Kanada: Paramedics brachen Gesetz

  • Zwei Rettungsdienstmitarbeiter der Provinz Toronto haben das Gesetz gebrochen, da sie auf die Polizei gewartet haben, als sie einen Patienten versorgen sollten, der einen Herzinfarkt erlitten hatte. Der Patient verstarb einige Zeit später. Rick Brady, der den Fall für das Gesundheitsministerium untersuchte, stelle fest, dass die Paramedics die Situation hätten erkunden sollen, und nicht "um die Ecke" auf die Polizei warten. Indem sie so gehandelt haben, haben die beiden Paramedics gegen den Ontario Ambulance Act verstoßen. Das Gesetz verlangt, dass Paramedics das Geschehen und die Situation zuerst aufklären müssen, bevor sie sich dazu entscheiden, Hilfe durch Warten zu verzögern. Die Paramedics haben ursprünglich gewartet, weil der erste Anrufer, der den Notfall an die Leitstelle gemeldet hatte, gesagt hatte, dass der Patient vermutlich getrunken habe und deswegen gefallen sei. Der zweite Anrufer 15 Minuten später hatte der Leitstelle mitgeteilt, dass der Patient blau anlief. Der Leitstellendisponent hielt das aber für die Folge des Sturzes. Es wird zudem festgestellt, dass Leitstellenmitarbeiter das Gespräch zu agressiv die Gesprächsführung in die Hand nähmen und so die Anrufer "überredeten". Es wird zudem festgestellt, dass Führungspersonal, welches eigentlich die Abläufe überwachen soll, zur fraglichen Zeit gerade beim Essen war und erst Wochen später über den Zwischenfall und den Tod des Patienten informiert wurde.


    Meine Übersetzung ist recht holprig, aber sinngemäß ist es so: Leitstelle stellte fest, dass der Patient getrunken hatte, und deswegen vermutlich agressiv sei. Die Paramedics erkundeten nicht die Situation, sondern warteten gleich außerhalb des Gefahrenbereichs auf die Polizei. So wurde die Hilfe für den Patienten verzögert und dieser verstarb schließlich.


    Grüße:-)


    Edit: Nicht, damit das untergeht: der Patient hatte nicht getrunken, sondern einen Herzinfarkt. Der Leitstellenarbeiter hatte aber sein eigenes Bild von der Situation im Kopf und hatte das Gespräch so gelenkt.

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

    Einmal editiert, zuletzt von trident ()

  • Vielleicht noch eine Ergänzung nach kurzem Überfliegen des Berichts und des zugrundeliegenden Ontario Ambulance Act: Der Vorwurf scheint sich weniger gegen die beiden (nicht) handelnden Paramedics vor Ort zu richten als auf strukturelle Defizite hinzuweisen.

  • Nach meinem Verständnis geht es in beide Richtungen: Die Paramedics haben gegen den Ontario Ambulance Act verstoßen, aber sie waren das Ende einer Problemkette. Und diese versucht man nun zu beheben.

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Es wirft für mich die Frage auf, wie wir hierorts mit vergleichbaren Situationen umgehen. Lese ich auf dem Melder "intern. primär, C2/Misch-Intox" denke ich mir auch mein Teil, es wäre für mich aber kein hinreichender Grund, sich nicht zunächst mal die Szene selber anzuschauen. Der erste Eindruck der Patientenumgebung gibt ja häufig relativ schnell Aufschluss über die Vorgänge. Und auch hier in der BRD ist ein Angriff auf RD-Personal heutzutage keinesfalls ein abwegiges Szenario; insbesondere, wenn enthemmende Substanzen/psychische Ausnahmezustände mit im Spiel sind.


    Wie seht ihr das? Auch, wenn die landestypischen Gegebenheiten in Kanada wahrscheinlich anders sind als bei uns...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • naja..ob ich allerdings bei der Meldung: "C2 - Intox, Patient agressiv" ohne die Polizei in die Wohnung gehen würde, weiß ich nicht. Leider ist nicht bekannt, wie die beiden Paramedics die Situation gesehen und empfunden haben. Letztendlich ist bei uns der Eigenschutz m. Wissens höher zu Bewerten, als ein verzögerter Einsatz mit Folgen für den Patienten, weil die Polizei noch nicht vor Ort ist.


    Wobei ich mir auch sehr gut vorstellen könnte, das in Kanada der Eigenschutz auch die höchste Priorität für das Rettungsteam hat. Die Frage die sich hier stellt ist vielmehr, welche ungefährlichen Methoden angewendet hätten werden können, um das Einsatzgeschehen aufzuklären. Hier bin ich überfragt.

  • Sofern es sich nicht um einen bekannten und bereits in der Vergangenheit gegenüber Rettungsdienstpersonal aggressiven "Dauerkunden" handelt oder bereits vorab klar ist, dass mit einer nicht unerheblichen Eigengefährdung zu rechnen ist, ist eine Erkundung der Lage auf jeden Fall angezeigt.
    Auch wir hatten in der Vergangenheit einen dieser "Dauerkunden", nach dessen "Notruf" wir regelmäßig vor dem Haus das Eintreffen der Polizei abgewartet haben.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Wobei ich mir auch sehr gut vorstellen könnte, das in Kanada der Eigenschutz auch die höchste Priorität für das Rettungsteam hat. Die Frage die sich hier stellt ist vielmehr, welche ungefährlichen Methoden angewendet hätten werden können, um das Einsatzgeschehen aufzuklären. Hier bin ich überfragt.

    Aus dem Artikel werde ich aber auch nicht wirklich schlau. ?( Anscheinend ist es so, daß man auch dort die Lage abschätzt und dann entsprechend handelt. Laut dem Gesetz muß also ein handfester/plausibler Grund für eine eventuelle Verzögerung der Behandlung des Patienten gegeben sein. Gleichzeitig wird ja im Artikel die Behauptung aufgestellt, daß durch die Verwechslung einer Kopfverletzung, des dadurch verursachten "merkwürdigen" Verhaltens, mit Trunkenheit, die Paramedics von Anfang an auf dem falschen Dampfer waren. Dazu kommt dann auch noch ein Verstoß gegen die vorgeschriebene Vorgehensweise, die vorsieht das ein Vorgesetzter im Falle einer Verzögerung, z.B. durch Warten auf die Polizei, vor Ort zu erscheinen hat.