Viele von uns werden das Phänomen kennen:
morgens um 10:00 in Deutschland - während der Retter an seine Vesper denkt, liefert er gerade Oma Brömmelhopp in der Notaufnahme ab. Nachmittags um 16:00 beim erneuten Aufsuchen der Notaufnahme liegt besagte Dame immer noch auf dem Flur.
Wenn man genauer hinschaut, sind die Lippen trocken, die Mundhöhle ebenso.
Essen und trinken in der Notaufnahme ?
Ja wo kommen wir denn dahin ???
Hierzu ein Artikel aus unserer Lokalzeitung von heute:
Hungernde Patienten in der Notaufnahme
Klagen über ausgebliebene Versorgung
Vom 08.11.2006
Von
Mareike Russler
WIESBADEN Es ist 9.30 Uhr, als der Krankenwagen vor der Notaufnahme des St. Josefs Hospitals (JoHo) hält. Auf einer Trage bringen Sanitäter die Frau von August M. (Name ist der Redaktion bekannt) in die Klinik. Frau M. ist zu Hause auf dem Rückweg vom Briefkasten zusammengebrochen. Die Patientin trägt einen Herzschrittmacher, ihr Mann ist besorgt.
Ein langer Krankenhaustag mit Untersuchungen zur Diagnose beginnt. Neun Stunden vergehen, bis die Patientin gegen 18.30 Uhr schließlich stationär eingewiesen und auf ein Zimmer verlegt wird. Neun Stunden, in denen sie weder etwas zu essen noch zu trinken bekommen hat, wie Richard M. fassungslos berichtet. Und das sei längst kein Einzelfall: "Mehrere Patienten haben händeringend um etwas zu essen oder zu trinken gebeten", erzählt er. Doch gebracht habe ihnen niemand etwas: "Wir haben nichts", hieß es seitens des Personals. "Das ist eine Riesen-Schweinerei, und teuer genug ist ein Klinik-Aufenthalt auch", meint August M., und nicht nur er ist verärgert: "Ich habe an diesem Tag mit drei weiteren Patienten gesprochen, die in der Notaufnahme genau das gleiche erlebt haben und stocksauer waren."
"Personal um Hilfe bitten"Wie kann so etwas passieren? "Wenn Patienten bei uns nichts zu essen oder zu trinken bekommen, kann das nur medizinische Gründe haben", erklärt JoHo-Pressesprecherin Susanne Schiering-Rosch nach Rücksprache mit der Notaufnahme. Bei manchen Untersuchungen oder einer Operation sei es erforderlich, dass die Patienten nüchtern sind, in allen anderen Fällen könne man sich auch in der Notaufnahme mit Nahrung versorgen: Die Cafeteria, die täglich bis 18 Uhr geöffnet hat, liege auf der gleichen Ebene, darüber hinaus gebe es auch einen Automaten, der Snacks wie Müsli-Riegel und Obst enthalte, einen Getränkeautomaten und einen Wasserspender. Außerdem bestehe die Möglichkeit, auf Nachfrage eine warme Mahlzeit aus der Krankenhausküche zu bekommen. "Patienten, die nicht in der Lage sind, sich selbst etwas zu holen, können natürlich das Pflegepersonal um Hilfe bitten", ergänzt Schiering-Rosch. Angesichts der Arbeitsüberlastung der Krankenschwestern dürfte da jedoch so mancher skeptisch sein. "Sollte es dennoch Schwierigkeiten geben, haben wir ein Qualitäts- und Beschwerde-Management im Haus, an das sich die Patienten wenden können. Die Nummer liegt bei uns überall aus."
Die Notaufnahme in der Asklepios Paulinen Klinik ist ähnlich organisiert: Ein Wasserspender in der Ambulanz gewährleiste die Grundversorgung, der Krankenhauskiosk sei nur drei Schritte entfernt, und im Bistro könne man ebenfalls etwas zu essen bekommen, wie Verwaltungsleiter Oliver Zimmer berichtet. "Bei uns sind die Wege sehr kurz und man kann das Personal immer ansprechen."
Getränke-Automaten, Café, Kiosk, Personal-Kantine - all das gebe es auch in den Horst-Schmidt-Kliniken (HSK), und ebenso könne man über die Internistische Aufnahmestation eine Mahlzeit bestellen, sagt Pressesprecherin Beate Weber-Schnee. Und auch in den HSK sollen sich die Patienten mit diesen Anliegen stets an das Pflegepersonal wenden können. "Aber eigentlich ist es gar nicht vorgesehen, dass Patienten so lange in der Notaufnahme sind, dass eine solche Versorgung notwendig wird", so Weber-Schnee. Eigentlich. Doch das ist häufig Theorie.