Rekommunalisierung des Rettungsdienstes im Kreis Heinsberg?

  • Stephan Pusch, Landrat des Kreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen), wirbt für eine Rekommunalisierung des Rettungsdienstes. Die Kreisverwaltung arbeite gerade an einer Beschlussvorlage, wonach auf eine weitere Ausschreibung für die Vergabe des Rettungsdienstes ab dem 1. Januar 2012 verzichtet werden soll. Die Verwaltung schlägt vor, durch einen neu zu gründenden Eigenbetrieb den Rettungsdienst künftig selbst zu regeln. "Preislich sind wir heute auf einem vernünftigen Niveau, aber ich sehe die Gefahr, dass die Qualität nach unten geht", so Pusch. Erfahrenes Personal würde immer häufiger durch junge Berufsanfänger ersetzt, weil diese ihren Arbeitgebern Personalkosten sparen würden. Darunter leider aber die Qualität im Rettungsdienst, ist Pusch überzeugt. "Wie soll ich die Leute für den Rettungsdienst motivieren, wenn sie wissen, dass sie mit zunehmender Berufserfahrung aus Kostengründen mehr und mehr aufs Abstellgleis geschoben werden?"


    Pusch verteidigt dennoch die Entscheidung, vor fünf Jahren den Rettungsdienst ausgeschrieben zu haben. Acht Millionen Euro habe der Kreis dadurch eingespart. Zwischenzeitlich sei allerdings deutlich geworden, dass es einen unüberwindbaren Konflikt zwischen dem Arbeitsrecht und dem Wettbewerbsrecht gebe. Die Hilfsorganisationen, die sich einen harten Wettbewerb im Rettungsdienst liefern, sollen künftig gleichberechtigt unter Führung des Kreises einbezogen werden. Auch das Ehrenamt soll mit einbezogen werden. Eine Refinanzierung sei über den Gebührenhaushalt der Krankenassen möglich. Der Rettungsdienst soll streng organisiert werden, "damit kein Wasserkopf aufgebaut wird", so Pusch.


    Quelle: http://www.rp-online.de/nieder…g-sichern_aid_897990.html



    Siehe auch DRK verliert Ausschreibung - 89 Mitarbeiter betroffen

  • Zwischenzeitlich sei allerdings deutlich geworden, dass es einen unüberwindbaren Konflikt zwischen dem Arbeitsrecht und dem Wettbewerbsrecht gebe.


    Schwer verständliches Argument angesichts der Tatsache, dass sich sämtliche Unternehmen in Europa innerhalb dieser beiden Rechtsgebiete bewegen und in nicht wenigen Fällen damit prima zurechtkommen.

  • Schwer verständliches Argument angesichts der Tatsache, dass sich sämtliche Unternehmen in Europa innerhalb dieser beiden Rechtsgebiete bewegen und in nicht wenigen Fällen damit prima zurechtkommen.

    Naja, wenn man plötzlich merkt, dass man Grundsätze des Arbeitsrechts bei der Angebotsabgabe nicht berücksichtigt hat, erklärt sich dieses Argument. Auch wenn es dadurch nicht verständlicher wird... Aber präventives Denken war bei rettungsdienstlichen Leistungsträgern und - erbringen ja noch nie eine Paradedisziplin :)


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Naja, wenn man plötzlich merkt, dass man Grundsätze des Arbeitsrechts bei der Angebotsabgabe nicht berücksichtigt hat


    Das ist dann ja eher ein Problem des Bieters als des Kreises Heinsberg.

  • Und weil der Kreis da ein wenig geschlampt hat, möchte ich mal behaupten, wollen die das nun wieder gerade biegen.

  • Zitat des Landrates: "Landrat Stephan Pusch sieht nun in solchen Entwicklungen eine langfristige Gefahr. So müssten z.B. die Rettungsorganisationen bevorzugt Berufsanfänger einstellen, um damit die Personalkosten niedrig zu halten und noch günstigere Angebote abgeben zu können: â??Da könnte die Qualität nach unten gehen. Und wie soll ich die Leute für den Rettungsdienst motivieren, wenn sie wissen, dass sie mit zunehmender Berufserfahrung aus Kostengründen mehr und mehr aufs Abstellgleis geschoben werden?â??


    Also ich denke schon, dass man sich da ein bisschen eingesteht, dass man das Arbeitsrecht verletzt hat. Denn es kann ja nicht Sinn sein, Mitarbeiter die Alt sind nicht weiter zu beschäftigen, weil damit die Kosten für die Organisation steigen.

  • Also ich denke schon, dass man sich da ein bisschen eingesteht, dass man das Arbeitsrecht verletzt hat.


    Sorry, aber das kann ich das da nicht rauslesen. Es wird keinem Unternehmen in Deutschland untersagt nur mit Leuten zu arbeiten die nur einen Zeitvertrag haben....

  • Das kann man nicht da hast Du vollkommen recht.
    Allerdings verstehe ICH das so, dass der Landrat dies so nicht wünscht.
    Kann aber auch sein, dass ich das nicht richtig verstanden habe.

  • Das der Landrat dies nicht wünscht habe ich dem Artikel auch entnommen. Es wurde aber geschrieben das es Kollisionen mit dem Arbeitsrecht gegeben hat und ich weiß immer noch nicht wie das gemeint ist.....

  • Der Verfasser vermutlich auch nicht. Ich sag´ es immer wieder: Man sollte sich bei den entsprechenden Stellen eher ernsthaft damit beschäftigen, wie man eine Ausschreibung gestaltet, als sie mit immensem Aufwand vermeiden zu wollen.


  • Haben Sie? In wie fern?

    Wenn ich mich recht erinnere, gab es bei der damaligen und streitbehafteten Ausschreibung das Problem, dass die Gewinner (JUH und MHD) der Ausschreibung davon ausgingen, die Angestellten des vormaligen Anbieters (DRK) nicht übernehmen zu müssen, bzw. diese nach eigenem Tarifgefüge einstellen zu können. Da es sich jedoch um einen Betriebsübergang handelte, was beide Anbieter wohl nicht bedacht haben oder zumindest in der Berechnung des abgegebenen Angebotes nicht berücksichtigt haben, mussten die Angestellten des DRK zu den gleichen Beschäftigungsbedingungen nun von JUH und MHD weiterbeschäftigt werden. Damit waren die Kosten höher als im Angebot zu Grunde gelegt...


    @schmunzel:
    Richtig, das ist ein Problem der Anbieter, nicht des Kreises.. Wobei es zum Problem des Kreises werden könnte, wenn die Anbieter aufgrund von Fehlkalkulationen Ihre Dienste nicht mehr aufrecht erhalten können. Dass der Kreis einer solchen Entwicklung vorbeugen möchte ist nachvollziehbar, wenn auch kein wirklich schlagendes Argument.
    Ich stimme dir zu, dass die Verantwortlichen sich lieber damit beschäftigen sollten eine adäquate Ausschreibung durchzuführen, anstatt sämtlie Mühen in deren Vermeidung zu investieren.


    Wobei, die Ausschreibung von Leistungen für die öffentliche Verwaltung ist schon ein Novum, welches in der Praxis kaum gebräuchlich ist. Da kann man schon verstehen, dass man versucht dies zu vermeiden.:ironie:


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Zitat von ?Maverick83?


    Haben Sie? In wie fern?


    Wenn ich mich recht erinnere, gab es bei der damaligen und streitbehafteten Ausschreibung das Problem, dass die Gewinner (JUH und MHD) der Ausschreibung davon ausgingen, die Angestellten des vormaligen Anbieters (DRK) nicht übernehmen zu müssen, bzw. diese nach eigenem Tarifgefüge einstellen zu können. Da es sich jedoch um einen Betriebsübergang handelte, was beide Anbieter wohl nicht bedacht haben oder zumindest in der Berechnung des abgegebenen Angebotes nicht berücksichtigt haben, mussten die Angestellten des DRK zu den gleichen Beschäftigungsbedingungen nun von JUH und MHD weiterbeschäftigt werden. Damit waren die Kosten höher als im Angebot zu Grunde gelegt...


    Das ist richtig, das wurde als Betriebsübernahme bewertet. Allerdings denke ich, nachdem dies ja nun bekannt ist würden die nächste Angebote halt nicht mehr so niedrig ausfallen. Auch für mich ist die Rekommunalisierung nicht nachvollziehbar! Außerdem fand ich die Ausschreibung von damals realtive gut, da zB auch der OrgL und SEGn enthalten waren. Wenn man jetzt vielleicht noch ein wenig nach justiert bei den Bedingungen bzgl der Entlohnung der AN sollte das doch alles kein Problem sein.



    Was mir gerade so in den Sinn kommt, wo ist eigentlich gereglt in welchen Abständen ausgeschrieben werden muss?

  • Soweit ich weiß, in NRW nirgends (kann höchstens sein, dass es dazu irgendwo Erlasse gibt). In anderen Bundesländern gibt es zum Teil Fristen. Letztlich ist das aber auch egal, weil ein langfristiger Vertrag an irgendeinem Punkt zu starr wird, um auf die sich ändernde Welt zu reagieren. Deshalb würde man wahrscheinlich keine Verträge auf 30 Jahre schließen.

  • Enttäuscht, erbost und entrüstet - so reagierte der DRK-Vorstand auf die Pläne der Kreisverwaltung Heinsberg, den Rettungsdienst zu kommunalisieren. Das wurde nun auf der DRK-Kreisversammlung in Erkelenz vom Vorsitzenden Dr. Michael Vondenhoff mitgeteilt.


    Man sei davon ausgegangen, sich im nächsten Jahr wieder um den Rettungsdienst bewerben zu können, so der Vorsitzende. DRK-Justitiar Hermann Neikes erinnerte daran, dass das DRK im Jahre 2006 nach über 30 Jahren im Rettungsdienst den Auftrag an Johanniter und Malteser verloren habe. Das DRK habe den Rettungsdienst erfunden, so Neikes weiter. Werde ihm nun die Möglichkeit zur Teilnahme entzogen, hätte das Auswirkungen auf die ganze Organisation: "Unser Selbstverständnis wird tangiert".
    Der Rettungsdienst dürfe nicht isoliert betrachtet werden, der Schutz der Bevölkerung basiere auf einer engen Verzahnung von Ehrenamtlern und Hauptamtlern. Man müsse den Rettungsdienst ganzheitlich als ein Rad im Getriebe genereller Gefahrenabwehr sehen, wozu auch der Katastrophen- und Zivilschutz gehöre.


    Wie man private Rettungsdienste bei einer Ausschreibung aussen vorhalten könne, wusste der Justitiar ebenfalls zu berichten. Der Kreis könne intelligent ausschreiben und den Katastrophenschutz mit berücksichten. Da private Anbieter eine solche Verknüpfung nicht leisten könnten, würden sie bei einer Ausschreibung herausfallen.


    DRK-Kreisgeschäftsführer Wilfried Mercks erklärte in seinem Bericht, die Organisation unterliege einem ständigen Wandel. So habe die zweite Einsatzeinheit abgemeldet werden müssen.


    Quellen:
    http://www.az-web.de/lokales/h…lligent-ausschreiben.html
    http://www.rp-online.de/nieder…ngsdienst_aid_925623.html


    Zum Thema siehe auch
    DRK verliert Ausschreibung - 89 Mitarbeiter betroffen

  • Derzeit ist die Diskussion um das Ehrenamt im Rettungsdienst wieder in aller Munde. Interessant hierzu ist auch das Interview mit Falck Deutschland-Rettungsdienstleiter Klaus Runggaldier in der aktuellen Ausgabe der RETTUNGSDIENST, der eine Trennung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz für notwendig hält, was seine ehemaligen Mitstreiter bei den Maltesern sicherlich nicht erfreuen dürfte.
    Das betonen der Notwendigkeit des Ehrenamtes im Rettungsdienst durch die HiOrg scheint inzwischen im Hinblick auf die Ausschreibungen vielerorts zum Überlebenskampf zu werden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.