Wenn ich als NotSan mich intensiver mit der Materie Notfallmedizin auseinandersetzen möchte, dann gibt es kein Studiengang dazu. Es gäbe die Option Medizin zu studieren, nach den 6 Jahren habe ich aber nicht Notfallmedizin gelernt, sondern Medizin im Allgemeinen. Und habe einen anderen Beruf erlernt. Das ist ja für viele auch attraktiv, und eine gute Option, leider aktuell die einzige in Deutschland.
Ich glaube, der Blickwinkel ist etwas zu eng. Notfallmedizin ist ja ein sehr kleiner Ausschnitt aus der Medizin, erst recht präklinische Notfallmedizin. Und dieser Ausschnitt lässt sich, wenn man sein Wissen vertiefen möchte, wohl nicht sinnvoll vom großen Ganzen der Medizin trennen - so meine ich zumindest die Mediziner zu verstehen. Das ist so, als würde ein Koch gerne sein Wissen vertiefen, aber nur über Bratkartoffeln, und da aber ohne über Landwirtschaft und Küchentechnik ausführlich zu sprechen. An irgendeinem Punkt kann man nicht mehr sinnvoll "schmal" vertiefen. Vielleicht fehlt mir da die Phantasie, aber ich wüsste auch nicht, wie ich mir das vorstellen sollte.
Ich kann mir einen Bachelor of Rettungswesen vorstellen. Was dann aber m. E. deutlich breiter wäre als präklinische Notfallmedizin. Da gehören ja soziologische und psychologische Teile hinein, um nur zwei zu nennen. Ob das dann mehr wäre als die derzeitige Berufsausbildung, wäre eben die Frage. Das Kind nur anders zu nennen und dadurch zu "akademisieren", würde ja nichts bringen. Und, wie oben schon gesagt, "akademisiert" wird eine Ausbildung imho nicht dadurch, dass man ein paar Lerneinheiten "wissenschaftliches Arbeiten" dranflanscht und die Absolventen zwingt, eine Abschlussarbeit von zwei oder drei Dutzend Seiten zu schreiben. Davon kann man dann auch nicht plötzlich Leitlinien bewerten oder eigenständig evidenzbasiert arbeiten, wie das manchmal anklingt. Nicht besser als ohne einen solchen Bachelor und mit Eigeninteresse, behaupte ich mal. Es hindert einen ja niemand daran, sich für evidenzbasierte Medizin zu interessieren.
Aber ich möchte nicht missverstanden werden. Mein Hauptpunkt ist: Wer als NotSan seinen fachlichen und persönlichen Hintergrund durch ein Studium erweitern und seine beruflichen Chancen dadurch verbessern möchte, dem fehlt m. E. kein Bachelor of Rettungswesen. Man kann Rettungsingenieurwesen studieren, Medizininformatik, Medizinsoziologie, Wirtschaftswissenschaften, pädagogische Studiengänge, Gesundheitswissenschaften, Psychologie oder oder oder. Das geht nach meiner Erinnerung mit abgeschlossener Berufsausbildung auch ohne Abitur; zum Glück ist unser Bildungssystem so durchlässig. Zum Teil geht das sogar im Fernstudium.
Kein Studiengang ist übrigens dazu gedacht, einen Beruf zu erlernen. Das kommt danach.