Badische Zeitung: Leitstelle Ortenau schickt keinen Notarzt zu krankem Kind, Mutter wendet sich an Zeitung

  • Und damits halt was vom Thema hat:
    Ich bleibe dabei, dass ich bei einem unauffälligen Kind mit 41 Grad keinen Notarzt geschickt hätte und einen RTW auch nur dann, wenn ich der Meinung gewesen wäre, dass sich aufgrund der beschriebenen Lage irgendwas verschlechtert.
    Ansonsten wäre meine Empfehlung gewesen: Kinderarzt aufsuchen. Gute Nacht.


    Ein Kind mit 41°C Fieber ist nicht unauffällig, sondern akut vital bedroht.

  • Manchmal weiß ich schon vorher, warum ich mich bei manchen Themen zurückhalte... :popcorn:

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ein Kind mit 41°C Fieber ist nicht unauffällig, sondern akut vital bedroht.



    Wieso?

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Wieso?


    Na weil fakl das aus dem netdoktor-Fundus entnommen hat:


    Klar soweit?
    [Jack Sparrow, Capt]

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Dann muss ich mich auch mal outen, ich fand die Entscheidung der Leitstelle auch richtig. Auch nur anhand der dargestellten Fakten, ganz ohne Emotionen. Als die Leitstelle uns neulich zu einem solchen Meldebild geschickt hat, haben wir uns um ein Taxi für die Eltern samt Kind bemüht, weil die Leitstelle diese Entscheidung wohl nicht treffen wollte.


    Es gibt in manchen Fällen sicherlich soziale Indikatoren, die die medizinische Notwendigkeit überschreiten, aber nur weil jemand sich ein Taxi nicht leisten kann, muss ich dafür nicht meinen RTW für 90-120 Minuten lahm legen. Die Menschen haben allerlei Möglichkeiten, sich über alles auf der Welt zu informieren, da muss ich niemanden aufklären, wer wo warum wem einen Transportschein ausstellt. Wer sein Smartphone nur zum Jagen von Pokemons nutzt, der hat halt Pech gehabt. Es war noch nie so einfach wie heute, sich Informationen in allen Bereichen einzuholen und das auch in sehr kurzer Zeit.

  • Wenn man sich mal ein wenig mit Empfehlungen kinderärztlicher Fachgesellschaften auseinandersetzt, landet man irgendwann bei Empfehlungen wie der unten zitierten (Quelle BZfGA), meistens noch garniert mit Hinweisen darauf, dass Fieber abends ca. 0,5° höher ist als morgens und dass körperliche Aktivität und vor allem die Kleidung die Temperatur deutlich beeinflussen kann und dass insbesonder Kleinkinder und Säuglinge gerne mal zu warm angezogen sind.



    Von Lalülala wird dort nichts geschrieben und Hausbesuche von Kinderärzten sind, auch im Notdienst sehr, serh selten, da davon ausgegangen wird, dass Kinder von ihren Eltern zum Arzt gebracht werden können.
    Grundsätzlich sollte man sich m.M. nach als Eltern(teil) auch immer einen Plan zurechtlegen, wie man im Falle eines Falles sein Kind zum Arzt bringen kann.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

    Einmal editiert, zuletzt von condorp4 ()

  • Wieso?


    Zwischen einem Kind (große Spannweite in Jahren) und einem 6 Monate alten Säugling besteht (patho-)physiologisch aber schon ein Unterschied?


    Wenn ich so argumentiere, dann brauche ich auch zu keinem Sturz, keiner Kopfplatzwunde, keiner Synkope und keiner Schnittverletzung einen RTW schicken. Es ist ja eh nix.


  • Zwischen einem Kind (große Spannweite in Jahren) und einem 6 Monate alten Säugling besteht (patho-)physiologisch aber schon ein Unterschied?


    Du hast den Beitrag von condorp schon ganz gelesen, oder?

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Von Lalülala wird dort nichts geschrieben und Hausbesuche von Kinderärzten sind, auch im Notdienst sehr, serh selten, da davon ausgegangen wird, dass Kinder von ihren Eltern zum Arzt gebracht werden können.
    Grundsätzlich sollte man sich m.M. nach als Eltern(teil) auch immer einen Plan zurechtlegen, wie man im Falle eines Falles sein Kind zum Arzt bringen kann.


    Moment:


    Sind wir uns einig, dass der Säugling (zeitnah) in einer pädiatrischen Notfallambulanz vorgestellt werden soll oder dass man den Säugling weiter bei seinen Eltern belässt?


    Hier wird irgendwie wieder einiges vermischt und auf dem Niveau: "Mit einem Taxi kann doch jeder fahren" sollten wir eigentlich nicht diskutieren. Das kann ein Myokardinfarkt im Zweifel auch. Die Komplikation (hier der Fieberkrampf beim Säugling) macht die fachliche Betreuung notwendig.


    Das würde man retrospektiv im Schadensfall auch so sehen.

  • Du hast den Beitrag von condorp schon ganz gelesen, oder?


    Eigentlich schon. Vielleicht sollte man in dem Algorithmus der Abfrage die Kleidungsmenge und den Stand des Thermostates im Kinderzimmer mit einbeziehen.
    Oder was meinst du?

  • Kurze Zwischenfrage: Fieberkrämpfe sind doch eher eine Folge eines schnellen Fieberanstiegs, nicht eines hohen Fiebers allgemein oder irre ich mich da?

  • Eine hohe Körpertemperatur senkt im allgemeinen die Krampfschwelle. Deswegen kühlt man u.a. neurochirurgische Intensivpatienten aktiv.

  • Von Fieberkrampf war aber bisher nicht die Rede. Das würde auch in starkem Gegensatz zur ambulanten Behandlung stehen. Bei einem Krampfanfall würde ich eine stationäre Aufnahme mit neurologischer Abklärung erwarten.

  • Warum ich 41°C als vitale Bedrohung einschätze? Zunächst einmal, weil es so im Lehrbuch steht. Ist für mich aber auch intuitiv begreifbar, wenn man sich vor Augen hält, dass die Literatur die überlebbare Grenze bei ca. 42°C ansetzt - da fehlt nicht mehr viel. Außerdem muss man sich vor Augen halten, dass das Fieber Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung ist, die uns auch noch völlig unbekannt ist. Von Hitzschlag über Sepsis bishin zu Meningitis kann das alles sein - wir wissen es erst mal nicht.
    Wenn medizinisches Fachpersonal vor Ort einen Transport per Taxi für vertretbar hält, hab' ich wenig dagegen einzuwenden. Aber so…?
    Ich weiß, das ist jetzt unsachlich und polemisch, aber: Wenn ich zu einer brennenden Mülltonne mit Lalülala fahre, dafür aber einem hochfebrilen Kleinkind das Taxi empfehle, läuft was falsch.

    Einmal editiert, zuletzt von pillenhaendler ()

  • Die Diskussion macht deutlich das nicht der Rettungsdienst und schon garnicht die Leitstelle dieses gesellschaftliche Problem lösen kann. Die Erziehung die Resource Rettungsdienst zu (aus-)nutzen muss wo anders erfolgen. Politisch halte ich es schon lange für gewollt das lieber der "günstige" Rettungsdienst als "med.-Hausmeister" und Problemlöser einspringen soll (schnell, billig und immer erreichbar), als an der teuren Schraube der strukturellen Verbesserungen der ambulanten Versorgung zu drehen.


    Solange bedeutet es nun einmal, dass wenn eine völlig verunsicherte und überforderte Mutter /Vater anruft und mit einem Problem vor für sie /ihn unlösbaren Problemen steht, ist Hilfe zu entsenden, auch wenn es für uns lächerlich erscheinen mag. Das ist nun mal unsere gesellschaftlich zugestandene Aufgabe und Rolle, genau so wie wir mehrheitlich zu Knieschmerzen ins Altersheim fahren anstelle auf die Autobahn um dort Heldentaten zu vollbringen.


    Der vergleich mit der brennenden Mülltone ist da auch garnicht so polemisch wie ich finde.

  • Wenn das stimmt, was Andrechen sagt, wird der Fall betriebsintern vernünftig aufgearbeitet. Ich finde es ferner gut, dass sich öffentlich der Leitstellenchef hinter seine Mitarbeiter stellt, anstatt den Disponenten medienwirksam in den unbezahlen Urlaub schickt, weil er ggf. einen Fehler gemacht hat.


    Die Aussage, dass ein 6 Monate altes Kind mit 41°C Fieber kein Notfall ist und deswegen dafür auch kein RD kommt, finde ich dagegen, ähnlich wie fakl, fahrlässig. Den beschriebenen Fall will ich dabei nicht beurteilen, weil wir das Gespräch nicht kennen.


    Aber mit der reinen Information: 41°C Fieber, 6 Monate würde ich sofort eine RD Indikation stellen.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Die Diskussion macht deutlich das nicht der Rettungsdienst und schon garnicht die Leitstelle dieses gesellschaftliche Problem lösen kann. Die Erziehung die Resource Rettungsdienst zu (aus-)nutzen muss wo anders erfolgen. Politisch halte ich es schon lange für gewollt das lieber der "günstige" Rettungsdienst als "med.-Hausmeister" und Problemlöser einspringen soll (schnell, billig und immer erreichbar), als an der teuren Schraube der strukturellen Verbesserungen der ambulanten Versorgung zu drehen.


    Die Frage ist, wo wir eigentlich hinwollen. Auf der einen Seite haben wir Kampagnen wie "Schlaganfall - Ein Notfall", die bereits bei vagen Symptomen (Sprichwort FAST-Test) einen Rettungsdiensteinsatz fordert - und das vermutlich zu Recht. Wir echauffieren uns weiter, wenn mal wieder ein Patient mit einem massiven Myocardinfarkt zu Fuß in ein am besten noch ungeeignetes Krankenhaus läuft. Und wir wundern uns, wenn wir die offene Sprunggelenksfraktur aus dem Wartezimmer des Allgemeinarztes holen.
    Auf der anderen Seite fordern manche aber, die Patienen zu Profis im Bereich medizinischem Gatekeeping zu erziehen. Das ist aber schlechterdings unmöglich, da es sich um medizinische Laien handelt, die sich mehrheitlich noch dazu in der psychischen Belastungssituation "Akute Erkrankung" befinden. Wenn ich mir angucke, wie oft ich mit meinen Diagnosen falsch liege: Von mir als kritisch eingestufte Patienten gehen am selben Tag noch heim, andere, eher NACA II triagierte entwickeln einen fulminant komplikationsbehafteten Krankheisverlauf … und das schiebe ich jetzt mal ganz arrogant nicht auf mangelndes Wissen, sondern auf die Beschränktheit der präklinischen Diagnosemöglichkeiten.
    Und jetzt soll ich Dinge von Patienten verlangen, die ich selbst als Profi nicht kann? Da ist es einfacher und sicherer und vermutlich mit einem besseren Outcome behaftet, ihnen zu empfehlen, im Zweifelsfall die 112 zu wählen.
    Und ich fahre gerne zu jedem Einsatz und wenn es der sprichwörtlich eingerissene Zehennagel ist. Wenn es nicht nötig ist, transportiere ich halt nicht.
    Aber genau hier sehe ich das größte Verbesserungspotential! Ich will zum einen mehr Rückendeckung, wenn ich einen Patienten zuhause lasse (manche Kollegen fordern für sowas den Notarzt nach …). Und ich will für die Patienten, die zwar keiner Hospitalisierung bedürfen, aber trotzdem einen Arzt brauchen, einen vernünftigen Bereitschaftsdienst.