Ich kann ehrlicherweise bei einem größeren Teil gerade bei den "sehr" älteren aufgestockten NFS nicht unbedingt einen Qualitätssprung nach der Prüfung erkennen. Natürlich gibt es welche, die mit der Prüfung einen Motivationsschub erhalten haben und eine merklich bessere Arbeit abliefern, die meisten machen aber so weiter wie zuvor und führen Maßnahmen nicht durch, obwohl sie sie jetzt können und auch durchführen müssten.
Das würde ich so unterschreiben, da es vollkommen meiner Erfahrung entspricht. Und ich meine nicht nur die Erfahrung im aktiven Fahrdienst. Ich bin auch als Dozent an verschiedenen Schulen tätig, habe auch viel in den Ergänzer-Lehrgängen für 5+ Jahre ausgebildet, und da zeichnet sich bei einem großen Teil der Kandidaten ein typisches Bild ab. Nämlich das Bild eines Kollegen, der ein gefestigtes Mindset als RettAss hat und das auch verteidigt. Da kommen dann Argumente wie die Nichtbeherrschung von Nebenwirkungen oder der mangelnden Notwendigkeit, da viele Maßnahmen ja nicht zwingend notwendig sind, um Lebensgefahr abzuwenden. Wer Jahrzehnte lang die Betonung auf Assistent gelegt hat mit gelegentlichen Notkompetenz-Maßnahmen, wenn die Gefahr nicht anders abwendbar war, kann das oft nicht so einfach ablegen.
Und jetzt zu den Ergänzer-Lehrgängen für Altgediente im Allgemeinen. Die sind für viele Kolleginnen und Kollegen gut, und der Lehrgang, den ich in Pfalzgrafenweiler besucht habe, gehört zu den besten Fortbildungen, die ich jemals besucht habe mit ausnahmslos hochkompetenten Dozenten und intensiver Arbeit in Kleingruppen, die den Namen verdient haben. Das ganze hat bei mir gut funktioniert, da ich mich ein ganzes Jahr lang im Vorfeld theoretisch darauf vorbereitet habe. ein Jahr lang habe ich in meiner Freizeit nichts anderes gemacht als Theorie zu lernen für diese Prüfung.
Als ich daran teilgenommen habe, habe ich aber auch gemerkt, dass einige Kolleginnen und Kollegen eher nur eine Konsumenten-Haltung an den Tag gelegt haben. Das waren Leute, die das Lernen mit dem RettAss-Examen weitgehend eingestellt hatten und die jetzt an allen Ecken und Enden ihre Schwierigkeiten hatten. Auch bei diesen Leuten gelingt es aber in der Regel, sie auf die Handvoll Fallbeispiele mit den typischen Medis zu dressieren. Die wissen dann, aha, wenn ich im Fallbeispiel den Nagel in der Hand kriege, dann muss ich Vomex und Morphin geben. Und wenn ich das perforierende Thoraxtrauma bekomme, dann muss die Nadel da rein. Das ist zwar nicht falsch, fußt aber nicht auf einer grundständigen Kompetenz, sondern eher auf schlichter Konditionierung. Und das hat mit einem Qualitätssprung sicherlich nichts zu tun.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Ergänzungslehrgang für erfahrene RettAss ist gut, wenn die das wollen, sich darauf einlassen und die Motivation zu haben, ihr Mindset zu ändern von Assistent auf Teamleader bei medizinischen Notfällen. Wer das nicht möchte oder nicht kann, sollte die Freiheit besitzen, weiterhin als RettAss eingesetzt zu werden - dass man dann den Beifahrersitz des RTW nicht mehr besetzen kann, muss man in diesem Fall akzeptieren. Dass diese Leute nicht auf dem aktuellen Stand sind oder sonstwie keine Qualität liefern, ist eine Unterstellung, für die ich weder aus allgemeinen Erwägungen noch aufgrund meiner Erfahrung einen vernünftigen Grund erkennen kann. Die RettAss, die ich noch kenne, sind jedenfalls oft gut in ihrem Job und in ihrem jeweiligen Kontext. Und diejenigen, die es nicht sind, dürften auch durch eine Ergänzungsprüfung kaum besser werden.