Rote Karte vom Ärztlichen Leiter

  • Wollt ihr mit den letzten Postings sagen, dass:



    a) ärztlicher Leiter gibt Medikamentengabe frei:


    - ich für die korrekte Gabe haftbar gemacht werden kann...




    b) ärztlicher Leiter gibt Medikamentengabe nicht frei:


    - ich für die korrekte Gabe haftbar gemacht werden kann...

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Zumindesten hast Du bei einer Freigabe eine größere Rechtssicherheit als ohne. Für die richtige Indikationsstellung und Durchführung der Applikation bist Du natürlich auch weiterhin verantwortlich.

  • Das ist genau der Punkt, ich weiss nicht, wie groß diese Rechtsicherheit ist.
    Ich sehe bei einer Freigabe nur eine größere arbeitsrechtliche Absicherung, wenn mein AG dieser Freigabe zustimmt.
    Ich habe es schon mehrfach erwähnt, der ÄLRD hat laut unserem BayRDG nur beratende Funktion, der AG muss da immer zusätzlich mitspielen.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Solche Details müssen halt geklärt werden. So wie ich das verstehe, geben die ÄLRD auch lediglich eine Zustimmung für bestimmte Maßnahmen. Verpflichtend scheinen sie nirgendwo zu sein.


    Man muß sich immer die Funktion des ÄLRD vor Augen führen: er trägt letztendlich mit dem Rettungsdienstträger zusammen die Verantwortung für den Rettungsdienst in medizinischen Belangen. Deshalb kann man ihm auch nicht absprechen, in dieser Hinsicht Einfluss auf die medizinische Arbeit des Rettungsassistenen zu ermöglichen und dort regelnd einzugreifen.

  • Das dürfte schwierig sein, denn es ist ihr Handwerkszeug. Im Gegensatz zum deutschen Rettungsassistenten. Man verbietet einem Friseur ja auch nicht den Umgang mit der Schere, wenn er sich mal verschnitten hat. Und Ärzte müssen sich genauso dafür verantworten, wenn sie jemanden schädigen. Deshalb verstehe ich Deine Aussage nicht so ganz.


    Naja, im Fall München war die Medigabe nach entsprechender Schulung m.E. auch das "Handwerkszeug" des RFPs. Und dann finde ich es halt spannend, wenn man Projekte für Medikamentengabe durch RFP startet und dann werden Einzelfälle von "nicht angepasster Anwendung" öffentlich gemacht (z.B. eben durch einen grossen Artikel in der "Rettungsdienst"), auf der anderen Seite aber die positiven und im Einzelfall eben auch lebensrettenden Effekte dadurch unter den Tisch fallen gelassen. Wie viele Patienten hatten denn in München einen Nutzen aus der Medigabe, wie vielen wurden unnötige Schmerzen erspart, wie viele Leben wurden gerettet und wie viele Patienten hatten tatsächlich einen Nachteil aus der Anwendung der Medikamente? Bei den angeführten Beispielen sehe ich zumindest keines, wo der Pat. einen Schaden erlitten hätte!?


    Versteht mich nicht falsch: fehlerhafte Anwendung aller Massnahmen des RDs (auch der Ärzte) soll nicht unter den Tisch gekehrt werden und entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Aber "Fehler" einzelner wie jetzt auch in München zur "Generalbestrafung" aller heranzuziehen halte ich nicht für die richtige Option! Und im RD kommt ja auch keiner auf die Idee die Fehler der NAs der letzten vier Wochen zu nehmen und diese in einem Artikel in der Rettungsbild zu veröffentlichen, oder?
    Und für die Fehler, wo es zu einer tatsächlichen und auch für Laien offensichtlichen Pat. Schädigung kommt, müssen Ärzte wie eben auch RFP (z.B. ganz banal Pat. von der Trage gefallen) zu Recht geradestehen.

  • Naja, im Fall München war die Medigabe nach entsprechender Schulung m.E. auch das "Handwerkszeug" des RFPs. Und dann finde ich es halt spannend, wenn man Projekte für Medikamentengabe durch RFP startet und dann werden Einzelfälle von "nicht angepasster Anwendung" öffentlich gemacht (z.B. eben durch einen grossen Artikel in der "Rettungsdienst"), auf der anderen Seite aber die positiven und im Einzelfall eben auch lebensrettenden Effekte dadurch unter den Tisch fallen gelassen. Wie viele Patienten hatten denn in München einen Nutzen aus der Medigabe, wie vielen wurden unnötige Schmerzen erspart, wie viele Leben wurden gerettet und wie viele Patienten hatten tatsächlich einen Nachteil aus der Anwendung der Medikamente? Bei den angeführten Beispielen sehe ich zumindest keines, wo der Pat. einen Schaden erlitten hätte!?


    Genau um das zu klären, ist es ja sinnvoll, eine verbindliche Regelung zu finden, damit einen Konsens zu erreichen und die Ergebnisse zentral zu dokumentieren. Und das eben nicht individuell auf jeder Wache oder bei jedem Leistungserbringer, sondern mindestens bereichsweit. Die Bereitschaft dazu wurde ja, wie man dem Schreiben des ÄLRD entnehmen kann, signalisiert.
    Inzwischen komme ich zu dem Schluss, dass mit der - zweifellos drastischen - Maßnahme des generellen Verbots ein Schlussstrich unter einen gewissen "Wildwuchs" gezogen werden sollte, bei dem letztlich jeder gemacht hat, was er wollte. Vor diesem Hintergrund und der (Mit-)Verantwortung des ÄLRD, wenn so ein System eskaliert, halte ich dieses Vorgehen letztlich für nachvollziehbar, zumindest unter der Voraussetzung, dass kurzfristig (d.h. innerhalb weniger (!) Wochen) eine vernünftige Lösung gefunden wird.


    J.


  • Inzwischen komme ich zu dem Schluss, dass mit der - zweifellos drastischen - Maßnahme des generellen Verbots ein Schlussstrich unter einen gewissen "Wildwuchs" gezogen werden sollte, bei dem letztlich jeder gemacht hat, was er wollte. Vor diesem Hintergrund und der (Mit-)Verantwortung des ÄLRD, wenn so ein System eskaliert, halte ich dieses Vorgehen letztlich für nachvollziehbar, zumindest unter der Voraussetzung, dass kurzfristig (d.h. innerhalb weniger (!) Wochen) eine vernünftige Lösung gefunden wird.


    J.


    Na das hätte man aber auch diplomatischer machen können :prost:
    Aber wenn das die Konsequenz aus der Aktion wäre, wäre es ja nur wünschenswert...
    Man darf gespannt sein! :S

  • Zitat von ?Shavakur?
    Zumindest gibt es ein Gerichtsurteil bzw. eine Urteilsbegründung, in welcher der entscheidende Richter sehr deutlich macht, dass er sich entsprechende strafrechtliche Konsequenzen sehr gut vorstellen kann.




    Welches?


    Mayen.
    Ich zitiere: "Der Kläger musste in Betracht ziehen, dass er bei Unterlassung der Gabe eines blutdrucksenkenden Medikamentes (...) wegen unterlassener Hilfeleistung in die Haftung hätte genommen werden können".


    Im Rahmen der mündlichen Verhandlung machte der Richter im Übrigen recht deutlich, dass diese Möglichkeit nicht nur "in Betracht gezogen werden muss", sondern eine reale Gefahr darstellt, zumindest aus seiner Sicht. Dazu kann man sicherlich geteilter Meinung sein, dieser Richter sieht es aber nun mal so - was ich persönlich ebenso wie die anderen dort anwesenden Kollegen sehr begrüßenswert fand.

  • Dazu kann man sicherlich geteilter Meinung sein


    Unabhängig von meiner persönlichen anderen Meinung ist das Mayener Urteil eines, das bislang eine Reihe mir bekannter Juristen im persönlichen Gespräch als schlecht begründet bewertet haben. Und gerade in diesem Punkt bleibt es an der Oberfläche, weil das Argument einer Pflichtverletzung eine petitio principii ist: Es stimmt ja nur unter der Voraussetzung, dass Rettungsassistenten nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen, wenn sie heilkundliche Maßnahmen außerhalb einer Notstandslage vornehmen. Als Beweis für eine These ist der Gesichtspunkt deshalb nicht geeignet.


    was ich persönlich ebenso wie die anderen dort anwesenden Kollegen sehr begrüßenswert fand.


    Echt, ihr findet es gut, einer Strafverfolgung ausgesetzt zu sein? Merkwürdig, die meisten versuchen das zu vermeiden.

  • Das ist genau der Punkt, ich weiss nicht, wie groß diese Rechtsicherheit ist.
    Ich sehe bei einer Freigabe nur eine größere arbeitsrechtliche Absicherung, wenn mein AG dieser Freigabe zustimmt.
    Ich habe es schon mehrfach erwähnt, der ÄLRD hat laut unserem BayRDG nur beratende Funktion, der AG muss da immer zusätzlich mitspielen.


    Mir gegenüber ist von verschiedenen Juristen gesagt worden, dass der Verstoß gegen eine Dienstanweisung eine grobe Fahrlässigkeit darstellt. Damit ist der Dienstherr auch in der glücklichen Position der RA in Regress nehmen zu können. Mit einer Erklärung des ÄLRD nach der sich der RA gerichtet hat wird es ausgeprochen schwierig den RA im Nachhinein zu belangen. Dies wird auch in Bayern (wo die Uhren ja anders laufen...:)) vermutlich auch nicht anders sein.
    Ich sehe das wie Jörg. Hier wird versucht eine verbindliche und einheitliche Regelung zu schaffen mit Rechtssicherheit für die dort tätigen Kollegen. Eigentlich doch begrüßenswert, oder?

  • Inzwischen komme ich zu dem Schluss, dass mit der - zweifellos drastischen - Maßnahme des generellen Verbots ein Schlussstrich unter einen gewissen "Wildwuchs" gezogen werden sollte, bei dem letztlich jeder gemacht hat, was er wollte. Vor diesem Hintergrund und der (Mit-)Verantwortung des ÄLRD, wenn so ein System eskaliert, halte ich dieses Vorgehen letztlich für nachvollziehbar, zumindest unter der Voraussetzung, dass kurzfristig (d.h. innerhalb weniger (!) Wochen) eine vernünftige Lösung gefunden wird.


    So sehe ich die ganze Angelegenheit auch.

  • Mir gegenüber ist von verschiedenen Juristen gesagt worden, dass der Verstoß gegen eine Dienstanweisung eine grobe Fahrlässigkeit darstellt. Damit ist der Dienstherr auch in der glücklichen Position der RA in Regress nehmen zu können. Mit einer Erklärung des ÄLRD nach der sich der RA gerichtet hat wird es ausgeprochen schwierig den RA im Nachhinein zu belangen. Dies wird auch in Bayern (wo die Uhren ja anders laufen...:)) vermutlich auch nicht anders sein.
    Ich sehe das wie Jörg. Hier wird versucht eine verbindliche und einheitliche Regelung zu schaffen mit Rechtssicherheit für die dort tätigen Kollegen. Eigentlich doch begrüßenswert, oder?

    Schon, nur mußte dazu erstmal ein Totalverbot erlassen werden?

  • Nein. Das gilt ja auch wenn du ein Medikament gibst und der Pat. reagiert bspw. allergisch. Dein Arbeitgeber steht erst einmal in der Pflicht und wird den "schaden" begleichen, aber er wird sich das Geld dann vermutlich wiederholen bei dir.
    Fraglich ist was jetzt in München der Fall ist. Der ÄLRD erlaubt ja nur VE und O2. Ist dies schon ein Totalverbot?

  • Dein Arbeitgeber steht erst einmal in der Pflicht und wird den "schaden" begleichen, aber er wird sich das Geld dann vermutlich wiederholen bei dir.


    Wer sollte da was und warum zahlen?

  • Wieso, eine Allergie ist doch eine ganz natürliche Komplikation, die niemand beeinflussen kann. Wenn das Medikament, das die Allergie ausgelöst hat, im Sinne einer dringend notwendigen Therapie gegeben wurde, kann man dem Anwender keinen Vorwurf machen. Das Risiko einer Unverträglichkeit besteht immer.

  • Es stimmt ja nur unter der Voraussetzung, dass Rettungsassistenten nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen, wenn sie heilkundliche Maßnahmen außerhalb einer Notstandslage vornehmen. Als Beweis für eine These ist der Gesichtspunkt deshalb nicht geeignet.


    Genau deswegen hat der Richter ja in der Urteilsbegründung festgestellt, dass das RettAssG dem HPG vorgeht (u.a. mit Verweis auf die Grundsätze "Lex posterior derogat legi priori" & "Lex specialis derogat legi generali") und dass die entsprechenden Maßnahmen durch die "Aufgabenbeschreibung" im RettAssG gedeckt sind - womit er natürlich wiederum unterstellt, dass beide Gesetze den gleichen Regelungsgegenstand haben (was ja auch wieder von dem einen oder anderen Juristen in Frage gestellt wird). Ich persönlich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dass die Urteilsbegründung juristische Schwachstellen aufweist - was aber nichts daran ändert, dass es in diesem konkreten Einzelfall zu einem aus meiner Sicht guten & richtigen Urteil gekommen ist. Ich hatte ja das Vergnügen der Verhandlung selbst beizuwohnen zu können & dabei den Eindruck, dass der Richter durchaus wusste, was er da tut...was im Übrigen auch für die beiden beteiligten Schöffen gilt. Abgesehen von der Beklagten schienen eigentlich alle Anwesenden im Gerichtssaal einer Meinung & Rechtsauffassung zu sein...
    Im Übrigen habe ich mich natürlich zugegebenermaßen auch deshalb über das Urteil gefreut, weil ich selbst ggf. irgendwann vor dem gleichen Richter stehen könnte :-)


    Echt, ihr findet es gut, einer Strafverfolgung ausgesetzt zu sein? Merkwürdig, die meisten versuchen das zu vermeiden.


    Es finde es nicht gut, einer Strafverfolgung ausgesetzt zu sein. Ich finde es gut und richtig, dass man als Rettungsassistent eine Strafverfolgung fürchten muss, wenn man seinen Job nicht macht & dadurch Patienten unnötig leiden oder gar zu Schaden kommen. Gleiches gilt natürlich für den Fall einer Selbstüberschätzung mit konsekutiver Patientenschädigung!

  • Wir brauchen das juristisch nicht zu diskutieren, meine Auffassung ist hinlänglich bekannt, denke ich, und mir fehlt mittlerweile die Lust, die Argumente immer auf ein Neues zu wiederholen, ohne jemals eine Auseinandersetzung mit den von mir aufgezeigten Begründungslücken zu sehen. Das ermüdet.


    Das Mayener Urteil kann man völlig unabhängig davon nicht verallgemeinern, weil die Beklagtenseite anscheinend inhaltlich nichts konkretisiert hat. Da wäre vielleicht mehr drin gewesen. Kann ich aber aus der Ferne nicht beurteilen.


    Vermutlich interessiert das aber auch niemanden. Also redet Euch in Gottes Namen ein, dass es richtig ist und höheren Zielen dient, einen Arbeitsrichter mit einem dünnen Rechtsgutachten zu nerven, auf das dem Beklagtenvertreter nichts zu erwidern einfällt. Ich bin gespannt, wann wir vom ersten Notfallsanitäter hören, der einer Zivilkammer zu erklären versucht, dass eine dreijährige Berufsausbildung ein Medizinstudium nebst praktischer Ausbildung ersetzen kann - natürlich nur ganz punktuell, in der Notfallmedizin - und dass er sich ja auch ganz sicher war.

  • In Elmshorn ging es glaube ich nicht darum, dass keine Medikamente gegeben wurden.


    Nein, darum ging es nicht. Ich glaube, hier hast du mich missverstanden. Es ging im Gegenteil darum, dass durch Rettungssanitäter Medikamente verabreicht wurden und dies durch das Arbeitsgericht für nicht falsch erachtet wurde - ähnlich zum Urteil aus Koblenz. Daher hatte ich es auch angesprochen.


    So wie ich sehe, gab es also bisher kein Urteil gegen einen Rettungsassistenten, weil er ein Medikament nicht gegeben hat. Meines Wissens muß er das auch nicht, weil er dafür nicht ausgebildet wurde und das nicht in seinen Handlungspflichten liegt (auch wenn das gerne so suggeriert wird). Demnach ist die Argumentation des DBRD inhaltlich recht wackelig.


    Mir ist bislang kein derartiges Urteil bekannt. Eben genau so wenig, wie eine Verurteilung aufgrund der Medikamentengabe durch RettAss.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.