Wie verbindlich ist die Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Notkompetenz?

  • In der kommenden Ausgabe der Notfall und Rettungsmedizin ist ein sehr interessanter Titel mit der Überschrift ?Wie verbindlich ist die Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Notkompetenz??. Die Zeitung steht sicherlich nicht im Ruf sich für ein Paramedic System einzusetzen oder übergebühr den Ras Kompetenzen zuzuschanzen .


    Einige Aussagen möchte ich erwähnen:


    Verschiedenste medizinische Organisationen haben in den letzten Jahren mehr als 1300 verschiedene Stellungnahmen, Leitlinien und Richtlinien


    denen keine legislativen Befugnisse zustehen


    dass der Rettungsassistent jede ärztliche Maßnahme, die er durchführt, sicher beherrscht.


    Ich denke der Artikel ist Lesenswert denn er stellt eine Abkehr von festen Dogmen dar.

  • Die Stellungnahme hat für uns keinen rechtlich verbindlichen Charakter.
    Aber sie stellt für uns eine Art "Vorweggutachten" dar.
    Dieses wiederrum wird von Gerichten zur evtl. Entscheidungsfindung herangezogen.
    Also du siehst, es hat schon eine gewisse relevants!!! :-)


    Gruss Anno

  • RettSanSRK: Also das ganze ist ja vergleichbar mit den VDE-Richtlinien bei der Elektrobranche. Das sind ja auch nur Richtlinien, die aber den aktuellen Stand der Technik wiedergeben. Du muss der Elektriker sich nicht daran halten, aber wenn etwas passiert, wird in jeder Richter in ganz Deutschland fragen, warum er dagegen verstossen hat. Und dann finde da mal ein Argument für.


    So sehe ich das auch mit der Stellungnahme. Wer macht denn dann vor Gericht ein Gutachten? Sicherlich kein RA. Also wird der Gutachter sicherlich diese Stellungnahme, die ja allgemein bekannt ist, heranziehen. Dagegen wirst du nur schwer ankommen.


    Also ist es irgendwie doch eine Art Gutachten vorneweg.


    Eddy

  • Ganz recht; an das sich kein Gericht der Welt halten muss;
    soweit mir bekannt ist, wurden in allen mir bekannten(vom Hörensagen) Fällen Anzeigen durch Ärzte erstattet...
    Ist Euch ein genauer Fall -vielleicht sogar mit AZ bekannt?

  • Zitat

    Original von Rosthy
    Ganz recht; an das sich kein Gericht der Welt halten muss;
    soweit mir bekannt ist, wurden in allen mir bekannten(vom Hörensagen) Fällen Anzeigen durch Ärzte erstattet...
    Ist Euch ein genauer Fall -vielleicht sogar mit AZ bekannt?


    Ja, siehe Rettungsdienst-Journal 01.2005, da hat Nadler die drei bekannten Verfahren vorgestellt. Es handelt sich übrigens NICHT um Anzeigen (Strafgerichtsbarkeit) sondern lediglich um Verfahren vor dem Arbeitsgerichten. Da haben Arbeitgeber nach Hinweisen von Ärzten zur Abmahnkeule gegriffen und die Rettungssanitäter haben erfolgreich dagegen geklagt.


    Nils

  • ah, gefunden:



    Quelle: Nils unter http://www.medi-learn.de/mediz…teile+Rettungssanit%E4ter


    Gruß, Nils

  • Hallöchen @ all


    Also das mit der STellungnahme der BÄK und folgend derer der Bundesärzte der HiOrgs lässt sich folgendes sagen. Wie meine Vorredner schon angemerkt haben, stellen diese Stellungnahmen kein Gesetz oder dergleichen dar. Es handelt sich um EMPFEHLUNGEN der Sachverständigen in diesem Bereich. Insofern wird jedes Gericht, dass sich mit einer Kompetenzfrage des Rettungsfachpersonals in Deutschland zu beschäftigen hat, auch dieses als vorformuliertes Schaverständigen-Gutachten heranziehen. Für den Einzelfall wird sicherlich auch ein weiteres Einzelfall-Gutachten angefertigt werden, aber sollte schon gegen die Empfehlungen verstoßen worden sein, so wird die Eisdecke auf der man sich bewegt arg dünn.
    Das soll natürlich nun auch nicht heissen, dass die Empfehlung der BÄK als zwingendes Recht angesehen werden soll. Nur sollte jedem bewusst sein, dass wenn er sich anders verhält als von der BÄK empfohlen er dies auch fundiert begründen können muss.
    Hierzu meine Lehraussage: Das was Ihr tut müsst ihr vor dem Patienten, vor Euch und vor dem Richter so gut begründen können, dass diese, trotz Gegenargumenten, sich in der gleichen Situation genauso verhalten würden, wie ihr.
    Soll heissen: Mach das was du kannst und lass von dem was du nicht kannst die Finger weg.


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Unter dem gleichen Titel, wie dieser Thread ist in der neuen "Notfall und Rettungsmedizin" ein grossser Artikel erschienen.
    Ich komm leider im Momment überhaupt nicht dazu in Ruhe mal was zu lesen.
    Hat jemand dies vielleicht schon getan und kann ein kurzes Abstract erstellen und hier posten???

  • Um auf den Artikel von Ohr zurückzukommen... Der Autor vermischt hier einiges. Die Stellungnahme der BÄK zur NK versucht die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands gem. § 34 StGB für den Bereich der Notfallmedizin zu konkretisieren. Sie ist keinesfalls rechtlich verbindlich. Sie ist auch kein vorweggenommenes (sg. antizipiertes) Sachverständigengutachten. Der RA der in einer Notstandslage ein geeignetes und in der konkreten Situation das relativ mildeste Mittel wählt macht sich wegen § 34 StGB nicht des Verstosses gegen das Heilpraktikergesetz strafbar. Aus meiner Sicht ist diese Frage allerdings überflüssig, da das HPG nicht auf Rettungsassistenten anwendbar ist (im Übrigen ist dies die vorherrschende Meinung in der juristischen Literatur).
    Die Frage welchen Sorgfaltsmaßstab ein RA bei der Behandlung eines Patienten einzuhalten hat (also die Frage wann ein Behandlungsfehler vorliegt), ist in der Stellungnahme nicht thematisiert. Das steht auf einem anderen Blatt. Herr Ohr verkennt diese Trennung (leider).

  • Wen ich mich recht erinnere, war beim 34 StGB das Problem des Rechtsgutes ungeklärt, da ja bei einer Behandlung nicht zwangsläufig die Entscheidung zwischen 2 Rechtsgütern notwendig wird (Extrembeispiel wäre die notwendige Beinamputation mit einer Axt, um den eingeklemmten Patienten vor dem Verbrennen im Haus zu bewahren). Insofern dürfte einer der Hauptgründe für eine "Behandlung" (oder deren Einleitung) zu nicht unwesentlichen Teilen stumpf von der Einwilligung des Patienten abhängig sein.


    Daß das HPG auf den Rettungsassistenten nicht anwendbar ist, scheint sich tatsächlich in juristischen Kreisen als Konsens zu etablieren.


    LG, Nils

  • Zitat

    Original von Klaus
    Der §34 ist der Rechtfertigende Notstand. Gegen den kann man sich nicht strafbar machen ;-)


    Das hatte ich auch nicht geschrieben. WEGEN diesem Paragrafen ist man nicht strafbar, wenn man aufgrund einer Notfallsituation (bei Einhaltung der genannten Voraussetzungen) gegen das Heilpraktikergesetz verstößt.