Nürnberg: Staatsanwaltschaft prüft Notarzt-Verspätung

  • Ich halte es für eine absolute Frechheit, was in Nürnberg im Moment alles auf die Einführung der ILS zurückgeführt wird.
    Ehrlich muss ich zugeben, dass ich beim genannten Einsatz nicht vor Ort war- aber ich kann mir das Einsatzszenario schon sehr genau vorstellen:
    Der Mann kollabiert in der Kabine, aus einem anderen Teil der Arena werden Sanitäter hinzugerufen und ein Notruf wird abgesetzt.
    Als primäres Einsatzstichwort vermute ich einen Kollaps o.ä., da zunächst kein NA alarmiert war.
    Nachdem es sog. Fachpersonal nicht auf die Reihe bringt (angeblich waren zum entscheidenden Zeitpunkt SIEBEN Helfer vor Ort), einen Einweiser zu stellen, findet das zuerst entsendete Rettungsteam auf dem unübersichtlichen Gelände (siehe hier) den Patienten nicht, der Einsatz wird abgebrochen.
    Angeblich während der Wartezeit zusätzliche Notrufe widersprechen anderen Meldungen, die angeben, dass erst kurz vor dem tatsächlichen Eintreffen von RTW und NA noch einmal in der ILS angerufen wurde.
    Den Oberhammer erlaubt sich in der gesamten Berichterstattung über die ILS Nürnberg die Abendzeitung.
    Diese schreiben zum Beispiel über den oben geschilderten Fall Folgendes. Zwar wird bereits in der Überschrift ein "Leitstellen-Chaos" geschildert- wo im entsprechenden Fall aber der Fehler in der ILS liegen soll, wird nirgends beschrieben. Dieser Artikel entbehrt wirklich jeglicher Argumentationsgrundlage.
    Als "Vorzeigefall" für das Versagen der ILS wird immer wieder ein Fall beschrieben: In den ersten Tagen des Betriebs der ILS soll es eine Fingeramputation gegeben haben, die von der Pol ins Krankenhaus gefahren worden sein soll, weil kein Rettungswagen kam. Über diesen Fall gibt es allerdings weder bei der Pol noch in der ILS irgendwelche Aufzeichnungen- so ist der Wahrheitsgehalt der Meldung erstens in Frage zu stellen (mangelnde Kenntnis bei der Pol) und zweitens- wenn ich nicht anrufe, kommt auch keiner- klingt logisch, is auch so.
    Mit Sicherheit gibt es Punkte im neuen Leitstellensystem, die im Vergleich zum alten System nicht optimal laufen, so zum Beispiel der Alarmvorschlag von freien Fahrzeugen. Das liegt aber weder an der ILS Nürnberg noch kann dieselbe etwas daran ändern-die Software kommt vom Freistaat und ist schlicht und ergreifend auf die Nutzung von GPS ausgelegt, was allerdings mangels GPS-Geräten noch nicht genutzt werden kann.
    Dennoch tragen die Disponenten nicht umsonst diese Bezeichnung- und mit Sicherheit kann ein Disponent in Nbg nicht zu jeder Zeit abschätzen, wo welches Fzg unterwegs ist; einen groben Überblick kann man meiner Ansicht nach dennoch erwarten.
    Viele der Fehler sind außerdem auf die Anwender, nicht auf die Software zurückzuführen. Viele der alten RLST-Disponenten zeigten bereits vor der Umstellung keine großen Ambitionen, sich mit dem neuen System ausführlich auseinander zu setzen- was die Software aber allein aufgrund ihrer Komplexität voraussetzt.
    Wie gesagt, ich finde es sehr sehr traurig, dass viele Fehler direkt auf die ILS zurückfallen. Eine Mitschuld muss ich aber eindeutig einer Hilfsorganisation mit großer Lobby zusprechen. Diese hatte bisher in Nbg die RLST betrieben und war nur minder begeistert über die "feindliche Übernahme" der Leitstelle durch die Stadt Nürnberg / BF. Ich finde es sehr schade, wenn solche Diskussionen auf dem Rücken aller und vor allem in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen.
    Im Einsatz habe ich Kollegen erlebt, die grundsätzlich auf die Nachfrage eines Pat (Ktr. vom KH weg), warum er "lange" auf den Transport warten musste, die Schuld auf die Einführung der ILS schieben- und nicht etwa auf ein tatsächlich vorhandenes, erhöhtes Einsatzaufkommen.


    Im Endeffekt muss man ehrlich sein und zugeben, dass die Einführung der ILS Nürnberg besser hätte klappen können- v.a. wenn man die Vorlaufzeit und die Vorarbeit betrachtet. Dennoch werden diese ehr kleinen Missstände jetzt bis aufs Äußerste ausgeschlachtet- und das muss nun wirklich nicht sein.
    In der Zwischenzeit kann man mehr als zufrieden sein mit der Leistung, die die ILS erbringt.


  • Im Einsatz habe ich Kollegen erlebt, die grundsätzlich auf die Nachfrage eines Pat (Ktr. vom KH weg), warum er "lange" auf den Transport warten musste, die Schuld auf die Einführung der ILS schieben- und nicht etwa auf ein tatsächlich vorhandenes, erhöhtes Einsatzaufkommen.


    Man ist also grundsätzlich um ein kollegiales Auskommen bemüht. Nett.

  • Nachdem es sog. Fachpersonal nicht auf die Reihe bringt (angeblich waren zum entscheidenden Zeitpunkt SIEBEN Helfer vor Ort), einen Einweiser zu stellen, findet das zuerst entsendete Rettungsteam auf dem unübersichtlichen Gelände (siehe hier) den Patienten nicht, der Einsatz wird abgebrochen.


    Wie in der "bösen" Abendzeitung zu lesen ist hatten die einen ganz anderen Auftrag, man kann auch bei einer Reanimation kaum alle (gerade mal?) sieben Einsatzkräfte von einen Deep-Purple-Konzert abziehen.

    Zitat von Abendzeitung

    In der großen Halle nebenan sollten Deep Purple rocken, wofür die Verantwortlichen sieben Sanitäter gebucht hatten. Die kümmerten sich sofort um den Mann, reanimierten ihn und alarmierten die Rettungsleitstelle.


    Wenn hier ein Sanitätsdienst den Rettungsdienst nachfordert, würde glaube ich kein RTW (selbstständig) auf die Idee kommen den Einsatz abzubrechen weil er den Patienten nicht findet!




    Dieser Artikel der Abendzeitung beschreibt den "Fingeramputationsfall" und weitere Vorkommnisse in einer Weise dass ich schon Zweifel an der Organsation bzw. der Umsetzung des Leitstellenwechsels habe.

    Zitat von Abendzeitung

    Während die Polizei schnell vor Ort war, wartete der Patient auf die medizinische Versorgung â?????? vergeblich. â??????Drei Mal riefen die Beamten selbst in der Leitstelle an. Als nach einer Stunde immer noch niemand kam, brachten sie den Verletzten dann im Streifenwagen ins Krankenhausâ??????, schildert ein Notarzt entsetzt.

  • Ganz gleich, wie diese Pannen tatsächlich zustande kommen, die Art der Berichterstattung liest sich schon wie (gesteuerte?) Stimmungsmache. Böse Geister könnten vermuten, hier wird mehr oder weniger bewußt die Arbeit einer aus Lobbyistensicht ungeliebten Einrichtung schlecht gemacht - oder gar schlimmeres?


    :fie:

  • Genau das ist das Problem.
    Klar geht die Umstellung nicht ohne kleinere Schwierigkeiten über den Tisch, das kann einfach nicht funktionieren. Aber würde der ein oder andere Kollege hier mal die Energie, die er für das "Schlechtreden" der Leitstelle aufbringt, in eine bessere Zusammenarbeit investieren, gäbe es keine Probleme.
    Wie gesagt, die Geschichte mit der Fingeramputation habe ich erstmals noch am gleichen Abend im betreffenden KH gehört- allerdings auch da schon von Kollegen der besagten Organisation. Tatsächlich wurde an diesem Tag eine Fingeramputation in diesem KH ohne Rettungsdienst eingeliefert- allerdings konnte man im KH keine Angaben drüber machen, wie der Pat dort hingekommen war. Wie gesagt ist ein derartiger Einsatz allerdings weder bei der POL bekannt noch in der Leitstelle ein entsprechender Anruf aufgezeichnet worden- diese Informationen habe ich aus erster Hand. Gleichzeitig hätte man die Ermittlungen zu dem Fall sicherlich in der Presse weiter verfolgen können, hätte man den Sachverhalt so nachweisen können.
    Zum Fall in der Arena- erstens ist aus den Artikeln nicht zu erschließen, wer den primären Notruf abgesetzt hat. Nachdem es primär ein NF-Einsatz war, gehe ich fast davon aus, dass der Notruf noch vor Eintreffen der Sanis
    abgesetzt wurde.
    Außerdem kann man einem Disponenten meiner Ansicht nach keinen Vorwurf machen, wenn er nach einer gewissen Zeit den Einsatz wieder abbricht, weil der Pat. nicht auffindbar ist.
    Dazu muss man zudem bemerken, wo die jeweiligen Fehler liegen. Wie gesagt wurde das Personal aus den jeweiligen früheren Leitstellen (RD wie FW) größtenteils in die neue ILS übernommen. Es gibt dort im Moment keinerlei neue Disponenten. Gerade den RD in Nbg. funken momentan ausschließlich erfahrene RD-Disponenten. Selbst wenn das Fahrzeug nun abgezogen wurde, obwohl der Notruf von Fachpersonal abgesetzt wurde, muss ich dem Disponenten die Schuld zuschreiben.
    Das System wird den Einsatz kaum selbständig beenden. Und damit sind wir ja gerade wieder am entscheidenden Punkt- die Mehrheit von Fehlern, die im Moment passieren, sind auf das Personal zurückzuführen. Nicht aber auf das neue System und gleich dreimal nicht auf den neuen Betreiber der ILS. Und genau das finde ich so traurig. Dem gleichen Personal wie früher passieren die gleichen Fehler- aber jetzt ist auf einmal die ILS dran schuld...


    Mir ist sehr bewusst, dass ich eig nicht alle Sanis einer Großveranstaltung mit einer Rea auf einem "Nebenschauplatz" binden kann. Ich weiß auch nicht, wie viele der Sanis dann beim Pat. tatsächlich vor Ort waren.
    Allerdings kann ich gerade wenn ich auf der erwähnten Großveranstaltung bin- 1) als Sani schalten, dass ich einen bis fünf Einweiser bereit stelle und 2) habe ich dort gleichzeitig unglaublich viele Leute, die Einweiser spielen können. Zudem wird der Pat selbst wohl auch nicht dort gewesen sein, um allein Eishockey zu spielen...

  • Nummer 2 vom 29.11.


    "Es war bereits ein Rettungswagen unterwegs, doch der steuerte statt der Arena eine Gaststätte im Bereich des gegenüberliegenden easyCredit-Stadions an."


    Das klingt doch schon ein wenig anderst als "hat die Arena nicht gefunden". Ich kenne die Örtlichkeit nicht, kann mir aber gut vorstellen dass die Ortsbeschreibung entweder falsch/ungenau gemeldet oder falsch verstanden worden ist. Passiert ja nicht grade selten.
    Oder die "Übelkeit" wurde nicht als HI interpretiert, was ja dann eher eine KTW Indikation wäre.


    Aber: Wir waren alle nicht dabei, wir können nur raten. Ich bin mir allerdings sicher, dass es auf menschliches Versagen hinausläuft. Egal von welcher Seite aus.

  • Menschliches Versagen klingt in meinen Augen trotzdem schon besser als "die böse Leitstelle"...
    Nachdem zunächst nur ein Fzg vor Ort war (RTW, denke ich), war bestimmt auch kein Infarkt gemeldet, wie du selbst schon sagst.
    Allerdings finde ich es sehr traurig, wie schon wieder die Gerüchteküche brodelt... Der verantwortliche Disponent soll sich lt. "GANZ sicherer Quellen" schon in U-Haft befinden... Hauptsache die entsprechenden Personen können mitreden und wissen was neues und einzigartiges, was sonst keiner weiß- herzlichen Glückwunsch...
    Nur zur Klarstellung: U-Haft ist für den Kollegen sicher nicht in Sicht...

  • (...)
    Allerdings finde ich es sehr traurig, wie schon wieder die Gerüchteküche brodelt... Der verantwortliche Disponent soll sich lt. "GANZ sicherer Quellen" schon in U-Haft befinden... Hauptsache die entsprechenden Personen können mitreden und wissen was neues und einzigartiges, was sonst keiner weiß- herzlichen Glückwunsch...
    Nur zur Klarstellung: U-Haft ist für den Kollegen sicher nicht in Sicht...

    Nun, wer sagt dass der Kollege nicht doch in U-Haft sitzt? Vielleicht wegen ganz anderer Dinge... Da wir alle die Vorgänge dort und deren Einzelheiten nicht kennen, können wir auch nicht beurteilen, ob ein vorwerfbares und strafbares Verhalten "des Kollegen" vorliegt oder ob eine Inhaftierung in Betracht kommt oder nicht.


    Soviel zum Thema Gerüchte und Co.


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)