ZitatAlles anzeigenDer ärztliche Bereitschaftsdienst in der Region steht vor einer gravierenden Umorganisation – zu Lasten der Patienten. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) plant eine Halbierung der Mediziner im Bereitschaftsdienst im Bereich Garbsen, Seelze, Neustadt und Wunstorf. Politiker und Ärzte kritisieren dies scharf.
Ab dem 1. Juli sollen es nur noch zwei Ärzte für den kompletten Bereich mit rund 190.000 Einwohnern sein, in den Nachtstunden sogar nur noch ein Mediziner für das ganze Gebiet. Die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung treffen sowohl in der Politik als auch in der Ärzteschaft und bei den Kommunen auf Widerstand.
Der Geschäftsführer der KVN-Bezirksstelle Hannover, Bernhard Specker, begründet die Änderungen mit der Einrichtung einer Bereitschaftspraxis am Klinikum in Neustadt. „Gehfähige Patienten“ sollen von Juli an bei Problemen außerhalb der Öffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte ins Neustädter Krankenhaus fahren, um sich dort behandeln zu lassen. „Die Sprechstunde in Neustadt ist eine Verbesserung“, betont Specker.
Das sieht Wunstorfs Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt ganz anders. Er bescheinigt der KVN ein „arrogantes und selbstgerechtes Verhalten“ und befürchtet Qualitätseinbußen in der medizinischen Versorgung seiner Stadt. Das befürchtet auch der Garbsener Arzt Dr. Jan Reimers. „Wie soll jemand, der kein Auto hat, mit dem Bus von Seelze oder Garbsen nach Neustadt fahren?“, sagt er. „Aus meiner Sicht ist das den Bürgern nicht zumuten“, betont er. Zudem seien die Strecken für einen Bereitschaftsarzt in dem großen Gebiet zu weit. Das werde dazu führen, dass Patienten bei medizinischen Problemen vermehrt den Rettungsdienst rufen. Und er sieht noch eine weitere Schwierigkeit: Die Ärzte, die derzeit den Bereitschaftsdienst machen, haben sich vorerst bis zum September verpflichtet. „Dann werden die das wohl nicht mehr weiter machen“, sagt Reimers.
Laut KVN sollen mit der Neuregelung auch die niedergelassenen Ärzte entlastet werden, die Doppelbelastung aus Praxisbetrieb und Hausbesuchen kaum noch leisten könnten. Arzt Reimers hält dagegen, dass die meisten Bereitschaftsdienste gar nicht von den niedergelassen Ärzten gemacht würden. Stattdessen hätten diese den Auftrag an andere Ärzte vergeben, die sich auf die Bereitschaftsdienste spezialisiert haben.
Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung HAZ - Stand 17.06.2016