Führerscheinentzug und Geldstrafe für selbstfahrenden Notarzt wegen Straßenverkehrsgefährdung

  • Ich kenne mich auch nicht im Polizeirecht der Länder aus und weiß daher nicht, welche Regeln für Verfolgungsfahrten gelten.


    Seltsam und da gilt dann nicht mehr das Strafgesetzbuch und die Straßenverkehrsordnung?


    Warum? Weil sie vielleicht hoheitlich handeln und weil eine Güterabwägung stattfindet?


  • Seltsam und da gilt dann nicht mehr das Strafgesetzbuch und die Straßenverkehrsordnung?


    Warum? Weil sie vielleicht hoheitlich handeln und weil eine Güterabwägung stattfindet?


    Ganz interessant dazu: http://www.juraexamen.info/bgh…eiliche-verfolgungsfahrt/


    Zitat daraus:


    Zitat

    "Da von diesem rücksichtslosen Verhalten eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausging, stand die Entscheidung, die Flucht durch eine Kollision mit dem Fluchtfahrzeug auf die erfolgte Art zu beenden, nicht außer Verhältnis zu dem Ziel der Beendigung der Flucht und der Ergreifung des Fliehenden."


  • Seltsam und da gilt dann nicht mehr das Strafgesetzbuch und die Straßenverkehrsordnung?


    Warum? Weil sie vielleicht hoheitlich handeln und weil eine Güterabwägung stattfindet?


    Wo steht denn, dass StVO und Co. nicht mehr gelten? Und woher weißt du, dass die Polizeikräfte bei dem verlinkten Beispiel jemanden gefährdet haben?


    Und was hat das alles mit dem Notarzt zu tun?!
    Ich wittere morbus m.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Und was hat das alles mit dem Notarzt zu tun?!


    Der Notarzt handelt als Amtsträger und er führt diese "Straftat" im Rahmen seiner Amtsgeschäfte im Auftrag des bayerischen Rettungsdienstgesetzes durch.


    Das ist der 1.Fall bundesweit, dass so etwas zur Anzeige gebracht wurde und zu einer Strafe führte.


  • Der Notarzt handelt als Amtsträger und er führt diese "Straftat" im Rahmen seiner Amtsgeschäfte im Auftrag des bayerischen Rettungsdienstgesetzes durch.


    Das ist der 1.Fall bundesweit, dass so etwas zur Anzeige gebracht wurde und zu einer Strafe führte.


    Mal jenseits der sonstigen juristischen Verwirrungen - natürlich können Amtsträger in Ausübung ihres Amtes Straftaten begehen. Korruption ist ein prima Beispiel. Oder falls Du es etwas populistischer magst, prügelnde Polizisten.

  • Du hast recht.
    Irgendwie wollte ich noch auf die persönlichen Anfeindungen reagieren.


    Mir geht es verdammt nochmal nicht darum Recht zu haben,
    sondern den Betroffenen (das sind die Führer von Einsatzfahrzeugen) die fatalen Folgen einer derartigen Fehlentscheidung aufzuzeigen.
    Das der Rettungsdienst, der Menschen Leben rettet, offensichtlich nicht Ernst genommen wird, führt zu dieser Fehlentscheidung.


    Jetzt bin ich wirklich draußen lieber Jörg.


    Dir geht es eh nicht um die Sache, sondern nur um Diskussionsiege. Das ist mir klar. Mich wundert es aber, dass aktive Rettungsassistenten, als mögliche Betroffen, hier derart borniert sein können. Sie sind aber in der Unterzahl.
    Letzendlich wird sich die ganze Angelegenheit dank der Öffentlichkeit, sowieso zum Guten wenden.


    Dass, es hier keinerlei Solidarität für den Betroffenen gibt, finde ich allerdings mehr als schwach.


    Warum ich so emotional argumentiere:
    Mir war persönlich ein sehr engagierter selbstfahrender Notarzt bekannt, der auf dem Weg zum Einsatz (Kind) aufgrund eines kurzen Momentes der Unachtsamkeit tödlich verunglückte. Nun kann man sagen: Wäre er halt langsamer gefahren.
    Einige Monate zuvor hatte selbiger Notarzt einen Einsatz bei dem ihm ein Kleinkind mit einem Atemnwegsproblem unter den Fingern weg starb.
    Wäre er schneller gewesen? Hätte das Kind überlebt?


    Keine Ahnung, tragisch ist nur, dass er auf der Fahrt zu einem ähnlichen Einsatz tödlich verunglückte.
    Daher finde ich den Vorwurf gegen den Notarzt auch so zynisch. Im Zweifel hätte auch er sein Fehlverhalten mit dem Leben bezahlt.

  • Zitat

    Ich habe mir gerade mal die Seite mit der Petition angeschaut und bin erschrocken, dass ich einige Namen in der Unterschriftenliste gefunden habe die mir aus dem Bereich Feuerwehr und Rettungsdienst bekannt sind. Man muss einfach mal diverse Städte in der Region Hannover sowie Hannover selbst googlen. Ich kann durchaus beide Seiten nachvollziehen, möchte mich jedoch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da ich selbst nicht dabei war und somit nicht weiß wie "schlimm" er sich auf der Straße benommen hat. Ich klage daher nicht an, vorstellbar ist jedoch beides! Unter unseren Kollegen gibt es Straßenrambos, jeder wird sicherlich den einen oder anderen kennen. Andererseits kennen wir auch unser Nicht-BOS-Volk. Hier daher leichtfertig seinen Namen für eine Unterschriftenliste herzugeben finde ich erschreckend! Vor allem, wenn eigene Kollegen oder Kameraden dieses unreflektiert tun...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Keine Ahnung, tragisch ist nur, dass er auf der Fahrt zu einem ähnlichen Einsatz tödlich verunglückte.
    Daher finde ich den Vorwurf gegen den Notarzt auch so zynisch. Im Zweifel hätte auch er sein Fehlverhalten mit dem Leben bezahlt.


    Ganz ohne jeden Zynismus: Ich finde, gerade diese traurige Geschichte spricht eher gegen deine Argumentation.
    Sie erklärt allerdings deine offensichtlich hohe Emotionalität in der Diskussion, über die ich tatsächlich verwundert war.

  • Letzendlich wird sich die ganze Angelegenheit dank der Öffentlichkeit, sowieso zum Guten wenden.

    Mmh, werden dann zukünftig auf dem Marktplatz wieder Straftäter ohne Gerichtsverhandlung geprügelt, verbrannt und gehängt?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • möchte mich jedoch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da ich selbst nicht dabei war und somit nicht weiß wie "schlimm" er sich auf der Straße benommen hat. Ich klage daher nicht an,


    Das hat hier übrigens, soweit ich das überblicke, niemand getan.
    Es geht doch in der Diskussion um die abstrakte Frage, ob ein Fehlverhalten im Sinne einer Straßenverkehrsgefährdung während der Alarmfahrt zu einem Notfalleinsatz überhaupt vorstellbar ist bzw. bestraft werden sollte.
    Grundsätzlich würde ich das aus den genannten Gründen bejahen. Im konkreten Fall kann ich es nicht beurteilen. Der reflexartige mediale und öffentliche Aufschrei und die daraus folgende Justizschelte befremden mich allerdings. Aber Lynchmobs sollten eh out sein im 21. Jahrhundert, finde ich.

  • Der war jetzt irgendwie doof. :-(

    Meiner? Irgendwie musste ich dabei spontan an die Scharia-Polizei denken. Gott und das Volk wird´s schon "richten"!

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das hat hier übrigens, soweit ich das überblicke, niemand getan.
    Es geht doch in der Diskussion um die abstrakte Frage, ob ein Fehlverhalten im Sinne einer Straßenverkehrsgefährdung während der Alarmfahrt zu einem Notfalleinsatz überhaupt vorstellbar ist bzw. bestraft werden sollte.
    Grundsätzlich würde ich das aus den genannten Gründen bejahen. Im konkreten Fall kann ich es nicht beurteilen. Der reflexartige mediale und öffentliche Aufschrei und die daraus folgende Justizschelte befremden mich allerdings. Aber Lynchmobs sollten eh out sein im 21. Jahrhundert, finde ich.


    Mir ging es auch mehr um die Kollegen und Kameraden auf anderen Diskussionsplattformen und in der Petition, die genau dieses mit ihren Namen genau das eigentlich tun, wenn sie "Free Willy" rufen. Ich bin mir sicher, dass kaum einer, wahrscheinlich eher niemand, den genauen Vorfall kennt und ihn somit beurteilen kann. Das finde ich erschreckend, ähnlich wie Du! Hier in "unserem" Forum geht es eigentlich recht sachlich zu Sache. Das finde ich gut!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Da ich das mit dem "Lynchmob" ja auch geschrieben habe:
    Das ist natürlich polemisch überspitzt, aber dass sich innerhalb weniger Stunden eine Petition etabliert und massenhaft Leute hinter sich bringt, die vermutlich nicht mehr Details dieser Einsatzfahrt kennen als wir alle (nämlich nur die, die in der Zeitung standen), finde ich schon erschreckend. Und dabei richtet sich dieser "Lynchmob" noch nicht einmal gegen einen Täter*, sondern gegen ein Verfassungsorgan.


    *Lynchmobs gegen tatsächliche Täter wie Kinderschänder oder Trunkenheitsfahrer finde ich übrigens auch mittelalterlich. Aber dass sich solche gerne mal (zumindest verbal) zusammenrotten, kann man ja in den Kommentarthreads einschlägiger Nachrichtenmeldungen regelmäßig bestaunen.
    Und selbst falls es mir, wie vorgeworfen, tatsächlich mehr um das "Gewinnen der Diskussion" gehen sollte als um den konkreten Sachverhalt: So what? Ich finde das nicht verwerflich, in einer Diskussion auf die Metaebene zu gehen.


    J.

  • Ich Versuchs nochmal. Machen wir ein Ampel-Modell.


    Grün


    Wir verhalten uns StVO-konform. Durch Einhalten der Verkehrsregeln wird die Unfallgefahr minimiert.


    Gelb


    Wir fahren mit Signal, weil wir Lebensgefahr oder die Gefahr schwerer gesundheitlicher Schäden abwenden wollen. Mathematisch gesehen steigt die Unfallgefahr. Wir gefährden abstrakt in einem gewissen Rahmen andere, aber solange wir das mit Maß und Verstand tun, greift der Notstandgedanke. Eine ausnahmsweise Erhöhung der abstrakten Gefahr wird aufgewogen durch die Rettung von Leben. Eine tatbestandliche Gefährdung des Straßenverkehrs liegt nicht vor, wenn es durch die Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gelingt, niemand anders in tatsächliche, ernste Gefahr zu bringen, sodass derjenige um Leben oder Gesundheit fürchten müsste.


    Rot


    Wir nutzen Sonderrechte unter Missachtung jeglicher Sorgfaltspflichten, über holen in der Kurve mit hoher Geschwindigkeit ohne den Gegenverkehr einsehen zu können. Der entgegen kommende Fahrer leitet eine Gefahrenbremsung ein und landet mit ABs auf dem Bürgersteig, wo eine junge Mutter ihren Kinderwagen gerade noch zur Seite reißen kann, bevor er vom Auto erwischt wird. Mehrere Leben in akute Gefahr gebracht, kann man nicht damit rechtfertigen, dass man andere Leben retten wollte, Tatbestand erfüllt, Strafe, Ende.

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  • Die Anzeigenden sind der Meinung, das war im roten Bereich. Der Notarzt wähnte sich im gelben Bereich. Was es war, entscheidet jetzt ein Gericht. Niemand will den Notarzt von seiner Arbeit abhalten, und der gelbe Bereich bleibt für uns alle betretbar. Aber der rote nicht.

  • Ich finde das Ampel-Modell sehr gut.


    Die Anzeigenden sind der Meinung, das war im roten Bereich. Der Notarzt wähnte sich im gelben Bereich. Was es war, entscheidet jetzt ein Gericht. Niemand will den Notarzt von seiner Arbeit abhalten, und der gelbe Bereich bleibt für uns alle betretbar. Aber der rote nicht.

    Aber genau das macht es für die ausführenden Beteiligten sehr schwer, wann genau man sich in welchem Bereich befindet, gerade weil nicht wirklich Zeit für sauberes Abwägen bleibt. Um auf der sicheren Seite zu sein, müsste man daher konsequent die defensive Fahrweise wählen, sich also schon eher im grünen Bereich befinden lassen,was dann aber vermutlich die Zeitvorteile von "Blaulicht-Fahrten" verpuffen ließe.

  • was dann aber vermutlich die Zeitvorteile von "Blaulicht-Fahrten" verpuffen ließe.


    Der Zeitvorteil einer Blaulichtfahrt resultiert kaum aus der gefahrenen Höchstgeschwindigkeit, sondern vielmehr daraus, dass man nicht an jeder Ampel warten muss.
    Defensives Fahren auch im Notfall wird daher kaum zu einem spürbaren Zeitverzug führen. Dafür kommt man an der Einsatzstelle an, ohne bereits gestresst zu sein.