Erweiterte Kompetenzen für Pflegepersonal - auch für Rettungsfachpersonal?

  • Zitat

    Original von Ani
    Notfallmedizin ist anspruchsvoll, aber übersichtlich. Die notwendigen Fertigkeiten lassen sich relativ schnell erlernen. Der Rest ist wie in jedem anderen Beruf Erfahrung und Übung. Durch die neue Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin" werden die Ansprüche zusätzlich erhöht. Notfallmedizin lernt der Arzt übrigens im Krankenhaus, nicht im Rettungsdienst.



    Dann habe ich Deinen Beitrag


    Zitat

    Original von Ani am 14.05.2008 um 09:12 Uhr
    Weil es Qualitätsminderung darstellen würde und deshalb abzulehnen ist. Gerade weil Notfallpatienten ein anspruchsvolles Klientel sind, haben sie Anspruch auf einen speziell ausgebildeten Arzt.


    wohl falsch verstanden, da ich diesen so interpretiert habe, dass gerade der Notfallpatient "draußen" einer der anspruchvollsten überhaupt sei und diese einen speziellen Arzt bedürfen.




    Zitat

    Original von Ani
    Der Facharzt für Notfallmedizin wird zur Zeit von der Ärztekammer abgelehnt, weil er sich nur schwer in das System integrieren ließe und eine zusätzliche Spezialisierung als eher nachteilig und auch nicht notwendig gesehen wird.


    Finde ich nicht nachvollziehbar.
    Im Moment ist doch sowieso alles modern, was mit "vernetzen", "interdisziplinär", usw. zu tun hat.
    Und was hat es mit der schwierigen Integration ins bestehende System auf sich?


    Aber schon klar, für diese Fragen bist Du nicht der richtige Adressat...



    Ciao
    Rettungshund

  • Rettungshund


    Mit speziell ausgebildetem Arzt meinte ich den aktuellen "Notarzt".


    Die Meinung der BÄK in Bezug auf den Facharzt für Notfallmedizin teile ich auch. Das Gebiet ist zu klein, um einen eigenen Facharzt dafür zu implementieren. Was soll er die ganze Zeit machen, bei 4 Einsätzen am Tag, wovon ein großer Teil der unkomplizierte Apoplex oder eine Synkope ist? Wie soll er seinen Facharztstandard aufrechterhalten? Wer soll jemanden für 4 Einsätze/d ein Facharztgehalt zahlen? Das ist nur ein Teil der Überlegungen, die gegen einen Facharzt in der Notfallmedizin sprechen.

  • Zitat

    Original von Ani
    Die Meinung der BÄK in Bezug auf den Facharzt für Notfallmedizin teile ich auch. Das Gebiet ist zu klein, um einen eigenen Facharzt dafür zu implementieren. Was soll er die ganze Zeit machen, bei 4 Einsätzen am Tag, wovon ein großer Teil der unkomplizierte Apoplex oder eine Synkope ist? Wie soll er seinen Facharztstandard aufrechterhalten? Wer soll jemanden für 4 Einsätze/d ein Facharztgehalt zahlen? Das ist nur ein Teil der Überlegungen, die gegen einen Facharzt in der Notfallmedizin sprechen.


    Man könnte aber auch so argumentieren, dass der Notarzt sowohl in internistischen/kardialen, neurologischen als auch chirurgischen Notfällen und Aktionen fit sein muss - sprich, er sollte eine Mischung aus Internist, Anästhesist, Chirurg und Neurologe sein. Nicht zu vergessen, die ganzen "Nebendisziplinen" (Gyn, Augen, Uro, etc.), mit denen man zwar zugegeben präklinisch seltener konfrontiert wird, aber es schon vorkommen kann und wird.


    Der "neue" Notarzt könnte ja einen Teil seiner Fachausbildung in der Chirurgie (sind wirklich alle derzeitigen Notärzte in der Lage, z.B. eine Thoraxdrainage zu legen?), einen Teil Anästhesie und noch ein bisschen in der Neurologie verbringen. Hospitationen in den Nebendisziplinen sind natürlich auch geplant.


    Neben dem Notarztdienst wird dieser Arzt dann natürlich in den ebenfalls so propagierten interdisziplinären Notaufnahmen eingesetzt und sollte es diese in Kliniken nicht geben, kann er immer noch schwerpunktmäßig in einer der vorher genannten Abteilungen eingesetzt werden.


    Ciao
    Rettungshund



    PS: Mir ist bewusst, dass mein oben Geschriebenes die Meinung eines nicht-ärztlichen Wesens ist und mir sicherlich das Detailwissen zur ärztlichen Ausbildung fehlt - trotzdem meine Meinung! ;)

  • Ein Facharzt bekommt über 6.000 ? brutto. Dafür soll er den ganzen Tag hospitieren? Wer soll das bezahlen? Und vergiß nicht, Du brauchst mehrere davon. Was sollen die den ganzen Tag machen? Du kannst sie auch nicht regulär einsetzen, weil in den einzelnen Fachrichtungen ein eigener Facharztstandard verlangt wird. Ein Facharzt für Notfallmedizin wird also keine Narkosen eigenständig machen dürfen oder einen Patienten chirurgisch versorgen dürfen. Auch da sind die medicolegalen Ansprüche zu berücksichtigen.


    Da ist es doch besser, der Internist hospitiert mal in der Chirurgie und übt sich in der Anlage einer Thoraxdrainage. Die meisten können es übrigens, weil sie a) Pneumothoraces selber durch Punktionen verursachen oder b) Pleuradrainagen bei PE legen. Thoraxdrainagen legen können mehr Notärzte, als man immer so denkt... ;)

  • Zitat

    Original von Ani
    Da ist es doch besser, der Internist hospitiert mal in der Chirurgie und übt sich in der Anlage einer Thoraxdrainage. Die meisten können es übrigens, weil sie a) Pneumothoraces selber durch Punktionen verursachen oder b) Pleuradrainagen bei PE legen. Thoraxdrainagen legen können mehr Notärzte, als man immer so denkt... ;)


    Sollte ja auch keine generelle Wertminderung der ärztlichen Zunft sein... 8)




    Zitat

    Original von Ani
    Ein Facharzt bekommt über 6.000 ? brutto. Dafür soll er den ganzen Tag hospitieren? Wer soll das bezahlen? Und vergiß nicht, Du brauchst mehrere davon. Was sollen die den ganzen Tag machen? Du kannst sie auch nicht regulär einsetzen, weil in den einzelnen Fachrichtungen ein eigener Facharztstandard verlangt wird. Ein Facharzt für Notfallmedizin wird also keine Narkosen eigenständig machen dürfen oder einen Patienten chirurgisch versorgen dürfen. Auch da sind die medicolegalen Ansprüche zu berücksichtigen.


    Naja, dann wird das mit dem Facharzt wohl doch eher nix, wobei wir vom eigentlichen Thema der Kompetenzen für Krankenpflege- und Rettungsfachpersonal ja sowieso schon meilenweit weg sind.


    Ciao
    Rettungshund



    Edit: Orthographie

    Einmal editiert, zuletzt von Rettungshund ()

  • Ich versuche mal, als mittlerweile weitgehend Außenstehender, an der Diskussion mitzuwirken und auf das Ausgansthema zurückzuführen. Ein Vorteil meines Berufes (Heilpraktiker) ist es ja, alle Maßnahmen durchführen zu dürfen, die mir nicht explizit verboten ist ? vorausgesetzt genügender Kenntnisse.
    Ich denke, dass jeder hier zustimmen wird, dass eine Regelung der Kompetenz nichtärztlicher Berufe (übrigens auch Heilpraktiker) sinnvoll und notwendig ist.
    Ich bin dabei der Überzeugung, dass die Notfallversorgung in Deutschland alles in allen sehr gut ist und sich die Forderung nach einer Kompetenzregelung meist eher aus logistischen und finanziellen Gründen (Notarzteinsatz) ergibt als durch wirkliche medizinische Notwendigkeit. Nichts desto trotz kann es immer wieder Situationen geben in denen einfach kein Notarzt zeitig genug zur Verfügung steht.
    Bei der ganzen Kompetenzdiskussion sind aber zwei Situationen zu unterscheiden:
    Zum einen Maßnahmen mit relativ niedriger Komplikationsgefahr und (praktisch) keinen Kontraindikationen, zum anderen Maßnahmen mit einem höheren Anspruch, entweder auf Grund der Komplikationen und / oder der Kontraindikationen. Letztere sind aber grade oft die Maßnahmen die bei wirklich bedrohlichen Situationen zum Einsatz kommen, was die Sache noch kompliziert.
    Wie kann nun eine praktische Lösung aussehen? Nun hierzu sollte der Rettungsassistent eine Regelkompetenz erhalten, die in zwei Abschnitten gegliedert ist, von denen der zweite Teil nur bei regelmäßiger (ärztlicher) Überprüfung angewendet werden darf.
    Meine Vorschläge wären:


    Abschnitt 1: Feste Regelkompetenz:
    - Legen periphervenöser Zugänge und Infusion von
    Vollelektrolytlösung
    - Venöse Blutentnahme
    - Gabe von Glukose i.v.
    - Applikation von Sauerstoff in beliebiger Dosierung
    - Sicherung der Atemwege durch Larynxtubi / Kombitubus*,
    Beutelbeatmung*
    - Defibrillation mit AED*


    Abschnitt 2: Kompetenz nur bei regelmäßiger ärztlicher Überprüfung:
    - Gabe von Adrenalin i.v. bei Reanimation oder Anaphylaxie*
    - Gabe von Adrenalin s.c. / i.m. bei Anaphylaxie*
    - Gabe von Nitro sublingual bei ACS oder Hypertensiver Krise*
    - Gabe von inhalativen ß-2-Mimetika bei Bronchospasmus*
    - Gabe von Benzodiazepinen bei Krampfanfällen (rektal, nasal,
    i.v.)*
    - Analgesie bei peripheren Traumata mit Nicht BTM
    (z.B. Tramadol, Meptazinol, oder Lachgas ? Nicht Ketamin)
    - Evtl. Analgesie mit BTM oder Ketamin*
    - Evtl. Manuelle Defibrillation / Kardioversion* bei
    Bewußtlosigkeit
    - Evtl. endotracheale Intubation bei Erwachsenen*
    - Evtl. Beatmung mit automatischen Beatmungsgeräten
    (z.B. Medumat(R))*
    - Thoraxpunktion mit Braunüle bei Spannungspneu.*


    Maßnahmen mit Arztvorbehalt:
    - Evtl. Endotracheale Intubation bei Erwachsenen
    - Endotracheale Intubation bei Kindern
    - Chirurgische Atemwegesicherung
    - Kardioversion mit Kurznarkose
    - Thoraxdrainage
    - Intraossäre und zentralvenöse Zugange.


    *: Maßnahmen die das Nachfordern eines Arztes erfordern.


    Die Maßnahmen aus Abschnitt A sollten auch anderen qaulifizierten Assistenzberufen (z.B. Krankenpflege) als Regelqualifikation für Notfälle zustehen.


  • Diese Vorschläge finde ich größenteils vernünftig und auch praktikabel, jedoch hätte ich ein paar kleine Änderungen:


    Gabe von Adrenalin i.v. bei Reanimation oder Anaphylaxie*
    => muss in Abschnitt 1!


    Evtl. Analgesie mit BTM oder Ketamin*
    => BTM wird wegen BTM-Gesetz wohl eher nicht klappen


    Evtl. endotracheale Intubation bei Erwachsenen*
    => streiche das "eventuell"



    Ciao
    Rettungshund

  • Zitat

    Original von Pauk
    Analgesie bei peripheren Traumata mit Nicht BTM (z.B. Tramadol, Meptazinol, oder Lachgas ? Nicht Ketamin)


    Tramadol hat seinen Stellenwert in der Notfallmedizin zu Recht verloren und sollte auch nicht für eine solche Sache wieder herausgeholt werden. Ich würde Nalbuphin empflehlen, auch wenn es aktuell nur über internationale Apotheken erhältlich ist, da es nicht unter das BTMG fällt und auch bei cardialen Schmerzen applizierbar wäre, unter der Annahme, dass Morphin nicht zur Debatte steht.


    Zitat

    Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten
    Mittelschwere bis schwere Schmerzen unterschiedlichster Genese z.B. nach Operationen, in der Geburtshilfe und Gynäkologie, bei Malignomen, bei Herzinfarkt. Nalbuphin kann auch zur präoperativen Analgesie und zur Kombinationsnarkose eingesetzt werden. Quelle: Compendium


    Ich vermisse in der ganzen Diskussion einen Punkt: die Gabe von Antiemetika (soll dies wirklich ärztliche Aufgabe sein, bzw. muss man einen Patienten unbedingt ****** lassen ? Ich bin ja grosser Fan von Navoban - das ist wirklich effektiv (und teuer).

  • Mir ist irgendwie nicht klar, was alle Leute immer mit ihrem Facharzt für Notfallmedizin haben.
    Wahrscheinlich fordert Emergency Room hier seinen Tribut.
    Schaut doch einfach mal SCRUBS, dann werdet ihr lernen, dass Internisten und Chirurgen auch coole Ärzte sein können. ;)


    P.S:
    Und nicht vergessen:
    Dermatologist is the greek expression for "fake-doctor."


    Ok, nun zum ernsthaften Teil der Diskussion:


    Zitat

    Original von securo
    Ich vermisse in der ganzen Diskussion einen Punkt: die Gabe von Antiemetika (soll dies wirklich ärztliche Aufgabe sein, bzw. muss man einen Patienten unbedingt ****** lassen ? Ich bin ja grosser Fan von Navoban - das ist wirklich effektiv (und teuer).


    Konsequenterweise könntest du diese Argumentationskette bei fast jeder erdenklichen medikamentösen Behandlung gelten lassen...


    Eigentlich sollte man (ohne das es polemisch klingen mag... :rolleyes: )
    auf jedem RTW einen Block unterschriebener blanko Privatrezepte parat haben.
    Evtl. braucht der Patient, den wir bei der "Leerfahrt" daheim lassen, auch nur eine orale Antibiose.

  • Zitat

    Original von fakl
    Konsequenterweise könntest du diese Argumentationskette bei fast jeder erdenklichen medikamentösen Behandlung gelten lassen...


    Könnte man, ich darf hier jedoch zu bedenken geben, dass für einen Patienten, der unter starken Schmerzen leidet, gerne mal den Notarzt zur Analgesie nachfordert. Für einen Patienten, dem es furchtbar schlecht ist, wird kaum ein Notarzt nachgefordert werden, bzw. wird mit einer misslichen Laune eines Doktors leben müssen (der Patient leider auch).