Polizei warnt vor unberechtigter Medikamentenbeschaffung durch falsche Rettungsassistentin/Notärztin

  • Kleine Ergänzung: Die Vorlage eines Arztausweises reicht mittlerweile nicht mehr aus um rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke zu kaufen, auch ein Arzt muss dazu(für sich selbst) ein Rezept ausstellen.


    Nein, das muss er nicht... aus eigener Erfahrung.

  • Mal eine andere Frage:
    Man ist sich laut der Warnmeldung sicher, dass die "Person" kein Arzt bzw. keine Rettungsassistentin ist, zudem kam es schon zu mehreren Reanimationen in Folge der strafbaren Handlungen.


    Offensichtlich kennt man die Person.
    Daher meine Frage an die Profis:


    Warum gibt es dann keinen öffentlichen Fahndungsaufruf mit Bild?

  • Dem gemeinen Apotheker/PTA unterstelle ich jetzt mal, dass er firm ist in seinem Metier und weiß was er da tut, wenn er solche Medikamente rausgibt. Es geht ja nicht nur um ne Packung 600er Ibuprofen. Ich halte das nicht für realistisch, besonders nicht in mehreren Fällen.


    Ich halte das umgekehrt aufgrund meiner Erfahrung für absolut realistisch, insbesondere, wenn der Täter/die Täterin ein(e) geschickte(r) Betrüger(in) ist.


    Es ist erweislich trivial, sich bei Dutzenden von Ärzten Verschreibungen von insgesamt mehreren hundert Packungen Fentanylpflaster zu erschleichen, ohne dass der angebliche Patient - der Ehemann der betreffenden Person - diese Praxis jemals betreten hat; ein alter Arztbrief auf den Namen dieses Ehemannes in Kopie und eine gute Geschichte reichen. Noch trivialer ist es, nicht den Vorschriften des BtMG/der BtmVV unterliegende Arzneimittel verschrieben zu erhalten. Für beides muss man nicht einmal gut sein. Gute Betrüger erreichen ganz andere Dinge: Auskünfte, die sie nie bekommen dürften, Zutritt zu Sicherheitsbereichen, Arbeitsstellen als Ärzte ohne Medizinstudium oder 6-8stellige Beträge von erfahrenen Geschäftsleuten, die sie dann abzocken.


    Warum sollte das in Apotheken anders sein? Auch dort ist - ganz ohne Betrüger - Schlendrian nicht unverbreitet: der Anästhesist aus der Praxis für ambulante OPs im Haus bekommt die Btm für die anstehende Narkose ohne Rezept in die Hand gedrückt ("reiche ich nach"), die Btm-Kartei ist auf dem Stand von vor 3-4 Jahren, die Rezepte und Lieferscheine sind in Tüten gelagert, nach Jahren geordnet ("wollte ich noch nachtragen"), und stehen teilweise in der Dusche der Messi-Wohnung des betreffenden Apothekers, in der man nur auf schmalen Wegen einmal rund durch die Räume gehen kann ... Da halte ich es für ein leichtes, mit einer plausiblen Story Arzneimittel zu bekommen.


    Solange das keine Btm sind, ist das ja - aus rechtlicher Sicht - auch weitgehend risikolos: kein Mensch kann überprüfen, ob Einzelmengen von Arzneimitteln ohne Rezept abgegeben wurden. Gut, wenn man über Jahre hinweg jeden Monat mehrere hundert Packungen Diazepam und Flunitrazepam ohne Rezept abgibt oder das gar so weit treibt, dass die Liefermengen statistisch auffällig werden, weil sie bundesweit ohne Beispiel sind, bekommt man nach einigen Jahren Ärger, aber ein paar oder ein paar Dutzend Packungen? Das kann keiner nachweisen.


    Kleine Ergänzung: Die Vorlage eines Arztausweises reicht mittlerweile nicht mehr aus um rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke zu kaufen, auch ein Arzt muss dazu(für sich selbst) ein Rezept ausstellen.


    Wie Docjojo schon sagte: stimmt nicht, von Ausnahmen abgesehen. § 4 Abs. 2 S. 1 AMVV: "Für den Eigenbedarf einer verschreibenden Person bedarf die Verschreibung nicht der schriftlichen oder elektronischen Form." Mündlich reicht also. Aber: "Der Apotheker hat sich über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen." Arztausweis ist also nicht schlecht. :)

  • Mal eine andere Frage:
    Man ist sich laut der Warnmeldung sicher, dass die "Person" kein Arzt bzw. keine Rettungsassistentin ist, zudem kam es schon zu mehreren Reanimationen in Folge der strafbaren Handlungen.


    Offensichtlich kennt man die Person.


    Das Wissen, dass "jemand" sich unbefugt Azrneimittel verschafft und damit Unheil anrichtet, führt nicht zwingend zur Kenntnis des Namens oder eines Lichtbildes der betreffenden Person.


    Warum gibt es dann keinen öffentlichen Fahndungsaufruf mit Bild?


    Aller Voraussicht nach, weil man kein Bild hat - und ggf. auch den Namen nicht kennt. Überwachungskameras sind in Apotheken nicht sehr weit verbreitet.

  • Man kennt sowohl die Beschuldigte namentlich, als auch ihre vermeintliche "Komplizin". Auch ist der Name des Ehemanns - tatsächlich Arzt - bekannt. Laut Warnmeldung der Polizei wurde auf Nachfrage nach dem Arztausweis angegeben, dass dieser gerade nicht mitgeführt und nachgereicht werde. Offensichtlich hat das in einigen Fällen ausgereicht. In der Tat alles sehr dubios, zumal die Beschuldigte in der Vergangenheit wohl schon einmal in einer anderen Sachen aktenkundig wurde.


    Gesendet vom Mobiltelefon

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • der Anästhesist aus der Praxis für ambulante OPs im Haus bekommt die Btm für die anstehende Narkose ohne Rezept in die Hand gedrückt ("reiche ich nach"), die Btm-Kartei ist auf dem Stand von vor 3-4 Jahren, die Rezepte und Lieferscheine sind in Tüten gelagert, nach Jahren geordnet ("wollte ich noch nachtragen"), und stehen teilweise in der Dusche der Messi-Wohnung des betreffenden Apothekers


    Muss der Apotheker für die Bestellung keinen Nachweis führen? ?-(
    Wer überprüft eigentlich Apotheken? ?-(

  • Aller Voraussicht nach, weil man kein Bild hat - und ggf. auch den Namen nicht kennt. Überwachungskameras sind in Apotheken nicht sehr weit verbreitet.


    Das scheint doch anders zu sein:


    Man kennt sowohl die Beschuldigte namentlich, als auch ihre vermeintliche "Komplizin". Auch ist der Name des Ehemanns - tatsächlich Arzt - bekannt. Laut Warnmeldung der Polizei wurde auf Nachfrage nach dem Arztausweis angegeben, dass dieser gerade nicht mitgeführt und nachgereicht werde. Offensichtlich hat das in einigen Fällen ausgereicht. In der Tat alles sehr dubios, zumal die Beschuldigte in der Vergangenheit wohl schon einmal in einer anderen Sachen aktenkundig wurde.


    Deswegen verwundert es mich.

  • Muss der Apotheker für die Bestellung keinen Nachweis führen? ?-(


    Wie meinen? Eigentlich muss der Apotheker "unverzüglich", spätestens am Ende des Arbeitstages, Zu- und Abgänge ins Bestandsbuch eintragen.


    Wer überprüft eigentlich Apotheken? ?-(


    Die jeweils für die Arzneimittelaufsicht (§ 64 AMG) zuständige Behörde, in Ba-Wü: das Regierungspräsidium. Es finden regelmäßig, alle paar Jahre, durchaus umfangreiche Begehungen ("Revision") statt, entweder durch Bedienstete des RP selbst oder durch andere Apotheker/Pharmazeuten, den "Pharmazierat". Vgl. bspw. https://apothekentheater.wordp…/11/20/totgesagte-teil-1/ und https://apothekentheater.wordp…/11/21/totgesagte-teil-2/.


    Die sind verschieden genau, verschieden rücksichtsvoll, verschieden nett. Da kann die Btm-Kartei mal übersehen werden oder die Antwort mit "Oh, die habe ich gerade daheim, zum Durchsehen" akzeptiert werden - oder mit einem "WAS?! DAHEIM?! DIe hat in der Apotheke zu sein! Die holen Sie jetzt direkt her!!!1" beantwortet werden. (Die Probleme mit jahrelang nicht nachgetragenen Btm-Karteien sind übrigens nicht so selten wie die anderen geschilderten Fälle. Das hatte ich jetzt schon drei- oder vier Mal ...)

  • Die Probleme mit jahrelang nicht nachgetragenen Btm-Karteien sind übrigens nicht so selten wie die anderen geschilderten Fälle. Das hatte ich jetzt schon drei- oder vier Mal ...


    Toll... Da kann man das Zeug eigentlich gleich im Supermarkt verkaufen. :-/
    bzw.
    Wer garantiert, dass das Zeug dann nicht in dunkle Kanäle gewandert ist ?


    :-(


  • --> Festnahme?


    Nicht so einfach. Verdunkelungsgefahr haben wir nicht, Flucht auch nicht zwingend, wenn sie eh mobil sind, den besonderen Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO wohl auch nicht, der besondere Haftgrund der Wiederholungsgefahr drängt sich auch nicht auf ... bliebe Fluchtgefahr.


    Schwer von außen zu beurteilen.


    Ich kenne auch den Fall eines Medizinstudenten, der unter Schlaflosigkeit - und, wie ich annehme, auch einer Suchtproblematik - litt und sich ständig Propofol, Sevofluran pp. aus einer Klinik klaute, wo er mal famuliert hatte (und, wie sich später herausstellte, auch wie ein Weltmeister Rezepte fälschte). Da kam es auch zu vier oder fünf Tatkomplexen, ohne dass man so wirklich einwandfreie Haftgründe gehabt hätte; die Klinik war schon völlig verzweifelt, weil sie den OP-Trakte, gerade nachts, auch nicht ausreichend absichern konnte. Das hängt dann auch ein wenig davon ab, wie energisch Staatsanwaltschaft (und Gericht) vorzugehen gewillt sind ...

  • Toll... Da kann man das Zeug eigentlich gleich im Supermarkt verkaufen. :-/


    Tja, grau, grau ist alle Theorie.


    bzw.
    Wer garantiert, dass das Zeug dann nicht in dunkle Kanäle gewandert ist ?


    :-(


    Interessanterweise wurden in fast allen Fällen im Rahmen der Ermittlungen die Bestände geprüft (eine Sysiphos-Arbeit: vor Ort nachzählen, dann alle Rezepte und Lieferscheine im Btm-Buch nachtragen und gucken, ob das Ergebnis stimmt), mit dem Ergebnis, dass es keine (relevanten) Fehlbestände gab. In derselben Zeit gab es nur zwei Apotheker, die - aus verschiedenen Gründen - einmal hunderte von Diazeplam/Flunitrazepam-Tabletten und im anderen Fall ebenfalls hunderte Tabletten und mehrere Liter Methadon-Lösung einfach so über die Theke gereicht haben. Den erstgenannten hat das seine Betriebserlaubnis gekostet, den letztgenannten IIRC Betriebserlaubnis und Approbation, da bin ich mir aber nicht ganz sicher.


    Sehr viel problematischer ist allerdings im Vergleich der ärztliche Umgang mit Btm, sowohl, was Formalverstöße wie unerlaubte Abgabe betrifft wie auch die bedenkenlose Verschreibung, und richtig schlimm (und schwerer nachweisbar und strafrechtlich nur sehr schwer zu fassen) ist oft die Verschreibungspraxis von Arzneimitteln wie Diazepam, Flunitrazepam, aber leider auch Lyrica. 100 oder 200 Tbl. pro Woche sind da leider kein Ausnahmefall. Wenn man dann noch bedenkt, dass man das via Ärztehopping fast grenzenlos vermehrfachen kann ... Man könnte manchmal den Eindruck gewinnen, dass da ganz erheblich das Problembewusstsein und dann auch die Durchsetzungskraft fehlt.


    Auch das gilt natürlich nicht für jeden Arzt oder auch nur die meisten Ärzte, es sind aber doch erschreckend viele, insbesondere angesichts des Dunkelfeldes (sowas fliegt ja eigentlich fast nie auf, es sei denn, es geht mal was schief - oder bei der Krankenkasse wird irgendwann eine Prüfschwelle getriggert, was man allerdings vermeiden kann, wenn man auf Privatrezept verschreibt ...).

  • Aber eine so richtige, offizielle, Verifizierung der Geschehnisse gibt es bis jetzt nicht. Weder auf der Homepage der Polizei, noch beim Apothekerverband, noch bei der Arzneimittelkommission... Nicht mal das Aktenzeichen gibt Aufschluss über dieses Geschehen...
    Lediglich "Hörensagen". Hmm...

  • Kleine Ergänzung: Die Vorlage eines Arztausweises reicht mittlerweile nicht mehr aus um rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke zu kaufen, auch ein Arzt muss dazu(für sich selbst) ein Rezept ausstellen.


    Negativ, Vorlage des von der LÄK ausgestellten Ausweises in Verbindung mit dem Perso ist völlig ausreichend! Gerade die Tage wieder so praktiziert...

  • (und schwerer nachweisbar und strafrechtlich nur sehr schwer zu fassen) ist oft die Verschreibungspraxis von Arzneimitteln wie Diazepam, Flunitrazepam, aber leider auch Lyrica. 100 oder 200 Tbl. pro Woche sind da leider kein Ausnahmefall.

    Wenn der verschreibende Arzt Neurologe ist, hat das nichts mit Verschreibungspraxis zu tun. Je nach benötigter Dosis kann es durchaus sein, das soviel "aufläuft" und teilweise noch mehr. Sollte es aber Allgemeinmediziner sein, wundert mich das auch.

    "Jedes Ding hat drei Seiten: eine positive, eine negative und eine komische!" (Karl Valentin)


    "Tue erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche" ( Franz von Assisi)

  • Man kennt sowohl die Beschuldigte namentlich, als auch ihre vermeintliche "Komplizin". Auch ist der Name des Ehemanns - tatsächlich Arzt - bekannt. Laut Warnmeldung der Polizei wurde auf Nachfrage nach dem Arztausweis angegeben, dass dieser gerade nicht mitgeführt und nachgereicht werde. Offensichtlich hat das in einigen Fällen ausgereicht. In der Tat alles sehr dubios, zumal die Beschuldigte in der Vergangenheit wohl schon einmal in einer anderen Sachen aktenkundig wurde.


    Gesendet vom Mobiltelefon

    Das ist fast alles korrekt. Nur ist sie nicht mit dem Arzt verheiratet. Sie gibt es nur vor. Liiert waren die beiden allerdings.


    Das Polizeipräsidium Offenburg hat eine Warnmeldung mit den Namen der Betroffenen veröffentlicht.


    Ich verzichte hier auf Veröffentlichung.

  • Zitat von pharmazeutische-zeitung.de

    Die von ihr vorgelegten Rezepte seien gefälscht oder illegal beschafft.
    Quelle


    Das klingt ja anders als "ging mit Rettungsdienstklamotten in Apotheke und kam mit Propofol wieder raus". So hatte ich das in der ersten Meldung nämlich verstanden. Wenn jemand tatsächlich ein Rezept vorlegt und vorher anruft halte ich es doch für realistisch, dass Apotheken diese Medikamente rausgeben. Den anderen Ablauf halte ich weiter für unrealistisch.