Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr: Hilfsfrist kann zu 50 Prozent nicht eingehalten werden

  • Na das ist doch mal wieder das richtige Thema um mal ordentlich gegen die Berliner Feuerwehr vom Leder zu lassen. Ich weiß das ich euch nur schwer davon abbringen kann die BF Berlin nieder zu machen, aber trotzdem versuche ich wieder einmal (wie auch in allen anderen Threads) ein bissl Klarheit und Wahrheit reinzubringen.

    Bei 3,42 Mio EW und 141 RTW kommt man auf einen RTW pro 24.255 EW - Plus die HiOrg-RTW.
    Das halte ich durchaus für normal ... Selbst im ländlichen Raum. Von den Zahlen her sehe ich keine Unterversorgung; aber da gibts bestimmt wieder "örtliche Gegebenheiten". ;)

    Wer lesen kann liest das es ein Fahrzeugbestand ist und nicht die tatsächlich eingesetzten Fahrzeuge. Im Schnitt sind rund 100 BF RTW unterwegs am Tage plus 5x DRK, 4xJUH, 1xMHD, 1xASB. Nachts sind noch ein paar weniger unterwegs. Genaue Zahlen werden hoffentlich Freitag nach der Pressekonferenz zur Bilanz 2010 preisgegeben. Man kann diese Einsatzbilanz dann auf der Seite der Berliner Feuerwehr runterladen.


    Ich bin zum Beispiel sehr gespannt wieviele Einsätze die Feuerwehr für meinen DRK RTW in Neukölln tatsächlich erfasst hat, mit dem ich das komplette Jahr 2010 durch gefahren bin bevor ich wieder raus aufs Land bin. Mein Zählstand war bei 5800, mal schauen.


    Die BF Berlin hat sehr viele Fahrzeuge im Reservebestand. Dabei sind RTW die älter als 10 Jahre sind und nach und nach ausgemustert werden. Ich denke die Zahl 141 ist auch nicht ganz korrekt.
    28 NEF sind auch nicht in Berlin unterwegs. Ich glaube es waren 14 oder 15 NEF.


    Ist ja auch ein Unterschied ob ich 141 RTW mit einem ZOLL AED Pro ausstatte oder einem vollwertigen Defi - Mal abgesehen von den Folgekosten. Würde mich nicht wundern wenn die BF Berlin der größte AED-Kunde von ZOLL ist. :D


    Haben die überhaupt ein Beatmungsgerät dabei?

    Zur Ausstattung: Tatsächlich sind die RTW der Berliner Feuerwehr nur mit Zoll AED Pro ausgerüstet. Diese haben bekanntermaßen eine einfache 3 Pol Ableitung. Man kann nicht viel damit anfangen, aber im Ernstfall kann auch dieses Gerät schocken. Zweifelsfrei für einen RTW zu wenig, aber man bedenke wieder die Kosten.
    Beatmungsgeräte führen nur die NEF mit. Diese sind Dräger Oxylog 1000 oder 2000. In den RTW sind Halterungen für diese angebaut um bei Bedarf das Gerät sicher aufnehmen zu können.
    Ebenfalls ist eine Halterung für den LP12 verbaut, den auch die NEF mit sich führen (in Vollaustattung). Perfusoren können auch in rauer Stückzahl an diversen DIN Schienen angebracht werden.
    Ansonsten verfügt jeder RTW über ausreichend viel Sauerstoff in zwei 10l, und zwei 2l Flaschen, Beatmungsbeutel, Intubationszubehör (inkl. Larynxtubus), Zugangsmaterialien, Infusionen, Glukose, Verbandmaterialien, Schienungsmaterial, Fluchthauben, Verbrennungssets, Kindernotfallkoffer und diverses anderes Zubehör.
    Es fehlt eigentlich nur ein einfaches Beatmungsgerät, ein EKG Monitor, ein Perfusor und ein paar Medikamente. Wobei die meisten RTW sich von ihren benachbarten NEF Stützpunkten mit dem nötigen Notkompetenzmedikamenten ausstatten lassen (eigener Erfahrungswert).


    In meinem Landkreis RTW führen wir zwar auch ein Beatmungsgerät mit uns im RTW rum, aber ohne Notarzt habe ich es noch nie benutzt.


    Für alle weiteren Fragen zur Berliner Feuerwehr sowie den Berliner Hilfsorganisationen stehe ich gerne zur Verfügung. Gerne per PN



    Gruß Crash

  • Zitat

    Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr: Hilfsfrist kann zu 50 Prozent nicht eingehalten werden

    Ich denke vielmehr, das hier das Grundproblem nicht in der Quantität der Fahrzeuge und des Personals zu suchen ist, sondern hier ist vielmehr das Hauptproblem die Leitstellentechnik und das Problem, die große Anzahl der eingehenden Daten zeitgemäß den Erfordernissen bündeln zu können.


    Ein ähnliches Phänomen haben wir in München auch^^


  • Na das ist doch mal wieder das richtige Thema um mal ordentlich gegen die Berliner Feuerwehr vom Leder zu lassen. Ich weiß das ich euch nur schwer davon abbringen kann die BF Berlin nieder zu machen, aber trotzdem versuche ich wieder einmal (wie auch in allen anderen Threads) ein bissl Klarheit und Wahrheit reinzubringen.


    Die Wahrheit ist doch, dass die Umsetzung der DIN EN 1789 Typ C nicht erfolgt ist - Das ist eine Feststellung; und kein Diskussionspunkt.




    In meinem Landkreis RTW führen wir zwar auch ein Beatmungsgerät mit uns im RTW rum, aber ohne Notarzt habe ich es noch nie benutzt.


    Zum Thema Beatmungsgerät auf dem NEF reicht:


    Bei uns werden bei längeren Patiententransporten zu externen Kliniken die NEF schon mal gerne mit einem 2. Notarzt nachbesetzt; da rollt dann der RTW alleine gen Uniklinik währen das NEF im Heimatkreis verbleibt.


    Auch raube ich mir so die Möglichkeit eigenständig ohne NEF aber mit Krankenhaus-Doc einen beatmeten Patienten zu verlegen.


  • Würde mich nicht wundern wenn die BF Berlin der größte AED-Kunde von ZOLL ist. :D

    Die GARD in Hamburg müsste mehr AEDs von Zoll haben, allerdings dort auf KTWs und KV-Fahrzeugen.

    Ebenfalls ist eine Halterung für den LP12 verbaut, den auch die NEF mit sich führen (in Vollaustattung). P

    Wie sinnig ist es eigentlich auf RTWs und NEFs unterschiedliche Anbieter zu fahren? Wenn also zunächst mit dem AED gearbeitet wurde müssen nun die Softpaddles abgezupft werden um dann die des LP 12 kleben zu können?


    Gruß

  • Mir ging es in meinem Beitrag nicht darum über die Ausstattung der RTW´s in Berlin zu lästern, sondern um festzustellen, wie wenig Geld man dort zur Verfügung hat. Wenn man das Geld für Fahrzeue durch die Anzahl der Fahrzeuge teilt ergibt dies ca. 12000 Euro je Fahrzeug, dies ist alleine für den Unterhalt schon nicht viel Geld. Aber davon auch noch neue Fahrzeuge zu beschaffen erscheint mir nur schwer nachvollziehbar. Gerade auch, weil da ja Sonderfahrzeuge der Feuerwehr dabei sind. So eine Drehleiter kauft man nicht für 500.000 Euro, und bei dem Bestand muss sicherlich rechnerisch jedes Jahr eine neue DLK angeschafft werden. Dass dann hinten und vorne gespart werden muss ist ja logisch.



    Eddy

  • Nochmals, die Hilfsfrist ist die Zeit, die vom Eingang des Notrufes bis zum Eintreffen beim Patienten oder Feuer in Berlin veranschlagt wird. In Berlin sind es derzeit 8 Minuten.


    Ich glaube nicht, das der Faktor Geld bzw. die Quantität der Mittel der Hauptgrund für das schlechte Abschneiden bei den Hilfsfristen sind. Die Probleme dürften dort viel tiefer verwurzelt sein und die gesamte Struktur der Feuerwehr dort betreffen.


  • Beatmungsgeräte führen nur die NEF mit. Diese sind Dräger Oxylog 1000 oder 2000.


    Wow. Berlin betreibt Medizinarchäologie. Drägers Pulmotor soll auch heute noch funktionsfähig sein:





    Die Wahrheit ist doch, dass die Umsetzung der DIN EN 1789 Typ C nicht erfolgt ist - Das ist eine Feststellung; und kein Diskussionspunkt.


    Diskutiert werden kann jedoch, ob ein Typ B nicht durch Umstieg des Notarztes und seiner Ausrüstung zum C mutiert. Auch von der Tätigkeit her scheint man in Berlin ja nicht an mehr als nur einer Erstversorgung durch RettAss interessiert zu sein - wieso reicht dafür Typ B nicht aus?

  • Diskutiert werden kann jedoch, ob ein Typ B nicht durch Umstieg des Notarztes und seiner Ausrüstung zum C mutiert. Auch von der Tätigkeit her scheint man in Berlin ja nicht an mehr als nur einer Erstversorgung durch RettAss interessiert zu sein - wieso reicht dafür Typ B nicht aus?


    Dann stellt sich für mich die interessante Frage, ob man im Rettungsmittelbedarfsplan ohne weiteres die RTW durch N-KTW ersetzen darf - Und auch wie das die Kostenträger sehen. Weil dann dürfte man doch auch eigentlich keinen RTW mehr abrechnen.

  • Dann stellt sich fr mich die interessante Frage, ob man im Rettungsmittelbedarfsplan ohne weiteres die RTW durch N-KTW ersetzen darf


    Ist denn irgendwo festgeschrieben dass ein RTW der DIN EN 1789 Typ C genügen muss (und nicht Typ B ausreicht)?

  • Bis zum Erscheinen der DIN EN 1789 galt die DIN 75 080; letztere liegt mir aber leider nicht vor. Wenn für die Erfüllung der DIN EN 1789 Typ B Abstriche gemacht werden müssen im Vergleich zur DIN 75 080 ist aus meiner Sicht keine Einsetzbarkeit als RTW mehr gegeben.

  • Bis zum Erscheinen der DIN EN 1789 galt die DIN 75 080; letztere liegt mir aber leider nicht vor. Wenn für die Erfüllung der DIN EN 1789 Typ B Abstriche gemacht werden müssen im Vergleich zur DIN 75 080 ist aus meiner Sicht keine Einsetzbarkeit als RTW mehr gegeben.

    :nono: das geht mir irgendwie nicht in den Kopf!


    Sicher ist Geld ein Faktor der auch im Rettungsdienst eine Rolle spielt. Persönlich weiß ich auch nicht wie der Abrechnungsmodus zwischen Kostenträgern und Feuerwehr in unserer Bundeshauptstadt geregelt ist.


    Aber...wohlgemerkt, ich denke das mit einer Mindestausrüstung, einer gewissen Kompetenz des Personals sehr wohl eine qualitativ hochwertige Rettung durchgeführt werden kann. Da ist es unerheblich ob ein KTW oder RTW vor der Tür des Patienten steht.


    Also, ich verstehe noch immer nicht, was das Ganze mit der Hilfsfrist zu tun haben soll.

  • Nochmals, die Hilfsfrist ist die Zeit, die vom Eingang des Notrufes bis zum Eintreffen beim Patienten oder Feuer in Berlin veranschlagt wird. In Berlin sind es derzeit 8 Minuten.


    Hast du da eine Quelle für? Ich hab im Netz keine finden können.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Also, ich verstehe noch immer nicht, was das Ganze mit der Hilfsfrist zu tun haben soll.


    Eine regelmäßige Überschreitung der Hilfsfrist zeigt zumindest strukturelle Defizite an - Die sich in der Regel aber nur mit Geld beheben lassen. Ein weiterer Indikator für strukturelle Defizite ist in meinen Augen die nicht norm-gerechte Beladung fer Fahrzeuge.

  • Hast du da eine Quelle für? Ich hab im Netz keine finden können.

    Wie es in Berlin ist weiß ich nicht, ich habe die Hilfsfrist für Berlin anhand der bayerischen Gesetze hergeleitet, da vermutlich ähnlich dort verfahren wird.


    Grundlage in Bayern für die Hilfsfrist ist die:
    Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (AVBayRDG) vom 30.11.2010.

  • Das ist es eben. Einige Bundesländer definieren die Hilfsfrist als Zeit zwischen Anrufeingang und Status 4, andere zwischen Alarmierung des Rettungsmittels und dem Eintreffen dessen an einer befestigten Straße, die nahe dem Schadensobjekt liegt usw. Da gibt es einige Spielarten. Und für Berlin habe ich da nichts gefunden, was aktuell wäre. Weder Definition der Hilfsfrist, noch Angabe einer Dauer, noch Unterscheidung in Rettungsdienst vs. Brandschutz. Nix. Von daher hätte mich eine Quelle interessiert.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Hallo Leutz,


    ich bin bei der Berliner Feuerwehr und muss zum Thema Ausstattung sagen, sicher sind wir nicht mit einem LP 12 oder einem Beatmungsgerät ect. ausgestattet. Aber das hat nicht nur den Grund das wir zu wenig Geld zur Verfügung haben, sondern wir brauchen es schlicht und ergreifend auch nicht. Die NEF Dichte ist im innenstadtbereich so groß, dass man garnicht dazu kommt mehr zu machen als die "Basics". Eher man sich versieht, steht auch schon der Druide in der Tür und behandelt mit seinem Krempel den Pat. Das mag für andere Rettungsdienstbereiche unsinnig wirken, aber in Berlin verfährt man nach einen ganz simplen Prinzip. Die RTW´s sind für die reine Erstversorgung da und überall dort wo der Pat. akut behandelt werden muss wird ein NEF dazugeschickt.


    Zum Thema Hilfsfrist: Ein Problem ist, dass unsere Leistelle kaum noch aussortiert und nur beschickt. Da sind die Ressourcen schnell aufgebraucht, hinzu kommt die immer steigende Erwartungshaltung der Bevölkerung, da fährt man schon mal mit Sonderrechten zum Kopfschmerz und der Pat. fragt ob wir nicht eine Aspirin dabei haben.


    In Berlin sind Täglich im Normalfall rund 90 RTW im Dienst, das ist aber schon die Kotzgrenze, wenn da, die eine oder andere Wache einen hohen Krankenstand aufweist, dann kann man die Zahl noch mal nach unten korrigieren, das wirkt sich dann auch auf die Eintreffzeiten aus.


    Schlussendlich kommt dann noch die chronische Personalknappheit dazu, wenn bis 2012 alle 120 angestellten Rettungsassistenten nach Hause entlassen werden ( Verträge laufen aus) wird es eher noch schlimmer.


    In diesem Sinne schönes Wochenende

  • Eher man sich versieht, steht auch schon der Druide in der Tür und behandelt mit seinem Krempel den Pat. Das mag für andere Rettungsdienstbereiche unsinnig wirken, aber in Berlin verfährt man nach einen ganz simplen Prinzip. Die RTW´s sind für die reine Erstversorgung da und überall dort wo der Pat. akut behandelt werden muss wird ein NEF dazugeschickt.


    Auch wenn es jetzt ketzerisch klingen mag, aber mit dieser Strategie würde es genügen, die RTW mit Rettungshelfern zu besetzen.