Notfallsanitäter müssen mehr dürfen

  • Das wäre bei uns einer von zigtausend Zugängen in den letzten 30 Jahren, die (mittlerweile) allesamt sauber dokumentiert sind. Nachweisen können wir außerdem, dass die Mitarbeiter regelmäßig über die dazugehörigen Hygienemaßnahmen usw. geschult werden. Hier kann man also getrost von Können" ausgehen.

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  • Über das „Können“ diskutiert ja auch keiner. Trotzdem war es 1000fach eine „offiziell“ illegale Massnahme (wenn es nicht der Lebensrettung oder der Abwehr schwerer gesundheitlicher Schäden diente und das ist sicher nur in einem Bruchteil der dokumentierten Fälle beschrieben). Es geht um das „Dürfen“. Du hast bewusst (also vorsätzlich) eine illegale Massnahme mit Schädigung am Patienten ausgeführt.
    Wie gesagt: zugegeben, da ist der Zugang ein schlechtes Beispiel. Bei Medikamenten kann das aber anders ausschauen.

  • Nur zum Verständnis.... Wo steht denn, dass es illegal ist, Zugänge zu legen?
    Am besten mit genauer Quelle.... Ich hatte diese Erkenntnis bisher nämlich nicht und für mich deutet wenig darauf hin. Aber offenbar gibt es doch diese Idee. Ich bin neugierig...

  • Solange der Patient einwilligt, ....

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  • Zitat

    Über das "Können" diskutiert ja auch keiner.


    Im Fall einer Komplikation sicher schon.

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  • Naja, grundsätzlich wirst Du den Zugang ja legen, um beim Patienten medizinisch irgendetwas zu bewirken (sonst gäb es ja schon gleich gar keine Rechtfertigung dafür). Damit fällt das unter berufsmässige Ausübung der Heilkunde. Die wäre nur legal, wenn Du es durch den rechtfertigenden Notstand (also Abwendung von Lebensgefahr oder schwerer gesundheitlicher Schäden) begründen kannst. Und sind wir mal ehrlich, das sind denke ich mal die allerwenigsten Zugänge.
    Versteh mich jetzt bitte nicht falsch! Ich bin der letzte, der meint der NotSan soll keine Zugänge legen. Und mir ist auch bewusst, dass es seit Jahrzehnten gängige und gut funktionierende Praxis ist und auch kein Hahn danach kräht (v.a. weil die Massnahme ja auch kaum relevante Komplikationen mit sich bringt). Darum ist es ja auch ein schlechtes Beispiel, aber es soll bei den Kompetenzen ja nicht nur um den "blöden Zugang" gehen.
    Auf die Spitze getrieben hat aber auch der Zugang das Problem wie alle anderen Massnahmen der Heilkunde. Sie sind dem Arzt oder Heilpraktiker vorbehalten (ausser auf Delegation oder im Notstand).

  • Ich denk mir was dabei, teile das dem Patienten mit, er teilt meine Meinung. Heilkunde bis zu dem Punkt?

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  • Gar keine. Aber zu einfach dargestellt. Weil im Falle der Komplikation ist es rechtlich nunmal neben der Körperverletzung (kein Problem, Pat. hat ja eingewilligt) auch Ausübung der Heilkunde, wenn man einem Patienten eine Nadel in den Körper sticht (und da kann der Pat. nichts dran ändern). Find ich auch blöd, ist aber wohl so (siehe auch den sehr guten Vortrag von Th. Hochstein.


    http://traumateam.de/fortbildu…lsanitaeter-jetzt-online/


    Bitte hängt euch nicht am Zugang auf. Da wird es heutzutage sicher nie Probleme geben.
    Es geht ja auch um die weiteren Massnahmen, die im Alltag auch ausserhalb des Notstands angedacht sein könnten (2c).

  • Ich hoffe es nervt noch nicht, aber ich bleibe bei den Beispielen. Ich darf aber eigentlich den Flieger gar nicht drehen. Tu ich es doch, um z.B. eine Notlandung zu ermöglichen, verstosse ich regelmässig gegen Gesetze (auch wenn ich das noch so gut mache). Eine rechtlich abgesicherte Vorgabe wie z.B. "wenn der Flieger von Süden kommt, lass ihn links drehen; von Norden ebenfalls, dann treffen sie sich nicht. Aber aufpassen, wenn in der Flugroute ein anderer Flieger ist, dann musst du darauf reagieren" würde mir völlig reichen. Wenn ich den Flieger dann rechts drehen lasse, oder eben trotz "Gegenverkehr" nach links und es passiert was, bin ich dafür natürlich selbst verantwortlich. Ich werde aber nicht grundsätzlich dafür verantwortlich gemacht, dass ich meinen Job mache (nämlich "Flieger drehen lasse")
    Und kommen plötzlich Flieger aus Westen und Osten, muss ich meinen Vorgesetzten dazuholen, darf aber bis dahin trotzdem bestmöglich handeln. :help:


    Und von so einer Unterstützung durch die Arbeitgeber kann man im Rettungsdienst auch nur träumen. V.a. vor der derzeitigen rechtlichen Situation fällt einem der Arbeitgeber durch Verbote oder arbeitsrechtliche Konsequenzen oft eher noch in den Rücken (natürlich geht es darum, Schaden von allen Mitarbeitern abzuwenden, aber das hilft halt bei der Entscheidungsfindung auch nicht gerade weiter).


    Wir haben da Regelungen, die mir quasi auch zusichern, Entscheidungen außerhalb der Vorschriften zu treffen, sofern bestehende Vorschriften nicht ausreichend oder ungenügend formuliert sind bzw. natürlich jederzeit zur Gefahrenabwehr, bei Notfällen, etc.


    Ich möchte aber auch einen Aspekt nicht unerwähnt lassen: Wir als Fluglotsen haben grundsätzlich ein durchschnittlich hohes bis sehr hohes Niveau was unsere Fachkompetenz angeht. Das soll jetzt kein dreistes Eigenlob sein. Nur kann unser AG uns ruhigen Gewissens diese Verantwortung übertragen, weil er sicher davon ausgehen kann, dass wir damit verantwortungsbewusst umgehen. Und auch da liegt im Rettungsdienst der Hase im Pfeffer. Das Niveau ist teilweise derart unterschiedlich, dass ich es tatsächlich an mancher Stelle schwierig finde, gewisse Maßnahmen und/oder Medikamente zu einer Regelkompetenz werden zu lassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses Forum nicht wirklich den deutschen Rettungsdienst repräsentiert. Denn quasi alle hier sind mehr oder weniger dazu bereit, sich in ihrer Freizeit mit gewissen Themen noch intensiver zu beschäftigen, die eigene Arbeitsweise kritisch zu betrachten und Neues lernen zu wollen.


    Ich kann ehrlich gesagt nicht wirklich beurteilen, ob die Notfallsanitäter-Gesetze das Niveau soweit gehoben haben und zwar quasi flächendeckend, dass sich sowas inzwischen rechtfertigen lässt. Wir sind uns einig, dass es viele gute Retter gibt, die mit entsprechenden Freigaben noch viel bessere Rettungsmedizin machen könnten und auch Komplikationen im Griff hätten. Es gibt aber eben auch noch die anderen Retter, die viel Schaden anrichten können. Auch daran muss man immer denken!

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Aber an was denkst du denn genau?
    Welche heilkundliche soll denn der NFS außerhalb des Notstandes regelhaft anwenden und warum?
    Klar, Zugang. Ok....
    Was noch?

  • Zitat

    Wir haben da Regelungen, die mir quasi auch zusichern, Entscheidungen außerhalb der Vorschriften zu treffen,


    Ist bei mir ähnlich, bin in fachlicher Sicht weitestgehend nicht weisungsgebunden.

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  • Haben wir das nicht in diversen Threads schon x-mal durchgekaut?
    Mir geht es darum, dass (v.a. mit der erweiterten Ausbildung des NotSan) die Ressource Notarzt, die ja im Hinblick auf Ärztemangel etc. nicht unendlich ist, zu den Notfällen kommt, bei denen es sie auch wirklich braucht (kritische Patienten, Lebensbedrohung). Es geht um die Massnahmen bei den Notfällen, bei denen ein Notarzt m.M.n. nicht erforderlich oder verfügbar ist (und bei denen er auch keinen medizinischen Vorteil bringen würde) und die eben auch nicht gerade lebensrettend sind. Also klassischerweise die Analgesie bei Sportverletzungen, Schenkelhalsfrakturen etc. Eine Antiemetikagabe. Die Gabe von ASS ggf. wenn notwendig + Morphin, Nitro etc. beim "unkomplizierten" ACS. Die Glucose-Gabe bei der Hypoglykämie, die b2-Mimetika bei Atembeschwerden.....
    Beim Grossteil der aufgeführten Massnahmen wird sich da schwerlich ein Rechtfertigungsgrund finden, warum man z.B. nicht noch auf den NA warten konnte.
    Und vor allem stellt sich mir (auch bei noch weitergehenden lebensrettenden Massnahmen) die Frage, warum ist die Massnahme für jemanden, der sie gelernt hat, prinzipiell erst einmal illegal und nur durch den Notstand zu rechtfertigen? Dazu kommt, dass man Massnahmen, die man nur "in der Not" anwendet, auch nie wirklich beherrschen wird (da ist der Zugang wiederum ein gutes Beispiel: der wird 1000fach bundesweit alltäglich gelegt. Und schon sind die Leute routiniert darin. Das ginge mit der Analgesie z.B. genauso).


    Und Hauke: ich gebe Dir mit der durchmischten Qualifikation des Personals recht. Aber jetzt hat man dafür den NotSan eingeführt. Irgendwann muss man dem auch die Möglichkeit geben zu beweisen, dass er fachlich kompetent ist. Die Kompetenz steigt auch mit den Anforderungen. Natürlich gehört das fachlich betreut und überwacht. Aber wenn man nie damit anfängt (und da gehören eben auch rechtlich sicherere Verhältnisse dazu) wird das auch nie was werden.

  • Argument Ärztemangel: ne faule Nummer. Es geht hier nicht um Ärztemangel. Man möchte Ärzte vor allem deshalb einsparen, weil sie teurer sind als Notfallsanitäter. Deshalb sind ja die Krankenkassenvorstände ganz vorne mit dabei, wenn es um mehr Kompetenz für Sanis geht.


    Für mich ist aber auch klar: Mehr Kompetenzen = mehr Euros...


    Argument "ich wills immer dürfen, nicht nur in der Not" /Übung:
    Die meisten der von uns angewendeten Maßnahmen sind aber nun mal Notfallmaßnahmen. Wollen wir jetzt alle Patienten Kardiovertieren, Koniotomieren oder sonst wie traktieren, nur damit wir in Übung bleiben???
    Eine Notkompetenz reicht völlig für Notmaßnahmen.
    Übrigens müssen auch Ärzte ihr tun rechtfertigen können. Keiner DARF dem anderen grundlos den Bauch aufschneiden, nur weil er Arzt ist.
    Warum soll ich die "Kompetenz" besitzen, eine Notfallmaßnahme ohne Not durchzuführen? Das ergibt nicht mal Sinn. Das wäre wie die Erlaubnis, mit Blaulicht zum Bäcker zu fahren. Blaulicht ist ein schöner Vergleich.... Hier regt sich auch niemand auf, dass man die Verkehrsgesetze nur im Notfall brechen darf.


    Und ansonsten müssen wir uns damit abfinden, dass es politisch nicht erwünscht ist, dass wir rausfahren und alles selbst machen. Mir bricht kein Zacken aus der Krone, wenn ich zum Vomex Spritzen das NEF holen muss. Und wenn der Doc weint, verweise ich ihn auf die standespolitische Haltung seiner Berufskammer.

  • Es ist doch ein Unterschied, ob ein Arzt eine Indikation für eine OP stellt und nach Einwilligung des Patienten den "Bauch aufschneidet" oder wenn er sich nach korrekter Indikationsstellung und Einwilligung durch das korrekt "Bauch aufschneiden" täglich strafbar machen würde.
    Und dass es Massnahmen gibt, bei denen man sich nur durch trainieren und üben fit hält ist auch klar. Gerade bei der Analgesie ist ein regelmässiger Umgang im Alltag aber sinnvoll für die Anwendung im Notfall.
    Wenn Du mit dieser Situation zufrieden bist und langjährig zufrieden so arbeiten kannst, ist das ja ok. Ich bin froh, dass ich das, was ich erlernt habe, im Alltag regelmässig anwenden darf. Deshalb habe ich den Schritt ins Ausland gewählt und könnte unter den Bedingungen auch nicht mehr in D arbeiten. Und das hat nicht mit Zacken aus der Krone brechen oder Rettungsrambo mit 5 Spritzen in jeder Hand zu tun, sondern mit hoher Verantwortung, die mich auch im Alltag ausfüllt.

  • Aber an was denkst du denn genau?
    Welche heilkundliche soll denn der NFS außerhalb des Notstandes regelhaft anwenden und warum?
    Klar, Zugang. Ok....
    Was noch?



    Ich kann das als RS nicht erschöpfend beantworten. Ich habe mir immer gewünscht, dass der RA bzw. jetzt der NFS eine Analgesie durchführen darf. Ob nun mit oder ohne Opiate lasse ich offen.


    Bloodwyn76 hat noch ein paar Sachen aufgezählt, die ich auch sinnvoll finden würde. Sie sind aber in den akuten Fällen auch durch den Notstand gedeckt. Bei uns werden solche Fälle inzwischen dokumentiert und man bekommt eine Rückmeldung von ÄLRD. Die Zusammenarbeit läuft sehr gut und man bekommt Feedback und eventuell mal eine Rückfrage. Aber auch ein "Habt ihr gut gemacht" oder "Gute Arbeit!" Mir persönlich würde das reichen, wenn ich weiß, dass die Kommunikation mit dem ÄLRD konstruktiv verläuft. Ich finde das einen guten Ansatz.

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    • Fred Rogers

    2 Mal editiert, zuletzt von Hauke ()

  • Das kann nicht die Lösung sein. Der Zugang ist vielleicht jetzt nicht das beste Beispiel, aber lasst es mich auf die Spitze treiben: es kommt der 1000ste "Alltags-Zugang" bei dem es jetzt zu einer Infektion mit schwerwiegenden Komplikationen kommt. Dann steht niemand (v.a. eben nicht der Arbeitgeber) da und sagt: "grundsätzlich darf der das", sondern es heisst, "Du hast eine Massnahme verbotenerweise durchgeführt und dann gab es eine Komplikation". Dass diese Komplikation vielleicht, auch bei korrekter Durchführung, in einem von 1000 Fällen vorkommt ist dann nebensächlich, weil die Massnahme an sich schon illegal war. Und das kann und darf nicht Basis unserer Arbeit sein.


    Wenn ich einen Zugang lege und dem Patienten fault danach die Hand ab, dann bin auch ich als Arzt primär rechtlicher angreifbar.
    Der geneigte Rechtsanwalt des Patienten wird gegenüber mir privatrechtliche Ansprüche geltend machen und ggf. wird man auch eine Anzeige gegen Körperverletzung in irgendeiner Form auf den Weg bringen.


    Das hängt einfach damit zusammen, dass man in einem Rechtsstaat für seine Handlungen haftbar gemacht werden kann und wird.


    Die zentralere Frage ist:
    Sind diese Tätigkeiten, z.B. Zugang legen versichert?

  • Das ist doch auch völlig korrekt und dagegen hat auch niemand was einzuwenden. Du machst Dich aber nicht für das Legen des Zugangs (bitte Ersetzen durch jegliche weitere heilkundliche Massnahme) an sich strafbar. Weil für eine vorsätzliche, illegale Massnahme wird auch keine Versicherung einspringen.


  • Wenn ich einen Zugang lege und dem Patienten fault danach die Hand ab, dann bin auch ich als Arzt primär rechtlicher angreifbar.


    Der Unterschied ist aber doch nun einmal, dass du als Arzt einen Zugang völlig rechtskonform legen darfst. Im Anschluss hast du selbstverständlich die korrekte Durchführung zu verantworten.
    Der Notfallsanitäter, der einen Zugang legt, verstößt zunächst einmal gegen das Heikpraktikergesetz, führt also eine rechtswidrige Handlung durch. Diese Handlung ist nur ausnahmsweise dann nicht rechtswidrig, wenn die Kriterien des § 34 StGB greifen.

  • Das ist jetzt ne echt tricky Jura-Frage...
    Ist es denn tatsächlich illegal, wenn ich bei vorliegender Indikation und nach aufgeklärter Einwilligung des Patienten einen Zugang lege?
    Meine Idee: Lt. Heilprakriker-Gesetz, das nur schwach auf mich zutrifft, weil die gesetzgeberische Intention meiner Tätigkeit nur gering oder eigentlich nicht entgegen steht, bedarf es zum Ausüben der Heilkunde der Erlaubnis. Ich habe zumindest eine Erlaubnis, als Notfallsanitäter zu arbeiten und das ist ja wieder ein Beruf, in dessen Ausbildungsgesetz die unter Bedingung anzuwendende Heilkunde als solche erwähnt ist.
    So ein ganz klares Verbot dürfte sich da also in Notfallsituationen auch ohne die Dramatik einer unmittelbaren Lebensgefahr nicht ergeben, wenn auch keine ganz klare Erlaubnis. Da es mutmaßlich irgendwas dazwischen ist dürfte die Konsequenz die sein, dass man mit solchen Maßnahmen zumindest kritisch und mit Bedacht umgehen sollte.


    Aber nochmal an alle, die es für klar verboten halten, irgendwas heilkundliches am Patienten zu veranstalten: Wo steht das genau und wo seht ihr die rote Linie.
    Pflaster kleben - Sauerstoff geben - Viggo legen - Medikamente spritzen.
    Irgendwo müsste ja die Trennlinie zwischen Heilkunde und nicht-Heilkunde laufen.... Oder?