Beiträge von pillenhaendler

    https://www.faz.net/aktuell/rh…-entlasten-110637840.html


    Ich sehe schon die nächste Reportage vor mir: Zach fragt den Notarzt am Telefon, ob er tracheotomieren darf. Und zur Analgesie gibt's vorher ein Gramm Perfalgan.


    Service: Für zukünftige Reiseplanungen die Lage des Main-Taunus-Kreises in Deutschland:
    https://www.google.de/maps/place/Main-Taunus-Kreis/

    Noch zwei drei vier Anmerkungen, die ich bemerkenswert fand: Die "Ausbildung" soll ja zwei Jahre dauern. Im Video ist von 800 Stunden die Rede. Ich weiß ja, dass mit der Zeit die Jahre immer kürzer werden...
    Konsequent ist das Projekt am Ende auch nicht. Eine Patientin wird als Simulantin tituliert, aber am Ende doch transportiert. Unter Einsatz von NotSan, zwei RettSan, Fahrer und zwei Fahrzeugen. Entlastet das System ungemein. Interessant auch, dass offenbar immer ein KTW zum Transport verfügbar ist. Überall wo ich unterwegs bin, haben die eine geplante Auslastung von 110%. Vielleicht bestünde hier Optimierungspotential?

    Insgesamt habe ich den Eindruck, dass dem Landrat jemand gesagt hat, wir brauchen mehr RTW, der Landrat entgegnete "Ojemineh, wie sollen wir das finanzieren?" und dann ein jemand auf 'ner Parteisitzung auf eine Idee kam, die das Problem lösen soll und gleichzeitig sein doch nicht zu klein scheinendes Ego streichelt.
    Und putzig ist auch die Aussage vom Geschäftsführer: "Wunsch wäre, dass die Mitarbeiter die an dem Projekt teilnehmen, was in der Hand haben, worauf sie stolz sein können, eine Art Examen, Diplom." Die Älteren unter uns hatten dafür einen ganz eigenen Fachbegriff.

    Wir haben zu wenig Notfallsanitäter, um RTW zu besetzen, also setzen wir sie auf ein ICC, damit Herr Zach und in zwei Jahren noch ein paar andere ein bisschen Notarzt spielen dürfen. Dazu bekommt man jetzt noch eine zweijährige Fortbildung (also er ja nicht, weil als erster deutscher Notfallrettungssanitäter ICC-NotSan hat das ja erfunden und ist damit automatisch qualifiziert), damit er in Rücksprache mit dem Notarzt noch mehr Medikamente geben darf. Zum Beispiel Buscopan bei starken Bauchschmerzen und Obstipation. Habe ich das so richtig verstanden?

    Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass wir einmal mehr durch einen Forentroll am Nasenring durch die Arena gezerrt werden sollen (vgl. Notfallrettungssanitäter).

    Ich hoffe es. Nur kenne ich einige Exemplare, bei denen sich Selbstüberschätzung und Ego ein tägliches Wettrennen liefern und denen ich solche Aussagen sofort zutrauen würde.

    Hochmut kommt vor dem Fall, eine alte, aber immer noch sehr gültige Weisheit.

    Leider schlägt dabei der Patient am härtesten auf.

    Ich hab' inzwischen ein paar Informationen mehr (Cave: Alles Hörensagen aus zweiter Hand!):
    Der Beschuldigte hat von der ganzen Sache gar nichts mitbekommen, da er in der Patientenwohnung war. Erst durch den Bußgeldbescheid wurde er auf seine Untat aufmerksam. Der erste Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid wurde mit der Begründung abgelehnt, da laut (abgefragten) Leitstellendaten kein Notarzt mitalarmiert war und deshalb ja kaum von einer ernsten Erkrankung, die den Gebrauch von Sonderrechten erfordert, ausgegangen werden kann. Der Richter folgte dieser Auffassung. Der Beschuldigte verzichtete auf Revision und hat jetzt einen Treuepunkt in Flensburg mehr.

    Das königlich-bayerische Amtsgericht tagte:

    Quelle: Fränkische Landeszeitung


    Leider sind mir zu dem Fall keine weiteren Details bekannt

    Hier wären zahlen Spannend, da (ausschließlich subjektiv!!) bei Anzeigen gegen RD/LST/etc. Ermittlungsverfahren max. bei nicht ausreichendem Tatverdacht eingestellt werden, während bei KV-Delikten gegen RFP häufige wegen mangelndem öffentlichen Interesse eingestellt wird.

    Nochmal zu Klarheit: Das ist ausschließlich meine Empfindung aus meinem Umfeld, weshalb ich auf Austausch und im Idealfall Zahlen hoffe.

    Hmm... was ich mir als Bürger und Laie vorstellen kann: Bei einem körperlichen Angriff muss man Opfer, Beschuldigten und Zeugen vernehmen und Gutachten (Alkoholeinfluss? Drogeneinfluss? Psychose?) einfordern was mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Bei einem Vorwurf gegen die ILS besorgt man sich das ELS-Protokoll und ggf. Gesprächsmitschnitte und hat sehr einfach und schnell objektivierbares Material.

    Die Fälle würden mich brennend interessieren. Gibt es Quellen?

    Quellen gibt es vermutlich leider keine (ich werd aber mal die betroffenen Kollegen fragen, wenn ich sie treffe - das kann aber durchaus etwas dauern, also vielleicht mich bitte noch mal erinnern), nur den direkten kollegialen Kontakt.


    Es kommt relativ häufig vor, dass Disponenten wegen Beleidigung, unterlassener Hilfeleistung o.ä. angezeigt werden. Meistens werden dann die Aufzeichnungen und Protokolle angefordert und dann relativ zügig eingestellt.

    Ich weiß, da selbst beteiligt, von einem unschönen Fall, als ein bekannter Daueranrufer nach dem x-ten Fehleinsatz in einer Woche keinen RTW bekam und daraufhin einen "Suizidversuch" unternahmen. Der Telefonist (ein sehr erfahrener Kollege) hatte tatsächlich ein Strafverfahren das, wenn ich mich richtig erinnere, gegen Auflagen eingestellt wurde. Für die Dauer des Verfahrens war der Kollege vom Dienst in der ILS suspendiert.

    Zivilrechtlich weiß ich - die Sache ist aber bestimmt 20 Jahre her - dass eine Versicherung einen Disponenten nach einer tatsächlich fehlerhaften Entscheidung in Regress nehmen wollte, sich der Disponent von seinem Arbeitgeber (damals noch das Rote Kreuz) nicht richtig geschützt fühlte und dann wiederum mit diesem einen Streit anfing. Da könnte tatsächlich was in der Zeitung gestanden sein, die hab' ich allerdings nicht aufgehoben... aber wie gesagt, ich frag mal vorsichtig rum.


    Und dann gab es noch den allseits bekannten Drachenlord... sein langjähriger, von zahlreichen "Fans" regelmäßig belagerter Wohnort lag im Bereich meiner ILS. Hier hatte die Gesamt-ILS mit dem Swatting richtige Probleme. Es gab Tage mit Fehleinsätzen im mittleren zweistelligen Bereich (v.a. nach Aufkommen der Nora-App). Da müssen hinter den Kulissen einige Disponenten auch gehörig im Kreuzfeuer gestanden sein, weil sie eindeutige Notrufe (die aber nach allem menschlichen Ermessen Fakes waren) nicht bedienten.

    Zweitens ist es gar nicht soooo einfach, in der Leitstelle immer die richtige Wahl zu treffen

    Zumal die Wahlmöglichkeiten der ILSn beschränkt sind.


    Es ist mir auch kein Leitstellenmitarbeiter bekannt, der eine Urkunde oder eine Gehaltserhöhung bekam, weil er zu einem nicht-indizierten Einsatz keinen RTW disponierte. Dafür einige, die arbeits-, zivil- oder strafrechtlichen Ärger hatten oder gar ihren Namen in den (sozialen) Medien wiederfangen, weil irgendjemand der Meinung war, dass das Knöpfchen auf das sie drückten nicht rot und groß genug war.

    Das sind aber zwei voneinander unabhängige Sachen.

    Die RTW können ebenso gut bei indizierten Dingen gebunden sein.

    Den "Luxus", innerhalb von 17 Minuten im Idealfall drei RTW an die Einsatzstelle zu bekommen hast du vielerorts nicht, da der erste RTW bereits am Rande der Hilfsfrist beplant ist und der zweite... Insofern reichts es an vielen Orten bereits aus, dass der erste zuständige RTW nicht verfügbar ist um die Hilfsfrist deutlich zu reißen.

    Es ist hier im Forum weitestgehender Konsens, dass die Indikation für viele RTW-Einsätze diskutabel ist. Und es ist für fast jeden frustrierend, wenn er einen wirklichen Notfall nicht bedienen kann, weil er mit Bagatellen oder nicht-zeitkritischen Dingen beschäftigt ist.

    Das ändert aber nichts daran, dass das hypoxische Gehirn schneller Sauerstoff braucht, als es ihm der Rettungsdienst selbst im Idealfall meist liefern kann.


    (zum Abschluss nur noch damit es gesagt ist: eine insuffiziente HDM bleibt besser als keine HDM)

    Mir fällt keine mögliche Veränderung ein, den Rettungsdienst so zu verändern, dass jede Reanimation innerhalb einer für Überleben und Outcome günstigen Zeit bedient werden kann. Selbst wenn jedes Rettungsmittel des Landes mit laufendem Motor im Status 1 vor der Wache stehen würde, wäre ein Großteil der Fläche nicht innerhalb von fünf Minuten erreichbar.

    Insofern halte ich jeden Versuch das therapiefreie Intervall zu verkürzen keineswegs für Flickschusterei.

    Ich bezweifle, dass alle Notfallsanitäter sicher im Umgang einer 12-Kanal-Interpretation sind. Davon nehme ich mich beispielsweise auch nicht aus. Es gibt da Dinge, wo ich mich nicht sicher fühle (Schenkelblockbilder machen mich manchmal irre). Das ist übrigens ein Themenfeld, wo ich mir einen Tele-Notarzt als Unterstützung wünschen würde.

    Warum? Hat euer EKG keine Interpretationsfunktion? 8o


    Ja, ich stimme dir zu 100% zu und nehme mich selbst natürlich nicht aus.

    Und ein Tele-Notarzt hilft dir in diesem Fall auch nur dann, wenn er entsprechende Expertise besitzt (Gut wenn ein Kardiologe Dienst hat. Schlecht, wenn dein nächster Patient neurologisch ist.) oder konsiliarisch auf entsprechende Kollegen zurückgreifen kann.


    Und am Ende läuft's doch wieder auf die defensive Sichtweise darauf raus: Ein EKG ist nur ein Baustein in der Diagnostik. Labor ein weiterer. Den gibt's aber wiederum nur im Krankenhaus...

    Ich persönlich fühle mich nicht überfordert damit. [...] Das war zu meiner Pflegezeit, Mitte der 90er Jahre, normal. Mag sein, dass das daher kommt.


    Ich bin mir sogar zu 100% sicher, dass das daher kommt.

    Du hast ein sehr gutes Beispiel genannt: chronische Wunden. Ich kenne mich damit nicht aus. Ich kann, von offensichtlichen Katastrophen abgesehen, nicht sicher beurteilen ob eine Wunde "normal" aussieht oder akuter Handlungsbedarf besteht.

    Und ich glaube auch nicht, dass man das in den vier (?) Wochen Pflegepraktikum auf Normalstation während der NotSan-Ausbildung lernt. Erstens weil man auf einer entsprechenden Station (Innere, Gefäßchirurgie) eingesetzt sein muss. Zweitens weil man auch eine hinreichende Zahl entsprechender Wunden, sowohl komplikationslos als auch komplikationshaft, sehen muss. Drittens weil jemand da sein muss, der auch den 4-Wochen-NotSan-Praktikant das erklären kann und mag. Viertens weil auch seitens des NotSan-Azubis ein Interesse für solche Dinge abseits des späteren Arbeitsalltags vorhanden sein muss.

    Das finde ich beim Ärztlichen Notdienst 116117 auch merkwürdig, dass man diese Ärzte technisch nicht besser ausstattet. Die technischen Möglichkeiten, wie 12-Kanal-EKG, kleine "Laborroutine", das "Handtaschensono", usw. wären ja möglich.

    Der Zyniker in mir sagt: Weil ein nicht unwesentlicher Teil der dort Dienst verrichtenden Ärzte nicht ausreichend damit umgehen kann.


    (Und das ist jetzt bitte nicht als Ärztebashing zu verstehen. Aber wie auch Hilope oben sagte: Der Großteil in diesem Umfeld der Patienten ist allgemeinmedizinisch-internistisch. Entsprechend bräuchte es dort in dieser Fachrichtung versierte und erfahrene Ärzte)