Selbstverständnis

  • Vielen Dank für die bisher eingebrachten Meinungen und Ansichten, auch wenn sie vereinzelt und durchaus verständlich bei diesem Thema für emotionale Beiträge sorgen.


    Lasse


    Deinem Beitrag stimme ich grösstenteils zu, jedoch möchte ich auch zum ein oder anderen Punkt noch etwas erwähnen:


    Zitat

    2. Die Ausbildung gehört sicherlich ebenfalls verbessert, denn nur so lassen sich auf lange Sicht Veränderungen bewirken. Es geht hier garnicht unbedingt um Kompetenzen, sonder es ist meiner Ansicht nach, einfach ganz normal, dass ein "Beruf" der in 3 Monaten bzw. in unter 2 Jahren erlernt werden kann auch dementsprechend angesehen wird.


    Ich denke nicht, daß das Ansehen des Rettungsfachpersonals in der derzeit noch zu kurzen Ausbildungsdauer begründet ist. Es gibt durchaus Berufe mit einer ähnlichen Ausbildungsdauer, die allerdings einen völlig anderen Stellenwert in der Gesellschaft einnehmen. Da hier der Beitrag im "Focus" bezüglich dem "Feuerwehrmann" aufgeführt wurde, möchte ich doch einfach diesen als Beispiel nehmen: die Grundausbildung zum Brandmeister dauert lediglich 1 Jahr und 6 Monate, darin enthalten ist sogar noch die Ausbildung zum Rettungssanitäter !
    Dieser Beruf allerdings nimmt interessanterweise einen völlig anderen Stellenwert innerhalb unserer Gesellschaft ein.
    Genauso wenig, wie sich ein Laie mit den Kompetenzen des Rettungsfachpersonals auskennt, kennt er sich mit der Ausbildung als solche aus. Den Wenigsten dürfte bekannt sein, daß es sich hierbei um eine 2-jährige Ausbildung handelt.


    Desweiteren bin ich durchaus der Meinung, daß es ein Selbstverständnis im Rettungsdienst gibt - allerdings unterscheidet sich das teils gewaltig: die Einen sehen sich als reines Hilfspersonal des Arztes, die Anderen als Rettungsfachpersonal mit eigenen (Handlungs-)Kompetenzen und einem größeren Maß an Verantwortung. Daher wird es auch regelmäßig zu solchen Diskussionen kommen.


    Tribun


    Ich denke nicht, daß es ein Problem damit gibt "dem Arzt unterstellt" zu sein, sondern dadurch, daß Ärzte im deutschen Rettungsdienst aktiv mitwirken, das Rettungsfachpersonal automatisch einen reinen Assistenzcharakter auferlegt bekommt. Daß dies allerdings nicht den Tatsachen entpricht, brauche hier nicht erwähnen. Die aktuelle Formulierung im RettAssG "Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs als Helfer des Arztes..." ist nicht mehr zeitgemäß, die Aufgabenstellung hat sich effektiv erweitert und beschränkt sich nicht mehr nur noch auf reine Hilfstätigkeiten. Diese Erkenntnis spiegelt sich im Bewußtsein vieler Kollegen (insbesondere junger, motivierter) wieder und daher auch die teils unterschiedlichen Berufsauffassungen bzw. ein unterschiedliches Selbstverständnis.


    @Ani


    Ich kann den Bogen zwischen Geschichte des deutschen Rettungs- und Notarztdienstes und der Frage, ob es wirklich immer zwingend notwendig ist, einen Arzt präklinisch dem Patienten zuzuführen, nicht spannen (sofern diese Frage überhaupt gemeint war ?).
    Auch wenn es ein deutscher Arzt war, der das Notarztsystem weltweit erstmalig eingeführt hat und der Meinung war, der Arzt muss zum Patienten kommen, muss daraus längst nicht eine Doktrin abgeleitet werden.
    Und die Tatsache, das geschichtlich betrachtet das Personal des "Rettungsdienstes" jeher reines Hilfs- bzw. Assistenzpersonal war, hat mit dem heutigen Selbstverständnis vieler Kollegen und dem heutigen, professionellen Rettungsdienst nichts zu tun und dient auch in keinster Weise dazu, das zukünftige Selbstverständnis zu prägen.
    Hier klingt in der Tat unterschwellig der Satz mit "Ihr wart schon immer Hilfspersonal, Ihr werdet es auch immer bleiben". Und das, lieber Ani, muss schon fast als Beleidigung aufgefasst werden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Hallo Daniel !!


    die Entscheidung in den RD zu gehen war für mich die beste Entscheidung meines Lebens. Auf meinen Beruf bin ich sehr Stolz.
    Ob mich manche als Sani sehen oder als sonst noch was, ist mir eigendlich egal. Wenn sie fragen was ein RettAss ist, kläre ich sie über diesen Beruf auf. Manche bekommen einen HI, weil sie nicht mit ihrem Titel angeredet werden. Wer diese Entscheidung getroffen hat in den RD zu gehen muss sich darüber im Klaren sein, das hier der Mensch im Vordergrund steht und nicht die persönliche Neurose. Wir sind dazuda, um den Menschen in Ihrer Not zu Helfen so wie wir es gelernt haben.
    Viele schrein nach einer Regelkompetenz haben aber nicht einmal die Basics in griff. Diese Kollegen geben dann bei den Pat. ein gutes Beispiel ab, wie man es nicht tun sollte. Ein sicheres und Kompetentes Team hilft in der Öffentlichkeit mehr als ein RettAss der meint alles zu können,zu wissen und besser als Gott zu sein.
    Mein Sohn hat ein Buch über den RD für Kinder und ich muss sagen, das ich sehr erstaunt war, weil darin nicht mehr der RS und NA stand, sondern RettAss und NA. Im Kindergarten erzählt er dann den anderen, das sein Papi RettAss ist. Die beste Werbung die wir für uns machen können, ist unser eigenes Auftreten in der Öffentlichkeit. Wenn aber Kollegen meinen, sie müssen wie ein Weihnachtsbaum geschmückt mit Titeln, was sie alles sind und den ganzen RTW in der Jacke haben, den Kardiologen erzählen das er unrecht hat und er als RettAss es besser weiß, das ist nicht gut!!

  • Zitat

    Original von Tribun
    Ich möchte eigentlich nur mal anführen, dass wir es drehen können wie wir wollen, aber wir sind und bleiben medizinisches Assistenzpersonal. Egal wie wir uns aus-, weiter- und fortbilden,wir werden immer dem Arzt unterstellt sein. Wer das nicht vertragen kann, sollte Medizin studieren. Es gehört meines Erachtens nämlich auch zum Selbstverständnis, dass man seine Grenzen kennt und man brauch den Beruf auch nicht zu mehr hochstilisieren, als er letztendlich ist.


    ...Es geht doch hier überhaupt nicht darum, unseren Beruf am Niveau eines Arztes zu messen oder in die Richtung aufzuwerten! Wenn ich Arzt hätte werden wollen hätte ich studiert!
    Nein, es geht doch hier vielmehr darum, unseren "Gesundheitsfachberuf" den wir erlernen oder erlernt haben besser in seinem Ansehen zu etablieren!!!


    Ein kleines Beispiel:
    Hebamme ist genauso ein Gesundheitsfachberuf wie unserer (wenn auch mit Vorbehaltsaufgaben) und mit deutlich höherem angesehen! "Mit Recht!"
    Eine Hebamme ist aber genauso "dem Arzt unterstellt" wie wir. Jedoch haben beide respekt voreinander und jeder ist auf seinem Gebiet ein Art "Spezialist" welche sich perfekt ergänzen.


    ...So wie wir "Spezialisten für Notfallmedizin" sind.
    Ich verstehe die Diskussionen nicht, das einige RA´s sich immer wieder auf das "Arztnivau" heben müssen! Sicherlich gibt es Situationen ("REA in der Hausarztpraxis"; "Akute Atemnot, KVB vor Ort" ect.) wo wir als eintreffende RA´s oft mehr "Einsatzerfahrung und Routine" besitzen, als der "Arzt vor Ort" und somit wir den Einsatz auch von der "Medizinerseite" evtl. besser zu bewältigen wüssten. Aber das ist nicht unsere Aufgabe!
    Wie steht es so schön in unserem RettAssG: ("Den Arzt in seinen Tätigkeiten, assistierend unterstützen."). Dann leite ich eben den "unroutinierten Hausarzt" an und integriere in Sinnvoll in meinen Reaalgorithmus oder empfehle ihm einige Med. zur Behandlung einer akuten Atemnot ect. wenn er unsicher ist. Genau das ist meine Aufgabe als RA (= Spezialist für Notfallmedizin)!
    Ich denke genau daran sollten wir arbeiten!!! Und schwupp würde unser Ansehen bei allen um uns herum auch steigen!!!


    Genauso wenig möchte ich auf meinen NA verzichten! Auch hier geht es doch darum sich pefekt zu Ergänzen! Der NA ist spezialist für den medizinischen Teil (Diagnostik,Akutbehandlung ect.) und wir für alles drum herum!!! (Einsatztaktik, medizinische Assistenz, Koordination und Durchführung einer quallifizierten Rettung sowie den Transport des Patienten usw.)


    ...genau das ist der Beruf den ich erlern habe, auf den ich stolz bin und den ich liebe.

  • Original von anbida72
    Hallo Daniel !!


    die Entscheidung in den RD zu gehen war für mich die beste Entscheidung meines Lebens. Auf meinen Beruf bin ich sehr Stolz.
    Ob mich manche als Sani sehen oder als sonst noch was, ist mir eigendlich egal. Wenn sie fragen was ein RettAss ist, kläre ich sie über diesen Beruf auf. Manche bekommen einen HI, weil sie nicht mit ihrem Titel angeredet werden. Wer diese Entscheidung getroffen hat in den RD zu gehen muss sich darüber im Klaren sein, das hier der Mensch im Vordergrund steht und nicht die persönliche Neurose. Wir sind dazuda, um den Menschen in Ihrer Not zu Helfen so wie wir es gelernt haben.
    Viele schrein nach einer Regelkompetenz haben aber nicht einmal die Basics in griff. Diese Kollegen geben dann bei den Pat. ein gutes Beispiel ab, wie man es nicht tun sollte. Ein sicheres und Kompetentes Team hilft in der Öffentlichkeit mehr als ein RettAss der meint alles zu können,zu wissen und besser als Gott zu sein.
    Mein Sohn hat ein Buch über den RD für Kinder und ich muss sagen, das ich sehr erstaunt war, weil darin nicht mehr der RS und NA stand, sondern RettAss und NA. Im Kindergarten erzählt er dann den anderen, das sein Papi RettAss ist. Die beste Werbung die wir für uns machen können, ist unser eigenes Auftreten in der Öffentlichkeit. Wenn aber Kollegen meinen, sie müssen wie ein Weihnachtsbaum geschmückt mit Titeln, was sie alles sind und den ganzen RTW in der Jacke haben, den Kardiologen erzählen das er unrecht hat und er als RettAss es besser weiß, das ist nicht gut!!


    Danke anbida72! Du sprichst mir aus der Seele!!! ;)

  • Guten Morgen, Daniel!


    Die Frage war durchaus ernst gemeint, ist doch gerade die Philospohie unseres Rettungssystem, den Patienten nicht der Hilfe ("load and go"), sondern die Hilfe dem Patienten zukommen zu lassen ("stay and play")... und wenn's erforderlich ist, eben auch die ärztliche Hilfe (und damit fing ja damals alles an).


    Und was den Status als medizinischen Assistenzberufes angeht... so ist es nun mal. Das ist keine Beleidigung, sondern eine Tatsache. Sollte jemanden diese Tatsache stören, muß er sich vielleicht mal fragen, ob dieser Job hier in Deutschland wirklich der richtige für ihn ist (auch ein Frage des Selbstverständnisses).






    Hallo Alexander!


    Kleine Korrektur:


    Eine Hebamme ist NICHT dem Arzt unterstellt wie eine Krankenschwester oder ein Rettungsassistent, führt sie doch ihre Vor- und Nachsorgebetreuungen eigenständig durch und ist auch die EINZIGE Fachkraft im deutschen Gesundheitswesen, die eine Geburt eigenständig durchführen darf.


    Merke: Kein Arzt darf eine Geburt alleine durchführen (außer der Notgeburt)!


    Die Hebamme muß lediglich dann einen Arzt hinzuziehen, wenn die Geburt pathologisch ist.
    (Hab' ich auch nicht geglaubt...weiß ich auch erst, seitdem ich eine Hebamme lieben durfte)




    "Früh"morgendliche Grüße


    Ani


    ?Schlaf besser... mit einem Anästhesisten!?

  • Zitat

    Zitat von Anbida72:
    Wer diese Entscheidung getroffen hat in den RD zu gehen muss sich darüber im Klaren sein, das hier der Mensch im Vordergrund steht und nicht die persönliche Neurose. Wir sind dazuda, um den Menschen in Ihrer Not zu Helfen so wie wir es gelernt haben....


    Ich habe einen neuen Freund gefunden :]

  • Guten Morgen ihr Lieben,


    da bin ich ja erfreut, dass mein Beitrag die Gemüter errregt hat. Wahrscheinlich sogar so sehr, dass manche ihre Rechtschreibung nicht mehr im Griff haben ;).


    @ Medic2
    Leider hast du einiges nicht so verstanden, wie es gemeint war. Außerdem bist du meines Erachtens etwas vom Thema abgedriftet.

    Zitat

    Kein RettAss will die Arzt sein ...... aber, und ich denk mal dass ich hier für eine Vielzahl von Kollegen spreche immer noch Fakt ist, dass der RettAss die Augen, Ohren und Hände des Arztes sein soll und nicht dessen Ersatz!!!!!


    Das müsstest du mir nochmal erklären. Das versteh ich nämlich nicht. Wie Augen, Ohren und Hände? Von was für einem Arzt? Wahrscheinlich ein Problem meiner primitiven Intelligenz.


    Zitat

    So richtig; wir beabsichtigen lediglich die Kompetenzen für unser Handeln vor dem Hintergrund der medizinsichen Entwicklung anzupassen und uns nicht zu Marionetten degradieren zu lassen die keinen Plan haben was sie am Patienten arbeiten.


    Das ist ja auch gut so und es ist auch nicht mehr als dieser, oder jeder andere Beruf von dir verlangt! Nur oftmals denken die jungen, dynamischen, leistungsfähigen Rettungsassistenten, sie wären etwas besonderes, nur weil sie mit Blaulicht durch die Gegend fahren, um es mal banal auszudrücken und jetzt sag mir bloß keiner hier, die gäbe es nicht. Ich möchte es mal so sagen, ein Fliesenleger macht auch nicht so einen Aufstand, weil sein Beruf in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung erfährt, oder? Trotzdem wird er seinen Beruf lieben und es wird ihm auch nicht an beruflichen Selbstverständnis mangeln. Das ist vielleicht etwas Äpfel mit Birnen verglichen, aber so ist es. Ich denke desweiteren, dass es vielen Rettungsdienstlern um das mangelnde Prestige geht, verglichen z.B. mit den USA.
    Ich bin zwar auch der Meinung, dass sich unser Berufsbild in der Öffentlichkeit mehr etablieren muss. Nur ist dies ein langsamer und kontinuierlicher Prozess, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen, indem wir unsere Arbeit so leisten, wie es von uns verlangt wird. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was ich damit sagen möchte ist, dass "Rettungsrambos" unserem Berufsbild ebenso schaden, wie Leute denen wenig an ihrem Beruf liegt. Schuster bleib bei deinen Leisten!



    Zitat

    "Hey guck mal: Da kommte der Rettungsdienst mit seinen Assistenten"


    Das war Spaß. Aber dir ist das Lachen wohl schon vergangen. :P


    Zitat

    Ich verstehe die Diskussionen nicht, das einige RA´s sich immer wieder auf das "Arztnivau" heben müssen! Sicherlich gibt es Situationen ("REA in der Hausarztpraxis"; "Akute Atemnot, KVB vor Ort" ect.) wo wir als eintreffende RA´s oft mehr "Einsatzerfahrung und Routine" besitzen, als der "Arzt vor Ort" und somit wir den Einsatz auch von der "Medizinerseite" evtl. besser zu bewältigen wüssten. Aber das ist nicht unsere Aufgabe!
    Wie steht es so schön in unserem RettAssG: ("Den Arzt in seinen Tätigkeiten, assistierend unterstützen."). Dann leite ich eben den "unroutinierten Hausarzt" an und integriere in Sinnvoll in meinen Reaalgorithmus oder empfehle ihm einige Med. zur Behandlung einer akuten Atemnot ect. wenn er unsicher ist. Genau das ist meine Aufgabe als RA (= Spezialist für Notfallmedizin)!
    Ich denke genau daran sollten wir arbeiten!!! Und schwupp würde unser Ansehen bei allen um uns herum auch steigen!!!


    Genauso wenig möchte ich auf meinen NA verzichten! Auch hier geht es doch darum sich pefekt zu Ergänzen! Der NA ist spezialist für den medizinischen Teil (Diagnostik,Akutbehandlung ect.) und wir für alles drum herum!!! (Einsatztaktik, medizinische Assistenz, Koordination und Durchführung einer quallifizierten Rettung sowie den Transport des Patienten usw.)


    Ich stimme dir in vollem Umfang zu!


    @ Anbida72 Dir stimme ich ebenfalls zu. 8)


    @ Ani Danke für die kleinen Spitzfindigkeiten. Hat mich sehr amüsiert ;)


    @ Daniel Sehr salomonisch ausgedrückt.



    Ich denke das ist einfach ein emotionales Thema und da soll es auch ruhig zu solchen Diskussionen kommen.
    Ich möchte noch sagen, dass ich meinen Beruf, ebenso wie viele hier als Berufung sehe. Jedoch gönne ich mir immer mal wieder eine Portion Realismus!


    Schönen Sonntag an alle!


    Gruß Tribun, RettAss

  • Und was die Rechtschreibung angeht... manchmal sind die Gedanken weiter (oder woanders?) als der tippende Finger!


    *hatsichgerademitgrausenseineneigenenergussdurchgelesen*



    Ani


    ?Schlaf besser... mit einem Anästhesisten!?

  • Ich möchte vorweg etwas anmerken, das mir gerade eben beim Lesen der Beiträge erneut aufgefallen ist:
    Wie wir schon im alten Forum feststellen konnten, gibt es allem Anschein nach große Unterschiede in der Organisation, Struktur und Umsetzung der rettungsdienstlichen Leistungen bundesweit. Damit unmittelbar verknüpft sind die Berufsauffassungen der jeweiligen Mitarbeiter im Rettungsdienst.
    So fällt mir auf, daß gerade in NRW sehr restriktive Meinungen bezüglich dem eigenen Berufsbild zu finden sind. NRW hat, wie man immer wieder liest, eine sehr hohe Dichte an Notarztstandorten und das Auftreten der Notärzte scheint mir dort relativ dominant zu sein. Dementsprechend zurückhaltend sind die Meinungen und Ansichten des Rettungsdienstpersonals bezüglich der Entwicklung des Berufsbildes im Rettungsdienst.


    In Regionen allerdings, in denen das Rettungsfachpersonal durchaus auch längere Zeiten auf sich alleine gestellt sein kann und in denen die Zusammenarbeit mit den Notärzten von beiden Seiten mehr als Teamarbeit angesehen wird, findet man völlig andere Meinungen und Ansichten. Hier scheint mir das Selbstvertrauen und die Zuversicht - durch professionelles Arbeiten in jeglicher Hinsicht - etwas erreichen zu können, weitaus ausgeprägter zu sein.
    Wohlgemerkt - das sind meine persönlichen Eindrücke, die ich aus inzwischen mehreren Jahren in Fachforen gelesenen Beiträgen gewonnen habe.


    Und wie Beiträge, in denen wir uns selbst degradieren von Seiten mancher Ärzte aufgefasst werden, ist hier immer schön in den Reaktionen von Ani zu beobachten. Er ist geradezu entzückt davon. Aber ich kann es ihm nicht verübeln - er ist eben (Not-)Arzt ;)


    Zum eigentlichen Thema zurück:


    @Ani


    Diese Philosophie gibt es in Deutschland erst seit den fünfziger Jahren, zuvor gab es noch keinen einheitlich organisierten Rettungsdienst, auch gab es keine Ärzte, die eine Behandlung bereits vor Ort einleiteten. Zu dieser Zeit gab es vielmehr die immer wieder aus den USA angesprochene "load an go"-Variante. Wäre der Heidelberger Arzt Kirschner nicht auf die Idee gekommen, den Arzt zum Patienten zu bringen und hätte sich daraus nicht die Einführung des "Clinomobil" ergeben, wer weiß, wie unser Rettungsdienst heute aufgebaut wäre.
    Auch gab es zu Zeiten der Einführung der ersten NAW noch kein einheitlich und lediglich minder ausgebildetes Personal im Rettungsdienst, ein Zustand, der mit dem gegenwärtigen nicht mehr gleichgestellt werden kann.
    Man muss sich gerade heute, im Zeitalter der modernen Technik und Kommunikation sowie zunehmend umfangreich ausgebildetem Personal fragen, ob unser System "stay and play" noch zeitgerecht ist, oder ob das inzwischen in den USA praktizierte System "treat an go" nicht dem unseren überlegen ist. Es ist ja inzwischen kein Geheimnis mehr, daß im deutschen Rettungsdienst oftmals wertvolle Zeit bei der strikten Behandlung vor Ort verloren geht - man muss ja seinem Auftrag als Notarzt gerecht werden.


    Bitte nicht falsch verstehen - dies ist KEIN Angriff auf das Notarzt-System als solches, sondern auf die teils verbohrten und überholten Ansichten mancher Ärzte. Das Rad dreht sich auch in der Notfallmedizin weiter.


    Tribun


    Ich möchte dich, bezugnehmend auf meine obige Einleitung, kurz zitieren:


    Zitat

    Ich bin zwar auch der Meinung, dass sich unser Berufsbild in der Öffentlichkeit mehr etablieren muss. Nur ist dies ein langsamer und kontinuierlicher Prozess, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen, indem wir unsere Arbeit so leisten, wie es von uns verlangt wird.


    "...indem wir unsere Arbeit so leisten, wie es von uns verlangt wird." - und genau hier ist der Haken bei der Sache. Das von dir angesprochene "Verlangte" ist das von Seiten der ärztlichen Verteter, im Sinne von Hilfstätigkeiten. Überlege dir doch einfach mal, was der PATIENT von dir verlangt, wenn er den Rettungsdienst ruft.
    Auch in diesem Zusammenhang wird sich hier oft widersprochen, in dem einerseits wiederholt geschrieben wird, dem Patienten ist es egal, wer ihm hilft: Rettungshelfer, Rettungssanitäter, Rettungsassistent...hauptamtlich, nebenamtlich, ehrenamtlich...Hauptsache, ihm wird geholfen.
    Geht es aber um Maßnahmen, die die erweiterte Erste Hilfe überschreiten, kann der Patient plötzlich nur durch einen Arzt adäquat versorgt werden. Paradox, findest du nicht ?


    In den übrigen Punkten gebe ich dir durchaus recht. Es ist ein langsamer und kontinuierlicher Prozess, übereifriges, unüberlegtes Handeln zum Herausstellen der eigenen Person ist hier völlig unangebracht und verwerflich, ja sogar gefährlich.


    Abschliessend sei noch gesagt, daß der Ursprung und der aktuelle Ist-Zustand im deutschen Rettungsdienst nicht bedeuten muss, daß dieser sich berufspolitisch nicht mehr weiterentwickeln kann.
    Das Ansehen in der Öffentlichkeit bezieht sich übrigens nicht darauf, daß wir alle als Helden dastehen möchten. Ich glaube, das wird hier immer wieder missverstanden. Es bezieht sich darauf öffentlich zu machen, welche Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, welche Kompetenzen wir besitzen aber auch welche Kompetenzen wir vielleicht in Zukunft besitzen könnten.
    Es bezieht sich auch darauf festzustellen, daß es eben nicht nur Ärzte sind, die im deutschen Rettungsdienst dazu in der Lage sind, Leiden zu lindern oder auch mal ein Leben zu retten.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • 1. Was sieht denn der Bürger auf der Strasse?
    RTW mit Blaulicht durch den Verkehr nageln.
    Sanitätsdienste bei Veranstaltungen wie Sportfeste, Schützenfest, etc...


    Solange 14 jährige mit Headset und Notfallkoffer durch die Menge toben müssen wir uns um unser Ansehen keine weiteren Gedanken machen.
    Letzten Sommer sah ich auf einem Strassenfest einen Ehrenamtlichen in roter Hose und weissem Sweatshirt das den Aufdruck "Ostdeutscher Hobbyretter" hatte.


    2. So lange hauptamtliche Mitarbeiter nicht einmal die Grundlagen der Fachtermini bei der Übergabe im KH benutzen (geschweige denn überhaupt kennen)....


    3. So lange man von Kollegen belächelt wird, weil man einen Patienten auskultiert.....


    4. Nicht zu letzt: So lange Ehrenamtliche den regulären Rettungsdienst besetzen.... was ja leider keine Ausnahmen ist.


    Trotzdem bin ich stolz auf meinen Beruf, egal wie er sich weiterhin nennen wird. 8)


    Lg
    Jonas

  • Guten Abend zusammen,


    Daniel, ich kann dir da leider keine Eindrücke wiedergeben, da ich nicht genau weiß, wie in anderen Bundesländern gearbeitet wird. Auch kenn ich die dortige Dichte genausowenig, wie das Auftreten der Notärzte.
    Ich muss dir Recht geben, wenn du meine Haltung als restriktiv bezeichnest. Jedoch arbeite auch ich in einem Landkreis, wo es mitunter auch schonmal 20 min dauern kann, bis ein Notarzt an der Einsatzstelle ist. Dies impliziert selbstverständlich das sich unser handeln bezugnehmend auf den Gesundheitszustand des Patienten ändert (Dauerstreitthema Notkompetenz). So gehört es auch bei uns dazu, dass wir alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen um das Wohl des Patienten zu schützen. Ich will mich jetzt nicht auf das Glatteis der Notkompetenz-Diskussion begeben, jedoch legen wir genauso Zugänge, defibrillieren usw... wie es anderswo wohl auch der Fall wäre. Dies ist letztendlich auch unbestritten Teil unseres Berufes.
    Naja, aber wenn das dein Eindruck ist, kann ich dir schlecht widersprechen, da mir der Vergleich fehlt.
    Mich würde aber interessieren, wie es bei euch bzw. in anderen Bundesländern gehandhabt wird ?(.



    Zitat

    2. So lange hauptamtliche Mitarbeiter nicht einmal die Grundlagen der Fachtermini bei der Übergabe im KH benutzen (geschweige denn überhaupt kennen)....


    Jonas Wie sieht denn bei dir die Übergabe im KH aus? Was meinst du mit einfachster Fachterminologie?



    Noch einen geruhsamen Abend


    Gruß Tribun

  • Zitat

    Original von anbida72
    Mein Sohn hat ein Buch über den RD für Kinder und ich muss sagen, das ich sehr erstaunt war, weil darin nicht mehr der RS und NA stand, sondern RettAss und NA.


    Welches Buch meinst Du denn?


    "Wenn der Rettungsdienst kommt" (SK-Verlag) finde ich sehr schön, das hat meine Nichte und später meine Kinder immer wieder begeistert. Und aufgrund seiner Kürze schon sehr früh...


    "Ich habe eine Freundin, die ist Notärztin" (PIXI-Bücher, auch als große Version erhältlich) finde ich sehr gut, ein einziger Fehler in der Erklärung rettungsdienstlicher Strukturen: Respekt!


    Gruß, Nils

  • Zitat

    Original von Jonas06
    3. So lange man von Kollegen belächelt wird, weil man einen Patienten auskultiert.....


    Oh ja, DAS kenn ich irgendwoher...

  • Hallo Tribun,


    auch in Baden-Württemberg gibt es natürlich Unterschiede in der Versorgung der Patienten durch Rettungsdienstpersonal, auch gibt es hier Unterschiede in der Zusammenarbeit mit den Notärzten.
    Jedoch habe ich, wie bereits erwähnt, den Eindruck, daß gerade in NRW die Dominanz der (Not-)Ärzte bedeutend ist. Persönliche Erfahrungen habe ich dort keine, mein Eindruck hat sich im Laufe der Jahre durch diverse Diskussionen und Gespräche sowie Berichte gebildet.


    In meinem Rettungsdienstbereich gibt es seit jeher einen sehr kollegialen Umgang unter Notärzten und Rettungsfachpersonal. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber die sind nur vereinzelt anzutreffen. Es gibt auch eine gewisse Erwartungshaltung von Seiten der Ärzte, hier wird der Rettungsassistent eher fragend angeschaut, wenn bei einem Notfallpatienten noch kein venöser Zugang vorhanden ist (Basismaßnahmen vorausgesetzt), als daß sich dieser für einen bereits gelegten rechtfertigen müsste. Desweiteren haben wir den Vorteil, über einen überschaubaren Pool an Notärzten zu verfügen, sodaß mit der Zeit ein fast freundschaftliches Verhältnis entsteht, was die Zusammenarbeit wesentlich verbessert. Erfahrene Rettungsassistenten genießen ein sehr großes Vertrauen der Notärzte, vieles kann eigenverantwortlich durchgeführt werden. Sollte es dringend erforderlich sein, ist die Applikation von Medikamenten ausserhalb des Notkompetenz-Kataloges durch erfahrene Rettungsassistenten ebenfalls möglich wenn abzusehen ist, daß das Warten auf den Notarzt für den Patienten unzumutbar ist. Entsprechende Maßnahmen müssen selbstverständlich begründet und dokumentiert werden, überhaupt sind inzwischen Protokolle für alle Einsätze, die über einen Krankentransport hinaus gehen, für den verantwortlichen Transportführer verpflichtend. Der ÄLRD behält sich hier Kontrollen vor, bei invasiven Maßnahmen durch Rettungsassistenten wird das Notfallprotokoll ebenfalls überprüft und bei Bedarf Rücksprache gehalten.


    Dieses Vertrauensverhältnis fördert natürlich das gesunde Selbstvertrauen des Rettungsfachpersonals, allerdings nicht im überheblichen Maße, wir "züchten" keine allseits zitierten "Rettungsrambos". Vielmehr ist dies ein Ansporn, sich selbst auf dem aktuellen notfallmedizinischen Stand der Dinge zu halten und die eine oder andere freiwillige Weiterbildung zu absolvieren (gilt natürlich ebenfalls nicht für alle Kollegen). Wir behaupten von uns, unseren Patienten die bestmögliche Versorgung zuteil werden zu lassen. Dies allerdings wird jeder von sich behaupten ;)

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Hi Daniel,


    das hört sich für mich doch alles sehr bekannt an und es ist bei uns ähnlich, wie du es schilderst, da auch viele der jetzigen Notärzte bei uns Zivildienst gemacht haben. Daher existiert ein freundschaftlicher Umgang miteinander, den ich nicht missen möchte! Aber es gibt sicherlich auch andere Rettungsdienstbereiche, von denen ich auch einige kenne, da kannst du zum lachen in den Keller gehen :negativ: .
    Wie du so schön sagtest, würde ich natürlich auch behaupten, dass unsere Patienten bestmöglich versorgt sind ;).
    Diese und ähnliche Beziehungen müssen sich aber natürlich auch erstmal entwickeln, was auch Teil des Selbstverständnisses ist. Dies soll auch zeigen, dass ein gleichberechtigtes Nebeneinander bzw. Miteinander durchaus möglich ist :positiv: .


    Gruß an alle fleißigen Leser!


    Tribun

  • Wollte diesen Thread mal wieder aus der verstaubten Ecke hochheben!
    Interessant wie sich Ani und Medic2 damals geduzt haben und so:-)
    Lest es mal selbst :D
    Gruß Andi

  • Sehr interessante Beiträge !


    Bei uns (in der Krankenpflege) gibt es oft ähnliche Diskussionen über Selbstverständniss, Ansehen usw.


    Mich würde mal interessieren wie / wo das Pflegepersonal aus eurer Sicht gesehen wird und welche positiven / negativen Erfahrungen ihr in dem Zusammenhang gemacht habt.



    Greeetz....


    Tachy

  • @ Tachyphylaxie: Da solltest du am besten einen eigenen Thread aufmachen, da könnte nämlich so einiges zusammen kommen!


    aber back to topic und da wird's schon schwierig...


    Ich entsinne mich, dass sich an einigen Fragen zum Thema RD-KTP(-Problematik) in eben jenem Thread eine Diskussion um das Selbstverständniss und die Motivation entspann, die teilweise sehr hitzig geführt wurde. Da ich aber nicht müde werde, meinen Senf dazuzugeben auch hier nichmal ein bisschen Öl ins Feuer:


    Mein Selbstverständniss ist ganz einfach zu erklären. Ich gehe zur Arbeit und versuche meinen Job so zu machen, dass ich meinen Patienten, ihren Angehörigen und mir selbst in die Augen schauen kann, ohne mich schämen zu müssen. Nach dem Optimum (dazu gibt es übrigens keine Steigerung wie "am optimalsten") zu streben ist schön, aber man wird, wenn man immerzu vorwärts hastet, irgendwann etwas müde dabei. Das liegt vor allem daran, dass die Motivation nachlässt.
    Warum, fragt ihr jetzt wahrscheinlich? Weil niemand unbegrenzt belastbar ist, weil man nur wenig Anerkennung bekommt und sich im Wechsel mal unter- und mal überfordert fühlt...zumindest geht es mir so. Belastung kann man verarbeiten und kompensieren, Über- und Unterforderung ebenso, aber ihr seht, auch ich nehme das Wort Anerkennung in den Mund (oder besser auf die Tasten), obschon ich doch mal davon gesprochen habe, meine Bestätigung nicht (mehr) aus dem Job zu schöpfen. Und doch kann ein einfaches "Danke" sehr schön sein - insbesondere, wenn's von Herzen kommt! Doch den Leuten klarzumachen, was der moderne Rettungsdienst und sein Fachpersonal leisten können ist sehr, sehr schwierig...


    Viele Kollegen benehmen sich wie die Axt im Walde und schreien gleichzeitig nach mehr Kompetenz (im Sinne von Tun dürfen) ohne über Kompetenz (im Sinne von Tun können) zu verfügen, und da liegt das Dilemma: Die, welche es am schlechtesten können, vertreten uns oft am Lautesten. Ich gestehe, auch meine Stimme ist leiser geworden, weil ich mich irgendwann unter all den holzfällern heiser gefühlt habe...nennt das meinetwegen Resignation ob der Zustände, auch wenn's an der Qualität meiner Arbeit keinen Abbruch tut.


    Dazu kann ich nur sagen, dass ich vor Daniel meinen Hut ziehe, da er standhaft für das Berufsbild und dessen Fortentwicklung eintritt - und diese ist aus meiner Sicht dringend notwendig...warum werde ich jetzt nicht nochmal extra zerpflücken.


    Was Ani angeht - ich finde, das Ärzte im deutschen Rettungswesen einen wichtigen Anteil an der Arbeit leisten: sie machen nämlich das bisschen Medizin ;). [Achtung Ironie!] Aber die meisten von ihnen haben, wie eine mir wohlbekannte LNA-Gruppe immer wieder zeigt, von Logistik, Material und Menschenführung nicht den blassesten Schimmer! Das an sich ist noch kein Problem, aber Unkenntniss gepaart mit arroganter Ignoranz derselben ("Ich bin Arzt, ich weiß alles") bringt mich - mit Verlaub - zum Kotzen!!!
    Leider gibt's weder für RettAss noch für Ärzte eine Sozialkompetenzprüfung. Auf die Weise könnten wir eine Menge Amateure loswerden. Nun ja, mir bleibt zum Trost, dass die meisten echten Naturwissenschaftler "die kleinen Druiden" nicht wirklich ernst nehmen.


    -


    "Wenn selbst die Pazifisten dich hassen, hast du echt was erreicht"

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...




  • Genau da liegt das Problem. Und solange manche Kollegen rumrennen wie die letzten Penner, also Hemd halb aus Hose raus, schmutzige Jacke, persönliche Hygiene nahezu null, klebrige Haare und dazu noch ne Knacki- Mütze auf dem Kopf, wird sich am Ansehen im deutschen Rettungsdienst nichts ändern.