Am 14. Mai 2004 verstarb der 25-Jährige Medizinstudent Steven Weiß während eines Notfalltransportes in einem Rettungswagen.
Seither ermittelt nun die Staatsanwaltschaft, die Eltern des Verstorbenen erhoben zivilrechtliche Klage gegen den Kreis als Träger des Rettungswesens und reichten eine Beschwerde bei der zuständigen Landesärztekammer ein.
Weiß litt an einer schweren chronischen Darmentzündung, am 13. Mai kam es zu einem Rückschlag mit hohem Fieber. Am Morgen des 14. bemerkte seine Mutter, daß Steven im Bett lag und röchelte, worauf sofort der Notarzt alarmiert wurde, der 6:05 Uhr eintraf. Vor Ort wurde dieser von den Eltern über den Gesundheitszustand ihres Sohnes informiert. Weil sich Steven gegen die Behandlung wehrte, wurde ihm durch den Notarzt Valium injiziert. Im Protokoll vermerkte der Arzt später, er habe den Sauerstoffgehalt des Blutes aus medizinischen Gründen nicht erheben können, Stevens Mutter allerdings - selbst OP-Schwester - gab an, der Notarzt habe den Wert überhaupt nicht erhoben.
Da Steven in der Uni-Klink Gießen bekannt war erklärte der Arzt, den Patienten nun erneut dort einliefern zu wollen. Der Rettungswagen fuhr um 6:36 Uhr allerdings nicht direkt nach Gießen, sondern nahm den Umweg auf den Hof der Rettungswache in Lauterbach, da der Notarzt seinen Dienst am Krankenhaus aufnehmen und den Patienten an seinen Kollegen, dessen Notarzt-Dienst um 7:00 Uhr begann, übergeben wollte. Dieser lehnte die Transportbegleitung mit der Begründung ab, er müsse in seinem Zuständigkeitsbereich in Lauterbach bleiben. Nach Aussage eines Rettungsassistenten stritten die Ärzte ca. 10 - 15 Minuten, ehe der neue Notarzt den Transport doch begleitete.
Die Anfahrt einer der nahen Intensivstationen in Fulda, Lauterbach oder Alsfeld wurde nicht in Betracht gezogen. Während des Transportes kam es bei Steven Weiß zu einem Herz-Kreislaufstillstand, zusätzlich war der Rettungswagen in einen Unfall verwickelt, der Patient musste unter laufenden Reanimationsmaßnahmen in einen anderen RTW geladen werden. Die Reanimationsmaßnahmen blieben erfolglos, Todesursache war letztlich wohl ein zu hoher Kaliumspiegel, der bei zügiger Einlieferung in ein Krankenhaus wohl sofort festgestellt worden wäre.
ZitatDer Notfallmediziner Professor Hinnerk Wulf von der Uni-Klinik Marburg wirft in seinem Gutachten seinen Kollegen Behandlungsfehler vor: Steven hätte sofort in ein Krankenhaus gebracht werden müssen. ?Ein direkter Transport in die nächstgelegene Intensivstation hätte dazu geführt, dass der Patient um 7.45 Uhr, dem Zeitpunkt des endgültigen Kreislaufzusammenbruchs auf dem Transport, bereits seit 45 Minuten in einem Krankenhaus hätten behandelt werden können.? Dort hätte man den Tod womöglich abwenden können, schreibt Wulf, kommt dann aber zu dem Schluss, dass ?auch bei Beachtung aller dieser Vorgehensweisen der Tod des Patienten nicht mit Sicherheit oder auch nur mit großer Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können.? Das ist ein ? im Falles eines Prozesses ? entscheidendes Argument für den Arzt.
Die Familie von Steven Weiß ist seither wie betäubt, Stevens Vater, der sich inzwischen in psychiatrischer Behandlung befindet klagt: ?Der Arzt hat nicht nur unseren Sohn auf dem Gewissen, sondern unsere gesamte Familie?.
Quelle: http://www.fuldaerzeitung.de/sixcms/detail.php?id=143131