Österreich: Warnbriefe an kranke Mitarbeiter in Wien

  • Mitarbeiter der Wiener Berufsrettung erhalten bei längerer Krankheitsdauer einen Brief ihres Arbeitgebers. Darin wird vor möglichen dienstrechtlichen Folgen gewarnt: "Wir sehen uns daher gezwungen, Sie auf mögliche dienstrechtliche Folgen (...) aufmerksam zu machen.". Der Administrative Leiter der Wiener Rettung verteidigt dieses Vorgehen: "Das ist eine Maßnahme, die in der Wirtschaft üblich ist. Krankenstandsmeldungen, die weit über dem Durchschnitt liegen, gehen zu Lasten der anderen Mitarbeiter."
    Jeder zehnte Mitarbeiter hat inzwischen eine solche Warnung von der Wiener Berufsrettung erhalten.


    Quelle: http://www.krone.at/krone/S32/object_id__166097/hxcms/

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Man definiere längere Krankheitsdauer!
    Ehrlich gesagt kann ich mich noch gut an eine Zeit erinnern, wo ich solche Briefe selbst gerne verschickt hätte. Auch die Beobachtung aus jüngerer Vergangenheit bestätigte das. Allerdings neige ich mittlerweile doch dazu, das etwas differenzierter zu sehen...

  • Ohne das Sozialversicherungsrecht in Austria zu kennen:
    natürlich besteht bei der Erkrankung eines Mitarbeiters eine höhere Belastung der Mitarbeiter, z.B. durch die Leistung zusätzlicher Arbeitszeit.


    Doch auch im ehemaligen KuK-Reich wird es eine Lohnfortzahlung für berufstätige, erkrankte MitarbeiterInnen geben.
    Daraus folgere ich, daß hier natürlich auch eine zusätzliche Belastung für den AG besteht, die "natürlich" in einem solchen Mitarbeiterrundschreiben verschwiegen wird.
    Ein Schelm, wer böses dabei denkt ;-)

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wie oben schon erwähnt wäre es interessant zu wissen was "längere Krankheit" bedeutet.


    Dass es einem heute extrem leicht gemacht wird krankgeschrieben zu werden, wissen wir alle. Dass es auch entsprechende Charaktere gibt, die das aussnutzen, wissen wir auch !


    Ich wäre aber (statt Brief) für den Privatdetektiv vor der Haustür. Da würde sich sicher einiges Aufklären lassen....


    Krankheitsbedingte Ausfälle belasten nicht nur Kollegen und den Arbeitgeber sondern ...nach 6 Wochen ALLE die in die gesetzliche Krankenkasse einzahlen.


    Das System der Lohnfortzahlung und des Krankengeldes wurde lobenswerterweise für WIRKLICH Kranke eingeführt. Missbrauch finde ich (wie bei allen Sozialleistungen) höchst assozial und dies sollte streng verfolgt und geahndet werden!


  • Ich wäre aber (statt Brief) für den Privatdetektiv vor der Haustür. Da würde sich sicher einiges Aufklären lassen....


    Nur für den Fall, daß dieser Satz wirklich ernst gemeint war: EINSPRUCH


    Neben Discounterunternehmen, die von AN-Rechten anscheinend eher nichts hören möchten, gab/gibt es bereits Unternehmen, die genau dieses machen.
    Da hockt dann ein Möchtergern-Columbo in seinem Auto und registriert mit Erstauen, daß der wegen "Rücken" erkrankte Mitarbeiter ja einkaufen geht und zwei Einkaufstüten trägt.
    Vor dem Arbeitsgericht muß dann der AN erklären (Umkehr der Beweislast?) daß Arbeitsunfähigkeit den Hunger nicht ausschließt und den Einkauf von Lebensmitteln verlangt - gerade bei einer alleinstehenden Person ohne örtlich vorhandene Verwandschaft und Null Kontakten zu den Nachbarn.


    Geht's noch?


    Ach ja: natürlich gibt es den (massiven?) Mißbrauch sozialer Leistungen.
    Herr Sarrazin hatte nicht ganz unrecht mit seinen Äusserungen vor einigen Tagen.
    Doch hier geht es weder um Schwarzarbeit / Kindergeldbetrug etc.
    Hier geht es um arbeitsunfähige Personen, da liegt durchaus eine ärztliche Begutachtung zugrunde.
    Angesichts der derzeit wirtschaftlichen Situation ist die Zahl von Krankschreibungen erstaunlich gering

    raphael-wiesbaden


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  • Ich sehe das ähnlich wie ThorstenH.
    Besonders im Bereich der Langzeitkranken bzw. bei den Personen, die häufig mehrfach im Jahr mal 1-2 Wochen Krank sind, gibt es doch einige, die das System voll ausnutzen und eigentlich arbeiten könnten.
    Erstaunlich finde ich es auch immer wieder, wenn Personen eine volle Arbeitsstelle und einen Nebenjob haben, die beiden Arbeitsstellen relativ ähnlich/fast gleich sind und dann aber nur für eine Arbeitsstelle für einen längeren Zeitraum krankgeschrieben sind, aber an der anderen Arbeitsstelle ohne Probleme arbeiten können.
    Das man Detektive in solchen Sachen einsetzt ist in manchen Branchen gar nicht so selten(bei entsprechendem Verdacht) und führt häufig auch zu fristlosen Kündigungen von Mitarbeitern, die vor Gericht nicht mehr anfechtbar sind.
    Man muss allerdings auch dazusagen, dass das Betriebsklima im Unternehmen häufig eine entscheidende Rolle spielt.

  • Raphael, warum sähest Du den Detektiv soooo kritisch ? Er kann doch auch den Arbeitnehmer ENTLASTEN indem er feststellt dass er nicht 2x am Tag ins Fitnessstudio geht ;-)

  • Ich sehe Detektive, also private Ermittler, durchaus nicht grundsätzlich kritisch.
    Es geht hier aber nicht um einen Ermittlungsauftrag, der die Affäre eines Ehepartners beinhaltet und womöglich mit der 'Entwarnung' für den sich betrogen fühlenden Ehepartner endet.


    Ich sehe nur den Konflikt, der darin bestehen kann, daß einerseits jemand die Rechnung bezahlt und dann andererseits die ermittelten Ergebnisse nicht den Befürchtungen/Erwartungen des Auftraggebers entsprechen.
    Die Gefahr des Mißbrauchs im Sinne von "Wer gründlich sucht, der findet auch etwas" ist einfach gegeben.


    Ich bin auch einfach erstaunt, daß ich als eher konservativ denkender (und schreibender) Mensch/User hier Beitragsschreiber vorfinde, die offenbar überhaupt keine Probleme mit der Bespitzelung von MitarbeiterInnen haben.


    Polemikstatus AN:
    Anscheinend verbergen sich hier im Forum bisher noch unentdeckte "IM's" der STASI :stop:
    Polemikstatus AUS!


    Ich bin weder Gewerkschaftsmitglied gewesen noch Parteigänger irgendeiner "Gutmenschengruppe".
    Ich befürchte halt, daß es bei der Legalisierung bzw. der öffentlichen Gleichgültigkeit gegenüber umstrittenen Methoden zu einer immer weiter gehenden Aufweichung mühsamst erstrittener Rechte kommt.

    raphael-wiesbaden


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    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Um Mißverständnissen vorzubeugen: ich bin nicht der Meinung dass bei den üblichen "Husten, Schnupfen, Heiserkeits-Ausfällen" sofort eine gründliche Untersuchung des sozialen Hintergrundes, der Gesinnung und des Genstatus eines Mitarbeiters erfolgen soll.


    Aber es gibt die "üblichen Verdächtigen", die den Bogen deutlich überspannen und sich durch unsere extremsoziale Gesetzgebung und Arbeitsgerichtsbarkeit bestätigt fühlen. Das sollte verfolgt und aufgeklärt werden !

  • Das sollte verfolgt und aufgeklärt werden !


    Durchaus einverstanden!
    Ist das eigentlich mitbestimmungspflichtig - vielleicht könnte ein juristisch bewandereter User mal eine Info geben.


    Sofern es mitbestimmungspflichtig sein sollte, stellt sich mir die Frage, wie es dann bei AG gehandhabt wird, die gar keinen BR haben.
    So etwas soll es ja ausserhalb des Discountergewerbes geben?


    Nach wie vor halte ich ohne jegliche Kontrollfunktion ein solches Vorgehen für mehr als fragwürdig,

    raphael-wiesbaden


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  • Zu erst:
    Sicher gibt es genügend Dauerkranke, die wirklich nicht arbeiten können, obwohl sie möchten. Allerdings gibt es auch schwarze Schafe, die unser Sozialsystem ausnutzen.
    @ raphael-wiesbaden
    Du musst aber auch die andere Seite sehen.
    Die Dauerkranken kosten richtig viel Geld, besetzen einen Arbeitsplatz ohne entsprechende Arbeitleistung und sorgen für Mehrarbeit anderer Beschäftigter. Das steht in keiner Relation zu dem bisschen Geld für einen Privatermittler.
    Auch die Motivation der anderen Mitarbeiter ist wichtig. Ich denke jeder weiß, wie schnell schlechte Laune in der Firma ist, wenn da ein, zwei Leute "blau machen" und die anderen als Dankeschön Überstunden leisten dürfen.
    Das animiert unter Umständen nur Andere auch Dauerkrank zu spielen.
    Und so ein Privatermittler wird auch nicht wegen zwei Wochen Erkältung im Jahr genutzt, sondern im Regelfall, wenn jemand über Monate fehlt bzw. häufig krank ist und es entsprechende Verdachtsmomente gibt.


    Polemikstatus AN:
    Eigentlich ist die fristlose Kündigung eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Der angeblich Langzeitkranke hat den ganzen Tag frei und muss nicht mal zum Arzt und der Arbeitgeber kann einen motivierten Arbeitssuchenden einstellen.
    Polemikstatus AUS!

  • Ich kenne beide Seiten zur Genüge!


    Zum einen war ich in der AG-Funktion und es war frustrierend mitzuerleben, wie die "Vernünftigen" wieder einmal einen Wochenenddienst für eine angeblich erkrankte MA'in (mit AU-Meldung natürlich) schieben mußten.
    Da habe ich oft genug die Fäuste geballt.


    Zum anderen habe ich als AN meine eigene Erkrankung erleben dürfen, wo der AG allen Grund gehabt hätte, sich schnellstmöglich unter Vorwandgründen von mir zu trennen, weil ich jetzt erst einmal viele Kosten produzierte anstatt Leistung.


    Es hat seinen guten Grund, daß z.B. Langzeitkranke die Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung haben und hier die Rentenversicherung die Entlohnung/Sozialversicherung übernimmt und die Lohnfortzahlung des AG nicht mehr greift.


    Dies ist natürlich leider bei "den üblichen Verdächtigen", die zweimal jährlich ihren grippalen Infekt/ oder "Rücken"/oder Allergie oder-oder-oder nehmen, nicht möglich.


    Der Mißbrauch einer MA-Überwachung ist möglich und leider kein Phantasieprodukt.
    Zahllose Arbeitsgerichtsprozeße belegen eindeutig oftmals abenteuerlichste AG-Phantasien.
    Da wurden (und werden?) zahlreiche private Ermittler für "pille-palle" engagiert.


    Du sprichst von der Motivation der MA.
    Das ist ein wichtiger Punkt!
    Natürlich leidet die Motivation der Kollegen, wenn sie wegen eines Systemausnutzers leiden müssen.
    Doch wie hoch wird die Motivation der Belegschaft sein, wenn diese weiß, daß der AG ausspioniert?
    Die mögliche Konsequenz ist "Dienst nach Vorschrift".
    Das dient dem AG - gerade im RD - nicht mehr viel.

    raphael-wiesbaden


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  • Der AG überwacht ja nicht die Arbeit an sich, sondern in bestimmten Verdachtsfällen die Langzeitkranken.
    Wo sollte da das Motivationsproblem für die Mitarbeiter sein?
    Vielleicht lernen dann beide Seite auch mal miteinander zu reden, wenn jemand Langzeitkrank wird.

  • Und wieder die gleiche Frage:
    wer definiert "Verdachtsfälle" bzw. "Langzeitkranke"?
    Wer kontrolliert die Kontrolleure?


    Gespräche zwischen AN + AG bzw. umgekehrt können nie schaden, manchnmal kommen da ganz überraschende Dinge an's Licht.
    Ein vernünfiger AG führt durchaus "Rückkehrergespräche", um auszuloten, was der MA wieder kann oder wo er Hilfe benötigt, um baldmöglichst wieder 100%-ige Leistung zu bringen.
    Auch bei solchen Gesprächen ist der BR nach meiner Auffasung "mit im Boot".
    Groß ist das Risiko, daß ansonsten ein "Druckgespräch" gemacht wird.


    Ich kann nur hoffen, daß dies (vernünftige Rückkehrergespräche) im RD auch möglich ist und auch gemacht wird.

    raphael-wiesbaden


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