Hungernde Patienten in der Notaufnahme

  • Viele von uns werden das Phänomen kennen:


    morgens um 10:00 in Deutschland - während der Retter an seine Vesper denkt, liefert er gerade Oma Brömmelhopp in der Notaufnahme ab. Nachmittags um 16:00 beim erneuten Aufsuchen der Notaufnahme liegt besagte Dame immer noch auf dem Flur.
    Wenn man genauer hinschaut, sind die Lippen trocken, die Mundhöhle ebenso.
    Essen und trinken in der Notaufnahme ?
    Ja wo kommen wir denn dahin ???


    Hierzu ein Artikel aus unserer Lokalzeitung von heute:


    Hungernde Patienten in der Notaufnahme
    Klagen über ausgebliebene Versorgung


    Vom 08.11.2006

    Von


    Mareike Russler


    WIESBADEN Es ist 9.30 Uhr, als der Krankenwagen vor der Notaufnahme des St. Josefs Hospitals (JoHo) hält. Auf einer Trage bringen Sanitäter die Frau von August M. (Name ist der Redaktion bekannt) in die Klinik. Frau M. ist zu Hause auf dem Rückweg vom Briefkasten zusammengebrochen. Die Patientin trägt einen Herzschrittmacher, ihr Mann ist besorgt.


    Ein langer Krankenhaustag mit Untersuchungen zur Diagnose beginnt. Neun Stunden vergehen, bis die Patientin gegen 18.30 Uhr schließlich stationär eingewiesen und auf ein Zimmer verlegt wird. Neun Stunden, in denen sie weder etwas zu essen noch zu trinken bekommen hat, wie Richard M. fassungslos berichtet. Und das sei längst kein Einzelfall: "Mehrere Patienten haben händeringend um etwas zu essen oder zu trinken gebeten", erzählt er. Doch gebracht habe ihnen niemand etwas: "Wir haben nichts", hieß es seitens des Personals. "Das ist eine Riesen-Schweinerei, und teuer genug ist ein Klinik-Aufenthalt auch", meint August M., und nicht nur er ist verärgert: "Ich habe an diesem Tag mit drei weiteren Patienten gesprochen, die in der Notaufnahme genau das gleiche erlebt haben und stocksauer waren."


    "Personal um Hilfe bitten"Wie kann so etwas passieren? "Wenn Patienten bei uns nichts zu essen oder zu trinken bekommen, kann das nur medizinische Gründe haben", erklärt JoHo-Pressesprecherin Susanne Schiering-Rosch nach Rücksprache mit der Notaufnahme. Bei manchen Untersuchungen oder einer Operation sei es erforderlich, dass die Patienten nüchtern sind, in allen anderen Fällen könne man sich auch in der Notaufnahme mit Nahrung versorgen: Die Cafeteria, die täglich bis 18 Uhr geöffnet hat, liege auf der gleichen Ebene, darüber hinaus gebe es auch einen Automaten, der Snacks wie Müsli-Riegel und Obst enthalte, einen Getränkeautomaten und einen Wasserspender. Außerdem bestehe die Möglichkeit, auf Nachfrage eine warme Mahlzeit aus der Krankenhausküche zu bekommen. "Patienten, die nicht in der Lage sind, sich selbst etwas zu holen, können natürlich das Pflegepersonal um Hilfe bitten", ergänzt Schiering-Rosch. Angesichts der Arbeitsüberlastung der Krankenschwestern dürfte da jedoch so mancher skeptisch sein. "Sollte es dennoch Schwierigkeiten geben, haben wir ein Qualitäts- und Beschwerde-Management im Haus, an das sich die Patienten wenden können. Die Nummer liegt bei uns überall aus."


    Die Notaufnahme in der Asklepios Paulinen Klinik ist ähnlich organisiert: Ein Wasserspender in der Ambulanz gewährleiste die Grundversorgung, der Krankenhauskiosk sei nur drei Schritte entfernt, und im Bistro könne man ebenfalls etwas zu essen bekommen, wie Verwaltungsleiter Oliver Zimmer berichtet. "Bei uns sind die Wege sehr kurz und man kann das Personal immer ansprechen."


    Getränke-Automaten, Café, Kiosk, Personal-Kantine - all das gebe es auch in den Horst-Schmidt-Kliniken (HSK), und ebenso könne man über die Internistische Aufnahmestation eine Mahlzeit bestellen, sagt Pressesprecherin Beate Weber-Schnee. Und auch in den HSK sollen sich die Patienten mit diesen Anliegen stets an das Pflegepersonal wenden können. "Aber eigentlich ist es gar nicht vorgesehen, dass Patienten so lange in der Notaufnahme sind, dass eine solche Versorgung notwendig wird", so Weber-Schnee. Eigentlich. Doch das ist häufig Theorie.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wer soll das bezahlen ?
    Dann muss sich jeder selbst was mitbringen, wenn er es nicht ein paar Stunden ohne was zu essen aushalten kann !

  • Solche Zustände kennt man eher aus den Emergency Rooms der USA... da, wo alles besser ist! :D


    In Deutschland dürften Wartezeiten von 6 Stunden eher die Ausnahme sein. Meistens greift das invalide Publikum bereits nach einer halben Stunde das Klinikpersonal an...



    Gruß,


    Ani

  • Zitat

    Original von nancyabdomen
    Wer soll das bezahlen ?
    Dann muss sich jeder selbst was mitbringen, wenn er es nicht ein paar Stunden ohne was zu essen aushalten kann !


    Das kommt auf die Krankenhausrechnung mit drauf (blöde Frage). Es soll doch auch kein riesen Buffet aufgefahren werden, wenn ich meine Hand röntgen gehe. Es geht lediglich darum, dass in manchen Notaufnahmen gerne das Grundbedürfnis, Nahrung aufzunehmen, ausser Acht gelassen wird. Es könnte ja mit Mehrarbeit verbunden sein. Mir ist o.g. Beispiel auch geläufig.

  • Das hat aber auch etwas mit der Organisation in den Notaufnahmen zu tun. In meinem RA-Praktikum durfte ich soetwas ähnliches erleben, wie beschrieben. Zwar gibt es in dieser Klinik (angeblich die beste am Platz) einen Wasser und Kaffeespender, doch mußten selbt Patienten mit Termin mehrere Stunden warten und auch die Pfleger waren entnervt, da es nicht weiter ging. In der Notaufnahme lief die komplatte Anamneseerhebung, sämtliche Untersuchungen und ein einführendes Arztgespräch, bis es zum Röntgen ging und wenn der Patient zurück kam, wurde ein Bett organsisiert. Nach dem der Arzt sie nochmal gesehen hat. Das das dauert ist klar.


    Anders durfte ich das in einem kleineren Krankenhaus, auch mit gutem Andrang erleben. Da laufen in der Notaufnahme eine eingehende Untersuchung. Wird der Pat. stationär aufgenommen, wird ein EKG geschrieben, Blut abgenommen, Röntgen bestellt und danach geht es sofort auf Station, wo alles weitere läuft. Wird es ambulant, laufen alle Untersuchungen und Behandlungen hier. Vorteil ist, das nur selten Wartezeiten länger als 2 Std. vom Eintreffen bis zum Ende in der Notaufnahme auftreten. Sehr gut, wie ich finde.

  • Die Stellungnahmen der Krankenhausleitungen zeigen eine Naivität auf, die an der Qualifikation zur Führung eines Gesundheitsbetriebes Zweifel aufkommen lässt.


    Die Fakten sind:
    ? ein nicht unerheblicher Teil von Notaufnahmen kommt ohne Begleitung, z.B. Patienten aus Altenpflegeeinrichtungen
    ? ein Grossteil der Notaufnahmen sind Senioren, aufgewachsen in einer Zeit, als ?man? sich nicht beschwerte
    ? die psychische Situation der Notaufnahme für Patient und Angehörigen kann durchaus zu einem ?Tunnelblickphänomen? führen ? Hinweise auf ein Beschwerdemanagement werden hier einfach nicht wahrgenommen, zumal dann, wenn berechtigte Klagen bei den Pflegemitarbeitern nicht zum Abstellen von Missständen führen
    ? Der Hinweis auf Snacks und Imbiss entwertet jedes Bemühen um eine gesunde Ernährung und lässt mich am Sinn von Diätschulungen in den Kliniken zweifeln.
    Allerdings wird hier die Geschäftstüchtigkeit klar, mit denen man derartige Kioskbetriebe verpachtet hat.
    ? die soziale Lage in unserem Land führt dazu, daß ein gewisser Teil von Patienten und Angehörigen schlicht kein Geld für derartige Verpflegungsmöglichkeiten hat
    ? die Privatisierung und Auslagerung von Krankenhausküchen führt tatsächlich dazu, daß auf den Stationen i.d.R. keine Mahlzeiten für Patienten vorhanden sind, die im Laufe des Tages eintreffen
    ? die Notaufnahmen der Wiesbadener Kliniken sind seit Jahren Tagesstationen, weil es nicht gelingt, nach Diagnostik und stabilisierender Ersttherapie ein geeignetes Stationsbett zu finden ? dank ständiger Kürzung der Verweildauer und Fallpauschalen ein immer grösseres Problem gerade bei alten, multimorbiden Notfällen
    ? Hinweise auf Wasserspender sind dünn gestreut, einen Kaffeespender (angesichts der unzähligen Liter, die tgl. in einer Klinik gekocht werden, eigentlich eine Kleinigkeit) findet man nicht
    ? Dem Patienten und seinen Angehörigen geht es nicht um ein Drei-Gänge-Menü ? er erwartet schlicht und einfach eine Umsetzung des ganzheitlichen Pflegebildes, welches uns die Kliniken in ihren Hochglanzbroschüren so gerne verkaufen ? und das bedeutet u.a. eben auch die Sicherstellung der Flüssigkeitszufuhr


    Summasummarum:
    Während im Aufenthaltsraum die Kaffeemaschine im 24-Std.-Dauerbetrieb läuft, rätselt das Personal der Notaufnahme wieder einmal über die Dehydration der eingelieferten Patienten, während die Klinkleitung bei offiziellen Anlässen genüsslich ihr Apollinaris schlürft?
    und demnächst wird man wohl auch noch seine Bettwäsche mitbringen dürfen ...


    O.a. Beitrag wurde von mir heute als Leserbrief an die Tagsezeitung versandt.
    Der Themenstarter war langjährig pflegerischer Leiter der Zentralen Notaufnahme in einem der o.a. Krankenhäuser und hat in seiner Zeit (da gab es noch eine Krankenhauszentralküche) auf die Versorgungslücke hingewiesen.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zitat

    Original von raphael-wiesbaden
    Der Themenstarter war langjährig pflegerischer Leiter der Zentralen Notaufnahme in einem der o.a. Krankenhäuser und hat in seiner Zeit (da gab es noch eine Krankenhauszentralküche) auf die Versorgungslücke hingewiesen.



    Kleine Racheaktion? Unehrenhaft entlassen worden? ;)


    Als dauerkaffeschlürfender Anästhesist darf ich mal kurz darauf hinweisen, daß der Kaffee, der vom Personal getrunken wird, auch vom Personal gekauft wird. Einschließlich der Kaffeemaschine.


    Die Krankenhäuser können letztendlich nichts dafür, daß ihnen Frau Schmidt und Konsorten den Geldhahn zudreht. Wenn ein Krankenhaus überleben will, bleiben bestimmte Dinge nun mal auf der Strecke. Und bisher ist noch niemand im Krankenhaus verdurstet oder verhungert. Ein sparendes Krankenhaus ist immer noch besser als eines, das geschlossen wird. Denn das bedeutet Arbeitslosigkeit und Unterversorgung der Bevölkerung. Vielleicht sollte man auch daran mal denken...



    Gruß,


    Ani

  • Ich sehe uns schon in den Küchen der Kundschaft stehen:
    Butterbrote schmierend und Kaffee kochend ... natürlich alles schön einpacken und Omi dann in der Klinik mit Lunch Paket abgeben ...


    P.S. auf den Kerwas hier, wollen die ihr Bier sogar mitnehmen ! Dann darfst du ne Tüte organisieren, das Bier da rein. Anschliessend mit dem Bierkrug in der Hand übern Platz laufen, den abgeben das Pfand mitbringen.


    Geil wer ma will und noch nich hat dem Empfehle ich die Röttenbacher Kerwa (das zwischen Baiersdorf und Hemhofen)

  • Artikel wie der obige passen natürlich gut in die aktuellen Diskussionen zum Gesundheitswesen. Nur bedenkt leider kaum einer, das es Krankenversicherung und nicht Vollkasoversicherung heisst. Weder das Gesundheitswesen, noch die Leistungserbringer können, sollen und dürfen jede Eventualität des Lebens absichern. Hierzu gehört auch der Umstand, das länger in der NA Wartende kein Essen (darf es vielleicht Laktose- oder Glutenfrei, vegetarisch, koscher, oder sonstnochwas sein?) erhalten.


    Vielleicht sollte man sich einmal ein Beispiel an den Südeuropäischen und vielen anderen Ländern nehmen, wo sich Angehörige umgehend und selbstverständlich um die Ihren kümmern wenn diese ins KH kommen.
    Ich meine damit garnicht mal, dass pflegerische Tätigkeiten übernommen werden, sondern einfach das sie da sind. Und wenn sie einmal da sind, sorgen sie auch für eine Verpflegung des Kranken.


    Ist es soviel verlangt, dass z.B. die erwachsenen Kinder oder andere Verwandte der im Artikel genannten Dame ins KH kommen?
    Ist es zuviel verlangt, dass sie ihr dann etwas zu essen mitbringen?
    Ist die eigene Familie so wenig wert geworden, dass soetwas nicht mehr möglich scheint?

  • Hallo Ani !


    NEIN; 1989 ehrenhaft in die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung gegangen - die Kinik war ein Traumarbeitsplatz mit Gestaltungsmöglichkeiten !!!


    Hallo an alle !
    Hier geht es nicht um Vollkaskoversorgung -
    hier geht es um Dehydration von multimorbid eingeschränkten Menschen.
    Wer Pflege und Medizin gelernt hat, weiss, das das intravenös zugeführte Wasser die Mundtrockenhaut und den sich bildenden Soor nicht beseitigt - letztendlich geht es hier um Menschenwürde.
    Ich denke, die meisten hier haben durchaus die Erfahrung gemacht, daß eine Vielzahl unserer Notfallpatienten tatsächlich keine Angehörigen mehr haben - oder diese selbst erheblich pflegebedürftig sind, bzw. 250 km weiter weg wohnen...


    Was nutzt diesen ganzen Häusern diese Scheiss-ISO-Zertifizierung. an dneen sich Firmen eine goldene Nase verdienen incl. regelmässigen Qualitätszirkel mit etablierten Beschwerdemanagement am Servive-Point ?
    In der Realität der hiesigen drei Notaufnahmehäuser liegen die Patienten lange herum, ohne mit Flüssigkeit versorgt zu werden.
    Froh kann jeder sein, der einen Angehörigen mit Geld dabei hat !


    Was wird der nächste Schritt sein: muß ich demnächst noch meine Bettwäsche mitbringen, weil nach 14:00 Uhr der privatisierte Bettenzentralenbetreiber Feierabend gemacht hat ?

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zitat

    Was wird der nächste Schritt sein: muß ich demnächst noch meine Bettwäsche mitbringen, weil nach 14:00 Uhr der privatisierte Bettenzentralenbetreiber Feierabend gemacht hat ?


    So wird es wohl kommen, allerdings wirst du mit deiner mitgebrachten Bettwäsche nicht weit kommen, da du vermutlich dein Bett zu Hause vergessen hast. ;)

  • raphael-wiesbaden:


    Solche Beschwerden an die Adresse des Personals der Notaufnahmen zu richten sind meiner Meinung nach etwas deplatziert. Gerade Leute mit deiner Ausbildung (Pflegedienstleitung) machen sich doch einen Großteil ihrer Arbeitszeit Gedanken drüber, mit wie wenig Personal man so effektiv wie möglich arbeiten kann. Denn immerhin wird die Qualität einer PDL auch daran gemessen, wie hoch (oder eben wie niedrig) die Ausgaben im Pflegepersonalbereich (der ja bekanntlich ein großer Teil der Klinikausgaben ausmacht) sind.
    Ich kann mittlerweile für verschiedene Notaufnahmen sprechen, in denen es trotz gestiegener Patientenaufnahmezahlen (DRG-angepasste verkürzte Liegedauer, höherer Umsatz, geschlossene Häuser/Stationen in der unmittelbaren Umgebung, ...) nicht mehr, sondern eher weniger Personal vorgehalten wird. Und da im Normalfall auch der "Papier- und Verwaltungskram" nicht weniger wird, im Gegenteil, bleibt oftmals außerhalb der "normalen" Arbeit keine Zeit, ganzheitlich auf den Patienten einzugehen. Doch, vieleicht nachts zwischen 2 und 5, aber nur dann, wenns nicht grade Freitag oder Samstag nacht ist, kein großes Fest in der Nähe ist, und das Pflegepersonal nicht in der Zeit dazu "verdonnert" ist (von wem wohl?), die Räumlichkeiten der Aufnahme zu putzen (das PP ist ja eh da, warum soll man da noch "teure" Putzfrauen anstellen??):
    Leider kommen dann auch noch die älteren Patienten, um die man sich etwas mehr kümmern müsste, nicht grade alle um die Zeit.
    Und, zugegebenermaßen jetzt etwas provokativ, wer sagt denn, dass nicht das RD-Personal sich noch darum mit-kümmern könnte? Denn zum Rumstehen an der Theke und zum Plaudern mit Nachtschwestern reichts doch oftmals auch noch. Und wie sagte mal ein RD-Mitarbeiter zu mir: "ich kann immer nur einen Pat. transportieren. Wenn ich mal bei dem bin und bevor ich mich nicht mehr freimelde, juckt mich nicht, was außenrum passiert."

  • Bei diesem Thema schlagen zwei Herzen in meiner Brust.
    R-W, du hast natürlich recht, wenn du den alleinstehenden Patienten aus dem Pflegeheim darstellst, der ohne Angehörige bzw Begleitung ins KH kommt, womöglich derart eingeschränkt, daß er sich nicht äußern bzw Gehör verschaffen kann.


    Auf der anderen Seite sehe ich die Patienten, die notfallmäßig zu uns auf die Station kommen, in Begleitung von Angehörigen und in gutem AZ und EZ, die fast ungehalten werden, wenn nicht gleich eine Mahlzeit zur Verfügung steht. Etwas zu trinken gibt es sofort, aber der `normale´ Patient hält es doch wohl drei Stunden ohne Essen aus?!

  • Hallo Jupp, hallo Kranke Schwester !


    Ich mache keineswegs das Personal einer Notaufnahme verantwortlich für Mißstände, die durch unüberlegtes Handeln einer Krankenhausleitung entstanden sind.
    Ganz im Gegenteil sind mir MitarbeiterInnen gut bekannt, die eigeninitiativ und mit eigenen Mitteln quasi "ihr Brot teilen" - weil es die Verwaltungen nicht gebacken bekommen, auf den Stationen pro Tag und Schicht eine kalte Mahlzeit zu deponieren.
    Schliesslich könnte sich ja das Personal an diesen Lebensmitteln vergreifen - und so etwas darf nicht unterstützt werden.


    Es geht mir wirklich um eine ganzheitliche Sichtweise im Gesundheitssystem und da sind WIR wirklich alle Partner, die mitdenken müssen.
    Das würde für mich z.B. bedeuten, dem Patienten beim normalen KT anzuraten, sich eine Flasche Wasser mit in die Klinik zu nehmen.
    Die zunehmende Verwaltungsarbeit in Kliniken zur Existenzsicherung von Controllern und Zertifizierungsfuzzis incl. der Papierindustrie und der Druckerpatronenbranche geht uns doch allen, die "an der Front" stehen, ziemlich auf den Senkel.
    Die Arbeit, für die wir ausgebildet und eingestellt wurden, bleibt nämlich liegen - und der Patient bleibt ausgetrocknet liegen !


    Das viele Patienten Hotelleistungen erwarten und energisch einfordern - wer soll es ihnen verdenken ?
    In den Klinikprospekten ist nicht die Rede davon, daß jede Station zehn Perfusoren hat sondern es wird ausführlich über das TV-Angebot und die Möglichkeit des Wahl-Menüs berichtet.
    Auch hier muß ich nochmal verdeutlichen, daß die heutige Altengeneration eben aus einer Zeit kommt, als sich Pflege über Warm-Satt-Sauber definierte.
    Solange wir es nicht schaffen, unsere Leistungen transparent zu machen und dem Patienten / Kunden eindeutig zu sagen, wie teuer eine Leistung ist (immerhin das kann man mit Controlling durchaus erreichen...) wird die Mittagssuppe für erwartungsgestimmte Patienten und Angehörige einen höheren Stellenwert haben als eine Echokardiographie ohne Wartezeit.


    Wie das ist, habe ich bei meinem 79-jährigen Schwiegervater selbst vor drei Monaten gemerkt. das er einen Schrittmacher brauchte, war ihm letztendlich nicht egal, aber wichtiger als das Langzeit-EKG war ihm tatsächlich sein Mittagessen. Er wusste es nicht besser - und ich werde weder ihn noch die übrigen Alten seiner Generation umerziehen können.


    Übrigens; PDL habe ich zehn Jahre lang gemacht - dann war Schluß damit. Handlanger und Erfüllungsgehilfe bei Stellenabbau etc. zu sein war nicht die Erfüllung meines beruflichen Daseins !

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich kann gar nicht verstehen, warum dieser Thread negativ bewertet ist ( :negativ: :negativ: :negativ: ). Ich finde die Diskussion hoch interessant und durchaus differenziert.


    J.

  • Jörg


    ich glaube diese Bewertung bezieht sich weniger auf das Thema und die Diskussionsqualität sondern auf die Gefühle die das Thema aufzuwallen scheint...


    Gruß
    Nicole


    P.S. Ich erlebe gerade hautnah wie schlecht es jemandem im Krankenhaus ergehen kann wenn der Eindruck entsteht das niemand da ist der sich um den Kranken sorgt...

  • Zitat

    Original von Rettungshexe
    P.S. Ich erlebe gerade hautnah wie schlecht es jemandem im Krankenhaus ergehen kann wenn der Eindruck entsteht das niemand da ist der sich um den Kranken sorgt...


    Da fehlt noch der weinende Smiley... ;(


    In den Häusern, wo ich bisher Kranke abgeliefert habe, gab es Wasser und ab und zu sogar nen Kaffee. Außer, man darf wegen der anstehenden Diagnostik nix zu sich nehmen. Aber Essen hab ich noch nie gesehen. Schon gar nicht, dass ein Patient auf die Idee kam, in der Notausfnahme danach zu fragen.

  • Zitat

    Original von Basti8000
    Aber Essen hab ich noch nie gesehen. Schon gar nicht, dass ein Patient auf die Idee kam, in der Notausfnahme danach zu fragen.


    Und das ist auch gut so. Denn solange der Patient noch in der Aufnahme ist, ist er sicherlich noch nicht vollständig durchdiagnostiziert. Und da man dabei nie sicher weiß, was am Ende bei raus kommt, ist es besser, wenn die letzte Nahrungsaufnahme schon etwas her ist. Denn immerhin kann ja auch was rauskommen, bei dem Nüchternheit von Vorteil ist (anstehend Untersuchung, OP, ...)


    raphael-wiesbaden:
    Ok, dann hab ich Deine posts wohl leicht falsch interpretiert, sorry.
    Ich wollte nur nicht den Eindruck entstehen lassen, dass das Pflegepersonal zugunsten von Pausen und/oder der "in der Küche rund um die Uhr laufenden Kaffeemaschinen" (sinngemäß) die ganzheitliche Betreung von Patienten unterläßt.
    Im Gegenteil, ich weiß, dass das Personal der Aufnahme oftmals selbst sehr unzufrieden mit den Zuständen und der wenigen Zeit, die sie für den einzelnen Pat. aufbringen können, ist. Aber daran sind ja die schon o.g. Stellen schuld. Und die (ich nenn sie mal) Verhandlunge mit den entsprechenden Stellen sind aus eigener leidvoller Erfahrung nicht wirklich oft erfolgversprechend

  • Hallo an alle,


    also egal wo ich bis jetzt war, in welchem kleinen , großen oder auch überfüllten Krankenhaus, entweder man hat den Wasserspender schon von weitem gesehen oder spätestens wenn man gefragt hat, hat man was zu trinken oder eine Packung Kekse bekommen. Es ist nicht unbedingt nahrhaft aber besser als nichts.
    Und mal im Ernst: ein großer Teil der Patienten haben doch Angehörige die uns dann ansprechen.
    Aber etwas ganz anderes ist es, wenn die Patienten nicht essen und trinken dürfen, weil Al doctore sich noch nicht sicher ist, was denn kaput ist.
    Ich arbeite zwar noch nicht fest im Klinikum, aber alles was ich bis jetzt so gesehen habe , war größten Teils sehr Patientenorientiert....


    Liebe Grüße aus Berlin,


    Maria

  • Zitat

    Original von Basti8000
    Da fehlt noch der weinende Smiley... ;(


    Das hat damit überhauptnichts zu tun! Es ist einfach ne Tatsache das ich gerade im eigenen Angehörigenkreis eine sehr negative Erfahrung gemacht habe die erst beseitigt wurde als ich mich um meine Angehörige kümmerte!Ich möchte hier nicht weiter darauf eingehen um was es sich im Einzelnen gehandelt hat,es tut auch nichts zur Sache.
    Auch möchte ich das nicht als Verallgemeinerung verstanden wissen,ich weis sehr gut das es zu meinem Negativbeispiel mit Sicherheit auch das positive Beispiel gibt.Ich wollte lediglich damit zum Ausdruck bringen das ich die in diesem Thread aufgekommenen Gefühle nachvollziehen kann. Ob sie nun richtig oder falsch sind sei mal dahingestellt!


    Gruß
    Nicole