Schwerer Straßenbahnunfall in Karlsruhe

  • Ähem, räusper:
    richtig, es mag tatsächliche Ausnahmesituationen geben, wo es nicht mehr möglich ist, jeder Person zu helfen, keine Frage.
    Doch wir reden hier nicht vom Erdbeben in Haiti, sondern"nur" von einem MANV mit gerade mal (lt. Zeitung) 27 verletzten Personen, davon 6 schwerstverletzte Personen.
    Das ganze Szenario an einem Donnerstagvormittag um 11:30 ohne gleichzeitig zweite Ausnahmesituation in einer deutschen Großstadt mit knapp 300.000 EW mit entsprechender Klinikdichte und Zugriff auf Reservekapazitäten auch aus den umliegenden Landkreisen.


    Möchtest Du die Person sein, die mit den lilafarbenen oder schwarzen Triagebändchen rumläuft?


    Die Person möchte niemand sein. Es wird schon schwer genug jemanden zu finden, der diese Entscheidung treffen wird, dass diese Triagefarbe überhaupt an noch lebende Personen vergeben wird.
    Und du sagt selbst, dass es noch Glück war, dass das in einer größere Stadt passiert ist. In einer Stadt mit weniger RD-Kapazität wäre das alles anders abgelaufen.

  • Ein klassisches RD-Märchen.



    Kann natürlich auch sein, jedoch wollte ich nur mit dieser "Erzählung meines Kollegen" auf die Frage hinweisen, womit ein NA eine präklinische Amputation durchführen würde (wenn der Pat. stabil genug ist)(theoretisch).

  • Das Problem ist, dass man ein Bein auch nicht mal so einfach amputieren kann, und dass das chirurgische Besteck auf dem NEF da sehr schnell an seine Grenzen kommt.
    Bei einer halbswegs sinnvollen Amputation gehört ein sinnvolles Präparieren und Unterbinden der Blutgefässe dazu, auch, um bei einem eh schon instabilen (zeitkritisch!) Patienten nicht noch mehr Blut zu verlieren, und den Erhalt eines Hautlappen, so dass der Stumpf später auch gedeckt werden kann. Und da muss man meines Erachten mit sicher 30min Minimum rechnen, sofern man einen halbwegs sinnvollen Zugang zum Patienten hat.
    Wenn das Bein eh nur an 2 oder 3 Hautfetzen hängen sollte, dann sieht es etwas anders aus.


    Ich wüsste spontan auch nicht, mit welchem auf einem NEF vorhandenen Hilfsmitteln ein Bein zu amputieren wäre.
    Aber dennoch würde mich interessieren was du machen würdest, wenn der zeitkritische Patient aufgrund einer Einklemmung nicht zeitnah zu befreien wäre. Ich weiß, dass man das nicht pauschal beantworten kann, aber würdest du eine Amputation in Erwägung ziehen ? Die Alternative dazu wäre ja, eine mögliche Befreiung des Patienten abzuwarten und dabei seinen Tod in Kauf zu nehmen. Daher könnte ich mir durchaus vorstellen, dass in speziellen Fällen eine präklinische Amputation notwendig wird.


    Interessant wären natürlich eventuell vorhandene Einsatzberichte über präklinische Amputationen - sofern es denn schon welche gab.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • @dg:
    Versuchen, den Patienten mit den vorhandenen Mittel soweit es geht zu stabilisieren und hoffen, dass die FW es doch irgenwie schafft, den Patienten, ggf. auch unter Inkaufnahme der nicht allzu schonenden Rettung, zu befreien.


    Wir hatten bei uns in der Notärzteschaft schon mal eine längere Diskussion über dieses Thema. Auch diejenigen unter uns, die seit knapp 30 Jahren als Notärzte arbeiten, konnten sich an keinen Fall erinnern, in dem es präklinisch zu einer echten Amputation zum Zwecke der Rettung des Patienten kam.


    (Ich kann mich an einen Fall erinnern, in dem ein Lastwagenfahrer bei einer Karambolage mit drei LKW (1x Stückgut, 1x Tank, 1x Gefahrgut) mit schwerem Thorax- und Bauchtrauma, fraglichem SHT und einer offen Kniegelenksfraktur am linken Bein in äußerst labilen Zustand mit dem rechten Bein unter dem vom aneren LKW sehr weit eingedrücktem Armaturenbrett eingeklemmt war und aufgrund der Situation nicht sofort hatte gerettet weren können. Einer der beteiligten NA war Unfallchirurg und hatte ernsthaft den Versuch einer Amputation dieses Beines in Erwägung gezogen. Durchgeführt wurde es nicht, da erstens die FW eine Idee hatte, wie der Patient in ca. 20-25 Minuten durch sie befreit werden konnte und zweitens weil ein Zugang zu dem rechten Bein nur so begrenzt möglich gewesen wäre, dass die Amputation extrem hoch am Oberschenkel möglich war.
    Der Patient hat das ganze überlebt, ihm musste aber aufgrund von Infektionen und Wundheilungsstörungen am Ende das linke Bein amputiert werden.)

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Ich kenne auch kaum Notärzte, die sich die Indikation und Durchführung einer Amputation vor Ort zutrauen würden. Mich eingeschlossen. Möglicherweise ein chirurgisch gut ausgebildeter Kollege. Aber die sind selten im Notarztdienst.

  • Duch mein Hobby der Sportkletterein ist mir mal das hier untergekommen:


    http://www.amazon.de/Im-Canyon-Aron-Ralston/dp/3550076207


    Amputation der eigenen Hand durch einen med. Laien in verzweifelter Situation.


    Nur so als Anmerkung.



    Grüße aus München

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Bären beißen sich auch schon mal die Tatze ab, wenn sie in einer Falle stecken. Scheint ein animalischer Urtrieb zum Überleben zu sein...

  • Es ist aber wohl unter den uns glücklicherweise nur sehr selten entgegenstehenden Situationen dieser Art kaum zielführend, ob des Extrems in Atavismus zu verfallen, n'est pas?

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Für solch seltene Fälle kann man sich durchaus auch ein Team von Chirurgen an den Unfallort bringen lassen, da das ja häufig absehbar ist. Aber dennoch ist so etwas doch quasi als absolute Ultima ration anzusehen, die es vielleicht einmal alle x Jahre mal gibt!

  • Erneut wurden bei einem Straßenbahnunfall in Karlsruhe heute gegen 12 Uhr mehrere Menschen verletzt, dabei soll es sich um sechs Kinder sowie fünfzehn Erwachsene handeln. Eine Bahn war aus bislang ungeklärten Gründen auf eine vorausfahrende Bahn aufgefahren.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.