Keine Wiederbelebung in Altersheimen

  • und ich bin immer noch der Meinung


    Ich habe mit Erstaunen diesen Talk verfolgt. Ich möchte niemanden zu nahe treten aber hier diskutieren junge Menschen mit noch wenig Lebenserfahrung darüber ob ein Mensch in einen etwas höheren Alter leben soll oder nicht.
    Wir sind medizinisches Fachpersonal wir haben nicht zu entscheiden ob das Leben für einen Patienten noch lebenswert ist oder nicht. Ich finde es im Gegenteil sehr erschreckend wie einige Menschen so großzügige mit dem Leben anderer umgehen.
    Die Tragweite dieser Entscheidung kann man als junger Mensch noch nicht abschätzen dies sollte jeder Bewusst sein.
    Auch ein alter Mensch hat das Recht zu leben und auch ein kranker Menschen hat das Recht dazu, ist die vielleicht Dinge in seinem Leben die dieses Leben trotz Krankheit und Schmerzen lebenswert macht.
    Die Frage der Reanimation in einem Altersheim sollte nicht die Frage seien wenn der Rettungsdienst zum Einsatz kommt sondern das Pflegefachpersonal des Altersheimes beziehungsweise die Bezugsperson des Patienten sollte vorher mit dem Patienten den Fall einer Erkrankung oder eine Verschlechterung der Erkrankung besprechen. Daraus sollte eine Patientenverfügung entstehen die genau regelt wie ein solcher Fall gelöst werden sollte.

    2 Mal editiert, zuletzt von RettSanSRK ()

  • Hallo RettSanSRK,
    in einigen Bereichen gebe ich deinem Posting Recht, das ist aber eine individuelle Entscheidung der jeweiligen Person (gerne auch zusammen mit der Familie und dem Hausarzt, der die Krankengeschichte kennt), die dann auch respektiert werden soll.


    Allerdings ist es in dem Bericht vom Spiegel, worauf sich dieses Thema stützt, die Rede davon, dass manche Altenheime pauschal "keine Wiederbelebung anbieten", so setzt man zukünftige Bewohner doch unter Druck ("so - sie können hier einen Pflegeplatz bekommen - sie wissen ja, bei uns wird nicht renanimiert").


    Die Entscheidung, dass nicht reanimiert werden soll, kann bei einer reellen Chance nicht von der jeweiligen Einstellung / Auffassung des Altenheimbetreibers getroffen werden!

  • In England werden andere Philosophien vertreten, als auf dem Kontinent. So werden z.B. Personen im Rentenalter auch nicht mehr dialysiert, bzw. die Kosten werden über den Staat nicht mehr übernommen. Man muss sich für diesen Fall selber versichern.

  • Zitat

    Original von RettSanSRK


    Ich möchte niemanden zu nahe treten aber hier diskutieren junge Menschen mit noch wenig Lebenserfahrung darüber ob ein Mensch in einen etwas höheren Alter leben soll oder nicht.
    Wir sind medizinisches Fachpersonal wir haben nicht zu entscheiden ob das Leben für einen Patienten noch lebenswert ist oder nicht. .


    Das sehe ich genau so, auch wenn ich noch ziemlich jung bin.
    Hat mir der Patient vorher gesagt, dass er nicht mehr leben möchte?
    Nein, also habe ich darüber nicht zu entscheiden!

  • Richtig! Aber auch wenn er dir gesagt hat, dass er nicht reanimiert werden will, musst du davon ausgehen, dass seine Meinung sich im "letzten Moment" geändert hat! Muss auch der Arzt...

  • Zitat

    Original von Hawkeye
    Richtig! Aber auch wenn er dir gesagt hat, dass er nicht reanimiert werden will, musst du davon ausgehen, dass seine Meinung sich im "letzten Moment" geändert hat! Muss auch der Arzt...


    Daher sollte man auch ein Patiententestament machen, und die Gültigkeit regelmäßig (z.B. jedes Quartal mit Datum/Unterschrift) bestätigen, dann muss auch der Arzt davon ausgehen.
    Gerade im Altenheim ist so etwas recht einfach durchzusetztem, da die Betreuer ja die Bewohner so gut kennen und in diesen Fällen einfach keinen RTW, sondern nur den Hausarzt rufen.

  • Mich würde mal interessieren, auf welche Fakten die Verfasser zurück greifen.
    Denn auch die wirklich großen Seniorenheime, die ich so kenne, haben weis Gott nicht im Ansatz so viele reanimationspflichtige Patienten, daß der Aufwand für die Notfallversorgung als Arbeitsleistung/-zeit überhaupt eine messbare Größe hergibt. Und es dürfte doch übehaupt kein monitäres Problem sein, das Personal, daß eh in Erster Hilfe geschult werden muß, auch in die Reanimation zu unterrichten. DAS ist nunmal Bestandteil der eh erforderlichen Ausbildung. Verzichtet man auf den Part Wiederbelebung erhält man den notwendigen Qualifikationsnachweis nicht.
    Und die Diskussion über Sinn und Unsinn genereller Reanimationsmaßnahmen im Altenheim ist auch eine unnütze... Ne ne. Es muß immer eine Einzelfallentscheidung bleiben, wer eine adäquate Versorgung erhält, und wer es nicht mehr "wert ist". Allein der Ansatz Reanimationen im Krankenhaus mit denen im Seniorenheimen zu vergleichen, ist an der Realität vorbei.
    Also, wenn ich das für mich resümiere, war es verschwendete Zeit, den besagten Artikel zu lesen, denn das ganze ist doch auf unsere Verhältnisse nicht adaptierbar - Gott sei Dank.

    Ich bin nur für das verantwortlich, was ich schreibe...
    ...nicht für das, was Du verstehst!!!

  • @ rettsanrk: Is schon klar das wir das Thema schon mal hattten, doch ich denke, dass eine Veröffentlichung in einer solch renommierten Zeitschrift wie dem BMJ ein Posting wert ist.


    Egal wie wir als Rettungsdienstmitarbeiter es sehen, letztlich entscheidet IMMER der Patient über seine Behandlung oder Nicht-Behandlung.


    Zitat

    Original von Hawkeye
    Aber auch wenn er dir gesagt hat, dass er nicht reanimiert werden will, musst du davon ausgehen, dass seine Meinung sich im "letzten Moment" geändert hat! Muss auch der Arzt..


    Derartige Aussagen sind schlichtweg falsch und entsprechen nur vielleicht dem Willen des Patienten. Wenn es klare Anhaltspunkte gibt (Stichwort: mutmaßlicher Patientenwille), dass ein Patient nicht reanimiert werden will (hierzu ist nicht zwingend eine Patientenverfügung erforderlich) hat JEDER (auch der Arzt) eine Reanimation zu unterlassen. Alles andere ist eine Körperverletzung und ignoriert das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.

  • Zitat

    Orginal von imgb01 :
    Derartige Aussagen sind schlichtweg falsch und entsprechen nur vielleicht dem Willen des Patienten. Wenn es klare Anhaltspunkte gibt (Stichwort: mutmaßlicher Patientenwille), dass ein Patient nicht reanimiert werden will (hierzu ist nicht zwingend eine Patientenverfügung erforderlich) hat JEDER (auch der Arzt) eine Reanimation zu unterlassen. Alles andere ist eine Körperverletzung und ignoriert das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.


    So sehe ich das nicht. Ich habe gehört, dass ich nur eine Rea unterlassen kann, wenn ich eine klare Patientenverfügung habe aus der ersichtlich wird, dass der Pat. eine schwere Krankheit oder ... hat.
    Und diese muß mir bei meiner Ankunft schon in die Hand gegeben werden.
    Ich kann das als RD-Personal eh nicht abschätzen was der Patient direkt vor meiner Ankunft wollte.

  • so gesehen kann man dann natürlich argumentieren:


    Liegt eine GÜLTIGE Patientenverfügung vor, in der steht, daß keine CPR-Maßnahmen gewünscht werden.....warum wird dann der Rettungsdienst alarmiert???


    Hatte ich erst vor kurzem....Alarmmeldung Bewußtlose Person, verm. Ex.


    Wir kommen in die Wohnung (RTW ersteintreffend), werden von der Tochter ins Schlafzimmer ihrer Mutter geführt, auf halben Weg erzählt sie uns, daß ihre Mutter ne Patientenverfügung hat, in der steht, daß sie nicht wiederbelebt werden möchte.....aufgrund der multiplen Vorerkrankungen. Gut, wir kommen also ins Schlafzimmer, klassische Auffindesituation, nicht ansprechbar, kein Puls, keine Atmung....allerdings noch keine Todeszeichen.....was tun, sprach der ratlose RettAss (in dem Falle ich).....Lehrmeinung anfangen, Tochtermeinung negativ...Patientenverfügung nicht auffindbar.....was hättet ihr in dieser Situation getan?


    Wir haben uns für die Slo-Mo-Variante entschieden (sprich lass den Doc entscheiden), Patientin aus dem Bett gehoben....alles für die Rea gerichtet, EKG geklebt (Asystolie)....nachdem der NA da war, habe ich ihm die Situation geschildert und der Doc hat in Absprache mit der Tochter (immer noch keine Verfügung gefunden) keine Rea gestartet....Folge: Patientin wieder angezogen, ins Bett gelegt....Status 1


    Anderer Fall, womit ich zum Eingangssatz zurückkommen möchte:


    Vater hatte ne Patientenverfügung, die uns die Angehörigen auch stolz präsentierten.........allerdings konnte ich mir daraufhin die Frage nicht verkneifen, warum wir denn jetzt hier wären.....daraufhin die Angehörigen: Wir wollen nicht daß er stirbt.......Der Patient hat CA´s bis unters Dach, erhebliche andere Vorerkrankungen.....da hab ich dann im Rahmen einer Diskussion mich geweigert, CPR-Maßnahmen entgegen des Patientenwillens einzuleiten....


    Hättet ihr angefangen?

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymus ()

  • Nein, ich hätte nicht angefangen...
    Das ewige Argument, warum denn die Angehörigen wohl anrufen, wenn sie keine Maßnahmen mehr wollen, finde ich unangebracht.
    Für jeden normalen Menschen ist Sterben und Tot eine absolute Ausnahmesituation. In dieser wächst die Hilflosigkeit ins Unermeßliche. Da ist man schon mal geneigt zu verfahren, wie es ein Werbespruch aussagt:
    Rufen Sie jemanden an, der sich damit auskennt! Was liegt da näher, als 112 zu rufen? Absolut legitim. Denn es ist auch unser Job, zu helfen, in dem man die Dinge in richtige Bahnen lenkt, bzw. einfach nur bestätigt, daß alles richtig läuft/gelaufen ist. Dem sollten wir doch gewachsen sein, oder?

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  • Master: Wir haben auch nicht angefangen.....und die Frage wurde von mir absolut höflich gestellt...also nicht wie so viele andere in unserem Metier pampig-patzig.....


    Habe ihnen die Zwickmühle dargestellt, in der wir uns ja rechtlich bei einer DNR-Verfügung befinden.....und sie haben es verstanden ;-)

  • Zitat

    Original von mightyfire


    So sehe ich das nicht. Ich habe gehört, dass ich nur eine Rea unterlassen kann, wenn ich eine klare Patientenverfügung habe aus der ersichtlich wird, dass der Pat. eine schwere Krankheit oder ... hat.


    Sorry, ich muss Dich leider korrigieren. In Deutschland hat die Patientenverfügung immer noch keine gesetzliche Regelung erfahren. Somit dient sie der Feststellung des Patientenwillens. Diese Feststellung bedarf aber keiner Patientenverfügung, diese macht das ganze lediglich einfacher. Der Patientenwille kann auf viele Weisen festgestellt werden. Natürlich ist Dein Einwand richtig, dass es für Rettungsdienstpersonal schwer ist den Patientenwillen zu ergründen.

  • Zitat

    Original von imgb01
    Derartige Aussagen sind schlichtweg falsch und entsprechen nur vielleicht dem Willen des Patienten. Wenn es klare Anhaltspunkte gibt (Stichwort: mutmaßlicher Patientenwille), dass ein Patient nicht reanimiert werden will (hierzu ist nicht zwingend eine Patientenverfügung erforderlich) hat JEDER (auch der Arzt) eine Reanimation zu unterlassen. Alles andere ist eine Körperverletzung und ignoriert das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.


    Wenn ich als RTW zu einem solchen Patienten gerufen werde, unterlasse ich bestimmt nicht die Reanimation!


    1. hätte das AH mich nicht alarmieren brauchen - haben sie dann aber,
    2. hat eine Patientenverfügung für mich in dem Fall keine Gültigkeit (ich weiß nichtmal wie so ein Ding auszusehen hat, damit es gültig ist, da könnte ja auch der geldgierige Erbe (theoretisch) eine solche Verfügung hinterlassen haben...)

  • Zitat

    Original von imgb01
    ...es klare Anhaltspunkte gibt ... dass ein Patient nicht reanimiert werden will (hierzu ist nicht zwingend eine Patientenverfügung erforderlich) hat JEDER eine Reanimation zu unterlassen.


    Was Patientenverfügungen betrifft, gibt es hier sehr unterschiedliche Auffassungen. So gibt es Juristen, die Patientenverfügung nicht zwingend als DNR für den Rettungsdienst einstufen. Diese erklären, dass nichtärztliches Personal im Rettungsdienst sehr wohl mit der Reanimation beginnen müssten, bis der Notarzt eintrifft.


    Ein (konstruiertes) Beispiel: ein geschäftsfähiger Bürger schreibt eine Patientenverfügung, dass er ... es folgen 1000 Gründe ... keine Reanimation wünscht. Jetzt bricht er mit einem Atemstillstand - als Beispiel auf Grund einer Bolusverlegung - zusammen. Sicherlich würde er eigentlich gerne die Atemwege befreit und beatmet werden, evtl. auch mit Herzdruckmassage. Es ist, so einige Juristen, daher die Aufgabe der Arztes, das Patiententestament auf die aktuelle Situation zu prüfen und anzuwenden.


    Sicherer: die zusätzliche Bescheinigung des Haus-/Klinikarztes, dass Herr/Frau ..., geb. ..., an einer unheilbaren Krankheit leidet, jegliche lebenserhaltende Massnahmen das Leiden verlängern und dass der Sterbeprozess bereits eingesetzt hat. Er (der Arzt) hat sich in mehreren Gesprächen davon überzeugt, dass dies der Patientenwille ist. Ort/Datum/Unterschrift.

  • Muß mich auch mal äußern.
    Ich arbeite ja in der Behindertenpflege und wir haben im Moment ganz aktuell einen Pat. der Herztransplantiert (Myokardinfarkt, mehrere gescheiterte By-pass-OPs) ist und den sie nach diversen Hirnstamminfarkten mehrmals reanimiert haben.
    Folge: Er kann sich nur noch durch nicken und Kopfschütteln verständlich machen, nicht sprechen, essen, laufen oder sonstiges.
    Er ist im Kopf völlig klar, Verständigung über Buchstabiertafel möglich.
    Jede Nacht, weint er, wenn man ihn frägt ist sein größter Wunsch zu sterben.
    Jetzt erst haben seine Mutter + Notar und er verfügt, daß wir ihn nicht mehr reanimieren, wenn etwas ist. Er ist 36 Jahre alt.
    Als ich mal auf Pflegestation gearbeitet habe, wurden wir auch pro Tag mindestens 1 mal von Pat. gebeten, sie sterben zu lassen (etwas zu geben oder die PEG zu entfernen).
    Das ist die andere Seite. Ich selbst möchte das auch nicht, vor mich hinvegetieren, werde auch eine Patientenverfügung machen.

  • Zitat

    Original von Hawkeye



    1. hätte das AH mich nicht alarmieren brauchen - haben sie dann aber,


    Was hat das mit dem Patientenwillen zu tun????


    Zitat


    2. hat eine Patientenverfügung für mich in dem Fall keine Gültigkeit (ich weiß nichtmal wie so ein Ding auszusehen hat, damit es gültig ist, da könnte ja auch der geldgierige Erbe (theoretisch) eine solche Verfügung hinterlassen haben...)


    Eine Behandlung ohne Einwilligung des Patienten ist eine Körperverletzung...

  • Zitat

    Original von imgb01
    Eine Behandlung ohne Einwilligung des Patienten ist eine Körperverletzung...


    Du bist in deiner Ansicht da recht festgefahren...! Ein Patient, der reanimationspflichtig ist stimmt automatisch einer Reanimation zu! Ich gehe von seiner Einwilligung aus, auch wenn mir jemand erzählt, dass er nicht behandelt werden will (er ist im Moment der Behandlung nicht geschäftsfähig) - ich kann das ja schlecht prüfen.


    Wenn jemand bei Bewustsein ist, stimme ich dir zu!