Alles was Recht ist...

  • Hey Folks,


    nachdem ja vor kurzem diskutiert wurde, ob ein extra Forum zum Thema Recht eröffnet werden sollte oder nicht, habe ich dem einfach mal vorgegriffen und hier einen Thread zum Thema Recht eröffnet. Meines erachtens reicht das vollkommen aus um rechtliche Fragestellungen im und rund um den RD zu diskutieren...


    Also... los gehts!!!


    Euer ÖpfÄ


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Opfae ist da und schon gibt's ne Frage:


    Wie sieht's denn nun genau aus mit der Unterbringung von - vermeintlich - psychisch Kranken in beschützenden Abteilungen nach UBG. Die Polizei handhabt das im MA gelegentlich ja sehr lax...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • In Bezug auf Zwangseinweisung? Was ist MA (ich vermute mal Mannheim, lässt sich nur nicht raushören) und was ist das UBG für ein Gesetz?

  • @ Ranger


    MA ist in der Tat mannheim, sorry ich gehör auch zur Fraktion, weißt du :D. UBG wurde ja bereits erläutert, und korrekt, die Frage bezog sich auf die Zwangseinweisung...oder richtiger die vorübergehende Unterbringung in einer beschützenden Abteilung. Wie geht's denn bei euch in Niedersachsen diesbezüglich?

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • @ mowl


    Die Behauptung, dass die Polizei mit der Durchführung freiheitsentziehender Maßnahmen "lax" umgeht, hätte ich doch gerne erläutert. Außerdem hat der Aufenthalt eines psychisch kranken Patienten in einer Station für "beschütztes Wohnen" (also in einem Alten- oder Pflegeheim) überhaupt nichts mit dem UBG zu tun.
    Das UBG B-W regelt nur die Unterbringung in akuten Fällen. Der Regelfall ist hierbei die Erwirkung eines Unterbringungsbeschlusses beim zuständigen Amtsgericht. Die Polizei kann nur im Ausnahmefall einen psychisch Kranken VORLÄUFIG nach den Vorschriften des UBG unterbringen. Diese Maßnahme muss innerhalb einer bestimmten Zeit (ich meine es sind 72 Stunden) von einem Richter bestätigt werden. Folglich kann es sich kein Polizist erlauben "lax" mit einer solchen Entscheidung umzugehen.

  • Zitat

    Original von imgb01
    . Die Polizei kann nur im Ausnahmefall einen psychisch Kranken VORLÄUFIG nach den Vorschriften des UBG unterbringen. Diese Maßnahme muss innerhalb einer bestimmten Zeit (ich meine es sind 72 Stunden) von einem Richter bestätigt werden.


    sehr richtig. im folgenden aufgelistet die


    voraussetzungen für die sofortige unterbringung [achtung: landesrecht!]


      psychische störung
      erhebliche eigen- oder fremdgefährdung, die anders nicht abwendbar ist
      ärztliches gutachten [amtsarzt, psychiatrisches KH oder notfalls JEDER arzt]
      richterliche anhörung des betroffenen binnen tagesfrist [24 stunden - ausnahme: baden-württemberg mit 72 stunden]. hierbei gutachten eines psychiatrischen sachverständigen


    die polizei verfügt im übrigen über einen ermessensspielraum, ob eine zwangseinweisung durchzuführen ist oder nicht ["In unaufschiebbaren Fällen des Absatzes 1 kann die Polizei die/den Betroffene/n ohne Anordnung der zuständigen Verwaltungsbehörde in einer Einrichtung im Sinne des § 10 unterbringen."§ 6 absatz 2 satz 1 UBG]. da die rechte des betroffenen, in die eingegriffen wird, einen hohen, nämlich verfassungsrang haben, drohen dem rechtswidrig einweisenden erhebliche konsequenzen:


    "Schließlich ist der Blick auf die möglichen Folgen einer rechtswidrigen Unterbringung zu richten. Unter Umständen kann sich als Konsequenz eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Dienstherren nach den Grundsätzen der Amtshaftung, aber auch eine persönliche Regreßhaftung des Beamten nach Amtshaftungsgrundsätzen oder gar eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Entscheidungsträgers ergeben." [Fehn, Selen, Rechtshandbuch für Feuerwehr und Rettungsdienst, S&K-Verlag 1. aufl. 2000]

    3 Mal editiert, zuletzt von hoeppi ()

  • Mowl
    Alles klar. Also zu meinem schönen Bundesland.


    In Niedersachsen ist die sog. Zwangseinweisung im NPsychKG geregelt (Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke). Ausschlaggebend hierbei sind die §§ 16 (Vorraussetzung der Unterbringung) und 18 (Vorläufige Einweisung).


    Nach diesen beiden Paragraphen kann eine Person vorläufig eingewiesen werden, wenn eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für sich oder andere von Ihr ausgeht sowie die Gefahr nicht durch andere Maßnahmen abgewendet werden kann.
    In dem Falle kann der Patient bis zum Ablauf des nächsten Tages eingewiesen werden (also höchstens 47Std. und 59 Minuten). Danach muss ein Richter die Einweiung prüfen.


    In der Praxis sieht dies (zumindest in der Landeshauptstadt Hannover) so aus.
    1. Ein psychatrisch erfahrener Arzt (bescheinigt der sich quasi selbst) stellt den Befund einer psychatrischen Erkrankung.
    2. Von der Berufsfeuerwehr kommt der sog. A-Dienst, also ein Beamter im gehobenen Dienst. Dieser prüft die rechtlichen Bedingungen für eine Zwangseinweisung nach §18 NPSychKG.
    3. Sind diese erfüllt, wird der Patient durch Rettungsassistenten der Berufsfeuerwehr eingewiesen. Dazu sind wir zu Vollzugsbeamten ernannt. Polizei wenn nötig in Amtshilfe.


    Dieses Verfahren kann auf dem Ländle aber etwas anders aussehen.


    Die Polizei hat in Nds keine Befugnisse eine Person zwangseinzuweisen.

  • Tja, wer zu spät kommt den bestraft das Leben oder.....


    Höppi und imgb01 haben ja schon alles zu dem Thema gesagt... ZUmindest ist die rechtliche Seite um die es in dem Thread gehen sollte hinreichend beleuchtet.


    Was ich noch hinzufügen kann.... Jedes bundesland hat hierzu eigene Vorschriften, die sich zwar im Großen und Ganzen gleichen, aber in feinen Nuancen UNterschiede aufweisen. Ich kann jedem RS und RA nur empfehlen mal nen Blick in die entsprechenden Vorschriften zu werfen um an der Einsatzstelle unnötigen DIskussionen aus dem Wege zu gehen.


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Schön!


    Die Unterbringung nach UBG BaWü ist klar! Und eine beschützende Abteilung ist übrigens keine Einrichtung für beschütztes Wohnen sondern eine Einrichtung an einem Psych. Fachkrankenhaus (in Mannheim das Zentralinstitut für seelische Gesundheit, eine Aussenstelle der Uni-Klinik), welche dazu geeignet ist, Menschen in psychischen Ausnahmezuständen bis zur Begutachtung durch den Amtsrichter (dazu gibt es auch am WE einen Notdienst des Amtsgerichtes) aufzunehmen (ähnlich einer gechlossenen Abteilung).


    Das Adverbium "Lax" kam bei mir im Kontext nicht im Zusammenhang mit der Indikationsstellung sondern dem Gebahren der Einsatzkräfte (speziell der Polizei) am Einsatzort auf, welches gelegentlich den Verdacht nahe legt, dass diese mit der Gesetzeslage nicht annähernd so gut vertraut sind wie die hier wortmeldenden Kollegen!


    @ Ranger: Danke, sehr informativ!

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Ich fasse nochmal zusammen:


    Für eine Einweisung nach dem PsychKG brauche ich:


    1. einen Arzt, der die Notwendigkeit attestiert (z.B. Notarzt, Hausarzt, Amtsarzt)


    2. eine Institution, die die Zwangsunterbringung anordnet (z.B. Ordnungsamt, andere Behörde)


    3. die Polizei, die ggf. die Zwangsunterbringung vollstreckt



    Gruß,


    Ani