Mannheim: Dreckiges OP-Besteck / Sperrung der OP-Instrumente

  • Spiegel 01.06.2015


    Zitat

    Es ist erst gut zwei Wochen her, da hatte sich die Klinik noch selbst bejubelt. Bei der Aufbereitung von OP-Bestecken würden "zukünftig höchste Maßstäbe gesetzt", versprach der neue Geschäftsführer Jörg Blattmann. Kollege Frederik Wenz kündigte eine "mit großem Aufwand betriebene Neuausrichtung" an und "nachhaltige Investitionen in Qualität". Und der Vorsitzende einer eigens einberufenen Hygiene-Expertenkommission, Oliver Kölbl, Professor für Strahlentherapie in Regensburg, ließ sich zu der Prognose überreden, das Klinikum werde "die Zentralsterilisation heute und in Zukunft sicher betreiben können".


    Nun der Rückfall: Wieder Haare am OP-Besteck, wieder Flusen in den Instrumentenkästen, wieder Chirurgen, die Besteckkästen aussortieren, weil Verpackungen undicht sind. Weil es im Sterilisationsbereich an klaren Verfahrensregeln fehlt, sollen zahlreiche Instrumente, gerade für viel Geld neu angeschafft, schon wieder beschädigt sein.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Man sollte sich nichts vormachen, schmutziges OP-Besteck gibt es wahrscheinlich immer wieder in jeder Klinik. Wenn dies allerdings sehr gehäuft und systematisch (falsch verschweißte Verpackungen) auftritt, dann sollte man sich natürlich schon mal die Abläufe nochmals genauer anschauen.

  • Viele der Meldungen an das interne Cirs-Management gingen wohl von den Chirurgen aus. Zumindest stand das vor einiger Zeit mal in einer Pressemitteilung.


    Ich denke also schon, dass selbstverständlich jeder Chirurg auf die Hygiene seines Besteckes achtet und dies auch ggf. reklamiert.

  • Zitat

    Man sollte sich nichts vormachen, schmutziges OP-Besteck gibt es wahrscheinlich immer wieder in jeder Klinik. Wenn dies allerdings sehr gehäuft und systematisch (falsch verschweißte Verpackungen) auftritt, dann sollte man sich natürlich schon mal die Abläufe nochmals genauer anschauen.


    Diese Banalisierung stößt bei mir auf Unverständnis .



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich glaube, es sollte keine Banalisierung sein sondern eher darstellen, dass es sich hier um ein - leider - auch in Deutschland verbreitetes Phänomen handelt.


    Im Allgemeinen sind solche Vorfälle auch immer wieder Grund in vielen Kliniken auf Einwegmaterial umzustellen.
    Neulich genoss ich einen Vortrag von einem Arzt, der als "Hygieneauditor" unterwegs ist. In seinem Vortrag hatte er auch Bilder von diversen gereinigten und desinfizierten Medizinprodukten inkl. dem Abklatsch nach Reinigung und Desinfektion. DAS war wirklich gruselig...

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  • Diese Banalisierung stößt bei mir auf Unverständnis .

    Ja, in der Tat, keine Banalisierung. Es gibt in "meiner" Klinik wohl Reklamationsbögen beim OP-Besteck, wenn etwas zu beanstanden ist und das Sterilgut zurückgeschickt wird. Da sich darauf ein Feld zum Ankreuzen "Op-Besteck verunreinigt" (sinngemäß) befindet, scheint dies ja zumindest in Erwägung gezogen oder auch in der Vergangenheit schon vorgekommen zu sein. Und ich gehe schlicht davon aus, dass kein Reinigungsgerät perfekt arbeitet, vor allem wenn manuelle Schritte im Vorfeld zu absolvieren sind.

  • http://www.zeit.de/wissen/gesu…e-maengel/komplettansicht


    Daraus:

    Zitat


    "Im Fokus stünde dann Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) – wenn er die nächste Woche unbeschadet übersteht. Am 14. Juni wählt Mannheim einen neuen OB. Kurz tritt für weitere vier Jahre an. Seit 2007 steht er an der Spitze der Stadt. Sein Problem: Seit 2007 ist er auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Uniklinik, die ausgerechnet seitdem Gesetze missachtet haben soll. Das ist kein Rückenwind für die heiße Wahlkampfphase.


    Dass Kurz Ende 2014 sagte, trotz aller Hygienemängel seien keine Patienten zu Schaden gekommen, holt ihn jetzt ein. Zehntausende Patienten, die zwischen 2007 und 2014 in Mannheim operiert wurden, könnten mindestens Infektionen erlitten haben. "Es hat sicher auch Tote gegeben", sagt ein Arzt. "Nur werden die Angehörigen diese Todesfälle ja nicht mit dem Aufenthalt im Uniklinikum Mannheim in Verbindung bringen. Noch nicht.""

  • Ich glaube, es sollte keine Banalisierung sein sondern eher darstellen, dass es sich hier um ein - leider - auch in Deutschland verbreitetes Phänomen handelt.


    Es ist halt eine Frage des Umgangs damit. Mein ehemaliger Arbeitgeber kündigte noch jemanden fristlos als binnen eines Monats zwei verunreinigte Siebe auftauchten. (Bin mir ehrlich gesagt aber nicht mehr über die Position sicher...Irgendwer "vom Steri" jedenfalls)


    Wenn man so etwas natürlich als allgemeines "Lebensrisiko" hinnimmt ist das irgendwie bitter. Genauso bitter wie die Tatsache, dass in der Lebensmittelindustrie die Fehlerquoten geringer, die Regeln schärfer und die Kontrollen strenger sind als im OP.

  • Naja, die Sterilität bzw. die Hygiene bei der Instrumentenaufbereitung sind ein reiner Kostenfaktor. Wichtig ist, das Personal darauf zu trimmen, unsaubere Siebe zu erkennen und zurückzuschicken.


    Einfache Rechnung: Ich habe 100 Siebe. Die lasse ich für 50€ pro Stück sterilisieren. 50 Siebe kommen reklamiert zurück. Bleiben also 50 Siebe für 5000€. Erhöhe ich nun die Qualität, kostet das Sieb statt 50€ nun 80€, dafür kommen aber nur noch 25 Siebe zurück. Bleiben also 75 Siebe für 8000€ - das einzelne Sieb wird teurer, und das ohne einen Qualitätsverlust am Patienten. Der kriegt ja nur die sauberen Siebe ab. Natürlich spielen da auch noch Faktoren wie Lagerhaltung, Fehler bei der Erkennung "schlechter" Siebe, Anschaffungskosten, Redundanz bei der Materialvorhaltung etc.


    Gruß, Christian


  • Man sollte sich nichts vormachen, schmutziges OP-Besteck gibt es wahrscheinlich immer wieder in jeder Klinik. Wenn dies allerdings sehr gehäuft und systematisch (falsch verschweißte Verpackungen) auftritt, dann sollte man sich natürlich schon mal die Abläufe nochmals genauer anschauen.


    Vom RKI ist haarklein festgelegt, wie eine Steri auszusehen hat. Wenn dennoch dreckiges Besteck in den OP gelangt, sind glasklare Vorschriften missachtet worden und die mögliche Patientenschädigung schon beinahe eingetreten. Ist eigentlich genauso, als wäre der Arzt gar kein Arzt. Nur dass sich darüber jeder aufregen würde, während diese Widerlichkeit scheinbar als "kann ja mal vorkommen" abgetan wird.

    Wichtig ist, das Personal darauf zu trimmen, unsaubere Siebe zu erkennen und zurückzuschicken.


    Ich bin baff, dass man stundenlang aufgeladen darüber diskutieren kann, ob man den Patient nun besser mit Schaufeltrage oder Spineboard rumträgt, während gestandene Männer aus der Praxis aus ökonomischen Gründen siffiges OP- Besteck akzeptabel finden! Wichtig ist, eine ZSVA so auszustatten, dass sie ihre Arbeit tun kann.


  • Vom RKI ist haarklein festgelegt, wie eine Steri auszusehen hat. Wenn dennoch dreckiges Besteck in den OP gelangt, sind glasklare Vorschriften missachtet worden und die mögliche Patientenschädigung schon beinahe eingetreten. Ist eigentlich genauso, als wäre der Arzt gar kein Arzt. Nur dass sich darüber jeder aufregen würde, während diese Widerlichkeit scheinbar als "kann ja mal vorkommen" abgetan wird.


    Ich bin baff, dass man stundenlang aufgeladen darüber diskutieren kann, ob man den Patient nun besser mit Schaufeltrage oder Spineboard rumträgt, während gestandene Männer aus der Praxis aus ökonomischen Gründen siffiges OP- Besteck akzeptabel finden! Wichtig ist, eine ZSVA so auszustatten, dass sie ihre Arbeit tun kann.

    Wo schreib ich denn, dass ich so etwas akzeptabel finde? Ich weiß nicht, in welcher Welt du lebst, aber in meiner passieren jeden Tag hunderte Arbeitsunfälle, Maschinen gehen kaputt. Computer funktionieren nicht richtig, Gebäude stürzen ein, verdorbenes Essen wird verkauft und das alles trotz glasklarer Vorschriften. Und ja, in diesem Zusammenhang kann es tatsächlich passieren, dass an einer Pinzette noch ein Blutrest hängt. Ich finde dies sicher nicht akzeptabel, aber dennoch habe ich es schon miterlebt.

  • Das bezog sich auf die Kostenrechnung, die Christian Betgen aufgemacht hat. Was den Rest Deiner Argumentation angeht: Dir wird ebenso klar sein wie mir, dass weder abstürzende Computer, Arbeitsunfälle bei Meister Röhrich noch ein Gebäudeeinsturz qualitativ oder quantitativ vergleichbar sind damit, dass der Aufbereitungsprozess der ZSVA einer ganzen Uniklinik unzulässig ist. Oder ein Arzt sich anonym damit zitieren lässt, es habe "sicher auch Tote gegeben".