Reanimation ohne Beatmung - dafür mit O2-Brille im Mund?!

  • Hallo,


    im Moment führe ich mein Klinikpraktikum im Rahmen der schulischen RA Ausbildung durch. Nun war ich heute mit dem Rea Team unterwegs.
    Pat. wurde reanimiert, allerdings nicht bebeutelt, sondern hat einfach eine O2-Brille in den Mund bekommen (mit, ich nehme an, hohen Flow). Laut OA kann man auf die Beatmung durchaus verzichten, sofern es zu einem Luftaustausch durch die Kompressionen kommt, was man einfach am Mund hören und fühlen kann.
    Soweit, so gut... Klang für mich im ersten Moment ungewöhnlich, jedoch hat mich die periphere Sättigung von 99% doch überzeugt diese Methode vielleicht nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
    Wie gesagt, der OA hat betont, dass diese Methode wirklich nur bei hörbaren und fühlbaren Luftaustausch möglich ist.
    Vorteile sind ja einige da...


    Wie steht ihr dazu? Schon einmal so erlebt? Im Grunde widerspricht es jeder Guideline...

  • Würde mich nicht wundern, wenn das 2015 so, oder so ähnlich in den neuen Guidleines kommt. Vor allem bei kurzer "Liegezeit" wie z.b. im Krankenhaus
    Wobei die Sache mit der Brille in den Mund doch etwas seltsam ist :-D


    google mal "cardiocerebral resuscitation" oder tipp es in die med. Suchaschinen wie Pubmed, Medline, etc ein.


    Gruß

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine effektive Oxygenierung durch eine O2-Brille vor dem Mund effektiv ist, wenn man dazu in Verbindung setzt, dass die Inspiration ein aktiver Vorgang ist, der durch diese passive Versorgung nicht adäquat ersetzt werden kann.
    Inwieweit man der Pulsoxymetrie im Rahmen der Reanimation vertrauen kann, würde ich auch in Frage stellen.
    Die Intubation bietet ja auch einen gewissen Aspirationsschutz, der in diesem Fall ja absolut nicht vorhanden ist.


    Zitat

    Vorteile sind ja einige da...


    Welche Vorteile siehst du bei dieser Versorgung?

  • Ich finde den Mann ziemlich mutig... das muss der vor der Gutachterkomission/Gericht erst mal fundiert rechtfertigen...
    aber manche Leute wissen es halt immer besser :fool:

  • Apnoeische Oxygenierungen kommen ja im Bereich von Beatmungstechniken durchaus vor. Allerdings setzt das voraus, daß der Sauerstoff mit einem hohen Flow in die tiefen Atemwege insuffliert wird oder aber bereits eine Denitrogenisierung im Rahmen einer Präoxygenierung stattgefunden hat. Beispiele dafür ist das "Hängenlassen" des intubierten Patienten bei der Narkoseausleitung ohne Beatmung, aber reinem Sauerstoffflow oder der klassischen Jetventilation.


    Ich persönlich halte die vom Kollegen angewendete Methode für nicht effektiv, weil der Sauerstoff nach meinen Vorstellungen gar nicht in ausreichenden Mengen in die Lunge gelangen wird ("undichter" Pharynx) und dort auch nicht den Stickstoff und das CO2 ausreichend verdrängen kann, um eine messbare Oxygenierung zu erreichen.

  • Wieso kann man der Pulsoxymetrie nicht trauen? Der Sensor wertet doch auch nur aus wie viel O2 am Hb gebunden ist und das sogar peripher.
    Puls konnte ich leider nicht tasten, geht schlecht beim drücken...


    Die nicht ausreichende Verdrängung des CO2 klingt durchaus plausibel, hier wäre sicher das Stichwort O2 und CO2 Partialdruck zu nennen oder?!

  • Wieso kann man der Pulsoxymetrie nicht trauen? Der Sensor wertet doch auch nur aus wie viel O2 am Hb gebunden ist und das sogar peripher.


    Wie sah den die Oxymetrie-Kurve aus ? War diese so sauber, dass man eine effektive Messung vermuten kann ?
    Wie wurde reanimiert. Per Hand oder automatisch ?

  • Das stimmt :yes:


    Nun gut, da ich als RA das ganze eh vor keinem Gericht verantworten könnte und in meiner Prüfung wahrscheinlich mit blauen Flecken rausgehen würde, verdränge ich das mal wieder ganz schnell.


    Danke soweit!

  • Ob also die graphische Darstellung des SaO2 einem verwertbaren Bild entsprach, kannst du nicht sagen ?


    Die zeigt dann bei schlechter Perfusion eher falsch niedrige, als falsch hohe Werte an.


    Es gibt bereits eine Studie aus dem Jahr 2000, die die Gleichwertigkeit der Reanimation ohne Beatmung gegenüber der Reanimation mit Beatmung darstellt.
    https://depts.washington.edu/r…r_with_mouth-to-mouth.pdf
    Allerdings bezieht diese sich auf die Laienreanimation und somit auf die "Anfangsphase der Rea".
    Die Studie entstammt aber dem New England Journal!



    Aber eine andere Frage:
    Wie funktioniert Atmung?
    Durch periodische intrathorakale Druckänderungen. Die Thoraxkompression führt auch zu periodischen Druckänderung. Vermutlich entsprechen diese aber nicht dem physiologischen Atemmuster. Interessant wäre es also zu messen, wie effektiv oder ineffektiv ein derartiger angetriebener Gasaustasch ist.

  • Durch periodische intrathorakale Druckänderungen. Die Thoraxkompression führt auch zu periodischen Druckänderung. Vermutlich entsprechen diese aber nicht dem physiologischen Atemmuster. Interessant wäre es also zu messen, wie effektiv oder ineffektiv ein derartiger angetriebener Gasaustasch ist.


    Über eine Beatmung via externer Thoraxbewegungen (einschließlich dem Bewegen der Arme) hat es in den letzten 50 Jahren zig Untersuchungen gegeben. Es hat seinen Grund, weshalb man diese zugunsten einer Insufflationsbeatmung schon recht schnell verlassen hat (Beatmungsbeutel, Pulmotor).

  • Über eine Beatmung via externer Thoraxbewegungen (einschließlich dem Bewegen der Arme) hat es in den letzten 50 Jahren zig Untersuchungen gegeben


    Hast du da eine Quelle?
    Bei pubmed habe ich leider nix gefunden.

  • Du meinst aber mit den extrathorakalen Verfahren nicht die Eiserne Lunge?
    Gab es denn damals ein Verfahren, welches eine derartige Gewalt für die Beatmung nutzte, dass es den Probanden die Rippen brechen konnte?
    Diese Kräfte nutzen wir bei der CPR...


    Deswegen bin ich ohne genaue Quellenangabe auch so skeptisch, da meine Pubmed Recherche ohne Ergebnis verlief. ;-)