BZ: Ein ärztlicher Fehler mit tödlichen Folgen

  • Vor allem sieht man hier wieder ganz deutlich: hinterher ist man immer schlauer. Du kannst noch so differenziert an eine Sache rangehen, wenn's dann doch schiefgeht, bist Du der Arsch. Kann blöderweise jeden treffen. Solche Fälle sind übrigens einer der Gründe, warum ich Sanitätsdienste nur noch gegen Honorar mache.

  • Hast du das schon mal freiwillig gemacht :D?
    Ich finde hier ist aufeinmal der Arzt des ÄBD in der Schusslinie, obwohl man sich durchaus Fragen könnte, warum er in der ZNA abgewiesen wurden und warum der HA nix weiter gemacht hat.
    Vielleicht waren die Symptome ja auch einfach gar nicht so deutlich?


    Andersrum beschäftigen wir uns möglicherweise auch zu wenig gerade mit jüngeren Pat., weil die schweren Erkrankungen ehr selten sind. Was aber wohl ehr an den derzeitigen überfüllten ZNA´s liegt.

  • Im Gegensatz zu einer bei Rot überfahrenen Ampel gibt es in der Medizin nicht nur Schwarz oder Weiß. Das hat ja auch mein aktuelles Fallbeispiel eindrucksvoll gezeigt. Wie gesagt: als Gutachter ist es einfach, denn hinterher erscheint ja alles logisch.

  • Keine Frage, als Gutachter ist es leichter, da hast du recht. Wobei es ja schon interessant ist, dass Arzt A Verurteilt wird und B nicht.

  • Also in meinem Krankenhaus kommt jeder und zwar wirklich jeder, egal ob 18 oder 80 Jahre alt der Brustschmerzen hat für vier Stunden an den Monitor, 2 EKGs und zwei Trop-Tests.
    Und da kommen in der Tat manchmal seltsame Dinge raus... Da hat dann der 20 jährige junge Mann von dem man gedacht hatte, dass er morgen nicht zur Arbeit will, ein Trop von 8 oder so in der Größenordnung.
    Auf der anderen Seite will ich glaub ich gar nicht drüber nachdenken wieviele Dinge da pro Tag übersehen/falsch gemacht werden.
    Schlussendlich passieren jedem Fehler. Sind ja keine Maschinen.

    "Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar!"
    Astrid Lindgren

  • Mein Eindruck ist, dass in jenen Notfallpraxen, die ach so praktisch räumlich an Krankenhäuser angeschlossen sind, zentrale Hilfsmittel wie EKG ohne Umweg über die Notaufnahme nicht zu bekommen sind. Dieser Umweg ist mitnichten schnell und unkompliziert, wie es immer so unreflektiert herumposaunt wird.

  • Ich gehe sogar soweit und behaupte: das sind doch noch nicht mal Fehler. Es handelt sich um Einschätzungen und wenn die stimmig verfolgt werden, kann man das in meinen Augen nicht als Fehler betrachten.

  • Selbst wenn da ein EKG Gerät zur Verfügung stehen würde... Ich lehne mich jetzt mal ein bisschen aus dem Fenster und behaupte, dass ein 60 Jahre alter Augenarzt/Urologe etc da so seine Probleme mit hätte...

    "Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar!"
    Astrid Lindgren

  • Ich finde ja die Weiterleitung des Patienten "Notaufnahme=> Bereitschaftspraxis" schon fragwürdig - Diverse Notaufnahmen schließen Brustschmerz explizit von einer Weiterleitung selbst an räumlich angegliederte Praxen ausdrücklich aus.

  • Auch das kann doch immer nur eine Einzelfallentscheidung sein. Wir wissen doch alle, dass Brustschmerz nicht gleich Brustschmerz ist. Aber wenn Du das trotzdem weiterhin fragwürdig findest, dann aber bitte nicht im selben Forum über überfüllte Notaufnahmen meckern...

  • Machen wir halt bei allen 29 jährigen mit Brustschmerzen ein Angio CT des Thorax bis der erste klagt wegen zB eines Kontrastmittelschadens, oder der Strahlenbelastung. Natürlich kenne ich die Details des Falles nicht, aber prinzipiell ist so ein Aortenaneurysma nun mal schwer feststellbar, sämtliche vorgeschlagenen fehlenden Diagnostikschritte (EKG, Labor, RR Messungen an beiden Armen) hätten in diesem Fall unauffällig sein können und der junge Mann wäre tragischerweise evtl. doch gestorben, es sei denn jemand hätte die Verdachtsdiagnose von vornherein für wahrscheinlich gehalten, dies haben jedoch 3 konsultierte Ärzte unabhängig voneinander anscheinend nicht. Ja, das ist verdammt tragisch und traurig, aber ist es notwendigerweise ein justiziabler Fehler, bzw. produziert der Umkehrschluss ( zugespitzt: das Angio CT bei jedem Brustschmerz) nicht evtl. mehr tragisch ausgehende Fälle?

  • Machen wir halt bei allen 29 jährigen mit Brustschmerzen ein Angio CT des Thorax bis der erste klagt wegen zB eines Kontrastmittelschadens, oder der Strahlenbelastung. Natürlich kenne ich die Details des Falles nicht, aber prinzipiell ist so ein Aortenaneurysma nun mal schwer feststellbar, sämtliche vorgeschlagenen fehlenden Diagnostikschritte (EKG, Labor, RR Messungen an beiden Armen) hätten in diesem Fall unauffällig sein können und der junge Mann wäre tragischerweise evtl. doch gestorben, es sei denn jemand hätte die Verdachtsdiagnose von vornherein für wahrscheinlich gehalten, dies haben jedoch 3 konsultierte Ärzte unabhängig voneinander anscheinend nicht. Ja, das ist verdammt tragisch und traurig, aber ist es notwendigerweise ein justiziabler Fehler, bzw. produziert der Umkehrschluss ( zugespitzt: das Angio CT bei jedem Brustschmerz) nicht evtl. mehr tragisch ausgehende Fälle?


    Wie du bereits schon sagtes, bevor wir von Fehlern auf beiden Seiten sprechen Arzt vs Justiz, fehlen Infos.

  • Solche Fälle sind nicht selten, man braucht dafür noch nicht mal die Details kennen. Ich erinnere da an die Psychiaterin, die verurteilt wurde, weil sie den Mord eines ihrer Patienten nicht "vorhersah". Ist noch nicht lange her.

  • So ist das in den hochentwickelten Rechtsstaaten, man kratzt nicht einfach ab, irgendwer muss daran Schuld sein......

  • Und wieder einmal wird der irrationalen und unwirtschaftlichen Defensivmedizin ein Denkmal gesetzt. Es ist zum Kotzen!

  • Auch das kann doch immer nur eine Einzelfallentscheidung sein. Wir wissen doch alle, dass Brustschmerz nicht gleich Brustschmerz ist. Aber wenn Du das trotzdem weiterhin fragwürdig findest, dann aber bitte nicht im selben Forum über überfüllte Notaufnahmen meckern...


    Richtig - Ich kenne die lokalen Gegebenheiten nicht, würde aber im Zweifelsfall befürchten, dass -wie es leider in so manchem Haus vorkommt- die Entscheidung einer überarbeiteten Pflegekraft war die "eines auf den Sack" kriegt wenn zu viele Patienten "da bleiben". Im konkreten Fall hätte das wohl wenig genützt - Wäre der Patient am MI gestorben -was ja genauso "unwahrscheinlich" gewesen wäre-, dann vielleicht schon.
    Mein Kommentar war daher eher auf die leider auf die in Deutschland viel zu seltene strukturierte Triage zu beziehen.


    Zur Medizin vs. Juristerei-Diskussion: Das Problem ist zweischneidig: Leider ändern viele Organisationen ihre Struktur und Prozesslandschaft nicht von sich aus - Wäre dies in den vergangen Jahren umfassender und freiwilliger geschehen hätten wir weitaus weniger Fälle bei denen es überhaupt zu weitreichenden Verfahren käme. Wie viele Kliniken betreiben ein CIRS? Welche Klinik, welche ambulante Einrichtung ist in einem Netzwerk vertreten? Welche ambulante Einrichtung definiert ihre Prozesse wirklich nachvollziehbar und geregelt?
    Übrigens: Die selben Argumente die in der "Medizin vs. Juristerei"-Diskussion immer wieder kommen höre ich von befreundeten Bankern auch. :-D:-D

  • Zitat

    Natürlich kenne ich die Details des Falles nicht, aber prinzipiell ist so ein Aortenaneurysma nun mal schwer feststellbar, sämtliche vorgeschlagenen fehlenden Diagnostikschritte (EKG, Labor, RR Messungen an beiden Armen) hätten in diesem Fall unauffällig sein können und der junge Mann wäre tragischerweise evtl. doch gestorben, es sei denn jemand hätte die Verdachtsdiagnose von vornherein für wahrscheinlich gehalten, dies haben jedoch 3 konsultierte Ärzte unabhängig voneinander anscheinend nicht. Ja, das ist verdammt tragisch und traurig, aber ist es notwendigerweise ein justiziabler Fehler, bzw. produziert der Umkehrschluss ( zugespitzt: das Angio CT bei jedem Brustschmerz) nicht evtl. mehr tragisch ausgehende Fälle?


    Offensichtlich hat der ärztliche Sachverständige - nicht ein Jurist ... - das anders beurteilt.

  • Wenn man weiß, wer und wie jemand diese Gutachten erstellt, kann einem nur schlecht werden. Wenn ich da mal aus dem Nähkästchen plaudern würde... :-(