Jeder fünfte Herzinfarktpatient in Rheinland-Pfalz kommt ohne Arztbegleitung ins Krankenhaus

  • Manchester triage?
    Wird von der Pflege gemacht, nicht von Ärzten.
    Richtig gute Sache, kostet aber erstmal Geld (Ausbildung und Infrastruktur).

  • Manchester triage?
    Wird von der Pflege gemacht, nicht von Ärzten.
    Richtig gute Sache, kostet aber erstmal Geld (Ausbildung und Infrastruktur).

    Sinnbefreit, wenn ich sehe wie hoch das Verhältnis von Pflegepersonal zu Fachärzten in deutschen Notaufnahmen nach wie vor ist: Nahe bei null.

  • Gerade Herzinfarkte präsentieren sich doch häufiger mal atypisch (Rückenschmerz, oder Bauchschmerz), bzw. machen zwar typsiche Symptome, die aber nicht so ausgeprägt sind, dass sie vom Patienten selber richtig eingeschätzt werden. Ich habe häufiger Infarkte in der Praxis sitzen, die sich brav ins Wartezimmer gesetzt haben, ca. 15-30 min gewartet haben und dann im Sprechzimmer erst ihre Symptome erzählen. Nicht jeder Infarkt ist ja so klassisch mit schwersten Beschwerden. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass es nur jeder fünfte ist. Zum Thema Qualität der NA, also die internistischen NA wo ich gearbeitet habe (da war vom Haus der Maximalversorgung bis zum Kreiskrankenhaus alles dabei) haben bez. Hezinfarktversorgung eigentlich immer gut und schnell funktioniert. Auch kann die diensthabende Ärztin erst seit 2 Monaten da sein, so ein OA, oder ein erfahrener Kollege greifbar ist. Im Gegensatz zu den Notaufnahmen im Fernsehen wo immer nur rumgerannt wird, gibt es bei vielen Dingen durchaus Zeit um den OA hinzuzuziehen (z.B die TAA, so lange sie nicht kreislaufinstabil ist und wenn sie kreislaufinstabil ist, dann gehört sie gleich auf Intensiv und nicht erst in die NA), die Dinge die keine Zeit haben (zB die Koro) können sowieso nicht von der 2-Monate-Ärztin gemacht werden.

  • Zum Thema Triage noch: ich habe bei einem Maximalversorger gearbeitet vor und nach Einführung einer Triage (durch Pflegepersonal), ich konnte nicht feststellen, dass die Patienten davon profitiert hätten. Wovon profitieren die Patienten (und die "Frischärzte")? Von gut ausgebildetem, NA-erfahrenen Pflegepersonal, die können nämlich auch ohne Triage feststellen ob es pressiert, wenn die nicht vorhanden sind, dann nützt auch eine Triage häufig nix.
    Zum Thema Sono Abdomen: das lernt man erst gut wenn man es jahrelang und viel gemacht hat, die Nierenarterienstenose dürfte durch den wenig erfahrenen Arzt nicht feststellbar sein, die entzündete Gallenblase, das Aortenaneurysma, bzw. die freie Flüssigkeit sollte nach einem guten Kurs und ein wenig Praxis möglich sein. Sono wird auch (hoffentlich nicht) selten alleine ausschlaggebend für irgendwas sein.

  • dr.mabuse:
    Ich habe halt im meinem RD-Bereich 1 bzw. 2 KH wo häufig äußerst unerfahrene Ärzte für die Notaufnahme verantwortlich sind. Teilweise zeitgleich für die (kleine) Intensiv des Hauses. Der oberärztliche Hintergrund ist in der Regel nicht direkt im Hause. Die Frage mit dem Sono stellt sich in diesem Fall quasi gar nicht. Nur durch die gute Versorgung des festzugeteilten Pflegepersonals lässt sich häufig die Situation entschärfen.


    Ansonsten stimme ich Dir was die Herzinfarktversorgung angeht zu. Ich war auch selbst nach einigen Hospitationen bei einem Hausarzt sehr überrascht.
    Was bei uns leider immer noch nicht regelhaft funktioniert ist die Umgehung der Notaufnahme bei (ärztlich) gesichertem STEMI.

  • Was bei uns leider immer noch nicht regelhaft funktioniert ist die Umgehung der Notaufnahme bei (ärztlich) gesichertem STEMI.


    Den Weg über eine Chest pain-Unit oder Notaufnahme ist durchaus sinnvoll. Schon alleine, um die Diagnose durch einen Fachmann zu verifizieren. Grundsätzlich muß das also kein Nachteil sein. Es darf halt nur nicht zu signifikanten Verzögerungen (z.B. Wartezeiten) kommen.

  • Red Cap:
    Ja das ist Mist in sehr kleinen Häusern kann das durchaus mal vorkommen, wobei es auch da so sein sollte, dass der Frischling erst mal eingearbeitet gehört bevor er/sie Dienste ohne schnell physisch greifbares Backup schiebt. Durch den Ärztemangel sicher eher ein zunehmendes Problem. Die Umgehung der NA bei ärztlich gesichertem STEMI war in allen Häusern wo ich gearbeitet hatte Standard, genauso wie die Umgehung der NA bei ärztlich angekündigt instabilen Patienten. Aber auch da kam es manchmal je nach Qualität der Anmeldung zu unvorhergesehenen Überraschungen (in beide Richtungen, sowohl instabil angekündige stabile Pat., als auch stabil angek. instabile, angekündigte STEMI s, die keine waren und nicht angekündigte die welche waren).

    Einmal editiert, zuletzt von dr.mabuse ()

  • @Ani:
    Ist es wirklich sinnvoll die Aufnahme aufzusuchen? Außer einer Blutentnahme (in Verbindung mit POC-Analyse) und ggf. ein kardiales Sono sehe ich keine Vorteile und in der Regel nur Verzögerung im Ablauf. Die oben genannten Schritte kann man auch direkt im Herzkatheter-Labor durchführen.


    Hier sehe ich wirklich den Vorteil einer Telemetrie, weil dem Befund des NA bzw. dem präklinisch geschriebenen EKG so häufig nicht getraut wird. Außerdem kann das rettungsdienstliche Personal nochmals einen Fachmann zurate ziehen, da es ja auch immer wieder Notärzte gibt, die einen STEMI nicht erkennen (können).

  • In der Rettungsdienstwelt ist immer alles so einfach. Einen Kathetertisch vorzubereiten ist mit einem gewissen logistischen Aufwand verbunden. Man kann nicht einfach den roten Knopf drücken, weil ein in der EKG-Diagnostik unerfahrener Notarzt einen Linksschenkelblock für einen Herzinfarkt hält. Krankenhäuser, die sich auf solche Spielchen einlassen, fahren spätestens nach einem halben Jahr wieder zurück, weil es viel zu oft zu falsch positiven Befunden kommt und eine akute Katheterintervention letztendlich nicht notwendig (oder durchführbar) ist. Voranmelden ja, damit jemand schnell die definitive Indikation für eine PCI stellt und die Wege potentiell gebahnt sind. Nicht vergessen: wir stellen draussen vielleicht einen STEMI fest, aber nicht die Indikation zur PCI. Das gehört in die Hände eines Kardiologen. Falls dann eine andere Behandlungsstrategie erfolgen soll, ist das besser von einer CPU oder ZNA zu organisieren, als wenn der Patient schon auf dem Kathetertisch liegt.


    Das Gleiche gilt auch für das heute schon mal aus Jux angesprochene gedeckt perforierte BAA. Kein Gefäßchirurg lässt einen OP räumen, weil ein Notarzt vor Ort diese Verdachtsdiagnose stellt. Und das ist auch gut so. Die meisten Verdachtsdiagnosen bestätigen sich nämlich nicht.

  • Ich kann mich an kein Krankenhaus erinnern, wo ich direkt ohne vorherige Abklärung zum Herzkatheterlabor durchgefahren bin. Und wenn der aufnehmende Arzt auch nur in der RTW-Einfahrt stand und sich das EKG angeschaut hat und eine kurze Anamnese gemacht hat. Aber auch das waren nur Ausnahmen.

  • Lieber Ani, ich lebe medizinisch nicht nur in einer rosaroten Rettungsdienstwelt und habe auch die berechtigten Bedenken der aufnehmenden KH nie bestritten. Ich erachte es als selbstverständlich, dass der behandelnde Kardiologie sich ein eigenständiges Bild vom Patienten verschafft, aber dafür muss man nicht den Patienten erst in der Aufnahme umlagern, ihn verkabeln und später erst zum Katheter bringen.
    Ich kenne es schon, dass ich mit der Trage des RTW vor bzw. bis in das Katheterlabor fahre. Die Punktionssets etc. können auch erst einmal unverpackt bleiben, denn aufstehen muss der Kardiologie sowieso. Aus diesem Grund der Vorschlag zur Verwendung der Telemetrie.

  • Was bei uns leider immer noch nicht regelhaft funktioniert ist die Umgehung der Notaufnahme bei (ärztlich) gesichertem STEMI.


    Ich habe den Satz so interpretiert, als ob das aus Deiner Sicht ein unhaltbarer Zustand wäre. Das "ärztlich" impliziert, das keine weitere Validierung der Diagnose mehr notwendig sei. Dem wollte ich nur mit den Argumenten der Häuser, die das nicht so machen (für mich durchaus nachvollziehbar) widersprechen.


    Ich habe das Wort "rosarot" in Bezug auf Rettungsdienst nicht verwendet, jetzt bin ich aber geneigt, es aufzugreifen: für eine PCI ist mehr Aufwand notwendig, als eine Packung aufzureißen. Tagsüber muß z.B. das Routineprogramm unterbrochen, im Bereitschaftsdienst oft erst das Assistenzpersonal oder der Arzt, der die PCI durchführt hereingerufen werden. Nicht jeder Arzt, der die Diagnose STEMI validiert, ist auch derjenige, der Intervention durchführen kann.


    EDIT: Nachtrag

  • Oft ist es allerdings so (zumindest bei uns), dass in einem Arzt-zu-Arzt-Gespräch (NA <---> fachspezifischer, diensthabender Arzt) die Fragen seitens der Klinik so gestellt und durch den Notarzt vor Ort entsprechend Befunde (sofern möglich) erhoben und weitergegebebn werden. Wenn der Kardiologe alle Symptome und zeitliche Konstellationen von Ohr zu Ohr genannt bekommt und er das EKG durch den NA präsentiert bekommt, dann macht der Umweg über die NOTA keinen Sinn. Ebenso können doch auch hartnäckige Indizien für ein rupturiertes BAA ausreichen, direkt in den OP zu fahren...


    Der Routinepatient hingegen (klassische ACS, "könnte Infarkt sein/könnte aber auch nicht", da gebe ich Ani völlig Recht, wird in der NOTA oder CPU oder wo auch immer zeitnah durchdiagnsotiziert und weitergeleitet.


    P.S.: Möchte wer mit meinem Fallbeispiel weitermachen? :hallo:

  • Aber zuviel verlangt wäre dies doch nicht, unsere Cardiologien bestehen normalerweise darauf. In den meisten (nicht in allen) Fällen wird das dann auch gemacht, was oftmals ein sofortiges Coro ermöglicht.