Tod nach Festival, Rettungsassistent vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge und unterlassener Hilfeleistung freigesprochen

  • Hello! Vielleicht interessiert euch dies ja:


    Bei uns an der Uni Rostock wird ein Wahlfach Notfallmedizin angeboten. Vorraussetzung dafür ist das vorrangegangene Blockpraktikum "Notfallmedizin" und ..ich glaube..auch das Blockpraktikum "Anästhesie".


    Im Rahmen dieses Wahlfaches werden zig Studenten als ehrenamtliche "Helfer" im Sanitätsdienst zur Fusion mitgenommen. Einige meiner Kommilitonen werden wohl dieses Jahr dabei sein, ich selbst habe mich damit noch nicht weiter beschäftigt.

  • Gelten die Hilfsfristen des öffentlichen Rettungsdienstes nicht für ein Festival? Deshalb hat man ja unter anderem einen Sanitätsdienst eingerichtet.


    Ich würde mit Nein antworten.


    Ein Festival stellt einen kurzzeitig erhöhten Bedarf, ich schließe daraus, dass die Hilfsfrist durch den Regel-RD damit nicht eingehalten werden muss.
    Allerdings ist die meistens übliche Definition der Hilfsfrist (Beginn Notrufabfrage bis Eintreffen am Grundstück) m.M.n. unpassend, da zwischen des Erreichen des Grundstücks und dem Erreichen des Patienten (zu Fuß) noch viel Zeit vergeht. Deshalb wird im Rahmen von Großveranstaltungen auch von Eingreif- oder Zugriffszeiten gesprochen.


    Aufgaben des Sanitätswachdienstes (sinngemäß nach vfdb 03/03):

    • Ergreifen lebensrettender Maßnahmen für Besucher und Beteiligte als Teil der Rettungskette
    • Schutz des Regel-RD vor Überbeanspruchung durch Bagatellverletzungen.
  • Lässt viel Spekulationsraum zu, vor allem weil ein Festival ja geplant ist und die Interpretation als ein kurzfristig erhöhter Bedarf deshalb fraglich ist. Aber danke für Deine Einschätzung.

  • Ich glaube, die rechtlichen Anforderungen an den Sanitätsdienst auf Veranstaltungen sind nicht so eindeutig irgendwo abzulesen. Das geht schon mit der Frage los, ob eine Behörde so ohne weiteres "Auflagen" hinsichtlich des Sanitätsdienstes machen kann.


    Man kann das aber natürlich gerne hier diskutieren.

  • Ich glaube, die rechtlichen Anforderungen an den Sanitätsdienst auf Veranstaltungen sind nicht so eindeutig irgendwo abzulesen. Das geht schon mit der Frage los, ob eine Behörde so ohne weiteres "Auflagen" hinsichtlich des Sanitätsdienstes machen kann.


    Für Bayern ist dies im Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) geregelt, ich denke für die anderen Bundesländer gibt es ähnliche Regelungen. Leider steht dort nicht, wie konkret die Auflagen sein müssen bzw. dürfen.
    Interessant ist, dass die dort genannten Anwendungsbereiche explizit Demonstrationen ausschließen.

  • Zitat

    Interessant ist, dass die dort genannten Anwendungsbereiche explizit Demonstrationen ausschließen.


    Logisch, das ist Versammlungsrecht, Art. 8 GG, und damit nur sehr begrenzt durch Auflagen pp. steuerbar.

  • In Bayern gibt es für bestimmte Veranstaltungen durch den Rettungszweckverband (?) genehmigte Erhöhungen der Anzahl an Regelrettungsmittel.



    Ansonsten hat der Sanitätsdienst primär nichts mit dem Regelrettungsdienst zu tun. Es obliegt dem zuständigen Ordnungsamt Auflagen für die Genehmigung von Veranstaltungen zu erlassen.Es kann aber sein, dass die dann reinschreiben: "Es muss 1 RTW samt Besatzung vorgehalten werden."
    --> Dann steht da 1 RTW samt der in dem Bundesland üblichen Besatzung auf dem Gelände rum...

  • In Bayern gibt es für bestimmte Veranstaltungen durch den Rettungszweckverband (?) genehmigte Erhöhungen der Anzahl an Regelrettungsmittel.



    Ansonsten hat der Sanitätsdienst primär nichts mit dem Regelrettungsdienst zu tun. Es obliegt dem zuständigen Ordnungsamt Auflagen für die Genehmigung von Veranstaltungen zu erlassen.Es kann aber sein, dass die dann reinschreiben: "Es muss 1 RTW samt Besatzung vorgehalten werden."
    --> Dann steht da 1 RTW samt der in dem Bundesland üblichen Besatzung auf dem Gelände rum...


    In Bayern gibt's für Großveranstaltungen zwei unterschiedliche Ursachen für Vorhalteerhöhungen, zum einen bedingt durch behördliche Auflage, zum anderen bei Bedarf ohne Auflage (z.B. bei Veranstaltungen, die dem Versammlungsstättenrecht unterliege).
    Für ersteres ist nur der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) zuständig, bei letzterem bedarf es außerdem der Zustimmung der Sozialversicherungsträger.


    Entsteht die Vorhalteerhöhung durch eine Auflage, so können die Kosten dem Veranstalter auferlegt werden. Allerdings läuft m.W. aktuell ein Verfahren, in dem der Veranstalter dagegen klagt den Vorhalte-RTW in der einsatzfreien Zeit nicht auf dem Gelände frei nutzen zu können.

  • Ich kann mir ja vorstellen, dass die Bayern vieles gerne machen, aber: Soweit ich weiß, gibt es keine grundsätzliche Genehmigungspflicht für Veranstaltungen. Damit sind Auflagen, die an eine Genehmigung anknüpfen, nicht möglich.


    Auch die bayerische Versammlungsstättenverordnung dürfte keine entsprechende Vorschrift enthalten (es sei denn, sie wäre anders als die Versammlungsstättenverordnungen der anderen Bundesländer). Ich gestehe aber, ich habe im Moment keine Lust, auf die Suche zu gehen.


    Wenn tatsächlich eine sanitätsdienstliche Abdeckung zur Auflage gemacht wird (lassen wir die Grundlage dafür mal außer Acht), dann wird der Veranstalter die Kosten sogar zwingend tragen müssen. Einen anderen Grund für eine solche Auflage gibt es ja nicht, denn aus eigener Veranlassung und auf eigene Kosten könnte die zuständige Behörde ja ohne weiteres die rettungsdienstliche Vorhaltung erhöhen.


    Aus Veranstaltersicht ist eine vernünftige sanitätsdienstliche Abdeckung abgesehen von den Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung in erster Linie eine Frage der haftungsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht.

  • Allerdings läuft m.W. aktuell ein Verfahren, in dem der Veranstalter dagegen klagt den Vorhalte-RTW in der einsatzfreien Zeit nicht auf dem Gelände frei nutzen zu können.


    Zu welchem Zweck möchte dieser Veranstalter den RTW denn nutzen, wenn nicht für Einsätze?

  • Ich kenne jetzt keine Details, aber ich meine, dass der Veranstalter den Vorhaltungs-RTW im Rahmen des Sanitätswachdienstes nutzen möchte.


    Sanitätswachdienst und Rettungsdienst sind in den Auflagen aber zwei (fast) voneinander unabhängige Punkte.

  • Ich kann mir ja vorstellen, dass die Bayern vieles gerne machen, aber: Soweit ich weiß, gibt es keine grundsätzliche Genehmigungspflicht für Veranstaltungen. Damit sind Auflagen, die an eine Genehmigung anknüpfen, nicht möglich.


    Auch die bayerische Versammlungsstättenverordnung dürfte keine entsprechende Vorschrift enthalten (es sei denn, sie wäre anders als die Versammlungsstättenverordnungen der anderen Bundesländer). Ich gestehe aber, ich habe im Moment keine Lust, auf die Suche zu gehen.


    Kommt auf die Veranstaltung an!


    Zitat

    Die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen bedarf der Erlaubnis, wenn die erforderliche Anzeige nicht fristgemäß erstattet wird, es sich um eine motorsportliche Veranstaltung handelt oder zu einer Veranstaltung, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll, mehr als 1000 Besucher zugleich zugelassen werden sollen. Zuständig für die Erlaubniserteilung sind die Gemeinden, für motorsportliche Veranstaltungen die kreisfreien Gemeinden, Landratsämter und Großen Kreisstädte. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn es zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft erforderlich erscheint. Das Gleiche gilt, sofern andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.


    Zum Schutz dieser Rechtsgüter können die Gemeinden, für motorsportliche Veranstaltungen (siehe unten "Verwandte Themen") die kreisfreien Gemeinden, Landratsämter und Großen Kreisstädte, Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher und sonstiger Vergnügungen treffen. Reichen diese nicht aus oder stehen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, kann die Veranstaltung auch untersagt werden.


    http://www.verwaltungsservice.…448&gemeinde=644524327673

  • Ich bin mir gerade nicht sicher, aber war es nicht so, dass ein Veranstalter in Zusammenarbeit mit den Stellen der Gefahrenabwehr Schutzziele festlegt,die dann von den zuständigen Behörden (z.B. Ordnungsamt) geprüft werden und auf die dann die weitere Planung aufbaut?


    Spontan wäre mir auch kein Festival bekannt, bei dem die Planung vorsieht, dass RTW im Felde Hilfsfristen halten sollten. Ist ja in der Regel auch gar nicht möglich.
    - weitläufige Gelände
    - je nach Witterung mit normalen KFZ nicht mehr befahrbare Gelände
    - RTW in betrunkenen Menschenmassen im Wettrennen gegen die Uhr
    - seltenst eindeutige Ortsangaben durch Hilfeersuchende
    ...

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Ich bin mir gerade nicht sicher, aber war es nicht so, dass ein Veranstalter in Zusammenarbeit mit den Stellen der Gefahrenabwehr Schutzziele festlegt,die dann von den zuständigen Behörden (z.B. Ordnungsamt) geprüft werden und auf die dann die weitere Planung aufbaut?

    Das ist mir jetzt in dieser Reihenfolge neu, wobei natürlich eine gemeinsame Lösung gesucht werden muss. Gerade im Bereich der Vorhalteerhöhung gibt es auch Urteile, die die Kostenübernahme durch den Veranstalter für unzulässig erklärt haben, da der Veranstalter in der Beurteilung nicht eingebunden wurde.


    Spontan wäre mir auch kein Festival bekannt, bei dem die Planung vorsieht, dass RTW im Felde Hilfsfristen halten sollten. Ist ja in der Regel auch gar nicht möglich.
    - weitläufige Gelände
    - je nach Witterung mit normalen KFZ nicht mehr befahrbare Gelände
    - RTW in betrunkenen Menschenmassen im Wettrennen gegen die Uhr
    - seltenst eindeutige Ortsangaben durch Hilfeersuchende
    ...

    Nochmals, nirgends steht, dass die Hilfsfrist durch einen RTW eingehalten werden muss, dafür reicht auch ein Fußtrupp, Quad o.ä..
    Um die schnelle Erreichbarkeit sicherzustellen, müssen die Einsatzkräfte entsprechend positioniert werden, zur Berechnung gibt es Tabellen und dazu dient auch eine Ortsbegehung.


    Bspw. gelten im Kölner Algorithmus folgende Schätzwerte für einen Fußtrupp:
    Publikum sitzend: 100m/min
    Publikum stehend: 50m/min
    Publikum gedrängt stehend: 25m/min

  • Ich bin mir gerade nicht sicher, aber war es nicht so, dass ein Veranstalter in Zusammenarbeit mit den Stellen der Gefahrenabwehr Schutzziele festlegt,die dann von den zuständigen Behörden (z.B. Ordnungsamt) geprüft werden und auf die dann die weitere Planung aufbaut?


    Das ergibt sich der Sache nach aus den Versammlungsstättenverordnungen der Länder. In diesem Rahmen kann man diskutieren, ob die Behörden Auflagen erteilen können.