Kinästhetik im Rettungsdienst

  • Habe eine Frage:
    Da hier im Foum einige User aktiv sind die vor/ während dem RD als Krankenpfleger aktiv sind/waren habe ich zwei Fragen an euch.


    1. Kennt ihr aus dem Krankenhaus Patiententrasfer nach den Regeln der Kinetik?


    2. Könnt ihr mir dazu vielleicht Fachliteratur empfehlen?


    Da ich mich in der Ausbildung zur Krankenpflegerin befinde hatten wir als letzte Unterrichtseinheit vor dem Praxisblock Patiententransfer nach Kinetischen Richtlinien. Ich fand das hochinteressant, da mir Rückenschonendes arbeiten als sehr wichtig erscheint um in diesem Beruf alt werden zu können. Egal ob im KHS oder als RA. Was wir in der Ausbildung als RA zu dem Thema hatten war doch recht wenig. Mir sind jetzt ein paar Dinge aufgefallen die sich meiner Meinung nach auch gut im RD- Alltag einbauen lassen, speziell im Krankentransport wenn es darum geht Patienten aus dem Bett umzulagern usw.
    Ein weiterer Punkt ist, dass ich auch in einer Bereitschaft aktiv bin. Nun kommen zu uns überwiegend altgediente Rot-Kreuzler die zuhause auch schon mal Pflegebedürftige Angehörige haben. Für diese wäre die Thematik sicher auch interessant.
    Darum, könnt ihr mir weiterhelfen? Wurde über die Suchfunktion nicht fündig.
    VlG Biggi

    ...es gibt für alles im Leben den richtigen Zeitpunkt...

    Einmal editiert, zuletzt von iggib ()

  • Denke schon, dass sie das meint. Wäre auch für mich interessant, gerade beim KTW fahren hebt man ständig Patienten rum. Wäre gut wenn jemand links oder Vorträge dazu parat hat.

  • Zitat

    Original von iggib
    1. Kennt ihr aus dem Krankenhaus Patiententrasfer nach den Regeln der Kinetik?


    2. Könnt ihr mir dazu vielleicht Fachliteratur empfehlen?


    Hallo,


    Kinästhetik ist vermutlich gemeint. Vorträge etc. bringen da alleine leider herzlich wenig - man muss damit Arbeiten (und das nicht wenig).


    Zu 1: Ja.
    Zu 2: Ja: Praxisbuch Kinaesthetics: Erfahrungen zur individuellen Bewegunsunterstützung auf Basis der Kinästhetik


    Sinnvoller und besser (aber teurer): Kurs(e) absolvieren.


    Grüsse,


    Gerrit

  • Seit dem ich meinen Erfahrungshorizont mittels einer Krankenschwester erweitern konnte, habe ich mir davon einige sinnvolle Techniken angeeignet und versuche gerne, diese auch an meine Kollegen weiterzuvermitteln.
    Leider nur teilweise mit Erfolg, da sich anscheinend viele lieber den Superretterrücken weiter mit Rautek-artigen Umlagerungsmethoden oder ähnlichem kaputt machen wollen.


    Und danke für die Buchempfehlung, Gerrit. Ist schon im Korb ;)

  • Machen ist sicherlich sinnvoller, aber auch das reine Wissen wies geht hilft diese Techniken im Alltag einzusetzen und sie quasi auf eigene Faust zu lernen.


    Zu dem Buch: Gehts darin nur um Menschen rückenschonend hin und herzulagern oder gibts es auch genügens Anstösse für den RD ohne dass man jede Technik umbasteln muss?

  • Ups, wie peinlich... natürlich heißt es Kinästhetik, sorry. :(


    Danke für den Buchtip. Wir werden hoffentlich noch mehr von den Techniken in der Praxis lernen, war bisher ja nur ein kleiner Ausblick auf das was möglich ist.

    ...es gibt für alles im Leben den richtigen Zeitpunkt...

  • Valandil: Gerne geschehen.
    @mhn-paramaedic:
    Kinaesthetics ist ein Konzept, keine starre Arbeitsanleitung. Es soll Alternativen aufzeigen um Patientenressourcen und physiologische Bewegungsmuster zu nutzen und zu fördern und (auch die eigene) Bewegung bewusster wahrzunehmen [Eigendefinition].
    "Nebeneffekt": Bewegung wird vom Patienten angenehmer wahrgenommen, er kann mehr selbst mithelfen. Somit wird's natürlich auch für das bewegende Personal leichter und Rückenschonender.
    Gewisse grundlegende Techniken (z.B. wie helfe ich einem Patienten aufstehen ohne dass ich ihm selbst im Weg stehe) sind sicher relativ einfach auch für den Rettungsdienst umzusetzen und zu erlernen.
    Es erfordert aber auch ein gewisses Maß an Fähigkeit und Routine die Ressourcen eines Patienten in kurzer Zeit einzuschätzen (welche Umsetztechnik ist geeignet für diesen Patienten? Wo benötigt er Unterstützung?). Ob das von einem Rettungsdienstmitarbeiter ohne weiteres so schnell umgesetzt werden kann möchte ich ungern pauschal beantworten.
    Kinaesthetics umfasst viel mehr als "nur" Bewegung, es ist gewissermaßen auch eine Bewegungs-Kommunikation mit dem Patienten. Für den Rettungsdienst der den Patienten nur sehr kurze Zeit sieht, dürfte ein Teil daher schwierig anwendbar sein (was noch lange kein Grund ist den sehr hilfreichen Rest nicht anzuwenden!).
    Der Anwendungsschwerpunkt liegt sicher in der Pflege, meine Wissens nach gibt es kein für den Rettungsdienst/Krankentransport geschriebenes Buch (Nebenbei: eine echte Marktlücke!).
    Die Tatsache dass es sich um ein recht umfassendes Konzept handelt macht es quasi unmöglich das Konzept so ?einzudampfen? dass es nur für den RD/KTP anwendbare Techniken gibt.


    Mein Tipp wäre, dass man sich für die Wache oder den Kreis mal für einen Tag einen(n) gute(n) Kinaestheticstrainer(in) holt (der/die möglichst auch vom Rettungsdienst Ahnung hat) und sich seinen eigenen ?Werkzeugkoffer? an Arbeitstechniken zusammenstellt.


    Grüsse,


    Gerrit

  • Die Fachliteratur ist schon genannt.
    Bei Seminarbesuchen sollte darauf geachtet werden, daß die Seminare nicht am Block angeboten werden, sondern die Seminartage auf mehere Wochen verteilt sind.
    Nur so ist ein praktisches Erproben in der Arbeitspraxis möglich und am darauffolgenden Seminartag kann dann aufgearbeitet werden, was an Fragestellungen entstanden ist.
    Drei Tage "am Stück", bei denen man nur gegenseitig übt (also Gesunde mit Gesunden) sind m.E. Makukulatur.


    Achtet bei der Auswahl des Seminares auch auf die Qualifikation der Seminarleitungen.
    Wie so vieles, was aus den USA kam und kommt, hat man auch hier ein System so genannter "zertifiziertzer TrainerInnen" aufgegbaut.
    Nur dise sollen berechtigt sein, die "reine Lehre" zu verbreiten.


    Leider Gottes zeigt sich in der Praxis, daß diese Fachleute oft genug keinen eigenen relevanten Praxisbezug haben und eine Vernetzung zu anderen Arbeitsweisen und (pflegerischen) Interventionsmöglichkeiten nicht vorhanden ist.
    Diese Trainer können Kinästhtik - und sonst nichts !


    Beim Umgang mit z.B. alten Menschen, die in der Vergangenheit schon mehrfach gestürzt sind, zeigen sich oft Verkrampfungen bei den Transfers.
    Klar, diese Menschen haben einfach Angst - und nicht jeder kann sich angstfrei in die Hände von Helferinnen begeben.
    Auch biographisches Wissen ist da angesagt: ein 80-jähriger Demenzpatient, der in seiner Jugend politisch aufgefallen ist, und jetzt rechts und links gestützt in den KTW / RTW geführt wird, lebt auf einmal in der Situation, als er in die "Schutzhaft" abgeführt wurde...


    Also: Kinästhetik ist eine Methode, die für pflegerische Handlungen (Transfers) entwickelt wurde.
    Kinästhetik allein ist ausreichend für das Erlernen rückenschonender Arbeitsweisen, um die Gesundheit der MitarbeiterInnen zu fördern.
    Möchte ich darüberhinaus meine PatientInnen auch noch ganzheitlich und als individuelle Persönlichkeit behandeln - dann gehören Grundelemente der Validation, der basalen Stimulation und der Biographiearbeit mit hinein.


    Das der / die Trainer(in) mehr vom RD wissen sollte, als das es da Autos mit blauen Lampen auf dem Dach gibt, versteht sich von selbst.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

    Einmal editiert, zuletzt von raphael-wiesbaden ()