Vorhalteerweiterung im Bereich der ILS Freiburg

  • Wie in so vielen Bereichen notwendig... 91% Hilfsfristeinhaltung gepaart mit immer mehr im Nachhinein unnötigen Notfallfahrten macht eben eine erhöhte Vorhaltung erforderlich...

  • Die Anspruchshaltung der Bevölkerung, was die ärztliche Versorgung (vor allem außerhalb der Praxiszeiten) angeht, wird auch in Zukunft nicht geringer werden. Die Ärzte und Kassenärztlichen Vereinigungen reagieren auf diese, zugegeben größtenteils überzogene, Erwartungshaltung so gut wie gar nicht, also wird sich diese Spirale auch zukünftig munter weiterdrehen.

  • Die Anspruchshaltung der Bevölkerung, was die ärztliche Versorgung (vor allem außerhalb der Praxiszeiten) angeht, wird auch in Zukunft nicht geringer werden. Die Ärzte und Kassenärztlichen Vereinigungen reagieren auf diese, zugegeben größtenteils überzogene, Erwartungshaltung so gut wie gar nicht.


    Ich frage mich, ob diese Erwartungshaltung tatsächlich so überzogen ist. ?-( Oder halten wir an einem überholten System fest ?
    Unsere gesamte Gesellschaft ist zwischenzeitlich auf einen 24-Stunden-Betrieb ausgelegt: Man kann praktisch rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen, also konsumieren.
    Wer diese 24-Stundengesellschaft auslebt, versteht eben nicht, dass die hausärztliche Versorgung nur von 08:00 bis 17:00 (ausser Samstag/Sonntag/Mittwoch Nachmittag/Praxisurlaub/Ärztekongresse) für ihn funktionieren soll.

  • Zitat

    Ich frage mich, ob diese Erwartungshaltung tatsächlich so überzogen ist. ?-( Oder halten wir an einem überholten System fest ?
    Unsere gesamte Gesellschaft ist zwischenzeitlich auf einen 24-Stunden-Betrieb ausgelegt: Man kann praktisch rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen, also konsumieren.
    Wer diese 24-Stundengesellschaft auslebt, versteht eben nicht, dass die hausärztliche Versorgung nur von 08:00 bis 17:00 (ausser Samstag/Sonntag/Mittwoch Nachmittag/Praxisurlaub/Ärztekongresse) für ihn funktionieren soll.


    Nicht ganz ohne, diese Überlegung.

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Die Erwartungshaltung, die ich bei meiner Arbeit ständig zu spüren bekomme, halte ich schon für überzogen!
    Es gibt ja im Prinzip eine ärztliche Versorgung rund um die Uhr durch niedergelassene Ärzte, die Notfallpraxen und ihre Fahrdienste, da hat die Ärzteschaft durchaus auf die Veränderungen reagiert. Nur leider nicht so, wie es ein Großteil der Bevölkerung erwartet.
    Viele Anrufer haben kein Verständnis dafür, dass sie nachts oder am Wochenende durch den halben Landkreis zur nächsten Notfallpraxis fahren müssen oder dass der ärztliche Bereitschaftsdienst eben erst in 3 oder 4 Stunden kommen kann, obwohl sie doch schon seit 3 Tagen vergeblich versuchen, ihren grippalen Infekt alleine auszukurieren! Da bekommen sie eben ne halbe Stunde später plötzlich Kreislaufprobleme oder Atemnot und schon kommt der Rettungsdienst. Der kann zwar keine Medikamente verschreiben, aber man wird untersucht und im Zweifelsfall in die Klinik gefahren.
    Eine ärztliche Versorgung in der Nachbarschaft und ein Hausbesuchsdienst, der binnen 1 Stunde da ist, ist eben rund um die Uhr nicht machbar, weil weder Personal noch Geld dafür da ist ist. Und die Verantwortlichen dafür, also die jeweilige KV und die Kostenträger, machen es sich sehr einfach und wälzen das Problem auf den Rettungsdienst ab. Offensichtlich ist es billiger, dort eine Erweiterung der Vorhaltung zu finanzieren, als über ein suffizient arbeitendes System eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes nachzudenken.

  • Ich frage mich, ob diese Erwartungshaltung tatsächlich so überzogen ist. ?-( Oder halten wir an einem überholten System fest ?
    Unsere gesamte Gesellschaft ist zwischenzeitlich auf einen 24-Stunden-Betrieb ausgelegt: Man kann praktisch rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen, also konsumieren.
    Wer diese 24-Stundengesellschaft auslebt, versteht eben nicht, dass die hausärztliche Versorgung nur von 08:00 bis 17:00 (ausser Samstag/Sonntag/Mittwoch Nachmittag/Praxisurlaub/Ärztekongresse) für ihn funktionieren soll.


    Diese 24 Std Rund um die Uhr Betreuung ist doch da. Aber halt nicht ums Eck, genau so wie die 24 Std Tanke oder der Supermarkt. Ich nenne das Bequemlichkeit und überzogenes Anspruchsdenken.

  • Vielleicht wäre es auch einfach an der Zeit mal darüber nachzudenken ob unser ambulantes System nicht einfach auch überarbeitet gehört?
    Dazu gehört aus meiner Sicht u.a.:
    - Notfalltermine werden freigehalten (macht kaum noch ein Hausarzt, eine kleine Umfrage von mir ergab mal eine von fünf HAs)
    - Spät und Frühsprechstunden für berufstätige Patienten wirklich für diese vorsehen - So wie es in den Hausarztmodellen vorgesehen ist (Erfahrungswerte gehen zu mindestens hier dahin, dass 65% der Patienten in der Spätsprechstunde nicht (mehr) erwerbstätig sind, in der Frühsprechstunde sogar noch mehr)
    - Oben genannte Termine ausweiten.
    - Den Zusammenschluss von Praxen fördern - Die oben angesprochenen Punkte lassen sich in einer Gemeinschaftspraxis deutlich besser realisieren als in einer Einzelpraxis.
    (Ein mir bekanntes MVZ aus 7 Hausärzten betreibt z.B. sogar seinen eigenen ärztlichen Notdienst -nur für Praxispatienten-.. Bei 7,5 Ärzten und durchschnittlich 4 Bereitschaftsdiensteinsätzen pro Woche geht das ganz gut)


    Ein relevanter Teil der von meinen Vorpostern angesprochenen Patienten haben bei Nachfrage nämlich durchaus einen frustranen Versuch der Kontaktaufnahme mit einem Hausarzt gemacht. Ich kann dann schon verstehen, dass manch einer zuerst denkt "na dann probiere ich es selber", "So schlimm, dass ich von der Arbeit weg muss ist es noch nicht, ich kann nicht wegen ein bissche Husten Mittags fehlen damit ich zum Arzt gehe", usw...
    Die "krassen" "RD-Holer damit es die Wunderspritze gibt" sind meiner Erfahrung nach zwar durchaus vorhanden, aber (noch) eher in der Minderheit.


    (Übrigens: So "da" ist die 24/7 Versorgung nicht. Es gibt bis heute Landkreise in denen keinerlei Notfallpraxen-System existiert und oft nur ein ÄBD für den gesamten LK. Selbst viele Großstädte bieten nach 24 Uhr nur den Weg ÄBD oder Klinik)

  • Ich halte diese Vision vom 24h- Leben ehrlich für überzogen. Auch wenn zugegebenermaßen Öffnungszeiten anders aussehen als früher, schließen weiterhin die allermeisten Supermärkte um Mitternacht, der Versandhändler verschickt erst am nächsten Tag, der Lieferdienst geht nach drei nicht mehr ans Telefon und auch die großen deutschen Medien bieten nachts vor allem Konservenkost vom Tage. Man kann durchaus nicht "rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen". Und das ist der Regelfall, denn es entspricht dem natürlichen Tagesrythmus. Auch wenn man als Schichtdienstler in einer Großstadt bestimmt manchmal einen anderen Eindruck bekommt. Wer vom KV-Arzt einen großzügigen Ausbau der 24h-Verfügbarkeit erwartet, vergisst dabei, dass der am nächsten Tag ganz normal in seine Praxis muss, wenn der RD'ler nach Hause fährt.

    Einmal editiert, zuletzt von der_Tobi ()

  • Der Verbraucher - und damit meine ich sowohl die Patienten als auch die Mitarbeiter im RD - nutzen aber diese 24-Std.-Angebote im immer steigendem Maße.
    Parallel erwarten Staat und Arbeitgeber eine immer höhere Mobilität; in den Arbeitszeiten ebenso wie in den Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz.


    Letzteres ist aber nicht umsetzbar, wenn ersteres nicht funktioniert.
    Das haben bspw. normale KITA's ebenso erkannt wie grosse Firmen mit Schichtdiensten und Betriebs-KITA's.
    Der Linienplan im ÖPNV hat sich durchaus gewandelt; während meiner Berufsausbildung in den 70-er-Jahren war am Heiligabend bzw. am 31. Dezember um 16:00 Uhr Betriebsschluss.
    Das kann sich heute kein öffentlicher Nahverkehr mehr erlauben; höchstens in den Landkreisen Posemuckel und Jottwede.
    Ein normaler Bürger erwartet von seiner kommunalen Verwaltung, daß er als Steuerzahler natürlich rund-um-die-Uhr das einfache Formular- und Antragswesen über das Internet abwickeln kann.


    JA - in der Medizin gibt es ein übersteigertes Anspruchsdenken.
    Dennoch muß hinterfragt werden, inwieweit die Bewahrung von "das war schon immer so" nicht auch reformierbar ist.


    Als positives Beispiel kann ich den Notdienst der Apotheken benennen.
    In den schon oben angeführten 70-er-Jahren gab es in unserer Stadt nächtlich vier diensthabende Apotheken.
    Jetzt, gut vierzig Jahre später und gestiegenen Einwohnerzahlen plus der zusätzlichen Versorgung von Gemeinden ausserhalb der Heimatstadt sind es aber nur noch 3 Apotheken.
    Die höhere Mobilität von Patienten/Angehörigen hat also dazu geführt, daß weniger Dienste geleistet werden müssen.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich halte diese Vision vom 24h- Leben ehrlich für überzogen. (...) Man kann durchaus nicht "rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen".


    Ich habe lediglich mal ein paar Gedanken in den Raum geworfen, die aber letztlich auch auf Äusserungen und Begründungen von Patienten und Angehörigen beruhen.
    Ich sehe diese Entwicklung auch grundsätzlich kritisch. Die Frage bleibt dennoch bestehen, wie man künftig auf diese real existierenden Umstände reagieren möchte.

  • Ich halte diese Vision vom 24h- Leben ehrlich für überzogen. Auch wenn zugegebenermaßen Öffnungszeiten anders aussehen als früher, schließen weiterhin die allermeisten Supermärkte um Mitternacht, der Versandhändler verschickt erst am nächsten Tag, der Lieferdienst geht nach drei nicht mehr ans Telefon und auch die großen deutschen Medien bieten nachts vor allem Konservenkost vom Tage. Man kann durchaus nicht "rund um die Uhr einkaufen und das nicht nur online, tanken, Medien verfolgen oder essen gehen". Und das ist der Regelfall, denn es entspricht dem natürlichen Tagesrythmus. Auch wenn man als Schichtdienstler in einer Großstadt bestimmt manchmal einen anderen Eindruck bekommt. Wer vom KV-Arzt einen großzügigen Ausbau der 24h-Verfügbarkeit erwartet, vergisst dabei, dass der am nächsten Tag ganz normal in seine Praxis muss, wenn der RD'ler nach Hause fährt.


    Ich glaube, das kommt immer auf die Region an, in der man sich befindet. Am flachen Land mit Dörfern um die 2.000 EW mag das stimmen, in Großstädten wie München, Hamburg, Berlin ist das allerdings schon möglich. Und da die Bevölkerungsschichten und damit auch die Ballungsräume wachsen, ist es nicht ganz ausgeschlossen, dass man in den nächsten 15-20 Jahren ein 24 Std.-Leben in mehr und mehr Regionen haben wird. Warum soll also die Vorhaltung der Gesundheitsversorgung nicht im gleichen Maße Veränderungen vollziehen, wie es der Rest des Lebens auch tut? Eine dynamische Fortentwicklung ist allemal besser, als sich über Jahre hinweg auf ein und dem selben Punkt mit mehr oder weniger großem Radius zu bewegen. Genau diese Stagnation bewirkt ja die (von uns als negativ) wahrgenommene Entwicklung im RD.


    Ein weiteres Problem ist, dass man kompetent mit dem Notruf wirbt und damit eine Stunden-Verfügbarkeit garantiert aufzeigt, die (sicherlich in einigen Regionen vorhandene) positiven Entwicklungen bei den ÄND aber nicht im selben Maße in der Fläche kommuniziert wird. Auch hier gibt es Handlungsbedarf. Der Bürger wendet sich ja berechtigter Weise an die Stellen, von denen er weiß, dass er garantiert Hilfe bekommt. Selbst, wenn dann die Leitstelle aufklärt, blockiert man dadurch vielleicht eine notwendige Leitung für jemanden, der wirklich Hilfe benötigt.


    Wenn man jetzt nix an der Situation ändert, wird es nur noch schlimmer werden.

    3 Mal editiert, zuletzt von M.Schwarzenberger ()