Zwangsverpflichtung wegen Personalmangel!

  • Hallo zusammen,


    ich wollte mal nachfragen wie es denn so bei den anderen Wachen und Kollegen geregelt ist, wenn zum Beispiel wegen Krankheit jemand ausfällt und Personalmangel herrscht. Bei uns ist es so geregelt das wenn jemand ausfällt ein Springer bzw.Verfüger auf dem Dienstplan steht und einspringt. Sollte auch diese Option erschöpft sein wird jemand Zwangsverpflichtet!
    Gibt es jemand in den Reihen die mit solchen Zwangsverplichtungen schon mal konfrontiert wurde? Ich hab bis jetzt noch nichts im Internet nachlesen können bzw. gefunden.

  • Ich war insofern damit beschäftigt, als ich "Zwangsverpflichtungen zur Arbeit" auch bedarfsweise anordnen mußte.
    Wenn es keine Personalreserve gibt bzw. freiwillige Meldungen zur Mehrarbeit, dann wurde halt Mehrarbeit angeordnet - natürlich unter Berücksichtigung der gesetzl. Arbeitsschutzbestimmungen (Pausen, Höchstarbeitszeit...) und besonderer Interessenlagen (alleinerziehende AN etc.)
    Der Arbeitgeber bestimmt Art, Zeit und Form der Arbeit - so lautet der einfache Grundsatz.
    Fühlt sich der dazu verpflichtete MA dann überfordert, dann steht es ihm zu, eine "Überlastungsanzeige" zu schreiben, die der Personalakte zugeführt wird, um die Haftung für den AN bei auftretenden Fehlern auszuschließen.


    Gibt es unter den Juristen hier aktuelleres Wissen?

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Dito zu RaWi.
    Das Problem darin besteht, dass die Anordnung von Mehrarbeit den Unwillen der Mitarbeiter schürt, und die Situation insgesamt nicht entspannt.
    Soll heißen, Krankenscheine ziehen Krankenscheine nach sich, was wieder Mehrarbeit und neue Krankenscheine und neuen Unmut nach sich zieht...

  • Dito zu RaWi.
    Das Problem darin besteht, dass die Anordnung von Mehrarbeit den Unwillen der Mitarbeiter schürt, und die Situation insgesamt nicht entspannt.
    Soll heißen, Krankenscheine ziehen Krankenscheine nach sich, was wieder Mehrarbeit und neue Krankenscheine und neuen Unmut nach sich zieht...


    Nach längerem Überlegen über die Situationen fällt mir noch ergänzend zum Beitrag von Valandil ein:
    das Risiko von Mobbing kann steigen, wenn mehrfach immer wieder der gleiche Mitarbeiter aus nicht offen nachvollziehbaren Gründen ausfällt und dann Mehrarbeit angeordnet werden muß.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Bei uns ist es so geregelt das wenn jemand ausfällt ein Springer bzw.Verfüger auf dem Dienstplan steht und einspringt.


    Wie wird der denn bezahlt, wenn er nicht einspringen muss. Handelt es sich dabei um einen Rufdienst?


    Gruß, Christian

  • Der Arbeitgeber bestimmt Art, Zeit und Form der Arbeit - so lautet der einfache Grundsatz.
    Fühlt sich der dazu verpflichtete MA dann überfordert, dann steht es ihm zu, eine "Überlastungsanzeige" zu schreiben, die der Personalakte zugeführt wird, um die Haftung für den AN bei auftretenden Fehlern auszuschließen.


    Ich kenne Überlastungsanzeigen nur aus dem Bereich der zu großen Arbeitsverdichtung. Als Warnschuss bei kurzfristigen Ersatzdiensten sind sie mir noch nicht untergekommen.



    Das Direktionsrecht zu "Ort, Zeit und Form der Arbeit" ist übrigens deutlich eingeschränkter, als von dir dargestellt. Grundsätzlich existiert ja zunächst erstmal ein Dienstplan, der für beide Seiten (nach Freigabe durch den Betriebsrat) verpflichtend ist.



    Christian: in der Regel werden solche Springerdienste als Rufbereitschaft gewertet und dementsprechend mit 12,5% vergütet. Allerdings habe ich auch schon die abgestufte Form erlebt: neben einem (!) Springer für den jeweiligen Tag wurde eine ganze Dienstgruppe nicht ins FREI geschickt, sondern als Ersatzgruppe behandelt, deren Personal bis zum Vorabend "regulär" für absehbar ausfallende Dienste eingespannt werden konnte. Dafür wurde für einen definierten Zeitkorridor (18-19 Uhr oder so) ebenfalls die Rufbereitschaft vergütet. Wer nicht angerufen wurde, konnte am nächsten Tag sein "frei" genießen. Für den Tag selber gab es ja den richtigen Springer, falls jemand kurzfristig ausfiel.


  • Wie wird der denn bezahlt, wenn er nicht einspringen muss. Handelt es sich dabei um einen Rufdienst?


    Gruß, Christian

    Richtig, es ist ein Rufdienst der sich für einen bestimmt Zeitraum bereit zu halten hat! Sollte der Telefonjoker nicht angerufen werden in einen bestimmten Zeitraum, kann er die freie Zeit weiter nutzen. Der Rufdienst wechselt täglich und ist Bestand des Dienstplans! Problematisch wird es erst wenn der Rufdienst schon eingesetzt ist und noch weiteres Personal benötigt wird!

  • Wir haben mit Freiwilligkeit bei entsprechender Vergütung gute Erfahrungen gemacht. Kommt jemand aus der Freizeit, bekommt er 25% Aufschlag der Dienstzeit aufs Stundenkonto.


    Unabhängig davon gibts einen Springer für kurzfristigen Ausfall (ebenfalls vergütet).


    Sollte es wider erwarten keinen arbeitswilligen AN geben, steht das RM eben. Zwangsverpflichtungen sind mir nicht bekannt.


  • Der Arbeitgeber bestimmt Art, Zeit und Form der Arbeit - so lautet der einfache Grundsatz.


    der einfache grundsatz mit den zahlreichen komplizierten ausnahmen, um den es hier auch garnicht geht. das direktionsrecht des AG gestattet ihm natürlich, mich im dienstplan mittwochs auf den spätdienst zu setzen, wenn mindestruhezeiten und arbeitszeithöchstgrenzen davon nicht tangiert werden. nur wenn mein AG mich mittwochs auf frei setzt und mir dienstag abend eröffnet, dass ich jetzt doch mittwochs spätdienst habe, dann ist das etwas ganz anderes. ein einmal veröffentlichter dienstplan kann im nachhinein nicht ohne weiteres geändert werden. jedenfalls ist dazu regelmäßig die zustimmung des AN erforderlich. zwangsverpflichtungen sind nur möglich, wenn dringende betriebliche gründe sie erforderlich machen. wenn also eine NEF-schicht sonst nicht besetzt werden kann zB. diese zwangsverpflichtungen bewegen sich aber in einem sehr engen rahmen. man kann damit kein grundsätzliches personaldefizit oder innerbetriebliche organisatorische schwachstellen ausgleichen, da der AN ein berechtigtes hohes interesse daran hat, seine freizeit im vorfeld zu planen. zu berücksichtigen bleibt außerdem, dass so eine verpflichtung schadenersatzansprüche des AN gegen den AG nach sich ziehen kann und - das ist wohl das wesentliche - dass zwangsverpflichtungen den betriebsfrieden nachhaltig stören können - vor allem dann, wenn sie nicht gut begründet und zahlenmäßig unverhältnismäßig hoch sind.

  • Richtig, es ist ein Rufdienst der sich für einen bestimmt Zeitraum bereit zu halten hat! Sollte der Telefonjoker nicht angerufen werden in einen bestimmten Zeitraum, kann er die freie Zeit weiter nutzen. Der Rufdienst wechselt täglich und ist Bestand des Dienstplans! Problematisch wird es erst wenn der Rufdienst schon eingesetzt ist und noch weiteres Personal benötigt wird!


    Auch unser Dienstplan sieht solche Springerschichten vor. Diese Springerschichten selber sind über lange Zeit im voraus bekannt. Für den Mitarbeiter heisst das, dass er sich darauf einstellen muss, hier abweichend von seinem langfristigen Turnusmuster eingesetzt zu werden. Mittel- und Langfristig werden die dann für planbare Urlaubsvertretung eingesetzt, kurzfristig sind sie natürlich die ersten, die bei Krankheit angerufen werden(sofern noch nicht verplant).
    Für diese Springerschichten gibt es selber keine Zulagen, es besteht für sie aber auch keine Verpflichtung am Telefon zu sitzen. Insofern ist es keine Rufbereitschaft. Sie sind ebenfalls Steuerungsmittel für den Stundenstand der Mitarbeiter. Sollte der Springer nicht gebraucht werden (was selten vorkommt), werden ihm die freien Tage als Stundenabbau gewertet. Hat der Springer selber wenig Stunden und sind alle gesund, kann er eingesetzt werden, damit andere Kollegen Stunden abbauen können.


    Sollte im Krankheitsfalle der Springer nicht verfügbar oder nicht erreichbar sein, werden andere Kollegen im Frei angerufen und angebettelt. Für diesen Einsatz wird dann natürlich ein höherer Satz gezahlt. Konkret werden die Stunden mit einem Umrechnungsfaktor hochfaktorisiert und im Arbeitszeitkonto aufgenommen.
    Dieses Arbeitszeitkonto weist nur die Abweichung von den Sollstunden aus. Eine Krankheitsvertretung in einer 12h-Schicht könnte also z.B. mit 12h x 1,2 = 14,4 Plusstunden im AZK stehen.


    Eine Zwangsverpflichtung aus dem Frei heraus eingesetzt zu werden ist meines Wissens nach grundsätzlich möglich, aber mir ist nicht bekannt, dass dieser Zwang schon mal eingesetzt werden musste. Mit Betteln und einer guten Zusammenarbeit klappt das sicher besser.

  • ... zumal es ein "Recht auf frei" gibt. Es gibt keine Verpflichtung, in der Freizeit für den AG erreichbar zu sein. (Ausnahmen bestätigen die Regel und sind häufig aus verbeamteten Dienstverhältnissen o.ä. [Soldat] begründet)

  • Rufbereitschaften oder Springerdienste (inkl. Hintergrunddienst o.ä.) gibt es bei uns nicht. Freie Dienste werden, wenn planbar, am Schwarzen Brett zugänglich gemacht, und jeder AN der Stunden sammeln oder extra Taschengeld verdienen möchte (wahlweise) kann sich dort einschreiben. Diese selbst gewählten Extraschichten werden zum dem jeweiligen Stundenlohn vergütet.
    Sollte kurzfristig Personal fehlen, wird sich im dienstfrei befindliches Personal angerufen (hier unter Rücksichtnahme von Wohnort u.ä.) und gefragt, wer zum arbeiten kommen möchte. Dienste die so kurzfristig besetzt werden (24 h vorher), werden doppelt bezahlt (Stundenlohn + Zuschläge x 2 ).
    Als Alternative könnte man noch eine Handvoll Aushilfen verständigen. Eine Dienstverpflichtung ist seitens des Arbeitgebers gegenüber dem AN unter gewissen Umständen möglich, wird aber extrem selten benötigt, da bei dem Bonus von doppeltem Gehalt (oder Stunden) kombiniert mit einem guten Arbeitsklima die AN oft nicht abgeneigt sind, diese Dienste wahrzunehmen.

  • Sollte es wider erwarten keinen arbeitswilligen AN geben, steht das RM eben. Zwangsverpflichtungen sind mir nicht bekannt.



    Und der Rettungsdienstträger akzeptiert das?


    Gruß


    Mindhunter

  • Danke für die zahlreichen Antworten zur Rufbereitschaft.
    Ich hätte nuicht gedacht, dass das tatsächlich so konsequent durchgesetzt wird.


    Bei uns auf Station gibt es keine Springerdienste oder Rufbereitschaften. Wenn ein Dienst kurzfristig besetzt werden muss, gibt es für jemand, der aus dem Frei einspringt ebenfalls 25% Zeitzuschlag auf's Arbeitszeitkonto.


    Gruß, Christian

  • Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich noch nie Zwangsverpflichtet wurde... allerdings bei meinem alten AG. X(


    Bei meinem neuen, bin ich guter Dinge, dass es niemals passieren wird. Wir sind so nen großer RV, wo es eigentlich niemals so knapp an Personal wird, dass sich garkeiner mehr findet. Auch bei uns gibts Rufbereitschaften, die unter der Mo-Sa von 6-15 Uhr und So von 7 bis 7 Uhr geteilt sind. Für diese Rufbereitschaften gibt es 12,5% aufs Zeit- bzw. Geldkonto. Alternativ werden Kollegen im Frei angerufen. Dafür gibt es aber leider keine Zuschläge oder mehr GehaltIch denke bei 25% mehr, bei Dienst an eigentlich freien Tagen, würde so mancher Kollege im Frei auch mal ans Telefon gehen, wenn der Dienstplaner anklingt. :thumbsup: Ich werde das mal vorschlagen! :whistling:


  • Der Arbeitgeber bestimmt Art, Zeit und Form der Arbeit - so lautet der einfache Grundsatz.


    Gibt es unter den Juristen hier aktuelleres Wissen?


    Ich hätte da mal ein wenig Lektüre für dich. Zwar sehr vereinfacht (und teilweise auch zu AN-freundlich in der Sichtweise, nicht alles wird von den Gerichten ebenso strikt gesehen), aber tendenziell zeigt es den Rahmen auf, in dem sich AN und AG bewegen sollen:


    http://www.die-welt-ist-keine-…nfibel/dat/pocketheft.pdf


  • Nach längerem Überlegen über die Situationen fällt mir noch ergänzend zum Beitrag von Valandil ein:
    das Risiko von Mobbing kann steigen, (...) und dann Mehrarbeit angeordnet werden muß.


    Nachschub: Das Risiko von staffing auch...

  • Bei meinem aktuellen Arbeitgeber gibt es Springer und Kurzzeitspringer. Springer können bis 20 Uhr abends zum Dienst am nächsten Tag reingerufen werden. Kurzzeitspringer können den ganzen Tag reingerufen werden. Vergütet wird nicht mehr als wenn der Dienst normal im DPL geständen wäre...........