Rote Karte vom Ärztlichen Leiter

  • Die Einsatzzahlen sind in den ersten Tagen nach Herausgabe des Schreibens im Rettungsdienstbereich um ca. 150 Einsätze/Tag gestiegen. Auf die Frage nach der Anzahl der Ärztlichen Leiter: es sind drei Stück. Prof. Dr. Uwe Kreimeier, Dr. Karl-Georg-Kanz und Dr. Ruth Königer, wobei erstgenannter Sprecher der Ärzlichen Leiter ist. Das Schreiben hat er aber im Urlaub von Dr. Kanz verfasst und Dr. Königer wusste nichts davon.


    Allerdings widerspricht sich Prof. Kreimeier selbst: als Kursdirektor des ERC und Vertreter des Klinikums Münchens auf der Leitlinienkonferenz hat er ja selbst mit die Standards abgesegnet, die u.a. bei der Reanimation das Epinephrin sowie das Amiodaron vorsehen. Es ist schwierig auf der einen Seite weltweit Puplik zu machen, dass bei Reanimationen nach dem gewissen Standard verfahren werden soll - und "vor der Haustür" erlaubt er lediglich Infusion und Sauerstoff.


    Auf Seite 3 erster Absatz steht ja, dass kein Fall von Adrenalingabe bei Reanimationen berichtet wurde - er gestattet dies aber auch nicht ausdrücklich weiterhin zu praktizieren. Die Rettungswachen haben übrigens nochmals eine Kurzinformation ergänzend geschrieben, die in etwa wie folgt lautet:


    "Da in den von Experten und Institutionen (...) herausgegeben Leitlinien, Algorithmen und SOP auch Medikamente vorgegeben und standardisiert sind, ist eine generelle Einschränkung der Medikamentenkompetenz unterhalb der von der BÄK freigegebenen Medikamente nicht nachvollziehbar. Auch in Anbetracht des erwähnten "schnell in München eintreffenden Notarztes" ist die nun vorliegende aktuelle Reglementierung und Veränderung der Medikamentenkompetenz fraglich. Der Sachverhalt liegt zur Prüfung bei den zuständigen Stellen, um die Empfehlung des ÄLRD durch den Rettungszweckverband abzuklären. Grundsätzlich ist dem Ersuchen des ÄRLD Folge zu leisten. Der Grundsatz des rechtfertigenden Notstandes nach §34 StGB bleibt davon unberührt."


    Diese sog. Medikamentenkompetenz hat das BRK München im Alleingang entwickelt, d.h. ein BRK-RA darf, wenn indiziert, z.B. Ketamin S und Midazolam verabreichen, ein JUH-RA allerdings nicht. Ich kenne einige Leute, die jährlich die Rezertifizierung für die Medikamentengabe absolvieren, aber wirklich oft wird das erworbenen Zusatzwissen nicht benötigt. Und im Zuge einer einheitlichen Kompetenz kann man es entweder allen erlauben - oder keinen. Es kann halt nicht sein, dass bei gleichen Grundvoraussetzungen bsp. der BRK-RA eine Analgesie durchführen kann, der JUH-Mensch aber "eine halbe Ewigkeit" auf einen NA warten muss. Also warten wir mal ab, was die "zuständigen Stellen ermitteln" und wie dann eine einheitliche Ausbildung und Kompetenz in München aussehen wird.

  • http://www.sueddeutsche.de/mue…ritzen-verboten-1.1399659


    Spritzen verboten - keine Medikamente durch Rettungssanitäter


    Die lokale Presse nimmt Fahrt auf und interessanterweise für den Rettungs"sanitäter".


    Sehr bezeichnend, dass der Notarzt seinen Namen nicht nennen möchte. Es gibt inzwischen viele Notärzte, welche die bisweilen sehr restriktive Haltung von ÄLRD oder aber auch der ärztlichen Organisationen nicht gutheißen. Leider haben noch die Wenigsten davon den Mut, dies offen auszusprechen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Daniel


    Hier muss ich einmal Stop rufen ;) Ich denke, ich selbst als ÄLRD würde mir dreimal überlegen, was ich meinen Rettern "erlaube". Warum? Gehen wir in uns und schauen auf die Masse unseres Berufsstandes. Das Ergebnis: Sehr heterogen. Ich persönlich lasse mich, auch auf die Gefahr hin gelyncht zu werden, eher der vorsichtigen Seite zurechnen.


    Den Hintern hinhalten muss, wenn es schief geht, der ÄLRD. Nicht ganz alleine, aber im Zweifel ist der mit dran.. Ich sehe auch da das Problem, durch die Gesetzesnovellierung würde ich mir auch wünschen kein übermäßiges Gewicht auf den ÄLRD zu legen.


    VG

  • Aber eben bei der Verantwortung ist es ein großer Unterschied ob du als RA eine Legitiation vom ÄLRD in der Tasche hast oder eben nicht...


    Das ist richtig. Aber was willst Du damit sagen?


  • Den Hintern hält der Rettungsassistent schön selber hin. :)

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  • Den Hintern hinhalten muss, wenn es schief geht, der ÄLRD. Nicht ganz alleine, aber im Zweifel ist der mit dran..


    Den Hintern hält grundsätzlich der hin, der eine Maßnahmen durchführt oder unterlässt. Das sind in diesem Fall die Rettungsassistenten in München. Ob und wie ein verantwortlicher Arzt bzw. ÄLRD herangezogen werden kann, ist immer auch von den jeweils geltenden, gesetzlichen Regelungen abhängig. Du hast sicher die Stellungnahme des DBRD gelesen, dort ist noch einmal aufgeführt, welche Folgen sich für die Rettungsassistenten durch eine Unterlassung von gebotenen und zumutbaren Maßnahmen ergeben könnten.


    Ich kann die Intention des ÄLRD in München zwar nachvollziehen, jedoch ist sein Vorgehen m.E. der falsche Weg.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Du hast sicher die Stellungnahme des DBRD gelesen, dort ist noch einmal aufgeführt, welche Folgen sich für die Rettungsassistenten durch eine Unterlassung von gebotenen und zumutbaren Maßnahmen ergeben könnten.


    In meinen Augen wird damit nur verunsichert und von Seiten des DBRD mit Ängsten gespielt, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Oder kann der DBRD einen Fall benennen, wo ein Rettungsassistent rechtlich belangt wurde, weil er kein Medikament gespritzt hat?

  • Zumindest gibt es ein Gerichtsurteil bzw. eine Urteilsbegründung, in welcher der entscheidende Richter sehr deutlich macht, dass er sich entsprechende strafrechtliche Konsequenzen sehr gut vorstellen kann.

  • Konkreter gesagt: Wenn der ÄLRD die Maßnahme Glukoseinjektion freigibt und ein RettAss durch eine fehlerhafte Gabe einer jungen Patientin nachweisbare schwerste Nekrosen zufügt (sekundär). Wenn wir fachlich davon ausgehen:
    1. Die Pat. bekannte Diabetikerin war
    2. Die Gabe indiziert war
    3. Der RettAss geschult wurde
    4. Die Gabe trotzdem in die Hose geht


    Was wird passieren? 1. Frage: Ist das Schulungskonzept mängelfrei? (Ich bin sicher bei jedem noch so Guten Konzept könnten sich Schwächen finden). 2. Frage: Wieso hat der RettAss es konkret verbockt?


    Also sind zwei Menschen bei einem solchen Fall dran. Der ÄLRD und der RettAss..


    Das meinte ich damit, dass eine zu große Fokussierung auf die ÄLRD eher zu einer (auch nachvollziehbar) zurückhaltenden Kompetenzfreigabe führen kann. Das habe ich in einigen Bereichen (vor allem bei Einführung eines ÄLRD) erlebt.


    VG

  • Zumindest gibt es ein Gerichtsurteil bzw. eine Urteilsbegründung, in welcher der entscheidende Richter sehr deutlich macht, dass er sich entsprechende strafrechtliche Konsequenzen sehr gut vorstellen kann.


    Das ist nicht wirklich viel bei so vielen täglich unterlassenen Hilfeleistungen von Rettungsassistenten.

  • [...]


    In meinen Augen wird damit nur verunsichert und von Seiten des DBRD mit Ängsten gespielt, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Oder kann der DBRD einen Fall benennen, wo ein Rettungsassistent rechtlich belangt wurde, weil er kein Medikament gespritzt hat?


    Patienten und deren Angehörige sind in der Regel medizinische Laien. Selbst unter medizinisch bewanderten fehlt meist die Kenntnis über die Arbeitsweisen des Rettungsdienstes, diese und entsprechende Kompetenzregelungen sind selbst den wenigsten niedergelassenen Ärzten bekannt. Hinzu kommt, dass mögliche Behandlungsfehler eher der Versorgung im Krankenhaus zugeschrieben werden. Auch den Faktor Stress würde ich für Angehörige und Patienten nicht ganz außer Acht lassen.


    All diese Faktoren kommen dem Rettungsdienst denke ich zu gute, auch wenn ich mich damit schwer tue. Mir selber liegen irgendwelche Experimente mit Patienten völlig fern. Auf der anderen Seite hätte ich ein Problem damit, sicher beherrschte und dringend gebotene Maßnahmen wissentlich zu unterlassen und so Folgeschäden oder gar den Tod eines Patienten in Kauf zu nehmen.


    Die Anweisung des ärztlichen Leiters ist meines Erachtens nicht haltbar. Eine plausible Begründung fehlt obendrein.


    LG TT


    PS: Erzähl doch mal mehr über unterlassene Hilfeleistungen durch Rettungsassistenten, lieber Ani... :)

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  • In meinen Augen wird damit nur verunsichert und von Seiten des DBRD mit Ängsten gespielt, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Oder kann der DBRD einen Fall benennen, wo ein Rettungsassistent rechtlich belangt wurde, weil er kein Medikament gespritzt hat?


    Demnach sieht du also die Stellungnahmen der Ärzteverbände ebenso als Ängste schürend an, um die eigenen Ziele durchzusetzen? Diese argumentieren ja in die umgekehrte Richtung ebenfalls regelmäßig mit rechtlichen Konsequenzen für Rettungsassistenten, ohne ein entsprechendes Urteil nennen zu können. Für die Rettungsassistenten gibt es - wie dir bekannt sein dürfte - zumindest aus dem Arbeitsrecht ein Urteil, dass sich auf die möglichen Folgen der Unterlassung durch RettAss beruft.
    Aber wir kennen das ja schon: was für eine BÄK oder Ähnliche gut und recht ist, ist beim DBRD einzig das Verfolgen der eigenen Interessen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Das ist nicht wirklich viel bei so vielen täglich unterlassenen Hilfeleistungen von Rettungsassistenten.


    Bei den vielen, täglichen Medikamentengaben durch Rettungsassistenten bundesweit ist es nicht wirklich viel, kein Urteil vorweisen zu können. Wobei, ich hatte ganz vergessen, es gab ja schon einmal ein Urteil: Elmshorn. Aber da dieses Urteil ja zugunsten der damaligen Rettungssanitäter ausfiel, zählt das sicher nicht ;)

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Daniel


    Ich denke aus dieser Diskussion sollte man jetzt mal sämtliche Stellungnahmen zum NotSanG herauslassen. Kurz und bündig: Du hast recht, die ärztlichen Stellungnahmen erfüllen genau die uns vorgeworfenen Angstmachereien.. Ich denke also man sollte darüber nicht diskutieren.
    Das passt nicht.

  • Alles klar. Ich merk schon: mit waidwund geschossenem Wild kann man nicht diskutieren. Wozu auch. Es wird sich mit allen Kräften wehren und trotzdem sterben.

  • @Ani


    Was soll das denn ?? Lies mal weiter oben, da dürfte dir auch eine etwas differenziertere Betrachtung des Themas auffallen. Tsss.. Ich denke nur, dass man die Stellungnahmen einfach mal raus lassen sollte.

  • Alles klar. Ich merk schon: mit waidwund geschossenem Wild kann man nicht diskutieren. Wozu auch. Es wird sich mit allen Kräften wehren und trotzdem sterben.


    Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. ;)

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  • Wäre doch klasse wenn sich aus diesem Schlamassel eine einheitlich organisierte Versorgungsweise entwickeln würde. Schlimm genug das das nicht Ärztliche Versorgungsniveau von Bundesland zu Bundesland unterscheidet. Ich finde die Versorgung des Bürgers sollte sich nicht unterscheiden je nach dem welche HiOrg vorfährt. Da ist eine kurze Zeit ohne erweiterte Maßnahme doch ein kleiner Preis.

  • In meinen Augen wird damit nur verunsichert und von Seiten des DBRD mit Ängsten gespielt, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Oder kann der DBRD einen Fall benennen, wo ein Rettungsassistent rechtlich belangt wurde, weil er kein Medikament gespritzt hat?

    ...naja im Fall von München wurde die Verunsicherung vom ÄLRD ausgelöst. Und anhand der hier getätigten Diskussion sieht man einfach mal die gesetzliche Zwickmühle die zumindest gefühlt da ist.
    ...vielleicht haben wir ja Glück (wenn man es so nennen kann) das in München über kurz oder lang ein Strafverfahren eingeleitet wird, entweder gegen den ÄLRD oder einem Sani.

  • Ich wage mittlerweile zu behaupten, dass Uwe Kreimeier mit seinem Rundschreiben der Diskussion um eine erweiterte (medikamentöse) Regelkompetenz des RFP einen großen Gefallen getan hat. Das ist Wasser auf den Mühlen des DBRD!