Pinneberg: Kommissar Zufall führt zu kleiner Cannabisplantage im Keller

  • Ein passendes Beispiel aus den letzten Tagen: ein junger Mann ruft auf der RLS an und erklärt, dass seine Freundin Alkohol getrunken und eine "Kräutermischung" geraucht hätte. Nun geht es ihr nicht so gut. Der Einsatzort ist eine private Adresse. Die RLS entsendet daraufhin einen RTW (uns) und - die Polizei.
    Den Effekt beim Eintreffen der Polizei kann sich sicherlich jeder lebhaft vorstellen: das Pärchen versteht überhaupt nicht, weshalb plötzlich die Polizei im Zimmer steht, hat man doch schließlich nur den Rettungsdienst angerufen und um medizinische Hilfe gebeten. Die junge Frau wird schließlich ganz wortkarg. Was hat das Pärchen nun daraus gelernt? Rufe den Rettungsdienst und du hast auch gleich die Polizei Zuhause. Was wird wohl die Folge sein?

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Das Verhalten der Leitstelle ist nachvollziehbar und legal. Bei solchen Angaben (Drogen + Alkohol) schon alleine zu Eurem Schutz.

  • Das Verhalten der Leitstelle ist nachvollziehbar und legal. Bei solchen Angaben (Drogen + Alkohol) schon alleine zu Eurem Schutz.


    Dann müsste zu jedem zweiten Rettungsdiensteinsatz die Polizei geschickt werden. Ein wenig mehr Fingerspitzengefühl würde man sich schon manchmal wünschen - in die eine wie in die andere Richtung.


    J.

  • Das Verhalten der Leitstelle ist nachvollziehbar und legal. Bei solchen Angaben (Drogen + Alkohol) schon alleine zu Eurem Schutz.


    Das glaube ich nicht.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Dann müsste zu jedem zweiten Rettungsdiensteinsatz die Polizei geschickt werden. Ein wenig mehr Fingerspitzengefühl würde man sich schon manchmal wünschen - in die eine wie in die andere Richtung.


    J.

    Das würde so oft so viel helfen. :positiv:

  • Das versteh' ich nicht: da ist Gewalt gegen Rettungsdienstpersonal aktuell ein Riesenthema und wenn mal bei bestimmten Stichworten die Polizei mitgeschickt wird, ist es auch nicht gut. Außerdem muß man natürlich bedenken, daß der Leitstellendisponent möglicherweise die Situation ganz anders eingeschätzt hat, als sie sich dann vor Ort darstellte. Zudem ist die Polizei auch sofort wieder weg, wenn sie feststellt, daß Recht und öffentliche Ordnung nicht bedroht ist.



    @DG


    Wo siehst Du ein rechtliches Problem??


  • Das versteh' ich nicht: da ist Gewalt gegen Rettungsdienstpersonal aktuell ein Riesenthema und wenn mal bei bestimmten Stichworten die Polizei mitgeschickt wird, ist es auch nicht gut.


    Die Stichworte "Alkohol" und "Drogen" implizieren aber nicht per se ein Gefahrenpotenzial. Die allermeisten Einsätze mit solchen Stichworten laufen völlig unspektakulär ab. Abgesehen von einer fehlenden Verhältnismäßigkeit ergibt sich ja heutzutage auch das Problem, dass die Polizei nicht mit zu viel Personal gesegnet ist. Das bedeutet, dass man deren Kräfte ständig mit überflüssigen Einsätzem binden würde, wenn die Leitstellen streng nach diesen Stichworten die Polizei mit anfordern würden. Neben der Ressourcenverschwendung hätte das vor allem den negativen Effekt, dass sich durch die inflationäre Anforderung die Polizei möglicherweise nicht besonders beeilen würde, wenn wir sie mal wirklich dringend brauchen - einfach, weil sie nicht mehr unterscheiden könnte, ob eine Routineanforderung oder eine echte Notlage vorliegt. Umgekehrt hätten wir auch kein Interesse daran, wenn die Polizei jedes Mal beim Stichwort "häusliche Gewalt" einen RTW (oder gar einen Notarzt) anfordern würde, nur weil jemand verletzt sein *könnte*.



    Zitat

    Wo siehst Du ein rechtliches Problem??


    Solange es keinen Hinweis auf eine Gefährdung gibt, liegt das Problem in der Schweigepflicht (StGB §203). Die abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung reicht da meines Erachtens nicht aus - zumindest nicht im genannten Beispiel.


    J.

  • Wie bei der Entsendung des Rettungsmittels gibt es auch einen Ermessensspielraum, was die Hinzuziehung der Polizei angeht. Ich denke, daß wir uns da einig sind. Daß Alkohol und Drogen per se kein Gefahrenpotential darstellen wird tatsächlich anders gesehen. Die meisten Übergriffe auf Dritte bei rettungsdienstlichen Einsätzen erfolgen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Der Begriff "grundsätzlich nicht" ist also eher verharmlosend und wird dem Aspekt Sicherheit für Einsatzkräfte nicht gerecht. Im Einzelfall obliegt es der Leitstelle, das Gefahrenpotential abzuschätzen. In diesem Fall hat sie sich dafür entschieden. Was die genauen Beweggründe waren, wissen wir nicht.


    Mit der Aussage "Hinweis auf eine Gefährdung" hast Du selber die Antwort zum Thema Verschwiegenheitspflicht gegeben: die Leitstelle hat einen Hinweis gesehen (die wir jetzt möglicherweise nicht kennen) und folgerichtig die Ordnungskräfte gesehen. Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht vermag ich hier nicht zu unterstellen. Und letztendlich: kann das unser Problem sein??


    Vielleicht kann einer unserer Forumsjuristen dieses Beispiel aus seiner Sicht beleuchten?

  • Im Einzelfall obliegt es der Leitstelle, das Gefahrenpotential abzuschätzen.


    Absolut. Wenn es tatsächlich einen Hinweis auf eine potenzielle Gefährdung gibt, sollte die Leitstelle frühzeitig die Polizei anfordern.


    In diesem Fall hat sie sich dafür entschieden. Was die genauen Beweggründe waren, wissen wir nicht.


    Das ist tatsächlich Spekulation, angefangen damit, ob die Leitstelle eine Gefährdung vermutete oder einfach nur "nach Stichwort" alarmierte.
    Mir ging es jedenfalls um die grundsätzliche Frage, ob beim Stichwort "Alkohol/Drogen" automatisch die Polizei angefordert werden sollte/darf, und das sehe ich eben nicht so. Es muss schon ein konkreter Anhaltspunkt für eine Gefährdung vorliegen, finde ich.


    J.

  • Scheinbar wird durch sehr vielen Disponenten bei Drogennotfällen primär die Polizei mithinzudisponiert. Ani, Deiner Argumentationsgrundlage folgend müssten die selben Disponenten dann ja auch bei jedem Notfall unter/ oder wegen Alkoholüberdosierung ebenfalls eine Streife anfordern. Dies findet meiner Erfahrung nach jedoch nicht statt.
    Würde in der Praxis vermutlich dazu führen, das in manchen Rettungsdienstbereichen wochenends jedem RTW ein Polizeifahrzeug folgen würde...

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • Jörg


    Das sehe ich auch so. Muß nicht, kann.



    Joke


    Ich habe nicht gesagt, daß grundsätzlich zu jedem Notfall mit Alkohol oder Drogen die Polizei hinzugezogen werden muß oder meiner Meinung sollte (s.o.).

  • Das versteh' ich nicht: da ist Gewalt gegen Rettungsdienstpersonal aktuell ein Riesenthema und wenn mal bei bestimmten Stichworten die Polizei mitgeschickt wird, ist es auch nicht gut. Außerdem muß man natürlich bedenken, daß der Leitstellendisponent möglicherweise die Situation ganz anders eingeschätzt hat, als sie sich dann vor Ort darstellte. Zudem ist die Polizei auch sofort wieder weg, wenn sie feststellt, daß Recht und öffentliche Ordnung nicht bedroht ist.


    Richtig, Gewalt ist ein großes Thema und ja, die häufigsten Übergriffe finden unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss statt. Hieraus aber abzuleiten, zu jedem Einsatz mit diesen Stichwörtern eine Streife zu schicken, halte ich für völlig überzogen und kontraproduktiv. Und nein, die Polizei war nicht gleich wieder weg, obwohl ich sofort deutlich gemacht habe, dass für sie kein Handlungsbedarf besteht. Es wurden die Personalien der jungen Frau aufgenommen, zudem wurde ein Atemalkoholtest durchgeführt - wohlgemerkt: in der privaten Wohnung.


    @DG


    Wo siehst Du ein rechtliches Problem??


    Es lag keine offensichtliche, konkrete Gefährdung für uns vor, wir wurden wegen Unwohlsein nach Alkohol- und Drogeneinnahme in eine private Wohnung gerufen. Daraus ergibt sich für mich kein Grund, weshalb hier die RLS gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen und grundsätzlich die Polizei hinzuziehen dürfte. Es ist tatsächlich erfahrungsgemäß oft so, dass einzig das Stichwort "Drogen" ausreicht, um von Seiten der RLS die Polizei hinzuzuziehen.


    Ich finde es grundsätzlich begrüßenswert und auch notwendig, dass die Kollegen der RLS an unseren Schutz denken, dabei sollte aber - wie Jörg schon anführte - mit Maß, Ziel und Fingerspitzengefühl agiert werden. Insbesondere darf dabei nicht gegen geltendes Recht verstoßen werden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Gerade bei Dogennotfällen ist meiner Erfahrung nach ein hohes Maß an Vertrauen in uns und unsere Neutralität vonnöten, um an benötigte Informationen zu kommen. Mit Polizei an der Einsatzstelle schwierig.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • @DG


    Ich wiederhole mich: ich habe nie gefordert, zu jedem Einsatz mit Alkohol oder Drogen die Polizei mit zu alarmieren. Ich bitte, meine Beiträge etwas sorgfältiger zu lesen.


    Es ist ein Mythos, daß die eigene Wohnung ein "rechtsfreier Raum" ist. Das Argument hat keine juristische Relevanz. Zudem hat die Polizei zu jeder Zeit an jedem Ort im Rahmen der Sicherheit das Recht, eine Personenfeststellung durchzuführen. Atemalkoholteste vor Ort können jederzeit verweigert werden. Das weiß auch die Polizei. Z dem muß die Feststellung der BAK nicht zwangsläufig einer Person zum Nachteil gereichen. Das aber nur nebenbei.


    Auch hier wiederhole ich mich gerne: das Bild, was Du von der Einsatzstelle hattest, war offensichtlich ein anderes als das der Leitstelle.


    Ich persönlich verzichte als Notarzt gerne auf die Beurteilungen, ob ein Handlungsbedarf der Polizei vorliegt. Ich kann das nämlich im Zweifel nicht beurteilen. Das macht das Miteinander erfahrungsgemäß einfacher. Fakt ist: ihr wurdet alarmiert und macht Eure Arbeit, die Polizei wurde alarmiert und macht ihre Arbeit. Wenn ich von der Polizei gefragt werde, ob sie noch gebraucht wird, ist das was anderes. Dann gebe ich meine persönliche Einschätzung wieder, sonst halte ich meine Klappe.

  • Ich wiederhole mich: ich habe nie gefordert, zu jedem Einsatz mit Alkohol oder Drogen die Polizei mit zu alarmieren. Ich bitte, meine Beiträge etwas sorgfältiger zu lesen.


    Dann hatte ich deine Beiträge wohl falsch verstanden. Es hatte sich für mich gelesen, als ob du grundsätzlich bei den Stichworten "Alkohol" und/oder "Drogen" ein Hinzuziehen der Polizei befürwortest.


    Das Verhalten der Leitstelle ist nachvollziehbar und legal. Bei solchen Angaben (Drogen + Alkohol) schon alleine zu Eurem Schutz.

    Das versteh' ich nicht: da ist Gewalt gegen Rettungsdienstpersonal aktuell ein Riesenthema und wenn mal bei bestimmten Stichworten die Polizei mitgeschickt wird, ist es auch nicht gut.


    Ich ging auch nicht davon aus, dass die eigene Wohnung ein rechtsfreier Raum ist. Aber in der Einschätzung, ob die Polizei von Nöten ist, spielt diese meines Erachtens durchaus eine Rolle. Ein Patient, der auf der Straße liegt wird sich oder andere eher gefährden, als ein Patient in seiner Wohnung.
    Das Bild, das ich von der Einsatzstelle hatte, dürfte sich kaum von dem unterschieden haben, was die RLS hatte. Ich habe den völlig unspektakulär klingenden Auftrag telefonisch angenommen, einen Hinweis auf Eigenschutz gab es nicht.


    Von der Schweigepflicht einmal abgesehen (eine juristische Bewertung dieses Falls würde mich ebenfalls interessieren) ist für unsere Arbeit die Anwesenheit der Polizei in einem solchen Fall tatsächlich kontraproduktiv. Wie eingangs ausgeführt, haben wir nach Eintreffen der Polizei keine weiteren Auskünfte von der Patientin bekommen. Die Reaktion der Beiden zeigte mir zudem deutlich das Unverständnis, weshalb beim Alarmieren des Rettungsdienstes auch die Polizei ins Haus kommt.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Wie eingangs ausgeführt, haben wir nach Eintreffen der Polizei keine weiteren Auskünfte von der Patientin bekommen. Die Reaktion der Beiden zeigte mir zudem deutlich das Unverständnis, weshalb beim Alarmieren des Rettungsdienstes auch die Polizei ins Haus kommt.



    Spricht ja doch irgendwie dafür, daß die Idee mit der Polizei doch nicht sooo schlecht war. Wenn sie nichts zu verbergen gehabt hätten, hätten sie nicht zu schweigen brauchen. Und zu Eurer Beruhigung: so schlimm schien es denen ja nicht gegangen zu sein. Wenn der Drang zu Schweigen über dem Leidensdruck steht, ist nach oben noch viel Luft... ;)


  • Spricht ja doch irgendwie dafür, daß die Idee mit der Polizei doch nicht sooo schlecht war. Wenn sie nichts zu verbergen gehabt hätten, hätten sie nicht zu schweigen brauchen. Und zu Eurer Beruhigung: so schlimm schien es denen ja nicht gegangen zu sein. Wenn der Drang zu Schweigen über dem Leidensdruck steht, ist nach oben noch viel Luft... ;)


    :nono:

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • Und zu Eurer Beruhigung: so schlimm schien es denen ja nicht gegangen zu sein. Wenn der Drang zu Schweigen über dem Leidensdruck steht, ist nach oben noch viel Luft... ;)


    Ging es auch nicht, weshalb sich meine Maßnahme auf das Messen von Puls und Blutdruck beschränkte.
    Und dass man gegenüber der Polizei ein schlechtes Gewissen hat, wenn man "eine Kräutermischung" (vermutlich Spice) geraucht hat, ist doch nachvollziehbar :hmm:

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.