2 Rettungsassistenten von drei Männern verprügelt

  • Eine ganz einfache Erklärung dafür wäre, daß der Rettungsdienst immer häufiger zu solchen "Patienten" hinzugezogen wird, während solche Einsätze früher überwiegend durch die Polizei oder aber generell ohne fremde Hilfe "abgearbeitet" wurden. Ich persönliche glaube nicht an eine allgemein so extrem zunehmende Gewaltbereitschaft der Patienten.

    Früher sind Einsätze wie der Beschriebene durch die Polizei bearbeitet worden? Hätte man damals also nicht den Rettungsdienst, zwecks Behandlung, gerufen?


    Ob die Gewaltbereitschaft jetzt zugenommen hat, kann ich mangels Alter nicht sagen. Zumal Alkoholkonsum ja auch im geschilderten Einsatz eine Rolle gespielt hat. Mal ehrlich, viele würden da sogar ihre Oma angreifen. Was ich aber sagen kann ist, daß eine gewisse Grenze, auch ohne Hilfsmittel, erstaunlich oft überschritten wird. Ob das schon immer so war oder ob man da verklärt, würde mich mal interessieren. Denn wenn man den Angaben der Polizeigewerkschaft(GdP) Glauben schenkt, nehmen ja Angriffe auf Polizeibeamte seit Jahren zu.

  • Möglich und sehr wahrscheinlich. Aber was erwartest du von der Antwort?



    Nur weil die Einsatzzahl steigt, steigt ja nicht automatisch die Zahl der Einsätze mit Gewalt.




    Deine Skepsis in allen Ehren, Ani... :eyeroll:

  • @ Neo


    Ich denke Ani meinte es gerade anders.



    Gestiegene Angriffszahlen auf Polizisten ist nur bei gleichbleibenden Einsatzzahlen eine deutliche Verschlechterung. Bei ebenso zahlenmäßig gestiegenen Einsätzen bleibt die Quote gleich, was nicht einer Verschlechterung gleichkommt.


    Und bei deinem Beispiel (gestiegen Einsatzzahlen bei nicht gesteigener Gewalt) wäre ja ein sehr positiver Trend

    "Glück ists wenn man sich dort kratzen kann wos einen juckt" - L. Hirsch
    »Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind!« – Charles Bukowski

  • Bei ebenso zahlenmäßig gestiegenen Einsätzen bleibt die Quote gleich, was nicht einer Verschlechterung gleichkommt.

    Sehe ich nicht so. Wenn beispielsweise ein Polizist bei einer um 15% gestiegenen Einsatzzahl auch 15% häufiger tätlich angegangen wird, ist das relativ sicher keine Verschlechterung...absolut dagegen mitunter eine ganz erhebliche.
    Ansonsten halte ich es mit dem Hamburger Kollegen - im Zweifel erfolgt eine klare Ansage & wer die nicht versteht bzw. verstehen möchte muss mit den Konsequenzen seines Handelns leben. Ist nicht immer schön für den betreffenden "Kunden", dafür kann ich mich früher wieder "normalen" Patienten zuwenden.

  • Gibt es irgendwo eine geführte Statistik bezüglich Gewalt gegen BOS?


    Nein, gibt es nicht, egal ob RD, FW oder Pol betroffen ist.


    Deswegen ist es die Frage, ob es wirklich mehr Gewalt gibt, oder ob die Gewalt, die es gibt, stärker wahrgenommen wird und häufiger (in der Presse) thematisiert wird und deswegen präsenter ist.


    Ich weiss von einem RD-Bereich, der darüber seit Jahren Zahlen sammelt, dort pendelt die Zahl der Einsätzen, bei denen es zu tätlichen Angriffen gekommen ist und welche der RD-Leitung gemeldet werden, seit gut 15 Jahren zwischen 0 und 12 pro Jahr, im Schnitt knapp über 5 Einsätze/Jahr. (2012 waren es 0 Meldungen, 2011 3, die 12 Einsätze wurden 1998 gemeldet, die Zahl der RD-Einsätze steigt auch dort von Jahr zu Jahr....)
    "Unsere" Polizeidirektion hat auf Nachfrage der örtlichen Presse auch keine steigende Tendenz in Bezug auf (aktenkundig gewordene) Tätlichkeiten gegen Polizisten feststellen können....


    Vielleicht ist dass aber auch wie beim sexuellen Mißbrauch von Kindern... Jeder glaubt, dass diese Fälle zunehmen, die Zahlen sehen aber etwas anders aus:
    http://de.statista.com/statist…ch-von-kindern-seit-1999/
    http://de.statista.com/statist…hutzbefohlenen-seit-1994/

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Sehe ich nicht so. Wenn beispielsweise ein Polizist bei einer um 15% gestiegenen Einsatzzahl auch 15% häufiger tätlich angegangen wird, ist das relativ sicher keine Verschlechterung...


    Schau dir das mit dem Prozentrechnen nochmal an. ;-)

  • Auch hier wieder die Frage: bei gleicher Einsatzzahl?

    Interessant wäre vor allem, den Anteil der jeweiligen Einsatzarten zu kennen. Das in Fällen von häuslicher Gewalt oder bei alkoholbedingten Schlägereien die Gefährdung Dritter recht groß ist, ist klar.

  • Vielleicht die andere Seite der "Medaille"....


    http://www.sueddeutsche.de/mue…olizisten-bonus-1.1595235


    Zitat

    Weil Staatsanwälte Polizisten für glaubwürdiger halten als den Normalbürger, kommen Beamte nach Fällen von Polizeigewalt meist ungeschoren davon. Daraus müssen Lehren gezogen werden - damit ein Polizist künftig lieber zweimal nachdenkt, bevor er einer gefesselten Frau das Nasenbein bricht.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
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    James Elroy Flecker

  • Die folgenden Zeilen beruhen auf keiner Statistik, sind weder wissenschaftlich fundiert noch doppelblind erhoben (weil man nur sehenden Auges der Gefahr entgehen kann) sondern sind meine Beobachtungen, die ich aus den letzten 19 Jahren mitgenommen habe:


    - Die Zahl der Gewalttätigkeiten gegen POL/FW/RD hat in den letzten Jahren im Rahmen der allgemein steigenden Einsatzzahlen nicht überproportional zugenommen, dennoch leiden Kollegen/innen unter dem mentalen Druck, welcher der gewachsenen Angst, selbst im Einsatz Opfer von Gewalt zu werden entspringt => höhere feststellbare Zahl an psychisch bedingten Krankheitstagen (passt irgendwie in bundesweite Bild...)
    - Die Qualität der Gewalt hat sich verändert. Wo früher lediglich Verbalaggression zu Tage trat, sind insbesondere durch Rauschmittel enthemmte heute schneller mit physischer Gewalt bei der Hand.
    - Das geht einher mit einem weiter verbreiteten, exzessiveren Rauschmittelkonsum, wobei harte Drogen eindeutig in den Hintergrund getreten sind.
    - es besteht ein eindeutiger Schulungsbedarf insbesondere des "frischen" Rettungsfachpersonals aber auch der jüngeren Ärzte hinsichtlich grundlegender Kommunikationsstrategien und höherer Stressresilienz. Nicht selten geht die Verbalaggression in der Tat vom RFP/POL/FW aus. Eine Uniform macht nicht, das man Recht hat...
    - Die Zahl der akut behandlungsbedürftig psychisch Erkrankten steigt seit Jahren an, ohne dass sich die Versorgungsstrukturen diesbezüglich (zumindest hierorts) nennenswert verändert hätten. Dies führt dazu, dass eine Alltagssituation plötzlich eskalieren kann, ohne dass der Patient oder die Kollegen darauf vorbereitet wären. Die Annahme, dass jede Gefährdungssituation mit ein wenig gutem Willen und etwas Ausbildung von vorn herein erkennbar wäre, ist schlichter Unfug. In diesem Zusammenhang weise ich auf den vorangegangenen Punkt hin und muss leider so manchem im RD tätigen mangelnde Empathie unterstellen. @ani: Empathie hat nichts mit Gutmenschentum zu tun, sondern ist ein (leider zivilisatorisch verkümmerter) Überlebensinstinkt.
    - Unsere Gesellschaft verändert sich. Klingt wie ein guter Allgemeinblatz, ist aber aus meiner Sicht ein Faktum. Damit verschiebt sich auch das Habitus-, Normen- und Wertegerüst, welches jedem individuum als sozialer Kompass beim Umgang mit der Umwelt dient. Hierbei entstehen inter- und intragenerationelle Inkongruenzen, die man nicht mit einem Benimmkurs ausbügeln kann.


    Eine Gesellschaft muss sich vor allem daran messen lassen, wie flexibel sie in der Lage ist, sich an ihren eigenen Wandel anzupassen. Das gilt für Großgruppen genauso wie für Individuen. Das Wandel immer Reibungsverluste erzeugt, zeigt uns die Geschichte Mal um Mal auf eindrucksvolle Weise. Man braucht aber für die meisten Veränderungen weder Schutzwesten, noch Pfefferspray. Mehr Menschenkenntnis (die man durchaus trainieren kann) und die kritische Frage, ob man den selbst für einen Sozialberuf geeignet ist wären in den allermeisten Fällen wesentlich hilfreicher...


    H.a.n.d.

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Schau Dir einfach mal die Definitionen von "relativ" und "absolut" an. Was er schrieb, hat definitiv Hand und Fuß.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Dann klär' mich mal auf...


    wie Mowl kann ich dies nicht wissenschaftlich belegen. Aber aus über 9 Jahren Rettungsdienst und einigen Gesprächen mit Kollegen ist das mein Gefühl. Ich habe das Gefühl, dass sich unsere Gesellschaft verändert hat und das es viel früher zu Aggressionen kommt, wie früher.