Deutsches Ärzteblatt: "Kein politischer Mut"

  • Außer der Mensch selber wenn er mal wieder ins Krankenhaus will.


    Das zeigt doch, das eine Selbstbeteiligung im monetären Sinn, nicht wirken würde.


    Problem HA:


    Einer der Hammer der letzten Wochen, Patient läuft ca. 30 Min. zu Fuß wegen geringer ACS Symptomatik (bei bek. Herz Neurose) zum Hausarzt. Dieser stellt eine Einweisung/ TVO für RTW aus -ACS-, soweit so ok. Allerdings schickt der Doc den Patienten wieder die 30 min. zu Fuß (wohl wissend das er zu Fuß geht) nach Hause um noch Sachen zupacken. Zeit versetzt wurde dann durch die HA Praxis unser RTW mit Alarm zu der Wohnung des Patient angefordert, natürlich ohne das der Patient sich noch einmal mit einer Verschlechterung gemeldet hätte, es ging einfach um den TS der mit der TVO verordnet wurde!


    Wen wundert es, das ACS war natürlich auch weniger Akut, dass ist aber auch gar nicht das Problem. Denn wer kennt es nicht das med. Versorgungseinrichtung doch sehr großzügig TVO´s verteilen, ja manchmal habe ich das Gefühl, dass der Patient an eine Krankenfahrt konditioniert wird. Und damit es für´s Personal und Patienten besonders angenehm ist, soll auch mal der RTW an rollen... damit geht es ja immer so schön schnell.


    Anderer Fall, Pat. ist am morgen mit dem Sohn zum Hausarzt gefahren, zum Routine-Blutabnehem. Patient ist voll mobil und nicht akut schwer krank. Am Abend Anruf der HA Praxis, es gäbe auffällige Nierenwerte die eine stationäre bzw. klinische Abklärung bedürfen. Der Sohn daraufhin mit dem PKW zum HA gefahren und hat Einweisung/ TVO abgeholt und danach, wieder zuhause, KTW zur Einweisung bestellt (TS mit RTW, da keine KTW mehr im Dienst). Auf die Frage wo denn das Problem sei, den mobilen Vater selber zu transportieren, wo er es ja schon den ganzen Tag gemacht hat, kam nichts als blödes gestammel. Sohn ist natürlich im PKW hinterher gefahren.


    Sowas kann ich hundertfach, wie jeder hier, erzählen. Daher sehe ich genau hier den größten Hebel, die Hausärzte gehen viel zu inflationär mit Transporten um, für viele Ärzte und Einrichtungen ist der Rettungsdienst wirklich nicht mehr als ein frei verfügbarer Taxi Service.
    Natürlich haben die wenigsten Ärzte auch lust auf die Diskussion, warum sie nun der Meinung wären, dass das kotzende Kind mit dem eigenen PKW gefahren werden könnte, die Gefahr und die Sitze natürlich?!

  • @Harun: Ist nicht immer so einfach... Ich arbeite in einer Arztpraxis und war kürzlich etwas arg erstaunt über die Krankenkasse eines Patienten. Grundsätzlich sind wir sehr knausrig mit Transportscheinen, weil wir durchaus auch die Meinung pflegen, dass man sich diese "Ich hab doch die schwarze Kranken-AMEX"-Haltung bei Patienten nicht ranzüchtet. Wenn medizinisch indiziert, kein Problem. Patient von uns, Mitte 50, chronische Pankreatiden, inzwischen teilweise mehrmals am Tag, keine Tumormarker, keine auffällige Bildgebung, Leberwerte jenseits von gut und böse und hin und wieder fällt der Hb auf unter 8 ab - dann kriegt er im KH seine Konserven und das war's. Abgesehen davon, dass es ihm bei akuten Pankreatitis-Schüben bescheiden geht, geht's ihm gut und er fährt mit dem Traktor durch den Ort.
    Jetzt wollen die lokalen Kliniken ihn natürlich auch nicht mehr sehen und nennen ihn "austherapiert". Das will aber weder er, noch seine sehr fürsorgliche Schwester so sehen, weshalb wir wieder im Boot sind. Also vorgeschlagen, das könne man beim Pankreaszentrum etwa eineinhalb Stunden entfernt mal abklären lassen. Angefragt, Befunde übersandt, fanden sie gut, einbestellt. Da er selbst aber keine großen Strecken fahren kann und will, die Schwester jedoch auch nicht (wegen Arbeit), haben wir einen Taxischein (!) ausgestellt mit der Idee: hinkommen, aber Betreuung braucht er nicht. Kann ja auch laufen und alles. Also der Schwester erklärt, damit zur Kasse gehen und vorab genehmigen lassen (vorstationärer Termin).


    Krankenkasse lehnt ab. Wortlaut: Taxi bezahlen sie nicht. Entweder er muss medizinisch da hin, dann wollen sie einen KTW oder RTW, oder sie zahlen nichts. Da fällt einem nichts mehr zu ein.


    Ich habe aber auch grundsätzlich das Gefühl, dass die Arztpraxen (hier) extrem knauserig mit Transportverordnungen sind, wohl auch wegen Regressrisiko der hiesigen KV.

  • Warum soll er die Fahrt eigentlich nicht selber bezahlen. Wenn er nicht fahren will, aber wohl durchaus könnte.



    Die Kasse könnte sich ja streuben, weil das Taxi wohl teurer ist als ein zwei Mann KTW, ist ja in Reinlnd-Pfalz nicht ganz abwägig.


    Anderer Seits vermutet die Kasse ja wohl auch das eine Indikation nicht vorliegt und er sich halt um seinen Transport selber kümmern muss. Das sehe ich eigentlich genau so.

  • Zitat

    Auf die Frage wo denn das Problem sei, den mobilen Vater selber zu transportieren, wo er es ja schon den ganzen Tag gemacht hat, kam nichts als blödes gestammel. Sohn ist natürlich im PKW hinterher gefahren.


    Sowas kann ich hundertfach, wie jeder hier, erzählen.


    Ja. Mein persönliches Highlight aus meiner aktiven Zeit:
    Blitzeis. Wir quälen uns mit dem RTW in ein abgelegenes Kaff. Der "Patient" hat die Scheißerei, ist aber ansonsten quietschvergnügt. Der ärztliche Notdienst hat bei dem Wetter und um die Uhrzeit keine Lust. Und die ganzen umstehenden Personen (es stehen drei PKW in der Einfahrt) haben bei dem Wetter und um die Uhrzeit auch keine Lust.
    Na klar, mit nem Lieferwagen an der Beladungsgrenze ist das Vorhaben natürlich für alle Beteiligten viel sicherer.
    Ich glaube, ich habe noch nie so sehr auf die Wortwahl achten müssen wie an diesem Abend.


    Und egal was wir draußen einsammeln: Es gibt immer irgendwie einen Trapo.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Da gibt's verschiedene Gründe für. Einerseits ist der Patient nicht mehr erwerbstätig/krankgeschrieben wegen der Pankreatiden (und das jetzt seit Längerem, ergo Krankengeld, ergo schwierig), er hat durchaus öfters massive AZ-Verschlechterung (eigenes Fahren kann ihm nicht zugemutet werden und darf er meines Wissens auch nicht mehr). Und was die Schwester macht, ist ja im Wesentlichen Goodwill.


    Die Krankentransport-Richtlinie des G-BA sagt halt, dass zu stationären Einweisungen Transporte verordnet werden können (§ 3). Der § 4 zwingt uns dann, das wirtschaftlichste Beförderungsmittel zu wählen - das ist nunmal aufgrund Gehfähigkeit die Krankenfahrt mit öffentlichem Beförderungsmittel ohne Betreuung (§ 7). Dieses Transportmittel ist auch für genau diesen Fall gedacht, wenn medizinische Gründe (AZ-Verschlechterung bei vorhandener Gehfähigkeit; Zug o.Ä. nicht möglich; geplanter stationärer Aufenthalt (vorstationärer Zustand)) vorliegen.


    Die Verordnung eines KTWs hätte vorausgesetzt, dass wir eine direkte (zwingende!) medizinische Indikation dazu sehen, dass der Patient während der Fahrt betreut wird. Kann man natürlich argumentieren, aber wenn das nicht gegeben ist, wäre das unzulässig. Ob das Taxi teurer ist als der KTW (~40 € + Kilometerpauschale), glaube ich eher nicht, ohne es nachgerechnet zu haben.


    Grundsätzlich stimme ich dir zu - ich habe auch manchen Patienten schon mitgeteilt, dass sie gerne einen Transport haben können, wenn sie den selbst bezahlen. Die Blicke? Unbezahlbar. "Die Kass' hat aber gesagt" ist dann mein Lieblingsdiskussionspunkt.