Notfallsanitäter - ein attraktives Berufsbild?

  • Was meinst Du Ani?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ach, das ist nur der Anfang einer lyrischen Widmung an Rettungsfachpersonal, die im Internet herumgeistert. Musste ich gerade spontan dran denken, als Du die ersten Argumente für diesen Höllenjob zusammengetragen hast.

  • Und dann schreiben Leute in diesem Forum darüber, warum keiner Notfallsanitäter werden will. :mauer:

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Diese Widmung kenne ich in der Tat nicht. Aber bitte nicht wieder zu sehr auf uns arme Sani´s rum hacken, Herr Doktor. Ich will unseren Job gar nicht auf die höchste berufliche Sänfte heben, würde ihn auch gar nicht als Höllenjob bezeichnen. Ein Höllenjob wäre in meinen Augen eher sowas wie Soldat bei einer Spezialeinheit (KSK, SEAL, oder sowas), Berufstaucher im Klärwerk, Sekretärin bei FIFA Blatter, eine Nutte oder ein Finanzbeamter...


    Gruß


    P.S. vielleicht auch noch Anästhesist... :-D

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Eine kleine Bemerkung zu dieser Abitur- kein Abitur- Diskussion, die ich für etwas zu kurz getreten halte. Wir leben seit Jahren mit einem schleichenden Wertverlust des Abiturs (mit einem gewissen republikanischen Nord- Süd- Gefälle) dahingehend, dass immer mehr junge Menschen ein immer besseres Abitur erwerben, das dadurch schleichend an Wert verliert (quasi- Inflation). Werden die Schüler immer klüger, die Ansprüche immer geringer, oder - Stichwort G8 - die gesellschaftlichen Erwartungen an Schule und Schüler immer unrealistischer? Übrigens merkt man dem Abitur- Realschul- Vergleich deutlich an, dass ein Großteil der Vielschreiber dieses Forums aus dem Süden der Republik kommt: der NRW'ler hat ja gar keine Realschule mehr (bzw. diese läuft aus), sondern stellt demnächst Sekundarschüler neben Abiturienten und Gesamtschüler, die theoretisch beide Abschlüsse erreichen können. Ob dies zur Aufwertung der Abschlüsse schwacher Sekundarschüler oder zur Abwertung der Abschlüsse starker Sekundarschüler führen wird, ist m.E. nicht abzusehen.
    Diese Entwicklung ist das Spiegelbild einer gesamtgesellschaftlichen Tendenz, dass (Ausbildungs-)Berufe, die man vor 20 Jahren mit Realschul- oder aber nur mit sehr gutem Hauptschulabschluss erreichen konnte, heute das Abitur verlangen. Die NRW- Polizei als prominentes Beispiel hat vor einigen Jahren den mittleren Dienst komplett abgeschafft und die "einfache" Polizeilaufbahn akademisiert, so dass jeder Polizeianwärter nun Bachelor FHöV wird. Dieser Weg ist m.E. im Rettungsdienst mittelfristig nicht realistisch. Vielleicht wird eines Tages einmal das Medizinstudium "bolognarisiert", und es wird dann Bachelor und Master (+ Promotion) in der Medizin geben, vorstellen kann ich es mir aber nicht. Gerade die Tatsache, dass man (endlich!) aus der Tätigkeit im Rettungsdienst einen echten Ausbildungsberuf mit bezahlter Auszubildenden- Tätigkeit gemacht hat, steht dem entgegen. Jetzt muss man sich aber auch offensiv dazu bekennen, das Ausbildungsziel "NotfallsanitäterIn" so zu gestalteten, dass die guten Real-/ Sekundarschüler - nicht Abiturienten - darin der Maßstab sind. Meiner Meinung nach ist längst überfällig, dass die Schullaufbahn unterhalb des Abiturs plus Ausbildung wieder mehr in den Fokus rücken und die gesellschaftliche Denke "Abitur + Hochschulabschluss allein macht seelig" abgesägt wird. Vielleicht ist das die späte Rache des Franz Josef Strauß?

  • wobei die Polizie nicht unbedingt glücklicher geweroden ist durch den wegfall des mittleren Dienstes, zu mindest in NDS ist es ein dauer Thema und es könnte doch irgendwann wieder die Rolle rückwärts geben, abwarten.

  • wobei die Polizie nicht unbedingt glücklicher geweroden ist durch den wegfall des mittleren Dienstes, zu mindest in NDS ist es ein dauer Thema und es könnte doch irgendwann wieder die Rolle rückwärts geben, abwarten.


    Warum sollte man damit auch glücklich werden? Wer will bitte Häuptling sein ohne Indianer zu haben?
    Siehe Bundeswehr. Da ist mittlerweile (gefühlt) jeder mindestens Unteroffizier und wenn du deine Schuhe ohne fremde Hilfe anziehen kannst bist du Feldwebel.
    Finden die "Neueinsteiger" vielleicht noch attraktiv (des Geldes wegen), aber irgendwann fragt man sich wofür man Führungslehre im Lehrgang hat, wenn niemand zum führen da ist. ;)

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • In erster Linie ist eine Polizei mit einem Einstieg erst ab gehobenen Dienst aber ziemlich teuer. Deswegen verwundert es wenig, wenn es Überlegungen gibt, dies abzuschaffen. Natürlich ist der Wegfall einer Hierarchieebene mit einer Abflachung der anderen vergesellschaftet, die Aufgaben fallen ja nicht weg. Allerdings ist es schon so, dass der Anspruch der Aufgaben, denen ein Polizist begegnet schon durchaus für den gehobenen Dienst angemessen, insbesondere wenn man dies mit dem allgemeinen Verwaltungsapparat vergleicht. Warum sollte man gerade bei der Polzei an den "Bearbeiter" weniger Ansprüche stellen und es geringer entlohnen? Weil er am Ende des Monats mit den Schichtzulagen bzw. DUZ auf einen ähnlichen Betrag kommt? Nein, denn dafür macht er schließlich Schichtdienst bzw. Dienst zu ungünstigen Zeiten.


    Letztlich haben die Polizeien, die dies eingeführt haben, eben jene gewaltige Lohnerhöhung (i.d.R. A10 statt A7!) eingeführt, die wir im Rettungsdienst immer fordern. Und das mit dem Abitur hat man zumindest teilweise auch aufgefangen. Es gibt durchaus Modelle, wo man vor seiner Anwartschaft an der Polizeischule sein Abitur nachmachen kann. Man kann halt leider nicht immer einfach nur mehr wollen, gelegentlich ist es dafür auch notwendig, erstmal mehr zu leisten. Sowas erinnert mich immer ein wenig an die Argumentation "ohne mehr Geld mach ich erstmal gar nix Neues" im Rahmen der NotSan-Diskussion. Mir wird dabei immer ein wenig schlecht. Ich bin ja nun auch mit der Erste, der fordert, dass man Leistung auch bezahlen soll, allerdings muss man sie auch erstmal bringen. Und ganz häufig sind diejenigen, die dieser Argumentationslinie anhängen, nicht unbedingt die, denen ich ein mehr an Leistung unbedingt zutraue. Natürlich ist das nur verallgemeinert auf das Gesamtphänomen und nicht auf einzelne Individuen gemünzt.


    Tobi: Deine Ausführungen sind gut und richtig, ich würde sie in weiten Teilen unterstützen, aber der Bezug zum Thema fehlt mir etwas. Vielleicht kannst du mir das noch erläutern, es ging hier doch nie darum, dass Realschüler von der NotSan-Ausbildung ausgeschlossen werden. Lediglich Hauptschüler wurden ausgeschlossen und das bei dem, was man den NotSan beibringen soll, vielleicht auch nicht unberechtigt. Zumindest aus der Sicht eines Ausbilders begrüße ich es persönlich, da es mit den Hauptschulabsolventen in der RettAss Ausbildung in den letzten Jahren (nur die kann ich beurteilen) schon nicht selten Probleme gab. Sicherlich gab es da positive Einzelfälle, allerdings waren das auch stets die, wo man sich gefragt hat, wieso derjenige nur diesen Schulabschluss hat. Er hätte erheblich mehr Möglichkeiten gehabt, wenn er den höheren Abschluss gemacht hätte. Und genau das ist die Überleitung zu meinem Hauptpunkt zu deinen Ausführungen: Die Zulassungsgrenze Realschulabschluss darf im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass man höhere Bildungsabschlüsse ausschließt. Viele Schüler machen ja auch nur Abitur um sich Möglichkeiten zu eröffnen ohne den Willen, wirklich mal zu studieren. Höhere Schulabschlüsse sollten zu mehr Möglichkeiten für den Absolventen führen und nicht zur Einschränkung der persönlichen Möglichkeiten.


    Auch die Aufforderung, dass die Ausbildung sich am Realschüler orientieren soll, finde ich schwierig. Die Ausbildung sollte so aufgebaut sein, dass sie kein Wissen und keine Wissensaneignung erfordert, die über einen Realschulabschluss hinaus geht, wobei es ihr schon freistehen sollte, diese im Laufe der Ausbildung zu vermitteln und trainieren. Die Anforderungen an die Ausbildung sollten aber vorrangig schon von dem Ausbildungsziel, sprich von den Anforderungen des Berufs und den zu erlerndenen Fertigkeiten gesetzt werden. Aber vielleicht habe ich dich da auch einfach nur falsch verstanden und du meintest das, was ich im zweiten Satz dieses Absatzes beschrieben habe.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!