Sache des täglichen Trainings und der gesammelten Erfahrung denn einer längeren Ausbildungszeit. Oder was soll man in der Zeit alles neu dazu erfinden? Es wird, so habe ich das Gefühl, ständig darüber geredet, als würden hier Sanitäter entstehen, die urplötzlich völlig allein gelassen medizinisch richtungsweisende Entscheidungen fällen müssten oder gar könnten, die überhaupt nicht in ihr Ressort oder ihre Verantwortung fallen. Die Realität ist doch schon heute eine andere.


    Sicher, ich befürworte den grundsätzlichen Wunsch nach umfassenderer Ausbildung, aber ich sehe unterm Strich wenig Veränderungspotential im täglichen Berufsalltag. Es ist und bleibt der selbe Job mit verlängerter (und bezahlter) Ausbildung. Sicher haben dadurch die Berufsanfänger auch mehr Zeit gehabt zu überlegen, ob das das Richtige für sie ist. Vielleicht ist es sogar ein Schritt in Richtung einer weiteren "Professionalisierung" (gewollt oder auch nicht). Vielleicht ist es aber auch bloß ein Ballon, der am Ende zerplatzt, den selben Beruf verteuert und den Nachwuchs wegbrechen lässt. Eine längere Ausbildung ist gleichzeitig auch erstmal weniger interessant für Nebentätigkeit oder bei auf absehbare Zeit Arbeitende.


    Aber back to Topic. Dieser verlinkte Artikel zeigt genau die Probleme, die wir hier vielleicht gar nicht sehen (wollen?) oder einfach übersehen. Die Wirkung auf die Bevölkerung ist eine andere als die auf die verwandten Berufsgruppen. Wir sollten doch durch eine solche Änderung lieber Sicherheit erzeugen und nicht ein falsches Bild. Durch dieses ewige Hin- und Her-Gezanke wird die Lage für Außenstehende unübersichtlich, das nutzen Lobbyisten aller Lager aus und verbreiten noch mehr Unsinn. Und schon entstehen Sichtweisen wie in diesem Artikel.
    Hätte man einfach gesagt: "Durch die verlängerte Ausbildung werden dem Rettungsassistenten in Bereichen zusätzliches Können und Wissen vermittelt, das ihm zuvor oft im Einsatz gefehlt hat. Insgesamt wird die Ausbildung dadurch höherwertig, eine bessere Vergütung notwendig. Eine weitere Professionalisierung wird angestrebt. Die Veränderungen werden durch die neue Berufsbezeichnung "Notfallsanitäter" auch sichtbar unterstrichen, ohne das Aufgabenfeld dadurch grundsätzlich zu verändern. Im Rettungsdienst bleibt damit alles beim Alten, lediglich die einzelnen Mitarbeiter werden eine umfassendere Ausbildung genossen haben, was zu einer weiteren Patientensicherheit beitragen soll."
    hätte vermutlich nie eine solche Diskussion bei rettungsdienstfernen Gruppen begonnen. Aber nein, man musste ja von deutschen Paramedics und Vergleichen mit dem Ausland, "kleinem" Notarzt, selbstverantwortlicher Durchführung ansonsten erfahrenen Ärzten vorbehaltener Maßnahmen, Zeiten der abnehmenden Notarztdichte, und und und, anfangen. Was solche Veröffentlichungen dann auslösen bei der älteren Dame von nebenan, die noch ihren "Gott-in-weiß" im Hinterkopf hat, das mag man sich vorstellen. Die lässt sich dann lieber gleich in's Krankenhaus bringen mit heftigstem Brustschmerz, bevor einer von diesen "Zivis" daherkommt und ihr 5 Spritzen verabreicht ohne zu wissen, was er da tut.
    Was ich sagen will ist, die Fehler haben schon Andere gemacht, die Presse spiegelt das nur wider, was alles von unterschiedlichster Seite auf die Medienvertreter einprasselt. Wir sprechen hier auch nicht von Fachliteratur und Fachpresse, es geht hier um Boulevardjournalismus der breiten Bevölkerung. Es geht um reißerische Überschriften für die Verkaufszahlen. Dass für die Masse der deutschen Bürger ein Rettungssanitäter nunmal ein Begriff ist, ein Rettungsassistent oder gar Notfallsanitäter eben nicht, ist uns allen auch nicht mehr ganz neu. Auch die Autoren und Journalisten müssen dann irgendwann mal glauben, was ihre interviewten Experten dazu sagen. Und so sieht das dann nunmal aus bei einem solchen Tohuwabohu, in dem selbst die Fachleute sich gerne selbst das aus dem Gesetzestext und der noch nicht mal begonnenen Praxis damit zimmern, was sie gerne hätten.


    Sorry für den ewig langen Text, aber Holland führt jetzt 5:1 und nebenbei kann man gut schreiben ;-)

    Einmal editiert, zuletzt von true_Phoenix ()

  • Viele Akteuere in den Diskussionen sind sich ihrer eigenen Grenzen und Kompetenzen nicht so ganz bewusst,
    etwas Demut und mehr Sachlichkeit würde der ganzen Diskussion gut tun.


    Da gibt es nix mehr beizufügen...