Legenden über den BAT

  • Ab und an höre ich in berufspolitischen Diskussionen Verweise auf den BAT.
    Das früher vieles finanziell besser war glaube ich sofort.
    Allerdings übertreffen sich manche Leute schon, in dieser Nostalgie.
    Mancherorts habe ich auch schon gehört, dass ein langjähriger RA nach BAT schon fast so viel, wie ein Oberarzt verdient hätte.
    Das finde ich dann auch wieder übertrieben in der Erzählung, da man so Leuten Argumente "gegen" diese teuren alten Zeiten liefert.


    Daher möchte ich mal in unserer postfaktischen Zeit fragen:
    Wer kennt sich aus?
    Wer kann erzählen was an den Legenden dran ist?

  • Beispiel 1: Ich habe z.B. das "Glück", als RettAss im TVöD in die E8 eingruppiert worden zu sein, weil ich zu Zeiten des BAT eingestellt wurde. Danach haben RettAss nur 5 oder maximal 6 bekommen. Da es über viele Jahre keine Entgeltgruppenordnung gab, wurde sich häufig noch an den Merkmalen des BAT orientiert. Ändert sich nächstes Jahr dann endlich.


    Beispiel 2: Zulagen für Kinder/Familien. Zu BAT Zeiten haben das auch Angestellte im öD bekommen, jetzt bekommen das nur noch Beamte (und aus dem Angestellten wurde ein Beschäftigter).


    Beispiel 3: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Viele meiner nur ein klitzkleines bissel ältere Kollegen können 12 Wochen krank sein, ich nur 6 Wochen...


    Beispiel 4: Samstagszulagen und Urlaubs- und Weihnachtsgeld war zu BAT Zeiten deutlich besser.


    Beispiel 5: Das TVöD sieht Leistungsorientierte Bezahlung (LOB) vor, sowie zur Personalmotivation und -gewinnung mehr Flexibilität in der Stufenentwicklung. In der Praxis funktioniert das überhaupt nicht. Die LOB werden an alle ausgezahlt, jeder bekommt ein bissel. Stufenentwicklungen verkürzen wird gar nicht gemacht, da es eine "Kann-Regelung" ist, keine "Muss". Schlechte Mitarbeiter werden genau so behandelt wie solche, die gute Leistungen bringen. Fazit: Leistung lohnt sich nicht.


    Verdi hat mit der Entwicklung des TVöD ganz schön gepennt und versucht vergeblich es seit dem wieder besser zu machen. Mit der neuen Entgeltgruppenordnung ist wenigstens ein wenig Besserung eingetreten. Die neuen Regelungen darin könnten jedoch an den landesrechtlichen Regelungen ggf. scheitern, da dieses jede Kommune anders bewertet. Vor allem wenn es keine landeseinheitlichen Regelungen gibt. Und so könnte aus einer 8 bzw. 9a auch mal schnell eine 5 mit Bruttoausgleich werden (und das meine ich ernst!). Seit der Abschaffung des BAT ist das Angestelltenverhältnis sehr unattraktiv geworden. Das hat vor allem mein Ex-Arbeitgeber zu spüren bekommen, weil er die BIII+RettAss+HCM nicht für E8+180 Zulage halten konnte. Sie sind massenhaft abgewandert und wurden Beamte. Ohne die neue Entgeltgruppenordnung wäre ich bei Verdi wohl mittlerweile ausgetreten! Sie sind zu unflexibel und groß geworden. Ein naher Angehöriger sagte vor einigen Wochen, dass er keine Angst mehr habe, wenn ein Arbeitnehmer mit einem Verdi-Vertreter und Verdi-Anwalt um die Ecke kommt. Sind zahlose Tiger, sagt er. Ähnliche Erfahrungen habe ich dieses Jahr auch machen müssen, denn ausser Tipps, tröstenden Worten, usw., ist bei der Hilfe nicht viel rum gekommen. "Selbst kümmern" funktioniert in der Regel besser! Vor zwei Wochen habe ich mit einem Kollegen gesprochen, der verbeamtet ist im mD. Gleiche Lohnsteuerklasse. Er fragte mich, was ich Netto ausgezahlt habe. Ich sagte es ihm und er antwortete: Och, das hab ich auch jeden Monat. Ich: Ja, aber ich hab ausnahmsweise mal Weihnachtsgeld dabei. Er: Oh...! Ich hab fast einen Heulkrampf bekommen, als ich gesehen habe, wieviel Geld vom Brutto diesen Monat übrig geblieben sind. Aber letztes hat nichts mit dem BAT zu tun, beleuchtet aber die Klassenunterschiede zwischen Beschäftigten und Beamten, die mit oft gleicher Ausbildung die absolut gleichen Aufgaben übernehmen.


    Hätte ich das vor 16 Jahren gewusst, wäre ich vielleicht doch zu VW gewechselt (Gesundheitsdienst). Aber aufgrund der Gefahr "private Wirtschaft" (siehe aktuelle Ereignisse) wollte ich den sicheren öD nicht aufgeben. Aber die Kollegen die es getan haben, haben deutlich mehr Geld und weniger Streß als ich.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

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  • Hallo zusammen,


    als ich beim DRK 1987 angefangen hab gab es die Vergütung nach BAT... Die bedeutete eine Bezahlung nach Lebensalter und Familienstand, was ich von 2016 aus betrachtet durchaus als sozial empfinde. Damals war ich voller Ärger darüber, dass die "Alten" die deutlich mehr verdienen als wir "Jungen". Obwohl die nur die Patienten in den RTW gedonnert haben und wir uns tatsächlich um die Patienten gekümmert haben. Es wurde eine leistungsgerechte Bezahlung mit sozialen Aspekten gefordert. Ob wir die jetzt haben ist zur Debatte freigegeben :biggrin_1:. Ich bin erst mit 52 Lebensjahren in der Altersendstufe, im BAT wäre ich mit 46 in der Endstufe angekommen. Egal... Geschichte, ich habs auch zu hinbekommen!


    Gruß aus der Pfalz