Vorbereitung von Einsatzkräften auf das Auffinden eines Toten

  • Einer am Ast/am Baum in der Landschaft hängenden Toten habe ich nie erlebt - meine Erfahrungen beschränkten sich auf Wohnungen, Gartenhäuser, Werkstätten...

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wow, Respekt! Nicht das mich das stören würde, aber wenn ich mal so dran denke, wie ein großer Teil der Eltern sich so im Kindergarten, Hort und Schule verhält ist das schon recht mutig. Schlimm ist es ja mehr im jungen Alter der Kinder. Ich gehe auch mal davon aus, dass hier ältere Schüler (9-10 Klasse?) gemeint waren. Jörg wird da sicher ein Lied von singen können. Die Erzieherinnen im Kindergarten sind immer ganz erstaunt, wenn wir gelassen reagieren wenn der Bengel mal wieder von Hacke bis Nacke voll Sand ist, mal ne Hose beim spielen kaputt gegangen ist, usw. Manche Eltern machen dabei wohl immer ne Welle. Zur Sache selbst: Die Idee sich so mit dem Tod zu befassen finde ich gar nicht schlecht. Mich würde es nicht stören, wenn meine pubertierenden Kinder in den höheren Klassen einen Bestatter oder eine Pathologie besuchen würden. Ob die das ab können ist die andere Sache. Vielleicht bin ich dabei so gelassen, weil ich es kann und es für mich normal ist den Tod jeden Tag um mich rum zu haben. Andere sicher aber nicht. Aber mal den Ponyhof zu verlassen und die Realität zu zeigen sollte doch eigentlich nicht so falsch sein, oder?


    Gruß


    Entschuldige. Nicht früher dazu gekommen, aber ich schulde dir noch eine Antwort.
    Die ganze Sache ist vor etwa 10 Jahren entstanden. Ursache war, dass plötzlich eine Schulklasse angeführt von ihrer Lehrerin bei meiner Bekannten vor dem Bestattungshaus standen. Der Grund: eine Mitschülerin hatte sich in suizidaler Absicht von der Autobahnbrücke gestürzt und danach kam zusätzlich noch der Sattelzug...
    Der Gedanke der Pädagogin war, dass sich die sicherlich in einem Ausnahmezustand befindliche Klasse von ihrer Mitschülerin verabschieden sollte um die Sache besser verarbeiten zu können. Das hat sie natürlich, auch aufgrund des Zustands der Leiche, verweigert. Jedenfalls kam so eine Zusammenarbeit mit der Schule zustande. Wie das ganz genau abläuft weiß ich nicht, ob das in der Projektwoche ist, ob da alle Klassen dran kommen, ob das im Religionsunterricht angesiedelt ist, da muss ich passen.
    Die Schüler kommen ins Bestattungshaus, fangen dort einfach mal normal im Büro an, können Fragen stellen, dann geht es in die Verabschiedungshalle und ins Sarglager und abschließend dann auch in die Werkstatt wo eine Leiche aufgebahrt ist. Jeder darf aussteigen wenn er/sie nicht möchte, niemand wird zu etwas gezwungen. Zwei-Drei Schüler tuen das wohl auch immer und anschließend wird nochmal (in der Schule?) über die Eindrücke geredet. Die Idee finde ich so sehr gut und kann das persönlich nur unterstützen!


    Anscheinend finden auch andere dieses Thema durchaus für Kinder geeignet. Ganz spontan habe ich mich an den "Türöffnertag" bei meiner geliebten "Sendung mit der Maus" erinnert, wo auch Bestatter in unserer Gegend Einblick in ihren Betrieb gegeben haben. Auch dieses Jahr gibt es dies wieder. Ein Beispiel gibt es hier.



    Zum Thema:


    Mir persönlich hätte es sicherlich damals geholfen erst einmal unbefangen eine "neutrale" Leiche zu sehen als ich im Rettungsdienst angefangen hab. Mein erster Toter war eine klassische Reanimation und daher körperlich unversehrt. Es war eben kein Polytrauma auf der Autobahn, keine Bahnleiche, kein Erhangener, keine Wasserleiche oder sonst etwas war, wo das was von dieser Person noch übrig ist mit einem Menschen ja nun leider nicht mehr viel überein hat. Das war Glück!
    Sich in Diensten, welche in einer gewissen Weise eher gefährdet sind mal mit einer Leiche in besonderen Lagen in Kontakt zu kommen sollten sich mMn selbstverständlich darauf vorbereiten. Ich kann daher die Initiative von Thor nur begrüßen. Auch schon allein, damit ggf. ein Mitglied der Truppe sagen kann, dass dies doch nichts für ihn ist.
    Wir waren mit dem RettAss-Kurs in der Rechtsmedizin und haben dort bei zwei Obduktionen zuschauen dürfen. Das war sehr interessant, aber ganz ehrlich, mich hat es eher an eine Metzgerei erinnert. Jedes Organ wird zerschnitten, mit den Fingern teilweise zerwühlt und zerpflückt. Ob das der ideale Start ist um in das Thema einzusteigen wage ich zu bezweifeln. Dann doch eher Kontakt mit den Tutoren in der Anatomie der nächsten Universität aufnehmen. Auch sehr interessant, bringt auch Unmengen an anatomischem Wissen. Aber mMn auch nicht für den Einstieg geeignet.

  • Wir waren mit dem RettAss-Kurs in der Rechtsmedizin und haben dort bei zwei Obduktionen zuschauen dürfen. Das war sehr interessant, aber ganz ehrlich, mich hat es eher an eine Metzgerei erinnert. Jedes Organ wird zerschnitten, mit den Fingern teilweise zerwühlt und zerpflückt. Ob das der ideale Start ist um in das Thema einzusteigen wage ich zu bezweifeln.


    Nein, gewiss nicht. Aber es mag ja die Möglichkeit geben, den Leichnam ohne Teilnahme an einer Obduktion in Augenschein zu nehmen oder den Raum vor dem Beginn der inneren Leichenschau zu verlassen.


    (Wobei ich persönlich besonders den Schnitt / die Schnitte als problematisch empfinde. Sobald der Leichnam geöffnet und v.a. die meisten Organe entnommen sind und einzeln untersucht werden, ist das - optisch und vom Gefühl her - weniger ein (toter) Mensch als vielmehr ein anatomisches Studienobjekt. Da macht es mir dann auch nichts aus, mir das aus der unmittelbaren Nähe anzusehen. Genauso ist es meist unproblematisch, wenn der Leichnam gewaschen ist und die innere Leichenschau noch nicht begonnen hat, entstellende Verletzungen oder ungünstige Liegezeiten/-orte einmal außen vor.)

  • Bei mir ist es auch so, dass entstelltere Leichen eher zur Sache werden. Vielleicht auch eine Art Schutzreflex, keine Ahnung. Aber für mich persönlich ist es nicht ganz unwichtig das zu wissen.

  • Ich war von 0:00 bis 04:30 Uhr bei einem Einsatz, bei dem ich mir gewünscht hätte, der eine oder andere hätte mal die Möglichkeit gehabt, etwas behutsamer an das Thema herangeführt worden zu sein.


    Ich kann solche Vorstöße nur begrüßen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Kurz und knapp: VU mit drei Toten, keiner älter als 20, Überleben der weiteren zwei Patienten fraglich. Und es gab Einsatzkräfte (Plural!), für die es entweder der erste ernstzunehmende Einsatz war oder die ein oder mehrere der Opfer kannten.

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  • Ich denke, ich habe von dem Einsatz gerade in den Nachrichten gelesen, hat mich spontan an einen ähnlichen Sch...einsatz erinnert, den ich vor einigen Jahren zu bewältigen hatte.
    Was mir und vielen anderen Beteiligten damals sehr geholfen hat, war eine ca. 14 Tag später stattgefundene Nachbesprechung (nicht taktisch oder medizinisch, sondern was sich auf persönlicher und emotionaler Ebene abgespielt) aller Einsatzbeteiligten mit Supervision. Das Gespräch dauerte fast sechs Stunden und wurde durch einen erfahrenen KITler geleitet. Im Lauf des Abends hat man deutlich gemerkt, dass auch einige altgediente Kollegen sich hinter einem dicken Panzer unter Umständen nur verstecken.
    Nachdem du dein Eindruck hast, dass einige Kollegen - verständlicherweise - an dem Einsatz zu knabbern haben, empfehle ich euch, so etwas auch anzuregen.

  • Kurz und knapp: VU mit drei Toten, keiner älter als 20, Überleben der weiteren zwei Patienten fraglich. Und es gab Einsatzkräfte (Plural!), für die es entweder der erste ernstzunehmende Einsatz war oder die ein oder mehrere der Opfer kannten.


    Höchst im Odenwald?

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Blogbeitrag? Mich würde das schon interessieren uns vielleicht hilft es dir auch?

    Ich denk mal drüber nach, bin mir aber nicht sicher, ob der Zeitpunkt (schon) gut dafür ist.


    Nachdem du dein Eindruck hast, dass einige Kollegen - verständlicherweise - an dem Einsatz zu knabbern haben, empfehle ich euch, so etwas auch anzuregen.

    Danke für die Anregung. Ich weiß nicht, ob wir nach einiger Zeit nochmal was für die Allgemeinheit machen, aber aus den Augen verlieren darf ich das Thema ohnehin nicht. Es gab direkt im Anschluss schon eine Nachbesprechung in kleiner Runde (ohne Moderation/Supervision), da hat alles erstmal einen recht geordneten Eindruck gemacht. Die Leute, die es wirklich "umgehauen" hat, gehören nicht in meinen originären Zuständigkeitsbereich.


    Höchst im Odenwald?

    In der Nähe, ja.

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