USA: 55 Prozent Überlebensrate nach Herzstillstand in Seattle/King County

  • Die Überlebensrate nach einem Herzstillstand konnte in King County im US-Bundesstaat Washington in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Nun konnte James Fogarty, Chef des Seattle King County Medic One Rettungsdienstes einen neuen Rekord verkünden: im Jahr 2012 lag die Überlebensrate nach einem Herzstillstand erstmalig bei 55 Prozent. Im Jahr 2010 lag die Überlebensrate noch bei 49 Prozent, im Jahr 2011 bei 52 Prozent.
    Ziel der Seattle & King County Emergency Medical Services Programs ist es, die Rate weiterhin zu verbessern. Für den nun erreichten Erfolg dankte James Fogarty auf Facebook unter dem Foto mit der aktuellen Statistik allen Beteiligten, darunter EMTs, Firefighter, Paramedics und Dispatcher: "Your dedication and skills are on display with this chart for the entire world to see"


    Quelle: Facebook

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Und was machen sie - bzw. man in den USA - anders?


    Ganz einfach. Es fängt bereits mit einem dichteren Netz an Rettungsfahrzeugen an (> Wachenverteilung im Einsatzgebiet).
    Hinzu kommen Feuerwehrfahrzeuge als First Responder.
    Sowie z.T. mehr und besser ausgebildete Ersthelfer und betriebl. Ersthelfer.


    Aber, und das wird oft vergessen, es fallen auch viele Patienten aus der Statistik dadurch heraus, da Paramedics - im Gegensatz zu den dt. RettAss - mitunter bereits beim Eintreffen an der Einsatzstelle entscheiden können, ob Jemand reanimiert wird. Die Erfolgszahlen steigen.
    Voraussetzung hierfür ist dann eine noch nicht durch Ersthelfer oder First Responder begonnene CPR.
    Hier würde im deutschen RD dennoch reanimiert, obwohl eigentlich bereits erkennbar der Patient keine Chance hat. Folglich erscheint dieser Patient in der Statistik und drückt die Zahlen nach unten.


    Nein, ich will weder das deutsche Vorgehen schlecht reden, noch das in den USA - oder Seattle im Speziellen. Ganz im Gegenteil. Lediglich möchte ich darauf hinweisen, das nackte Zahlen einer Statistik noch nichts alleine über Erfolg oder Misserfolg sagen. Sondern man muss sich auch anschauen, wie die Fragestellung und "Teilnehmergruppe" (= Patient) gestaltet ist.
    Ohne Frage bleibt selbstverständlich dennoch, das dort anders, effektiver und dadurch besser gearbeitet wird.

  • In meinem Heimatkreis liegt die Erfolgsrate der Reanimationen mit ROSC ebenfalls >50%.
    Die stringente Einhaltung von Algorithmen, Durchführung von ?RUFAN" (Reanimation unter fernmündlicher Anleitung) und ausgesprochen gute Schulung des gesamten Rettungsdienstpersonal sind Gründe dafür.
    Zukünftig kommt ein Smartphone-unterstütztes Ersthelfersystem dazu, welches das therapiefreie Intervall nochmal verkürzen soll.
    Und unser Bemühen hört nicht mit Einsetzen des Kreislauf auf. Ein klarer Algorithmus ?ROSC" regelt sehr gut die Dinge, die NACH Einsetzen des Kreislauf zu geschehen haben (Kühlung, Narkose, 12-Kanal EKG, Katecholamine via Perfusor, Beatmungsformen, usw...)

    Ich bin nur für das verantwortlich, was ich schreibe...
    ...nicht für das, was Du verstehst!!!

  • Sowie z.T. mehr und besser ausgebildete Ersthelfer und betriebl. Ersthelfer.


    Reanimation unter fernmündlicher Anleitung


    Ich denke, das sind wesentliche Schlüssel zum Erfolg. Ich hatte vor Kurzem eine seit langem wieder erfolgreiche Reanimation. Der Patient hatte die besten Voraussetzungen: 48 Jahre, bislang gesund, sofortiger Notruf der beim Kollaps anwesenden Ehefrau und sofortiger Beginn der Laienreanimation durch sie - ohne Anweisung der RLS. Dazu die Dispositions- und Eintreffzeit in weniger als 5 Minuten und sofortige Manpower durch die zeitgleich eintreffende Notfallhilfe. Vor Ort ein Patient mit Kammerflimmern und Schnappatmung. Bis zum Eintreffen des Notarztes hatten wir einen ROSC und konnten den Patienten suffizient assistiert beatmen.


    Der Rettungsdienst alleine wird niemals einen Bärenanteil am Outcome von Reanimationspatienten haben, sondern Ersthelfer, welche das therapiefreie Intervall überbrücken. Hinzu kommt das kontinuierliche Training des im Rettungsdienst eingesetzten Personals, und zwar gemeinsam - Notärzte und nichtärztliches Rettungsfachpersonal.
    Und dass klare Algorithmen hier einen Vorteil bieten, zeigen die Zahlen aus Seattle und offensichtlich auch aus dem Bereich von Grillmaster T, auch wenn mancher Notarzt hierzulande beim Thema "Algorithmen" einen Ausschlag bekommt.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Und dass klare Algorithmen hier einen Vorteil bieten, zeigen die Zahlen aus Seattle und offensichtlich auch aus dem Bereich von Grillmaster T, auch wenn mancher Notarzt hierzulande beim Thema "Algorithmen" einen Ausschlag bekommt.


    Es geht um komplexe Algorithmen und nicht um Kleinkinderalgorithmen wie bei der CPR. Das Entscheidende ist bei der CPR auch nicht der Algorithmus selber, sondern das Umzusetzen, was entscheidend ist: Schwerpunkt Herzmassage und das so durchgehend wie möglich. Alles andere ist Pillepalle. Der Algorithmus ist hier lediglich eine Hilfestellung zum Lernen. Wenn man den zweimal angewendet hat, braucht man ihn auch nicht mehr. Gibt kaum was Einfacheres als Reanimationen. Das können die in Seattle nicht besser als hier.


    Man reanimiert übrigens gerne mit mir. Bekomme ich immer wieder als Feedback. Letzte Woche erst in einem neuen Rettungsdienstbereich: klare Ansagen, gut durchstrukturierter Ablauf, gute Strategie nach ROSC (einschließlich Kühlung).


    Meine letzten 5 Reanimationen waren übrigens alle primär erfolgreich, bzw. ich kann mich an meine letzte Reanimation ohne ROSC gar nicht mehr erinnern. Liegt vielleicht auch daran, daß ich keine Leichen reanimiere. Aber vielleicht solltest Du mal bei mir in die Schule gehen. Dann hast Du mal wieder ein Erfolgserlebnis im Bereich der Wiederbelebung. ;-)

  • Meine letzten 5 Reanimationen waren übrigens alle primär erfolgreich, bzw. ich kann mich an meine letzte Reanimation ohne ROSC gar nicht mehr erinnern.


    Du bist halt schon ein kleiner Held :good2:

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die angegebenen 55% beziffern übrigens nicht die ROSC-Rate, sondern das Überleben bis Krankenhausentlassung.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die notwendigen Inklusionskriterien sind warschrinlich beobachteter Herzstillstand mit Laienreanimation und initialem Rhythmus grobes KF oder VT. Dazu Alter <75 Jahre. Oh... und kein trauma. Weis doch jeder das diese jährlich veröffendlichren Zahlen reine statistikpfuscherei sind... Werbung halt.


    Edit:
    Die letzte Aussage bezieht sich auf die generalisierte Überschrift nicht auf den Inhalt der Statistik.

  • Muss mich auch wieder mal zu Wort melden..


    Eine solche Statistik ist kaum aussagekräftig. Dazu fehlen mir die Angaben der mit eingeflossenen Parameter uvm. Bedenken sollte man auch die demographischen Unterschiede. Die Bevölkerungsdichte in Seattle ist im Vergleich zu hier weitaus höher, Hilfe ist nicht so weit weg und die Chance, dass irgendwer in der Nähe ist der sich traut eine Ersthelfer-CPR zu starten steigt ebenfalls.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der RD weltweit sehr regional unterschiedlich abläuft. Statistiken wie diese kommen meist aus den Vorzeige-Gruppen, wie eben King-County oder EMS-One (Boston). Allerdings habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass der angloamerikanische RD durchaus flexibler und aufgeschlossener gegenüber Veränderungen ist und - das ist das eigentliche wichtige - stärker science-based gehandhabt wird. Das ist bei uns noch immer keine Selbstverständlichkeit! Bis alleine die aktive Kühlung von ROSC-Patienten bei uns flächendeckend und schnittstellenübergreifend verfügbar ist werden noch viele Jahre vergehen, obwohl diese schon jetzt erwiesenermaßen wirkt und sich damit neben CPR und Beatmung eingliedert.


    Nichtsdestotrotz sind 55% Überlebensrate bei Krankenhausentlassung, egal ob mit oder ohne Trauma, beachtlich. Und das bei steigendem Trend. Das geht nur, wenn die Reanimation sehr früh beginnt, das Personal geübt ist und jeder genau weiß, was er zu tun hat (im Hinblick auf die Teamstruktur und Algorithmen).


  • Es geht um komplexe Algorithmen und nicht um Kleinkinderalgorithmen wie bei der CPR. Das Entscheidende ist bei der CPR auch nicht der Algorithmus selber, sondern das Umzusetzen, was entscheidend ist: Schwerpunkt Herzmassage und das so durchgehend wie möglich. Alles andere ist Pillepalle. Der Algorithmus ist hier lediglich eine Hilfestellung zum Lernen. Wenn man den zweimal angewendet hat, braucht man ihn auch nicht mehr. Gibt kaum was Einfacheres als Reanimationen. Das können die in Seattle nicht besser als hier.


    Ich wünschte du hättest da recht - denn Reanimieren sollte eigentlich wirklich einfach sein (und sooo kompliziert ist es ja wirklich nicht).
    Trotzdem sehe ich z.B. in den ERC Kursen immer wieder, wie gerade erfahrene Retter (studiert, sowie nicht studiert) eklatante Fehler machen... sollte also schon ein bißchen öfter als nur zwei mal richtig gemacht (trainiert) werden :blum1:

  • King-Country oder EMS-One (Boston)

    :pfeif:



    @Maggus: Naja witnessed VF eben. Gilt eben als der Standardparameter zur Beurteilung der Reanimationsmaßnahmen in einem System. Auch weil er zwischen den Systemen am ehesten eine Vergleichbarkeit ermöglicht. Abstriche muss man natürlich immer machen.


    Ciao,


    Madde

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  • @Maggus: Naja witnessed VF eben. Gilt eben als der Standardparameter zur Beurteilung der Reanimationsmaßnahmen in einem System. Auch weil er zwischen den Systemen am ehesten eine Vergleichbarkeit ermöglicht. Abstriche muss man natürlich immer machen.


    Ciao,


    Madde


    Hast du eine Vorstellung wie gross der Anteil der beobachteten Herzstillstaende mit Ersthelfer-Reanimation und Initialrhythmus coarse VF VT an der gesamten Anzahl der prae-klinischen Herzstillstaende ist? Eine ueberschrift wie die oben benutzte zeugt nicht von Transparenz. Das erinnert mich an Gewerkschaften mit der Aussage :" Der ueberragende Anteil der Mitarbeiter lehnt diesen Vorschlag des Arbeitgebers ab!" Im Kleingedruckten dann "fuer Ja, stimmten 36%, fuer Nein 64%. Wahlbeteiligung 17%.
    Statistische Irrefuehrung ist nunmal etwas das ich nicht mag. Viele Menschen lessen nur den Titel und evtl. den Abstrakt, kaum einer liest die Gesamte Studie. Sicher ein persoenliches Problem, aber so kommt Meinungsbildung zu stande und serioese Wissenschaft sieht anders aus.

  • Hast du eine Vorstellung wie gross der Anteil der beobachteten Herzstillstaende mit Ersthelfer-Reanimation und Initialrhythmus coarse VF VT an der gesamten Anzahl der prae-klinischen Herzstillstaende ist? Eine ueberschrift wie die oben benutzte zeugt nicht von Transparenz. Das erinnert mich an Gewerkschaften mit der Aussage :" Der ueberragende Anteil der Mitarbeiter lehnt diesen Vorschlag des Arbeitgebers ab!" Im Kleingedruckten dann "fuer Ja, stimmten 36%, fuer Nein 64%. Wahlbeteiligung 17%.
    Statistische Irrefuehrung ist nunmal etwas das ich nicht mag. Viele Menschen lessen nur den Titel und evtl. den Abstrakt, kaum einer liest die Gesamte Studie. Sicher ein persoenliches Problem, aber so kommt Meinungsbildung zu stande und serioese Wissenschaft sieht anders aus.

    Du hast recht. Für die Allgemeinheit eine etwas irreführende Aussage. Nichts desto trotz ein relevanter und wichtiger Parameter und ein beachtenswerter Erfolg. Interessant wären natürlich auch Angaben zum neurologischen Outcome.


    Ciao,


    Madde

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  • madde
    Ist das so? Ich bin mir da nicht so sicher. Wie bewertet man denn, oder gewichtet den Beitrag des RD zur hospital-discharge-Überlebenschance? Über die Gesundheitssystemstuktur sagt es schon mehr aus. Warum der RD damit wirbt, weis ich nicht. Die Lektion die ich daraus lerne ist, das man die Versorgung ganzheitlich sehen, analysieren und planen muss. Dies haben die beteiligten Dienstleister dort exzellent getan und können uns allen ein Vorbild sein. In England ist diese outcomeorientierte Ausrichtung leider von Grabenkämpfen gestört.

  • madde
    Ist das so? Ich bin mir da nicht so sicher. Wie bewertet man denn, oder gewichtet den Beitrag des RD zur hospital-discharge-Überlebenschance? Über die Gesundheitssystemstuktur sagt es schon mehr aus. Warum der RD damit wirbt, weis ich nicht. Die Lektion die ich daraus lerne ist, das man die Versorgung ganzheitlich sehen, analysieren und planen muss. Dies haben die beteiligten Dienstleister dort exzellent getan und können uns allen ein Vorbild sein. In England ist diese outcomeorientierte Ausrichtung leider von Grabenkämpfen gestört.

    warum der RD damit wirbt? Weil es in Seattle eine Zusatzsteuer für den RD für jeden Bürger gibt. Natürlich werben sie für sich und ihre Erfolge, sonst kommt der Bürger schnell auf die Idee, dass man dort Steuern sparen könnte. Oder das einfach ganz privatisieren kann.


    Ciao,


    Madde

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  • Zitat

    warum der RD damit wirbt? Weil es in Seattle eine Zusatzsteuer für den RD für jeden Bürger gibt. Natürlich werben sie für sich und ihre Erfolge, sonst kommt der Bürger schnell auf die Idee, dass man dort Steuern sparen könnte. Oder das einfach ganz privatisieren kann.


    Ob das der Grund ist ? Diese Rettungssteuer ist nichts ungewöhnliches, das gibt es an vielen Orten, ich habe eigentlich nie gehört, das darüber diskutiert wird.

  • Madde, ihre Erfolge?

    naja was sich im Bereich der Reanimationserfolgsquote und Entlassungen nach Reanimation abspielt ist natürlich dem Zusammenspiel der gesamten Intensivmedizinischen Versorgung, Reha,... gesschuldet. Aber der (überwiegende) Anteil, den Medic One (Der Rettungsdienst + Feuerwehr) und Medic Two (Breitenausbildung und First Responder) daran hat muss man jetzt auch nicht kleinreden.


    Ansonsten finde ich das, was ich oben geschrieben habe völlig legitim. Werbung für seine Sache zu machen und zu loben passt auch gut in die amerikanische Mentalität und das ist nicht verkehrt, finde ich. Warum stellen wir uns nicht hin und zeigen auf, was wir leisten? Wenn wir in manchen Landkreisen wirklich gute Arbeit leisten - und das ist in Deutschland oft der Fall - warum publizieren wir das nicht stärker und zeigen so den Rettungsdienst als Standortvorteil in unserer Region auf? Dann würden auch Verhandlungen über zusätzliche Mittel für neue Geräte, zusätzliche Fahrzeuge und Personal vermutlich leichter fallen (Angenommen da gibt es noch eine Querfinanzierung, aber das ist ja nun auch keine Seltenheit...).


    securo: Wenn in den USA das Wort Steuer alleine schon fällt, kannst du dich auf eine Diskussion freuen, wobei das an der Norwestküste sicher nicht so ausgeprägt ist wie im mittleren Westen...


    Ciao,


    Madde

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  • Madde, ihre Erfolge?


    Ohne ein hervorragendes, präklinisches System nützt die beste innerklinische Folgebehandlung und Rehabilitation nichts. Also ja, ihre Erfolge.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.