Gewerkschaftliche Vertretung des RFP in Zeiten des Übergangs vom RA zum NFS

  • Damit eine Gewerkschaft "verhandlungsberechtigt" ist, ich denke, dass du die Tariffähigkeit meinst, muss sie nach gängiger Rechtssprechung "sozial mächtig" sein. Das überwiegende Kriterium dafür ist die Mitgliederzahl bzw. Mitgliederanteil in einer Spezialisierung und der Organisationsgrad. Gerade wenn man sich also eine Ablösung von Verdi wünscht, macht es Sinn zu konkurrierenden Arbeitnehmervereinigungen zu wechseln. Leider kann man sich bei Mike gerade nicht bedanken, ich würde es gerne tun. Wenn man verdi abgelöst sehen will, ist das der beste Weg.


    Im Übrigen, Manne, möchte ich dich einfach nur nochmal bitten, deinen Argumentationsstil zu überdenken. Du sagst, dass Verdi die Meinung anderer außerhalb ihrer Landesgruppierung nicht interessiert. Das ist ein wenig bitter, denn es müsste jedem klar sein, dass das Verhalten dort auch über die Grenzen hinaus in Deutschland gesehen wird. Gerade weil ich durchaus eine Idee von Arbeitnehmervertretung habe, fürchte ich die Auswirkungen dieser verkappten Verdi-Aktion. Weiterhin stellst du dich hier hin und sprichst einerseits sehr stark für Verdi, andererseits sagst du, dass dich die Auswirkungen auf den AVR, TVöD und TV-L nicht interessieren. Im Klartext sagst du damit, dass es dich (verdi?) nicht stört, dass eine große Anzahl an Arbeitnehmern benachteiligt werden, weil es für eine deutlich kleinere Anzahl von Arbeitnehmern nicht zwangsweise einen Nachteil darstellt. Eine sehr fragwürdige Einstellung für einen lodernden Gewerkschafter. Im Übrigen ist es unfreundlich, mir Träumerei vorzuwerfen, wenn du selbst zugibst, dich in entsprechenden Tarifverträgen nicht auszukennen.


    Gerade in den gegenwärtigen Zeiten, sollte diese Gegenreaktion auf mehr oder minder Gewerkschaftswerbung hier doch nicht überraschen. Und schon ob der Anzahl der Leute, die hier die Gegenposition zu Verdi unterstützen, solltest du vielleicht einfach mal darüber nachdenklich werden.Muss die Position wirklich so vehement verteidigt werden , oder sieht man die Zeichen der Zeit und beginnt zu hinterfragen? Verdi spekuliert ja auch nur über die mehrheitliche Meinung, die schlechten Mitgliedszahlen legen die Frage nahe, ob sie richtig liegen. Ich weiß nicht, welche Meinung insgesamt mehrheitlich vertreten wird. Aber ich weiß, dass meine Meinung zumindest bei weitem keine Einzelmeinung ist. Und es ist notwendig einfach mal zu fragen, warum Mitgliedszahlen denn so schlecht sind. Es ist nicht immer das lethargische RD Pack, ich glaube, dass dieses sehr viel seltener ist, als angenommen wird. Es kann auch schlicht weg sein, dass man sich von Verdi nicht gut vertreten fühlt und ihre Positionen ablehnt. Allein die Existenz der Komba, die sich aus Verdis ureigenstem Mitarbeiterstamm, dem öffentlichen Dienst, heraus gebildet hat, sollte ein riesiges Warnzeichen sein.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • (...) Aber ich stelle mir diese Frage aus der Sichtweise der reellen Politik in Bezug auf Organisation und der Finanzierung des RD in Ba.Wü. Und die anderen Kollegen der Landesfachkommission RD Ba. Wü. ebenso. Und aus dieser Sichtweise resultiert diese Aktion. Und nicht daraus was ein oder mehrere Kollege in der Schweiz, England, Burkina Faso oder Hamburg gerne hätten.


    Meine Ansichten sind eigentlich eher auf Grund berufspolitischem Interesse motiviert, sowie aus der Tatsache, dass ich an der Umsetzung des Berufsbildes des Rettungsassistenten recht aktiv beteiligt gewesen bin.


  • <mod>Themen getrennt und sinnvoller einsortiert</mod>

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Das ist in einigen Tarifwerken aber festgelegt. Vom DRK TV habe ich wenig bis keine Ahnung, mag sein, dass dies dort nicht steht. Bei dem AVR (MHD / JUH) und im öffentlichen Dienst ist die Ausbildungsdauer und die Verantwortung jeweils ein Kriterium für die Eingruppierung. Darum schwankt der RA im TVöD zwischen 5 und 6 (wobei es für den Bereich Länder auf 6 festgelegt wurde) und der Notsan wäre in der 7 oder 8 einzugruppieren. Diese Eingruppierungen sind keinesfalls willkürlich und unterliegen strengen Regeln, da brauch man gar nicht viel nachdenken, lediglich nachlesen ist erforderlich. Knackpunkt ist immer der Verantwortungsbereich und da greift uns Verdi gerade ins Portemonais und nimmt uns Geld weg. Und das ist wirklich das Letzte, was eine Gewerkschaft tun sollte.


    Für den TVöD/TV-L stimmt das so nicht.


    TVöD: es gibt keine Eingruppierungsordnung, weshalb zwar teilweise auf die Regelungen aus dem BAT zurückgegriffen, in erster Linie aber mehr oder weniger frei die Eingruppierung nach Gutdünken (und mit Tendenz zu niedriger Eingruppierung) vorgenommen wird.


    TV-L: es gibt seit einem Jahr eine Eingruppierungsordnung. Die Ausbildungsdauer ist dort kein hartes Kriterium, die Tarifautomatik greift aufgrund der Tätigkeitsmerkmale. Die Entgeltordnung kann bspw. hier eingesehen werden. Teil 1 zeigt, wie sich das mit abstrakten Tätigkeitsmerkmalen läuft. Rettungsassistenten hingegen sind definiert, siehe ab Seite 149 des verlinkten PDF. RettAss sind dort zwischen 6 und 9 eingruppiert, RS in 4. So betrachtet hat ver.di m.E. nicht schlecht verhandelt, ein Unding ist eher, dass die Arbeitgeberseite im TV-L zwischen 2005 und 2012 die Entgeltordnung ablehnte, im TVöD sogar bis heute.

  • Ich denke das Problem ist nicht die Gewerkschaft als Vertreter der Arbeitnehmer an sich, sondern es ist tatsächlich die Art und Weise wie man das angeht.


    Ver.di z. B. ist aus meiner Sicht vor allem eine "Dagegen"-Gewerkschaft die ganz besonders durch das Triggern "niederer Instinkte" glänzt.
    Argumente werden auf unter-Bild-Niveau verbreitet und das alles mit dem Ziel möglichst Massenwirksam im TV und Rundfunk zu stehen.
    Leider macht es den Anschein als ginge es hier oft mehr um den Selbstzweck - nämlich das Existieren von ver.di und die Daseinsberechtigung eines Herrn B.


    Dazu taugt das Rettungsfachpersonal generell natürlich wenig, deswegen war es hier jahrelang auch sehr ruhig (ja, liebe ver.di'aner ich weiß, ihr habt tolle Arbeit bei einzelnen Tarifverhandlungen geleistet....).
    Nun ist das RFP ein wenig mehr in den Fokus des Masseninteresses gerückt und schon wird ver.di aktiv. Aber leider nicht durch gerichtetes Feuern auf bestimmte, nützliche Ziele, sondern durch Triggern des Selbsterhaltungsinstinktes des RettAss-Klientels, welches sich eine schmerzfreie Überleitung zum NotSan bei gleichzeitiger Gehaltsverdoppelung wünscht.


    Was könnte man besser machen?
    Eine gute Frage. Die Frage oder deren Lösung könnte man damit probieren zu beantworten, dass man schaut was andere Gewerkschaften besser machen. Da fällt mir zum einen auf, dass deutlich weniger öffentliche Schlammschlachten ausgefochten werden und das Forderungen deutlich näher an der Realität sind... alles in allem stecke ich aber zu wenig in der Materie der Gewerkschaften um das im Detail ergründen zu können.


    Was sollte das Rettungsfachpersonal tun?
    Zunächst seinem Anspruch als Fachpersonal gerecht werden. Ich habe während meiner Zeit bei einem großen niedersächsischen Autobauer mehr sachliche Diskussionen über Berufspolitik mit "unqualifizierten" Produktionsmitarbeitern, welches nur Bild liest, geführt als das mit RettungsFACHpersonal bei facebook und Co. derzeit möglich ist.
    Wenn dieser Schritt geschafft ist und das FACHpersonal in der Breite an wirklich sachlichen Argumenten interessiert ist, stehen die Chancen gut das Niedrigniveaugewerkschaftsargumente ins Leere laufen.


    Wir haben es also weitestgehend selber in der Hand...



    EDIT: Deutsche Sprache eingesetzt

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

    Einmal editiert, zuletzt von GuyFawkes ()

  • Verdi bekämpft doch gerade die Aufwertung des Berufsbildes aktiv. Im Status quo würde ich als (engagierter, progressiver) Rettungsassistent eher aus- als eintreten.


    Da bin ich ganz bei dir - habe auch diese Konsequenz gezogen!




    Ich bin bei ver.di aus verschiedenen Gründen eingetreten und habe mich auf ver.di verlassen. Allerdings wurde ich überwiegend enttäuscht. Das einzig positive in der letzten Zeit war das neue RA in EG 7 eingruppiert werden (nach 3 Jahren?!) - meines Wissens nach wurde das aber vom DRK angeboten um langfristig den Aufstieg in EG 8 zu unterbinden. Abgesehen davon war ver.di weder bei meiner Auseinandersetzung mit meinem alten AG für mich da, noch wurden Anfragen zeitnah bearbeitet oder tatsächlich Interesse an Verbesserungsvorschlägen gezeigt. Lediglich die Anpassung der Beiträge nach Lohnerhöhung funktionierte Reibungslos. Und jetzt versucht ver.di auch noch dem NFS und dessen Entwicklung zu schaden - da war einfach das Maß voll.


    Es geht gar nicht mal immer um das Große, aber selbst im Kleinen wird bei ver.di eben mehr gekleckert als geklotzt.

  • Für den TVöD/TV-L stimmt das so nicht.


    TVöD: es gibt keine Eingruppierungsordnung, weshalb zwar teilweise auf die Regelungen aus dem BAT zurückgegriffen, in erster Linie aber mehr oder weniger frei die Eingruppierung nach Gutdünken (und mit Tendenz zu niedriger Eingruppierung) vorgenommen wird.


    TV-L: es gibt seit einem Jahr eine Eingruppierungsordnung. Die Ausbildungsdauer ist dort kein hartes Kriterium, die Tarifautomatik greift aufgrund der Tätigkeitsmerkmale. Die Entgeltordnung kann bspw. hier eingesehen werden. Teil 1 zeigt, wie sich das mit abstrakten Tätigkeitsmerkmalen läuft. Rettungsassistenten hingegen sind definiert, siehe ab Seite 149 des verlinkten PDF. RettAss sind dort zwischen 6 und 9 eingruppiert, RS in 4. So betrachtet hat ver.di m.E. nicht schlecht verhandelt, ein Unding ist eher, dass die Arbeitgeberseite im TV-L zwischen 2005 und 2012 die Entgeltordnung ablehnte, im TVöD sogar bis heute.


    Merkwürdig, da spielt mir meine Erinnerung scheinbar mächtige Streiche. Das tut mir wirklich Leid, für den AVR habe ich noch eine Informationsbroschüre rumliegen (leider analog). Aber Nils, sind wir ehrlich, dass macht Verdis Verhalten nur noch schlimmer. Denn wenn man sich den ersten Teil des Dokuments durchliest (den abstrakten Teil), dann wird sehr klar, dass es stark an der Verantwortung orientiert ist. Und wenn Verdi nun durchsetzen will, dass NFS und RettAss gleichwertig sind, ist jegliche Argumentationsbasis für ein höheres Gehalt entfallen. Und man muss sich sonst schon die Frage gefallen lassen, was einen GuK und einen NFS denn zu Ungunsten des NFS unterscheidet, bei gleicher Ausbildungsdauer und gleichen Zugangsvoraussetzungen. Der Anteil der eigenständigen Arbeit dürfte kaum als geringer einzuschätzen sein. Warum sollte der GuK also höher eingruppiert sein? Die Antwort kann ich schon höheren: Weil eure Gewerkschaft sagt, dass die dreijährige Ausbildung dem Rettungsassistenten entspricht, der war schlechter qualifiziert, also wird weiter so gezahlt. Wobei die Kr-X Stufen ja scheinbar noch über den E-X Stufen einzuordnen sind, wenn man beim TV-L bleibt. Und diese Antwort ist logisch und (durch Verdi) begründet. Und nun fällt das abmildernde Kriterium, dass die Ausbildung länger ist, noch weg. Verbessert meine Ansicht zu der Aktion nun nicht unbedingt.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!