Notarztmangel: Verantwortliche im Ortenaukreis sehen große Probleme

  • Die Verantwortlichen für den Rettungsdienst im Ortenaukreis (Baden-Württemberg), Kreisdezernent Michael Loritz und Bernhard Leitz-Schwoerer, Betriebsleiter der Ortenauer DRK Rettungsdienst gGmbH, sehen künftig große Probleme bezüglich der notärztlichen Versorgung im Kreis.
    Mehr als ein Drittel der Notärzte sei älter als 50 Jahre, zudem sehen die Verantwortlichen die Anforderungen zur Erlangung der notwendigen Qualifikation als zu hoch, weshalb es kaum Nachwuchs gäbe. Bemühungen beim zuständigen Sozialministerium, die Anforderungen zu erleichtern, hätten zu keinem Erfolg geführt. Ein weiteres Problem sei, dass die Ausbildung nicht an allen Kliniken im Kreis absolviert werden könne, was für bereits berufstätige Mediziner ständige Ortswechsel abverlangen würde.


    Die Einsatz-Belastung für die Notärzte hätte sich zudem seit 1997 nahezu verdoppelt, das notärztliche Personal sei aber nicht in gleichem Maße aufgestockt worden. Schon jetzt könne die gesetzliche Vorgabe zur Hilfsfrist in der Ortenau nicht ganz erfüllt werden - im vergangenen Jahr lag die Erfüllungsquote bei 90 Prozent.


    Quelle: http://www.baden-online.de/new…=artikel_ortenau&id=13675

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich glaube ich muss für die armen Mediziner in Ortenau mal ein kleines Tränchen vergiessen. :mauer: Die Anforderungen um als Notarzt zu fahren sind ja auch so schrecklich hoch, das man sie ja garnicht packen kann :mauer: .Und auch noch Fortbildung besuchen..ach ich muss schon wieder weinen.......

  • Ohne jetzt auf den Lästerzug mitaufspringen zu wollen:


    50 Einsätze in einem Jahr mitzufahren bedeutet auf einer anständigen Notarztwache maximal 10 Tage Dienst. Ich denke, dass gerade diese Einarbeitungsphase sehr wichtig ist, um sich mit den Umgangsformen im Rettungsdienst vertraut zu machen. In jedem Job benötige ich eine gewisse Einarbeitungsphase, um klarzukommen, wieso nicht als Arzt im Rettungsdienst? Stimmen Behandlungsmuster und Struktur so stark mit der Klinik überein, dass dieses unnötig ist?


    Sieht jemand der anwesenden Ärzte die Anforderungen wie der Dezernent als ebenfalls zu hoch an? Oder sind diese Anforderungen wirklich überflüssig?

  • Durch die Schaffung der Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin", die irgendwann die Fachkunde "Rettungsdienst" ablösen wird und in einigen Bundesländern schon Voraussetzung für die Teilnahme am Rettungsdienst ist, sind die Anforderungen deutlich erhöht worden. Der Vorteil: Erhöhung der Qualität. Nachteil: das Erlangen der Zusatzbezeichnung dauert zwei Jahre und es sind teilweise Tätigkeitsnachweise zu erbringen, die sich nur schwer in den originären Arbeitsablauf des jeweiligen Arztes integrieren lassen.

  • 50 Einsätze in einem Jahr mitzufahren bedeutet auf einer anständigen Notarztwache maximal 10 Tage Dienst.


    Ich könnte mit Notarztstandorte vorstellen, die eine geringere Einsatzfrequenz haben.
    Ich könnte mir niedergel. Ärzte vorstellen, die neben der (wichtigen) Notfallmed. auch noch andere FoBi-Themen haben, welche die amb. Versorgung der hausärztl. Pat. auf dem aktuellen Stand halten sollen.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich glaube ich muss für die armen Mediziner in Ortenau mal ein kleines Tränchen vergiessen. :mauer: Die Anforderungen um als Notarzt zu fahren sind ja auch so schrecklich hoch, das man sie ja garnicht packen kann :mauer: .Und auch noch Fortbildung besuchen..ach ich muss schon wieder weinen.......



    Was sind das für Konitionen?


    Grüße aus München

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Ich habe mal ein PDF eingefügt, welches die Anforderungen beschreibt.


    Was davon ist denn schwierig zu erfüllen, wenn man in einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung arbeitet, bzw. gearbeitet hat?

  • Ich könnte mir niedergel. Ärzte vorstellen, die neben der (wichtigen) Notfallmed. auch noch andere FoBi-Themen haben, welche die amb. Versorgung der hausärztl. Pat. auf dem aktuellen Stand halten sollen.

    Vorstellen kann ich mir das auch. Nur ist es sinnvoll, dass der niedergelassene Hausarzt, der direkt nach seinem Studium ohne klinische Erfahrung in den Beruf gegangen ist, als Notarzt fährt? Ansonsten finde ich die Regelung gerade zur klinischen Tätigkeit sinnvoll und angemessen.

  • Unmittelbar nach dem Studium geht heute niemand mehr in die niedergel. ärztl. Tätigkeit.
    Das gab es früher und nannte sich dann "prakt. Arzt".
    Selbst der Allgemeinmediziner hat eine mehrjährige Fortbildungszeit hinter sich - was auch Sinn macht, bedenkt man die doch sehr unterschiedl. Patientengruppen.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
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  • Nur ist es sinnvoll, dass der niedergelassene Hausarzt, der direkt nach seinem Studium ohne klinische Erfahrung in den Beruf gegangen ist, als Notarzt fährt?


    Dies ist nicht möglich: Ein Arzt muss eine fachärztliche Ausbildung haben, um sich nieder zu lassen. Dies ist nur in einem Krankenhaus möglich.


    Gruß, Christian

  • Unmittelbar nach dem Studium geht heute niemand mehr in die niedergel. ärztl. Tätigkeit.
    Das gab es früher und nannte sich dann "prakt. Arzt".
    Selbst der Allgemeinmediziner hat eine mehrjährige Fortbildungszeit hinter sich - was auch Sinn macht, bedenkt man die doch sehr unterschiedl. Patientengruppen.

    Und wo liegt dann das Problem, dass die Anforderungen zu hoch sind? Ich kann doch niemanden als alleinverantwortlichen Arzt in den Rettungsdienst schicken, der nicht ein Mindestmaß an Einsatzerfahrung hat, bzw. präklinische Versorgungsstandards kennt. Wie gesagt, wenn man in einem Job anfängt, muss man halt eine Einarbeitungszeit einplanen.

  • Ich habe damit kein Problem - ganz im Gegenteil!


    Über die Qualität des Medizinstudiums in unserem Land kann ich mir keinerlei fachliche Aussage erlauben - aber:
    der Hausarzt versorgt vom Kleinkind (aufgrund der sinkenden Zahl von Pädiatern) bis hin zum sterbenden Greis alle Altersstufen, er versorgt akute wie chron. Patienten, den ständig neu einzustellenden Diabetiker genauso wie die Kundschaft mit Suchtproblemen u.v.m.


    Das ist meiner Meinung nach durch das Medizinstudium alleine nicht adäquat beherrschbar, denn hier werden (bitte um Korrektur oder Ergänzungen durch die ärztl. Mituser hier) die Grundkenntnisse vermittelt; ggf. auch schon die Weichen für eine spätere Fachrichtung gestellt, mehr nicht.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Die sollen aufhören zu heulen und entsprechendes Geld bieten!
    Dann wendet man sich an einen Dienstleister (z.B. ist da der Notarztservice sehr empfehlenswert) und schon könnte das Problem gelöst sein...
    Fragen?
    Dann kann man sich hier auch an unseren werten User DoktorW wenden!


    Viele Grüße,


    Marcus

  • Ohne jetzt auf den Lästerzug mitaufspringen zu wollen:


    50 Einsätze in einem Jahr mitzufahren bedeutet auf einer anständigen Notarztwache maximal 10 Tage Dienst. Ich denke, dass gerade diese Einarbeitungsphase sehr wichtig ist, um sich mit den Umgangsformen im Rettungsdienst vertraut zu machen. In jedem Job benötige ich eine gewisse Einarbeitungsphase, um klarzukommen, wieso nicht als Arzt im Rettungsdienst? Stimmen Behandlungsmuster und Struktur so stark mit der Klinik überein, dass dieses unnötig ist?


    Sieht jemand der anwesenden Ärzte die Anforderungen wie der Dezernent als ebenfalls zu hoch an? Oder sind diese Anforderungen wirklich überflüssig?


    Die Anforderungen sind nicht zu hoch, aber leider im orginären Arbeitsablauf der meisten Ärzte und Kliniken nicht unterzubringen, was bedeutet, dass die Erfüllung der Anforderungen in der Freizeit geschehen muss.


    Die wenigsten Ärzte die ich kenne, sind mit 10 Tagen auf dem NEF mitfahren ausgekommen (Standort mit +13 Einsätze/24h). Und da dies abends nach der Arbeit, am Wochenende und im Urlaub geschieht, schreckt dies viele ab, gerade an kleinen KH's und kleinen NA-Standorten. Ich kenne einige, die aufgrund der langwierigen Einsatzsammlerei irgendwann aufgegeben haben, auch, weil es für die wenigsten karrierefördernd ist, diesen Schein zu haben.


    Zu Zeiten der alten Fachkunde war das deutlich einfacher und schneller.


    Wenn man dann bedenkt, dass der Arzt sich nebenher noch für seine orginäre Fachrichtung fort- und weiterbildern muss (Wiederum hauptsächlich in der Freizeit), dann reduziert das die Bereitschaft bei vielen noch weiter.


    lumberjack:
    Das 1/2 Jahr Intensivmedizin ist in vielen KH's, gerade der Grund- und Regelversorgung auch nur schwer zu erfüllen. gerade bei den Internisten gehen vielen (wenn überhaupt) erst am Ende der Facharztweiterbildung auf eine ICU, und danach wird dann die Schwerpunktweiterbildung interessanter und wichtiger, als der NA-Schein.


    Eine Lösung, gerade auch für die kleinen Standorte in BaWü oder Byyern wäre auf der einen eine deutlich bessere Bezahlung, damit es einen monetären Anreiz gibt, sich dort zu engagieren und auf der anderen Seite wäre es sicher nicht von Nachteil, wenn die KH's verpflichtet würden, ihren Ärzten die NA-Ausbildung (zumindest zum grössten Teil) in der Arbeitszeit zu ermöglichen.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

    Einmal editiert, zuletzt von condorp4 ()

  • auf der anderen Seite wäre es sicher nicht von Nachteil, wenn die KH's verpflichtet würden, ihren Ärzten die NA-Ausbildung (zumindest zum grössten Teil) in der Arbeitszeit zu ermöglichen.


    Das neue Rettungsdienstgesetz für Baden-Württemberg sieht vor, die Kosten, welche den KH für die Ausbildung entstehen, als Rettungsdienstkosten durch die Kassen tragen zu lassen. Somit dürfte zumindest für die KH ein Anreiz geschaffen werden, verstärkt Notärzte auszubilden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die Intensivmedizin ist in der Tat der Knackpunkt. Gerade Ärzte, die nicht regelmäßig auf einer Intensiv (z.B. Neurologen) haben Schwierigkeiten, diese Zeit vollzukriegen. Glücklicherweise sehen die neuen Fachärzte der Chirurgie in der Weiterbildung ein halbes Jahr Intensivmedizin vor. Aber auch das ist bisher nur sehr schwer im Arbeitsalltag einzurichten. Ansonsten hat Kollege condorp4 es ja gut erklärt.

  • Das neue Rettungsdienstgesetz für Baden-Württemberg sieht vor, die Kosten, welche den KH für die Ausbildung entstehen, als Rettungsdienstkosten durch die Kassen tragen zu lassen. Somit dürfte zumindest für die KH ein Anreiz geschaffen werden, verstärkt Notärzte auszubilden.


    Ich bezweifle, dass das was bringt.


    1. Bisher läufts ja in der Freizeit, ergo keine (kaum) Kosten für die KH.
    2. Kassen und KH können sich seit Jahren nicht darauf einigen, was Ausbildung (egal welcher Art) kostet.
    3. Wenn Freistellung zur Ausbildung während der Arbeitszeit werden gerade kleine Häuser Probleme haben, den personellen Ausfall (Kostenerstattung hin oder her) adäquat zu kompensieren. Folge werden (noch mehr) Überstunden, meistens unbezahlt und unausgeglichen für die Ärzte sein....

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    James Elroy Flecker

  • condorp4


    Höchstens über den Anreiz einer besseren Dienstvergütung mit den gezahlten Subventionen. Geld hat bei uns den Dienstplan wieder vollständig gemacht...

  • Daran happerts aber massiv in BaWü. Es gibt seit längerem immer wieder Diskussionen über eine bessere Bezahlung der NA-Dienste, aber leider schiebt jeder den schwarzen Peter irgendjemand anderem zu..... Und letztendlich sollen es immer wieder die KH und deren Ärzte für lau kompensieren. (Es gibt viele (größere) KH's in BaWü die, neben dem eingenen NEF/RTH/ITW noch (in der Freizeit ihrer Ärzte) kleinere NA-Standorte mitbesetzen.)

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