Beiträge von Johannes D.

    [...] Ansonsten würde ich mich da nicht so sehr an den NotSan festhalten. Pflegepersonal aus Notaufnahme, Anästhesie oder Intensiv welches gleichzeitig RS ist und Einweisungen auf die Medizintechnik hat ist zumindest bei uns nicht so ganz selten. [...]

    Da gibt es aber zwei Probleme: Zum einen ist es - zumindest regional in meinen Wirkungsbereichen - jetzt auch nicht so häufig, dass es einen großen Unterschied machen würde, zum anderen wird es bei einer ernsthaften Großschadenslage, und nein, entgegen des Zeitgeistes ist das für mich nicht der R5 oder R10, wird es auch genau dort gebraucht. Denn ohne Notaufnahme, Anästhesie und Intensiv helfen uns am Ende auch die ganzen RTW nicht ein Stück weiter.

    Die Forderung nach den 100 Notfalleinsätzen sind übrigens aus Schleswig-Holstein abgeschrieben, hier gibt es den "Rettungssanitäter mit Einsatzerfahrung" gesetzlich definiert schon sehr, sehr lange. Einer waren es 200 Einsätze, dann 100 Notfalleinsätze. Das Ziel ist hier aber, den RTW fahren zu dürfen und seit der Einführung des Notfallsanitäters den KTW führen zu dürfen (das war vorher Rettungsassistenten vorbehalten). Das dies andernorts nun als Zusatzausbildung zum Retten von leichten Fällen adaptiert wird ist ein wenig unterhaltsam.

    Ich darf übrigens daran erinnern,dass Ärzte Geburten nicht alleine machen dürfen - die Hinzuziehungspflicht gilt.

    Das ergibt sich aus §4 HebG. Absatz 1 besagt aber sofort, dass Notfälle davon ausgenommen sind. Sonst dürften Notfallsanitäter auch gar keine Geburtshilfe leisten.


    Zitat von §4 HebG

    (1) Zur Leistung von Geburtshilfe sind außer Ärztinnen und Ärzten nur Personen mit einer Erlaubnis nach diesem Gesetz berechtigt. Dies gilt nicht für Notfälle.

    (2) Geburtshilfe umfasst

    1.die Überwachung des Geburtsvorgangs von Beginn der Wehen an,
    2.die Hilfe bei der Geburt und
    3.die Überwachung des Wochenbettverlaufs.

    (3) Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Geburt eine Hebamme zugezogen wird.

    Manchmal halte ich diese Diskussionen für schwer theoretisch.

    Neulich gab es den Gedanken, dass "Notärzte im Praktikum" an den Einsätzen gerne partizipieren dürfen, invasive Maßnahmen seien aber haftungsrechtlich nicht drin. Der Notarzt im Dienst meinte daraufhin, dass er in der letzten Schicht einen Facharzt für Thoraxchirurgie dabei hatte, welcher gerade im Erwerb der Zusatzbezeichnung ist. Wenn jetzt beim nächsten VU - Krad eine Thoraxdrainage fällig sei und er diese "aufgrund Versicherungsschutz" legen müsse, obwohl jemand mit deutlich höher Expertise vor Ort wäre, nur weil dieser als "Praktikant" mitfährt, läuft doch irgendwas falsch.

    In so einem Punkt habe ich dann auch ein (naives) Vertrauen in deutsche Gerichtsbarkeit, dass diese im Zweifel "den Versicherungsschutz ausweiten"...

    Es ist tatsächlich korrekt, dass die Einsatzsammler in aller Regel nur Maßnahmen in unmittelbarer Delegation bzw. gar nicht durchführen sollen. In en Voraussetzungen der <Zusatzbezeichnung steht auch explizit, dass man die Einsätze beobachten soll. Könnte damit in Verbindung stehen, dass die Einsatzsammler oft in keinem Dienstverhältnis zum Rettungsdienst stehen und ärztliche Versicherungen nun einmal recht teuer sind. Nötig ist es nur so halb, da inzwischen in fast allen Bundesländern eine Versicherungspflicht für Ärzte besteht und es sehr schwer ist eine zu finden, die nicht zumindest ein paar Notarztdienste abdeckt.

    Moin,


    Ich kenne das Gebäude auch, und hier liegt neben den von Harris genannten Problemen auch ein zusätzliches Problem: das Hamburger Marienkrankenhaus ist ein schönes altes Gebäude, welches bereits beide Weltkriege überstanden hat.


    Die Stationen sind recht groß, viele davon waren früher riesige Hallen, die Infrastruktur innerhalb des Hauses an moderne Bedürfnisse erst nachgerüstet mit entsprechenden Kompromissen und das Haus steht unter Denkmalschutz.


    Aber abgesehen davon muss man sagen, dass es ein sehr großes und teils schlecht zugängliches Feuer auf einer großen, stark belegten geriatrischen Station war, von der sich defakto vermutlich kein einziger Patient selbst retten konnte. Wer mal eine Evakuierungsübung im Krankenhaus mitgemacht hat, den wundert das Resultat da wenig.


    Von dem, was man von der Einsatzstelle so hört, wurde da insgesamt sehr gute Arbeit geleistet, selbst die Polizei hat dort Patienten händisch gerettet, aber Kräfte in dem entsprechenden Ausmaß müssen auch erstmal ankommen.

    Auch das habe ich damit überhaupt nicht gemeint. [...]

    Genau weil ich das befürchtet hatte, bat ich dich ja, deutlicher zu formulieren. Explizit und direkt, dann wird man weniger missverstanden.


    Generell ist man aber in Schleswig-Holstein wirklich fortschrittlich, was Redundanzen und Zusammenlegung von Leitstellen angeht. Betrachtet man gerade den Start des Telenotarztsystems, haben wir es immerhin geschafft nur zwei Zentralen mit jeweiliger Redundanz zu etablieren die für mehrere Leitstellenbereiche zuständig sind.


    Und auch wenn das Resultat tragisch ist, war es doch eher eine Verkettung unglücklicher Umstände. Und insgesamt ehrlich gesagt auch keine furchtbare Zeit für zwei Leitstellenübergaben, im eigenen Kreis kein Rettungsmittel verfügbar und schweres Glatteis, welches die Anfahrt verzögert hat.

    Das ist so nicht uneingeschränkt richtig. Bei den leitstellenübergreifenden Rettungsmitteln (ITW, VEF, RTH) wird diese Darstellung in Schleswig-Holstein über Rescuetrack generiert, was normalerweise den BOS Status des Funkgeräts abfragt und übernimmt. Das funktioniert in der Praxis hinreichend unzuverlässig, dass auf beiden Systemen der Status gegeben werden soll. Daher ist gern mal ein Hubschrauber oder VEF in der überegionalen Darstellung auf 2, ob Wirklichkeit aber bereits in Einsatz. Zusätzlich ist nicht erkennbar, wenn das Fahrzeug reserviert ist (im Alarmvotschlag, bereits alarmiert).


    Ist aber alles hinfällig, der Kreis NWM arbeitet nicht mit Navigation über Rescuetrack, sondern über das Navigationsprogramm der Apple-Dokumentations-Tablets (der Programmname ist mir gerade entfallen) und hat diese Status somit nicht auf dem Wege ersichtlich.


    Generell ist es nur sehr fraglich sinnvoll, ob eine fremde Leitstelle in die Disposition einer anderen ohne techn. Ausfall eingreifen sollte. Sie hat ja auch keine Übersicht, ob vielleicht in kürzerer Zeit ein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe wieder frei wird, etc. pp. Die Übergabe an die zuständige Leitstelle ist da schon der richtige Weg.

    Könntest du dich bitte ein bisschen weniger blumig-implizit ausdrücken? Ich bin wirklich nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe.


    Eine Disposition eines eigenen Rettungshubschraubers in ein fremdes Leitstellengebiet für einen RTW-Einsatz, bei dem keine Notarztindikation gesehen wurde in einer Winternacht mit Glatteisproblematik halte ich nicht für sinnvoll, realistisch oder zielführend, falls es das war, was du meintest. Generell ist ein Geburtsnotfall für einen Rettungshubschrauber als Transportkomponente aufgrund der räumlichen Gegebenheiten ungeeignet.

    Sieht man es mal kurz realistisch, ist es nicht die SH-Infrastruktur, die hier ein Problem war, sondern die Verkettung unglücklicher Umstände. Schleswig-Holstein hat weit überwiegend riesige, überregionale Leitstellen, die eine Einsatzübergabe ermöglichen. Der Einsatzort war ja aber nunmal in Mecklenburg-Vorpommern und wurde an die zuständige Leitstelle übergeben. Das dort kein Fahrzeug verfügbar war und der Eindatz zurück nach SH übergeben werden würde, hätte die Leitstelle auch nicht wissen können, wenn es die selbe gewesen wäre. Und dann wäre sie eben wieder an diese übergeben worden und hätte dort auch erneut aufgenommen werden müssen, den gerade bei Großleitstellen wird man nicht mit realistischer Wahrscheinlichkeit beim selben Disponent landen und schon aus Sicherheitsgründen wird man die relevanten Daten erneut abgleichen.


    Zur Beurteilung des eigentlichen medizinischen Geschehens fehlt es am Ende an Fakten. Ich kann so jedenfalls nicht beurteilen, ob ein Notarzt indiziert war oder ein load and go, ob die Leitstelle das hätte erkennen können, ob unter den Voraussetzungen (sehr ländlicher Wohnort fern einer Klinik, Verfügbarkeit Einsatzmittel, Wetter, Verzögerung durch vorheriges Telefonat mit Hebamme) überhaupt die Möglichkeit einer erfolgreichen Intervention noch oder jemals bestand.

    Kann mir mal einer erklären, warum genau das Hilfeersuchen hier hin und her geschoben wurde? Man könnte denken, dass die Leitstelle Schwerin nicht für "Schmerzen in der Schwangerschaft" zuständig sei. Ich vermute aber mal, dass das nicht der tatsächliche Grund gewesen sein wird, sondern Zuständigkeitsgrenzen und nachbarschaftliches "Aushelfen" usw.


    [....]


    P.S. Ist bekannt, ob die betroffenen Leitstellen eine standardisierte Notrufabfrage machen?


    Es ist tatsächlich das Handynetz. Die Leitstelle Süd (Stormarn) hat das größte angrenzende Gebiet, was fast ganz Südost-Schleswig-Holstein umfasst. Mit ein paar Lücken geht das Gebiet von Fehmarn bis zur Grenze Hamburg-Ost. Da wird der Notruf technisch gelandet sein.


    Die geographisch zuständige Leitstelle ist Schwerin, sodass das Durchstellen korrekt ist. Ob eine Weiterleitung des Einsatzes digital auch möglich gewesen wäre, weiß ich nicht. Zwischen den SH Leitstellen und der KOST geht es, bei Schwerin weiß ich es nicht.


    Es gibt Verträge zwischen Nordwestmecklenburg und Lübeck über die grenzüberschreitende Versorgung. Es ist anzunehmen, dass der Eindatz aus kapazitären Gründen abgegeben wurde. Ob man den Notruf dazu hätte weiterleiten müssen, finde ich etwas fragwürdig. Die primär zuständige Leitstelle ist in jedem Fall Schwerin.

    Ich glaube weiterhin nicht, dass die DGINA gegen den Widerstand aller betroffener Fachabteilungen diesen Facharzt durchsetzen kann (und glaube auch weiterhin nicht, dass er sinnvoll wäre.) Das Curriculum wurde letztlich nicht angenommen, und diese Idee, es durch die Aufmerksamkeit zu pushen, wird daran nicht viel ändern. Ein guter Weg wäre eventuell das Pushen der Zusatzbezeichnung klinische Notfallmedizin als Voraussetzung für die Supervision in Notaufnahmen. Der aktuelle Trend in der Personalsituation dürfte aber auch das kaum zulassen. Zumindest regional erlebe ich, dass Positionen als Oberarzt/Sektionsleiter/Chefarzt einer INA über Monate unbesetzt bleiben und schnell wieder vakant werden, ganz zu schweigen davon, dass sie nicht von der gewünschten Fachrichtung besetzt wurden. Die Folge ist zumeist, dass Altassistenten nicht weiter rotieren können und als Supervisoren bleiben müssen (bis sie deswegen das Haus wechseln, um ihren Facharzt fertig zu bekommen...)


    Im gegenwärtigen Entwicklungstrend der klinischen Notfallmedizin könnte man viel eher darüber nachdenken, ob man es an die Allgemeinmedizin abgibt. Letzteres war ein wenig Zynismus und nicht als ernstgemeinter Vorschlag zu verstehen.

    Gewagte Interpretation. Denn der Gesetzesentwurf sieht ja lediglich vor, dass ein Notfallsanitäter mit der entsprechenden Befugnis nach 2c eingesetzt werden muss, oder er mit einem zweiten RTW bzw einem NEF arbeiten muss. Er sieht explizit nicht vor, dass er seinen Beruf nicht ausüben darf. Insoweit würde ich diese Auslegung etwas anzweifeln.

    Was die Qualifikation der Notärzte angeht, kann man ohne den RD Bereich zu kennen, kann man davon ausgehen, dass diese bei "normalen" Notärzten für die Maßnahmen des MIC tatsächlich unzureichend ist. Über die tatsächliche Anlage einer ECMO entscheiden auch in großen Unikliniken nur sehr wenige Personen und die eigenständige Anlage beherrschen in aller Regel nur unwesentlich mehr Leute. Ob man diese Qualifikation tatsächlich auf der Straße braucht wird noch zu beweisen oder Falsifizieren sein. Für viele der infrage kommenden Indikationen ist selbst klinisch die Datenlage ja bestenfalls schlecht. Persönlich habe ich erhebliche Zweifel an dem Konzept.


    Zum Blut: das dürfte nichts mit dem Facharztstatus zu tun haben, sondern mit dem kleinen Personenkreis. In aller Regel löst man sowas als Außenkühlschrank / Nebenlager einer Blutbank. Eine Entnahme muss hier aber durch einen geschulten Mitarbeiter der Blutbank erfolgen, sodass die in Frage kommenden Personen von der Blutbank geschult werden müssen und es einen Vertrag geben muss. Der Austausch zwischen Lagern ist auch relativ aufwendig. Solange man aber nicht selbst kreuzen will, ist eine ärztliche Qualifikation hier aber nur ein erlaubtes Substitut für einen MTLA / Laborassistenten. Wir hatten mal eine ähnliche Konstellation auf einer ITS in einem kleineren Haus ohne eigene Blutbank. Bei den extrem strengen Regeln zur Kühlkette besteht auch ein Recht hohes Risiko, dass es häufiger mal zum Verwurf kommt.

    Ohne zu viel spekulieren zu wollen, würde ich ganz allgemein sagen: nachts auf einer Landstraße außerorts würde ich auch bei privater Fahrt und innerhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nicht garantieren können, dass ich noch bremsen kann, wenn jemand unvermittelt vor mir auf die Fahrbahn läuft. Deswegen haben wir innerorts ja ein deutlich niedrigeres Tempolimit.

    Da das Fahrzeug laut dem Artikel mit Blaulicht unterwegs war, darf wohl davon ausgegangen werden, dass der Krankentransport eigentlich eine Notfallrettung war und der Unfall unter Sonderrechten geschah. Weiterhin ist in dem Artikel davon die Rede, dass es auf einer Bundesstraße südlich von Schwerin geschah. Andere Artikel sind da etwas genauer und benennen die L072 zwischen Stern Buchholz und der Kreuzung Fährweg als Unfallort (außerorts). Gemäß der Ostseezeitung ermittelt die Polizei in alle Richtungen, auch ein Suizid könne nicht ausgeschlossen werden.

    Naja, korrigier mich gern, wenn ich falsch liege, aber der NotSanAT, ist auch nicht entfernt auf dem Ausbildungsniveau eines Rettungsassistenten, geschweige denn eines Notfallsanitäters (de). Von daher glaube ich nicht so recht, dass der Fall allzu tief wird.


    Wien macht es nicht schlecht, aber Österreich geht drumrum ja auch noch weiter.