Flugzeugabsturz mit 4 Personen in Münster (Wallis)

  • In der Schweiz scheint es momentan auf jeden Fall ein Problem mit der Schwerkraft zu geben! ;)


    Ich habe vor einigen Wochen auch einen Kleinflugzeugabsturz gepostet, an dem sich niemand aufgeregt hat. Ich fand es besonders erzählenswert, da die Suche und Rettungsmaßnahmen umfangreich waren (2x RTH + 1xSAR + Pol-Hubschrauber). Außerdem waren bis zu fünf Leitstellen dran beteiligt (Polizei, örtlich zuständige Leitstelle, KOST Luftrettung, SAR-Leitstelle und die Flugsicherung, wenn man die dazu zählen darf).


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich gehe davon aus, dass die örtliche Feuerwehr die Einsatzleitung inne hatte. Zuständig war die örtlich zuständige Kreisleitstelle, die auch über Notrufe davon Kenntnis bekommen hatte (dort war eine Kollision von zwei Kleinflugzeugen gemeldet worden). Wir (KOST) haben über die Flugsicherung Info bekommen. Wir haben die örtlich zuständige Kreisleitstelle informiert und mit deren Absprache zwei Luftrettungsmittel (1x RTH, 1x ITH) an die Einsatzstelle herangeführt. Durch uns erfolgte dann auch die Information der SAR-Leitstelle Münster (u.a. wegen Crashsensor und der nicht genau bekannten Absturzstelle in einem Berg- und Waldgebiet). Durch die Bundeswehr wurde dann auch ein SAR Hubschrauber entsendet.


    Gruß

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  • Ein Flugzeugabsturz ist ja nicht zwingend Aufgabe der KOST eines Bundeslandes. Es hätten ja auch 10 NEF hin geschickt werden können. Und grundsätzlich ist ein Primäreinsatz auch nicht Aufgabe der KOST, sondern Sekundäreinsätze (Intensivverlegungen). Natürlich kommt es regelmäßig vor, dass die KOST bei Anforderungen durch andere Leitstellen die Heranführung von Luftrettungsmitteln übernimmt. Bietet sich ja an und wird auch regelmäßig genutzt...


    Die Flugsicherung hätte auch bei der örtlichen Leitstelle angerufen, wenn sie die denn kennen würde. Die Flugsicherung gibt auch gerne mal Rauchentwicklungen weiter, die letztendlich in Schleswig-Holstein zu finden ist (schon passiert, "nen Pilot hat da was gesehen"). Ich gehe mal davon aus, dass größere Leitstellen besser zu finden sind für BOS-fremde Organisationen (ggf. spielte hier auch der Bekanntheitsgrad ne Rolle, aufgrund des regelmäßigen Kontaktes für Ambulanzflieger).


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Vielleicht kann der User Hauke etwas dazu sagen, wie genau die Informationskette bei Luftnotlagen läuft (vermuteter Absturz, wer wann und wie informiert werden muss)?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Moin!


    Da ich gerade im Frühdienst bin, konnte ich direkt mal genauer nachfragen, um genaue Informationen zu bekommen.


    Zunächst einmal informieren wir Fluglotsen 'nur' unseren Wachleiter. Wir selber haben von Radarbildschirm keinen direkte Leitung zu irgendwelchen Leitstellen oder SAR Standorten.


    Die Wachleiter / Supervisor (SV) haben abhängig von der Art der Meldung unterschiedliche Möglichkeiten.


    - Waldbrand: So was wird relativ oft gemeldet, da es natürlich gut zu sehen ist. Hierfür gibt es einen zentrale Waldbrandstelle, die man anrufen kann. Wir geben dann die Koordinaten durch. Aufgrund dieser Informationen sucht diese Waldbrandstelle dann die zuständige Feuerwehrleitstelle raus
    - Feuer generell: Hier wird in der Regel an die Polizei gemeldet. Es ist utopisch, einen Überblick über die zuständigen Rettungs - und Feuerwehrleitstellen zu haben. Welches Polizeipräsidium allerdings für einen bestimmten Bereich zuständig ist, lässt sich deutlich leichter herausfinden (ich zitiere hierbei gerade die zwei diensthabenden SV). Die Polizei gibt es dann an die zuständige Leitstelle weiter. Manche SVs geben auch Waldbrandmeldungen an das Polizeipräsidium weiter, die wiederum die Leitstelle informiert. Hier führen viele Wege nach Rom.
    - Verlustmeldungen von Flugzeugen: Hier kommt es an, ob ein Flieger nur vermisst wird oder ein Absturz gesichert ist. Nicht alle Flieger werden dauerhaft von einer Flugsicherungsstelle betreut. Es gibt unkontrollierte Lufträume. Auch von der Flugsicherung geführte Flugzeuge müssen teilweise ihren von uns kontrollierten Flug vor der Landung beenden und auf eigene Verantwortung und nach Sicht den Platz anfliegen. Wann sie ihren Flugplan 'beenden', ist dabei ihre Sache. Kommt dieser Flieger dann nie am Ziel an, wird dieser Flieger zunächst ein mal nur vermisst. Die Piloten bzw. die Flugplätze mit ihrem Fluginformationsdienst sind dazu verpflichtet eine sogenannte Landemeldung an das AIS (Aeronautical Information Service) zu geben. Damit ist der Flieger dann sicher angekommen. Fehlt eine solche Meldung, ruft das AIS zunächst bei dem Zielflughafen an. Ist der Flieger tatsächlich nicht angekommen (manchmal wird eine Meldung auch einfach vergessen), ruft das AIS bei unseren SVs an und gibt quasi eine Vermisstenanzeige auf. Nun forschen die Kollegen ob und wo der Flieger unter Kontrolle der Flugsicherung war und plotten das Radarziel nach. Auch hier klärt sich dann meist das ganze: Man hat sich dann am Ende im Cockpit entschieden, dass man doch lieber in Reichelsheim und nicht in Egelsbach Schnitzel essen will. Nur hat man niemanden Bescheid gesagt.
    Ist aber am Ende von einem Absturz auszugehen, wird SAR alarmiert. Wir haben einige Polizeistaffeln in der Nähe, die bei der Suche unterstützen. Wird der Flieger gefunden, meist über die Polizeihubschrauber, geben die die entsprechenden Informationen an ihre Leitstelle weiter
    - Bestätigter Absturz: Meldet ein Pilot bereits auf der Frequenz, dass er eine Außenlandung vornehmen muss oder beobachtet ein anderer Pilot einen Absturz, geht es den gleichen weg, wie bei Feuermeldungen auch. Über die Koordinaten wird das zuständige PP rausgesucht und dieses dann informiert. Eine weitere Meldung geht an SAR raus. Auch das AIS muss dann informiert werden.


    Noch eine Anmerkung:
    Bei Bränden ist es hier in Deutschland ausgesprochen selten, dass die Flugzeuge die erste Meldung abgeben. Die SVs geben es weiter, kriegen aber i.d.R. ein "Wissen wir schon" zu hören. Bei uns auf der Frequenz meldet dann jeder Pilot dieses Feuer. Aber was soll man machen ;-)
    Bei Abstürzen sind die Meldungen über uns schon eher die Erstmeldungen. Kleinflugzeuge / Sportflugzeuge gehen nicht immer in Flammen auf. Stürzen diese in Waldgebieten ab, kann es durchaus Stunden dauern, bis man gefunden wird.


    Wir haben einen sogenannten radargeführten Fluginformationsdienst, kurz FIS. Es sind Kollegen, die wie wir, vor Radarbildschirmen sitzen, aber keine Fluglotsen sind. Fliegen die Flugzeuge in den Lufträumen, in denen sie mit keiner Flugsicherungsstelle (also mit Fluglotsen) verbunden sein müssen, können sie freiwillig dieses Fluginformationsdienst nutzen. Der FIS-Lotse, wie wir ihn gerne nennen, identifiziert dann das Flugzeug auf seinem Radar und gibt ihm auf seinem Weg Informationen über andere Flugzeuge, Flugbeschränkungsgebiete, ggf. Eindringen in verbotene Lufträume, etc. Und im Ernstfall alarmieren diese Leute dann auch sofort SAR, wenn was ist. Es gibt viele Piloten, die das nicht nutzen, weil es Geld kostet und man natürlich den Funk mithören muss. Viele Piloten wollen da lieber ihre Ruhe haben. Das ist schade. Den Zusammensturz zweier Flugzeuge in der Nähe von Reichelsheim, in der eine ganze Familie (darunter ein Lufthansapilot und eine Fluglotsenkollegin von mir) zu Tode gekommen ist, wären dadurch vermutlich verhindert worden.


    Ich hoffe, ich konnte weiterhelfen :-)


    LG,
    Hauke

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Hauke: Wie sieht das mit den "Crashsensoren" aus, die u.a. auch bei einer unsanften Landung ausgelöst werden. Ich war einmal vor Jahren beim RCC Münster zu Besuch, wo eine solche Auslösung gerade stattfand und die SAR-Jungs hinter her telefoniert haben.


    Gruß vom RTW...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Du meinst das ELT. Ja, sowas gibt es. Es gibt einen Notfallfrequnze, 121.5, die jedes Flugzeug auf seinem Zweitgerät gerastet haben muss. Auch wir hören dauerhaft auf dieser Notfrequenz mit. Ein ELT sendet einen ziemlich benetranten Ton auf der 121.5 wenn er auslöst. Steht ja alles im Wiki-Artikel.


    Bisher waren alle ELT Auslösungen, die wir hatten, ein Systemtest. Da das sehr häufig ist, führt das zu einer Abstumpfung. Jedes mal, wenn dann ein ELT bimmelt, wartet man erstmal eine Weile, ob es nicht auch wieder aufhört.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

    Einmal editiert, zuletzt von Hauke ()

  • Jedes mal, wenn dann ein ELT bimmelt, wartet man erstmal eine Weile, ob es nicht auch wieder aufhört.


    Ja, kenne ich. Das machen wir Funkbutzenfuzzis mit den Notrufen auch immer so! :biggrin_1:


    Danke Hauke!


    Zur Sicherheit: War natürlich nur ein Späßchen - vielleicht...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ach, das passt schon. So zwei, drei Notrufe gehen da locker bevor die Monitore dunkel werden... :ironie:

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